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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 12.11.2004
Aktenzeichen: 20 W 452/02
Rechtsgebiete: BVerfGG, GG, TSG


Vorschriften:

BVerfGG § 80
GG Art. 100
TSG § 1 I Nr. 1
Die Beschränkung der Antragsberechtigung zur Vornamensänderung in § 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG auf Deutsche und Personen mit deutschem Personalstatut verstößt gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn ein ausländischer Transsexueller mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland den Antrag stellt, dessen Heimatrecht eine Vornamensänderung nicht zulässt (Vorlage an das Bundesverfassungsgericht).
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 452/02

In der Personenstandssache

...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 15. Oktober 2002 am 12. November 2004 beschlossen:

Tenor:

Das Verfahren wird ausgesetzt und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Frage eingeholt:

Ist die Beschränkung der Antragsberechtigung im Verfahren zur Änderung des Vornamens gemäss § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Transsexuellengesetzes (TSG) auf Deutsche bzw. Personen mit deutschem Personalstatut mit Art. 3 Abs. 1 und 3 GG in Fällen vereinbar, in denen ein ausländischer Transsexueller mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland den Änderungsantrag stellt und sein Heimatrecht eine solche Namensänderung nicht vorsieht ?

Gründe:

I. Der Antragsteller ist äthiopischer Staatsangehöriger. Ausweislich eines vom Amtsgericht in diesem Verfahren eingeholten fachpsychiatrischen Gutachtens liegt bei dem 1981 in Äthiopien mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen geborenen Antragsteller seit früher Kindheit eine transsexuelle Prägung vor, wonach er sich dem männlichen Geschlecht als zugehörig empfindet. Er reiste im Mai 1996 mit einem drei Jahre jüngeren Bruder in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag. Nach Erreichen der Volljährigkeit wurde durch mehrere Operationen 1999/2000 medizinisch eine Umwandlung des Antragstellers zum männlichen Geschlecht vollzogen. Nach Rücknahme der Klage auf Anerkennung als Asylberechtigter und Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG wurde das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge durch rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 06. März 2001 (3 E 30786/97.A (1)) verpflichtet festzustellen, dass in der Person des Antragstellers die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG (Abschiebungshindernis) hinsichtlich Äthiopien vorliegen. Zur Begründung wurde ausgeführt, da der Antragsteller transsexuell sei und sich zur Zeit in einer Geschlechtsumwandlung befinde, gehe dies mit denkbar schwersten und existentiellen psychischen Belastungen einher; wegen der fehlenden Akzeptanz der äthiopischen Gesellschaft gegenüber der Erscheinungsform der Transsexualität sei eine Eingliederung in wirtschaftlicher Hinsicht erschwert und unmöglich, eine Existenz zu fristen sowie die wegen des noch nicht abgeschlossenen Prozesses der Geschlechtsumwandlung erforderliche medizinische Unterstützung zu erhalten.

Mit Antrag vom 09. Oktober 2001 begehrte der Antragsteller beim Amtsgericht - Vormundschaftsgericht - Frankfurt am Main die Änderung des Vornamens in "A.". Nach Einholung eines fachpsychiatrischen Gutachtens stellte das Amtsgericht mit Beschluss vom 21. März 2002 fest, dass der Antragsteller antragsbefugt im Sinne des § 1 TSG sei. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsteller sei in seinem aufenthaltsrechtlichen Status einem ausländischem Flüchtling im Sinne des § 1 TSG vergleichbar, da er eines besonderen Schutzes an seinem Aufenthaltsort bedürfe. Die Entscheidung über die Vornamensänderung solle nach Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens getroffen werden.

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vertreters des öffentlichen Interesses hob das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts mit Beschluss vom 15. Oktober 2002 auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, wegen fehlender Flüchtlingseigenschaft unterliege das Personalstatut des Antragstellers nach wie vor äthiopischem Recht, da das Verwaltungsgericht lediglich ein Abschiebungshindernis festgestellt habe. Die Beschränkung der Anwendung des Transsexuellengesetzes auf deutsche Staatsangehörige und Ausländer mit deutschem Personalstatut verstoße nicht gegen das Grundgesetz, weil sie lediglich die deutschen Kollisionsregeln des internationalen Privatrechts wiedergebe.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der weiteren Beschwerde, mit der er im wesentlichen geltend macht, der Anspruch auf Vornamensänderung ergebe sich entweder direkt aus Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG oder aus einer verfassungskonformen Anwendung des § 1 Abs. 1 TSG unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Es bestehe keine gesetzessystematische Verpflichtung, das TSG an die Kollisionsregeln des EGBGB anzupassen. Durch die medizinisch vollzogene Geschlechtsumwandlung sei ein biologischer Zustand erreicht worden, dem ein juristisches Vollzugsdefizit gegenüber stehe. Hieraus ergäben sich für ihn erhebliche Schwierigkeiten, da er psychisch schwer belastet werde und aufgrund des weiblichen Vornamens, der im Widerspruch zum äußeren Erscheinungsbild stehe, daran gehindert werde, eine Lehrstelle zu finden. Soweit das äthiopische Heimatrecht eine Vornamensänderung nicht zulasse, verstoße dies gegen den ordre public im Sinne des Art. 6 Satz 2 EGBGB.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses verteidigt den angefochtenen Beschluss des Landgerichts.

