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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 07.02.2005
Aktenzeichen: 20 W 451/02
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 26
KostO § 27
KostO § 44
KostO § 47
KostO § 156
1. Die weitere Beschwerde des Notars gegen eine Entscheidung des Landgerichts, die ihn zur Erhebung höherer Gebühren anweist, ist zulässig, weil nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 15.04.2002 - 1 BvR 358/02 -) der Notar in seiner Berufsausübungsfreiheit betroffen ist, soweit eine erstinstanzliche Entscheidung ihm auferlegt, entgegen seiner Rechtsauffassung höhere Gebühren zu verlangen.

2. Beschließt die Gesellschafterversammlung einer GmbH über die Euro-Umstellung des Stammkapitals, verbunden mit einer Kapitalerhöhung zur Glättung, liegt ein Beschluss ohne bestimmten Geldwert und ein gegenstandsverschiedener Beschluss mit bestimmtem Geldwert vor. Die gleichzeitige Zusammenlegung mehrerer Geschäftsanteile ist als weiterer Beschluss mit einem Gegenstand ohne bestimmten Geldwert nicht zusätzlich zu berücksichtigen.


Gründe:

Der Kostengläubiger beurkundete am ....2001 zu UR.-Nr. .../2001 eine Gesellschafterversammlung der Kostenschuldnerin. Darin wurde unter 2) beschlossen, die bisherigen Geschäftsanteile von 10.000,00 DM, 30.000,00 DM und zwei Mal je 5.000,00 DM zu einem Geschäftsanteil von 50.000,00 DM zusammen zu legen und den Gesellschaftsvertrag entsprechend zu ändern. Ferner wurde das Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von 50.000,00 DM auf Euro umgestellt und zur Glättung durch Erhöhung des Nennbetrags der vorhandenen Stammeinlage um 35,40 € auf 25.600,00 € erhöht. Außerdem protokollierte der Kostengläubiger in derselben Urkunde unter 3) die Übernahmeerklärung der erhöhten Stammeinlage (Bl. 18-21 d. A.).

In der zu dieser Protokollierung erstellten Kostenrechung hat der Kostengläubiger jeweils 20/10 Gebühr nach §§ 47 und 36 KostO aus einem Geschäftswert von 200,00 DM nebst 16 % Umsatzsteuer berechnet. Dies hat die Dienstaufsicht bei ihrer Kostenprüfung beanstandet und die Auffassung vertreten, für die unter 2) der Urkunde protokollierten Beschlüsse der Gesellschafterversammlung sei die 20/10 Gebühr nach § 47 KostO aus einem Geschäftswert von je 50.000.00 DM für die Zusammenlegung der Geschäftsanteile und die Euro-Umstellung und 69,40 DM (= 35,40 €) für die Stammkapitalerhöhung zu erheben. Es handele sich mit Ausnahme der Glättung um Beschlüsse ohne bestimmten Geldwert im Sinn von § 27 Abs. 1 i.V.m. § 26 Abs. 4 Nr. 1 KostO (a. F.). Für die Übernahmeerklärung sei lediglich eine 10/10 Gebühr nach § 36 Abs. 1 KostO entstanden aus einem Geschäftswert von 69,24 DM.

Nachdem der Kostengläubiger die Beanstandung hinsichtlich des Geschäftswertes für die Gebühr des § 47 KostO nicht anerkannt hat, hat ihn die Dienstaufsicht am 14.11.2001 angewiesen, die Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen. Nach Anhörung der Dienstaufsicht, die ihre Auffassung in der Stellungnahme vom 24.07.2002 (Bl. 49-52 d. A) aufrechterhalten hat, und nach Anhörung der Kostenschuldnerin hat das Landgericht die Gebühr nach § 47 KostO für die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung auf 580,00 DM (296,55 €) festgesetzt.

Das Landgericht hat in seinem Beschluss vom 06.11.2002 (Bl. 57-60 d. A.) ausgeführt, sowohl bei dem Beschluss über die Umstellung des Stammkapitals auf Euro als auch über die Zusammenlegung der Geschäftsanteile handele es sich um Beschlüsse ohne bestimmten Geldwert, lediglich der Beschluss über die Kapitalerhöhung habe den Wert der beschlossenen Erhöhung. Infolge der Verschiedenheit der Beschlussgegenstände erfolge eine Zusammenrechnung nach § 44 Abs. 2 a) KostO. Für die Währungsumstellung habe der Gesetzgeber keine Sonderregelung vorgesehen, ohne dass darin eine Gesetzeslücke zu sehen sei. Die wirtschaftliche Bedeutung des Gesellschafterbeschlusses zur Währungsumstellung liege in der Ermöglichung einer gesetzeskonformen Fortführung der Gesellschaft.