Eine vom Senat eingeholte amtliche Auskunft des Auswärtigen Amtes in Berlin hat ergeben, dass eine Vornamensänderung im Falle des Antragstellers nach äthiopischem Recht oder dortiger Behördenpraxis nicht möglich ist.

II. Die weitere Beschwerde ist nach §§ 4 Abs. 1 TSG, 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 S. 2 FGG zulässig.

Die Begründetheit der sofortigen weiteren Beschwerde ist davon abhängig, ob die gesetzliche Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG kann den Antrag auf Vornamensänderung nur stellen, wer Deutscher im Sinne des Grundgesetzes ist oder als Staatenloser oder heimatloser Ausländer seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder als Asylberechtigter oder ausländischer Flüchtling seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat. Unter diesen Personenkreis fällt der Antragsteller als äthiopischer Staatsangehöriger nicht, da er weder als Asylberechtigter im Sinne des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) anerkannt wurde, noch die Rechtsstellung eines Flüchtlings nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) besitzt. Zwar kann die Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Konvention durch eine Inzidentprüfung des entscheidenden Gerichts festgestellt werden (vgl. Palandt/Heldrich, BGB, 63. Aufl., Anh. zu EGBGB 5 Rn. 26). Dies scheitert im vorliegenden Fall jedoch an den materiellen Voraussetzungen, da hinreichende Anhaltspunkte für eine begründete Furcht vor staatlicher Verfolgung nicht gegeben sind ( vgl. hierzu Palandt/Heldrich, a.a.O., Anh. zu EGBGB Art. 5 Rn. 21f). Bei Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG müsste der Senat die weitere Beschwerde zurückweisen. Der Senat erachtet ebenso wie das BayObLG in seiner Vorlageentscheidung vom 8. Dezember 2003 (FGPrax 2004, 71) die gesetzliche Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG jedoch für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 GG, wenn der Heimatstaat des Antragstellers mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland eine Namensänderung nicht zulässt.

Die Frage ist entscheidungserheblich. Ist die Beschränkung der Antragsberechtigung mit Art. 3 Abs. 1 und 3 GG vereinbar und § 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG in seiner jetzigen Fassung gültig, so wäre die weitere Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen. Des weiteren wäre zur Klarstellung zusätzlich auch der Antrag des Antragstellers auf Namensänderung zurückzuweisen. Denn das Amtsgericht hat über die Frage der Antragsberechtigung des Antragstellers vorab eine Entscheidung gefällt. Da es sich hierbei nicht nur um eine bloß verfahrensleitende Zwischenverfügung handelt, sondern der Amtsrichter über die Frage der Antragsberechtigung des Antragstellers eine sachliche und abschließende Entscheidung getroffen und damit in nicht unerheblicher Weise in die Rechtssphäre der Beteiligten eingegriffen hat, ist von einer beschwerdefähigen Verfügung im Sinne des § 19 Abs. 1 FGG auszugehen (vgl. hierzu Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 19 Rn. 2 und 9). Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde ist dem Landgericht die Frage der Antragsberechtigung zur Entscheidung angefallen war und damit auch Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Erweist sich § 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG in seiner jetzigen Fassung als gültig, so wäre zur Klarstellung zugleich auch der Antrag des Antragstellers auf Namensänderung abzulehnen, weil es ihm dann endgültig an einer Antragsvoraussetzung fehlt. Demgegenüber würde der Senat im Falle einer Verfassungswidrigkeit der Vorschrift die angefochtene Entscheidung des Landgerichts aufheben und die Sache zur weiteren Prüfung und Entscheidung, insbesondere der Einholung des noch ausstehenden zweiten Gutachtens nach § 4 Abs. 3 TSG, an das Amtsgericht zurückverweisen. Die aufhebende und zurückverweisende Entscheidung des Senats als Rechtsbeschwerdegericht würde hierbei von der Vorschrift des § 1 Abs. 1 TSG getragen, da sie auf der Annahme von deren Ungültigkeit beruht. Allein dies ist für die Frage der Entscheidungserheblichkeit im Sinne des § 80 BVerfGG bei der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts über eine weitere Beschwerde nach den Vorschriften des FGG massgeblich. Dem gegenüber kommt es nicht darauf an, ob die Entscheidung des Rechtsstreites im ganzen von der Gültigkeit oder Ungültigkeit der Norm abhängt ( vgl. Maunz/ Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 80 Rn. 248 ).

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss zur Transsexualität vom 11. Oktober 1978 (BVerfGE 49, 286 = NJW 1979, 595) festgestellt, dass Art. 1 Abs. 1 GG die Würde des Menschen, wie er sich in seiner Individualität selbst begreift und seiner selbst bewusst ist, schützt. Hierzu gehört, dass der Mensch über sich selbst verfügen und sein Schicksal eigenverantwortlich gestalten kann. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistet die freie Entfaltung der im Menschen angelegten Fähigkeiten und Kräfte. Die Menschenwürde und das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gebieten es daher, den Personenstand des Menschen dem Geschlecht zuzuordnen, dem er nach seiner psychischen und physischen Konstitution zugehört. Dabei wird unsere Rechtsordnung und unser soziales Leben von dem Prinzip geprägt, dass jeder Mensch entweder "männlichen" oder "weiblichen" Geschlechtes ist. Des weiteren folgt aus den medizinischen Erkenntnissen, dass die früher vorherrschende Auffassung, wonach das Geschlecht eines Menschen wegen seiner körperlichen Geschlechtsmerkmale bestimmbar, angeboren und unwandelbar sein sollte, als überholt angesehen werden muss. Die Problematik der Transsexualität gehört zum intimsten Bereich der Persönlichkeit, der prinzipiell staatlichem Zugriff entzogen ist und in den jedenfalls nur bei Vorliegen besonderer öffentlicher Belange eingegriffen werden darf. Die Frage, welchem Geschlecht sich ein Mensch zugehörig empfindet, betrifft dabei seinen Sexualbereich, den das Grundgesetz als Teil der Privatsphäre unter den verfassungsrechtlichen Schutz der Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz gestellt hat. Die Betroffenen können daher von den staatlichen Organen die Achtung dieses Bereiches verlangen. Dies schließt die Pflicht ein, die individuelle Entscheidung eines Menschen über seine Geschlechtszugehörigkeit zu respektieren. Für das Auftreten in einer bestimmten Geschlechtsrolle ist nach allgemeinem Verständnis auch der Name und die Anrede von zentraler Bedeutung (vgl. BVerfG a.a.0. und NJW 1993, 1517 sowie NJW 1997, 1632).

Zu Art. 3 GG hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 26. Januar 1993 (NJW 1993, 1517), mit welcher die Mindestalterregelung von 25 Jahren in § 1 Abs. 1 Nr. 3 TSG für verfassungswidrig erklärt wurde, herausgestellt, dass sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz für den Gesetzgeber je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen ergeben, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Da der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in erster Linie gegen eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen gerichtet ist, unterliegt der Gesetzgeber bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung, die um so enger ist, je mehr sich die personenbezogenen Merkmale denen des Unterscheidungsverbotes des Art. 3 Abs. 3 GG annähern und damit zu der Gefahr einer Diskriminierung von Minderheiten führen können. Außerdem sollen dem gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum auch um so engere Grenzen gesetzt sein, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten nachteilig auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann. In beiden Fällen dieser engeren Bindung bedarf es im Einzelnen der Nachprüfung, ob für die vorgesehene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können.

Aus diesen Grundsätzen ergibt sich für § 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG ein enger Bindungsmaßstab. Die Beschränkung der Antragsberechtigung für die Vornamensänderung auf Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit oder deutschem Personalstatut beinhaltet eine Differenzierung, die Ausländer mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland von den Begünstigungen des TSG ausschließt. Sie knüpft an personengebundene Merkmale der in Art. 3 Abs. 3 GG genannten Art an und hat erhebliche Auswirkungen auf das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Menschenwürde.