Gegen diese Entscheidung hat der Kostengläubiger sowohl in eigenem Namen als auch auf Anweisung der Dienstaufsicht weitere Beschwerde eingelegt und die Auffassung vertreten, die Gebühr des § 47 KostO berechne sich höchstens mit dem Wert des § 26 Abs. 7 KostO a. F. für Vorgänge ohne wirtschaftliche Bedeutung für das Unternehmen. Bereits in der Stellungnahme zur Beanstandung der Dienstaufsicht hatte der Kostengläubiger die Meinung vertreten, die Zusammenlegung der Geschäftsanteile und die Umstellung auf Euro zusammen mit der zur Glättung des Stammkapitals erfolgten Erhöhung seien lediglich als eine Satzungsänderung zu behandeln.

Die weitere Beschwerde des Kostengläubigers ist zulässig.

Die erforderliche Zulassung durch das Landgericht liegt vor. Allerdings könnte die Beschwer des Kostengläubigers fraglich sein, da die Kostenrechnung vom Landgericht erhöht worden, der Kostengläubiger durch die angefochtene Entscheidung also nicht in seinen Gebühreninteressen beeinträchtigt ist. Grundsätzlich kann nach bisher ganz überwiegender Auffassung nur der Beteiligte des Verfahrens weitere Beschwerde einlegen, der durch die Entscheidung des Landgerichts beschwert ist, also nicht der Kostengläubiger von sich aus zugunsten des Kostenschuldners, auch auf Anweisung der Dienstaufsichtsbehörde nicht, wenn diese mit ihrer auf Erhöhung zielenden Anweisungsverfügung beim Landgericht -wie vorliegend -durchgedrungen ist (OLG Celle JurBüro 2005, 42, 43; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, 15. Aufl., § 156, Rdnr. 83 m.w.H.; Wedewer/Rohs: KostO, Stand April 2003, § 156, Rdnr. 56; a. A. BayObLG in st. Rspr., zuletzt MittBayNot 1994, 169 und Hartmann: KostG, 34. Aufl., § 156, Rdnr. 70).

Auf die Gebühreninteressen ist jedoch nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12.04.2002 (1 BvR 358/02) für die Beschwer nicht allein abzustellen, da der Notar in seiner Berufsausübungsfreiheit betroffen ist, soweit eine erstinstanzliche Entscheidung ihm auferlegt, entgegen seiner Rechtsauffassung höhere Gebühren zu verlangen. Aufgrund dieser Entscheidung hält der Senat seine bisherige Auffassung, im Fall der Anweisung des Kostengläubigers zur Erhebung höherer Gebühren sei eine dagegen gerichtete weitere Beschwerde des Kostengläubigers mangels Beschwer unzulässig, nicht mehr aufrecht.

Die weitere Beschwerde des Kostengläubigers ist demnach jedenfalls zulässig, soweit er sie in eigenem Namen eingelegt hat. Ob sie auch als Anweisungsbeschwerde zulässig wäre, obwohl die Kammer in vollem Umfang der Auffassung der Dienstaufsichtsbehörde gefolgt ist und deshalb kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Anweisungsbeschwerde ersichtlich ist (OLG Celle, aaO.; OLG Zweibrücken Büro 1988, 1054; Rohs/Wedewer, aaO.), kann dahingestellt bleiben.

In der Sache hat die weitere Beschwerde im Umfang des Tenors Erfolg.

Die landgerichtliche Entscheidung beruht auf einer Rechtsverletzung, soweit die Kammer die Gebühr gemäß §§ 47, 141 KostO aus einem Geschäftswert von 100.069,24 DM und nicht nur 50.069,24 DM berechnet hat.

Zutreffend ist allerdings, dass ein Beschluss über die Zusammenlegung von mehreren in der Hand eines Gesellschafters befindlichen Geschäftsanteilen zu einem einheitlichen Gesellschaftsanteil dieses Gesellschafters deshalb, weil er das Gesellschaftsverhältnis ohne Wertverschiebung ändert, ein Beschluss mit unbestimmtem Geldwert ist (OLG Hamm JurBüro 1975, 639, 641; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 15. Aufl., § 27 Rdnr. 49; Rohs/Wedewer, KostO, Stand Dezember 2004, § 41c, Rdnr. 36). Nach den §§ 27 Abs. 1, 26 Abs. 4 Nr. 1 a. F. (§§ 41 c Abs. 1, 41 a Abs. 4 Nr. 1 n. F.) KostO ist das Landgericht deshalb zu Recht von einem Geschäftswert von 50.000,00 DM für den Beschluss über die Zusammenlegung der Geschäftsanteile ausgegangen.

Auch bei dem Beschluss über die Umstellung des Stammkapitals von DM auf Euro handelt es sich um einen Beschluss ohne bestimmten Geldwert, bei dem der Geschäftswert nach §§ 27 Abs. 1, 26 Abs. 4 Nr. 1 KostO a. F. 1 % des eingetragenen Stammkapitals, mindestens 50.000,00 DM beträgt. Daneben ist der Beschluss über die zur Glättung beschlossene Kapitalerhöhung ein Beschluss mit einem bestimmten Geldwert, der nach § 39 KostO zu bewerten ist und dem Nennwert der Kapitalerhöhung, hier also 35,40 €= 69,24 DM, entspricht (OLG Hamm JurBüro 2004, 551; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, aaO. § 27, Rdnr. 105; Rohs/Wedewer, aaO., § 41 c, Rdnr. 17; Tiedtke MittBayNot 1999, 166, 168). Die Anwendung des § 26 Abs. 7 KostO a. F. (41 a Abs. 6 KostO n. F.), wonach bei Anmeldungen ohne wirtschaftliche Bedeutung der Geschäftswert 5.000,00 DM beträgt, scheidet schon nach seinem klaren Wortlaut aus, darüber hinaus verweist § 27 Abs. 1 KostO a. F. nur auf § 26 Abs. 4 KostO a. F. und nicht auf Abs. 7. Für den Wert von Beschlüssen ohne wirtschaftliche Bedeutung gibt es keine dem § 26 Abs. 7 KostO a. F. entsprechende gesetzliche Regelung. Auch eine Ermäßigung des Wertes nach Art. 45 Abs. 2 EGHGB scheidet aus, da diese Norm ausschließlich für Anmeldungen zum Handelsregister gilt (Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, aaO., § 27, Rdnr. 105; Rohs/Wedewer, aaO., § 41 c, Rdnr. 17; Tiedtke aaO., Seite 167).

Aus rechtlichen Gründen ist aber zu beanstanden, dass das Landgericht für die Beschlüsse über die Zusammenlegung der Geschäftsanteile und die Euro-Umstellung nicht von einem einheitlichen Beschluss ohne bestimmtem Geldwert ausgegangen ist und insoweit nicht nur 50.000,00 DM als Geschäftwert angesetzt hat.

Es entspricht einhelliger Auffassung, dass nur ein einheitlicher Beschluss mit unbestimmtem Geldwert vorliegt, wenn neben der Euro-Umstellung weitere Satzungsänderungen mitbeurkundet werden, die keinen bestimmten Geldwert haben (OLG Hamm, aaO.; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, aaO., § 27, Rdnr. 91 und 105; Rohs/Wedewer, aaO., § 44, Rdnr. 10; Assenmacher/Matthias/Göttlich/Mümmler: KostO, 15. Aufl. KostO, 15. Aufl., Stichwort "Beschlüsse von Gesellschaftern", Ziff. 5 allgemein für die Änderung einer Satzung in mehreren Punkten). Nach Auffassung des Senats gilt dies sowohl für materielle als auch nur formelle Satzungsbestandteile, also Regelungen, die auch außerhalb des Gesellschaftsvertrages durch Vereinbarung unter den Gesellschaftern oder mit Dritten wirksam getroffen werden können, wenn der Satzungstext geändert worden ist. Die Benennung des jeweiligen Inhabers der Geschäftsanteile im Gesellschaftsvertrag hat zwar nur eine derartige formelle Satzungsqualität (Zimmermann in Rowedder/Schmidt-Leithoff: GmbHG, 4. Aufl., § 53, Rdnr. 8), die Zusammenlegung der Geschäftsanteile hat sich aber in einer Änderung des Textes von § 3 des Gesellschaftsvertrages niedergeschlagen. Der von der Dienstaufsicht vertretenen Auffassung, der Beschluss über die Zusammenlegung der Geschäftsanteile sei neben der Euro-Umstellung in jedem Fall gesondert zu bewerten, kann deshalb nicht gefolgt werden. Dies würde sonst zu dem Ergebnis führen, dass mehrere materielle Satzungsänderungen trotz größerer Bedeutung für das Gesellschaftsverhältnis billiger wären als mehrere formelle Änderungen bzw. ein Zusammentreffen von formellen und materiellen Änderungen.

Demnach ist gegenstandsverschieden im Sinn von § 44 Abs. 1 KostO lediglich der Beschluss über die Erhöhung des Stammkapitals, weil er einen Gegenstand mit bestimmtem Geldwert hat, so dass der Geschäftswert für die Gebühr nach § 47 KostO nur mit 50.069,24 DM angenommen wurde.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde beruht auf §§ 156 Abs. 5 Satz 2, 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten war nicht anzuordnen, weil solche auf Seiten der Kostenschuldnerin nicht entstanden sind. Von der Anhörung der Kostenschuldnerin zu der weiteren Beschwerde konnte abgesehen werden, da diese mit dem Ziel einer Ermäßigung der Kosten zu ihren Gunsten eingelegt worden ist und eine reine Rechtsfrage zu entscheiden war.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes des Verfahrens der weiteren Beschwerde beruht auf § 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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