Bei Anwendung der Vorgaben des BVerfG kann § 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG nur dann mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG als vereinbar angesehen werden, wenn für die Versagung der Vornamensänderung für transsexuelle Ausländer Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass hierdurch die Ungleichbehandlung mit Deutschen gerechtfertigt werden kann. Solche gewichtigen Gründe sind nach Auffassung des Senates aber jedenfalls dann nicht gegeben, wenn rechtmäßig in Deutschland lebende Transsexuelle mit ausländischer Staatsangehörigkeit nach einer operativ vollzogenen Geschlechtsumwandlung nach ihrem Heimatrecht keine Möglichkeit zur Vornamensanpassung haben. Denn dieser Personengruppe wird durch die vom Gesetzgeber vorgenommene Begrenzung der Antragsberechtigung die gebotene Anerkennung und Respektierung der individuellen Entscheidung über die Geschlechtszugehörigkeit in ihrem gesamten sozialen Umfeld mit erheblichen Folgen für ihre persönliche Lebensführung verweigert. Hierin liegt nach der Überzeugung des Senates eine Ungleichbehandlung, die durch Verhältnismäßigkeitserfordernisse nicht gerechtfertigt ist.

Der Gesetzgeber hat sich ausweislich der Gesetzesmaterialien bei der Beschränkung des Anwendungsbereiches des TSG in dessen § 1 Abs. 1 Nr. 1 von der Erwägung leiten lassen, dass die Entscheidung über die Änderung der Vornamen und der Geschlechtszugehörigkeit eines ausländischen Transsexuellen dessen Heimatstaat vorbehalten bleiben soll, wenn er nicht als Flüchtling oder Staatenloser dem deutschen Personalstatut unterfällt. Dabei war dem Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Transsexuellengesetzes im Jahr 1980 bekannt, dass die meisten, auch europäischen Staaten die Rechtsstellung von Transsexuellen bis zu diesem Zeitpunkt nicht geregelt hatten (vgl. BT-Drucks. 8/2947, S. 9 und 13). Im übrigen fehlt es in vielen Ländern auch heute noch an einer solchen gesetzlichen Regelung. Damit steht die Beschränkung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG systematisch zwar zunächst im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Internationalen Privatrechts, wonach der Name sowie die Rechtsfähigkeit und die Geschlechtszugehörigkeit einer natürlichen Person als Personalstatut dem Recht des Staates unterliegen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, wobei eine Durchbrechung dieses Grundsatzes nur für Staatlose oder Flüchtlinge allgemein anerkannt ist (vgl. Art. 5, 7, 10 und 12 EGBGB, Art. 2 GFK sowie Bamberger/Roth, BGB, Art. 7 EGBGB Rn. 36; Staudinger/von Bar/Mankowski, BGB, 13. Bearb., Art 13 EGBGB Rn. 186; Henrich IPRax 1986, 61; Kegel/Schurig, IPR, 8. Aufl., § 17 3; von Bar, IPR Band II, § 1 Rn. 10). Die Vorschriften des deutschen internationalen Privatrechtes und die Anwendung des durch sie berufenen ausländischen Rechts durch die deutschen Behörden und Gerichte im Einzelfall ist indes an den Grundrechten zu messen (BverfGE 31, 58/77). Die vom deutschen Gesetzgeber in § 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG beabsichtigte Anerkennung der Gesetzgebungshoheit des jeweiligen Heimatstaates zur Regelung des Namens und der Geschlechtszugehörigkeit der ihrem Recht unterworfenen Staatsangehörigen muss deshalb dort ihre Grenze finden, wo das Heimatrecht einem transsexuellen Ausländer, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt rechtmäßig in Deutschland hat, auf Dauer eine rechtliche Anerkennung der in Ausübung des Grundrechtes auf freie Entfaltung der Persönlichkeit getroffenen individuellen Entscheidung über die Geschlechtszugehörigkeit versagt. Denn in diesen Fällen ist der individuelle Grundrechtsschutz der betroffenen Person höher einzustufen als die Rücksichtnahme auf das Heimatrecht und die Gesetzgebungshoheit des Staates des Ausländers.

Im übrigen hat das BayObLG (a.a.O.) bereits darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber im Lebenspartnerschaftsgesetz -LPartG- vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266) auf einem verwandten Gebiet die im TSG enthaltene Beschränkung des Schutzes der sexuellen Prägung auf Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit oder deutschem Personalstatut nicht fortgeführt hat.

Die vom Gesetzgeber in § 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG bewusst und ausdrücklich angeordnete Beschränkung des Personenkreises, auf den das TSG Anwendung finden soll, kann durch eine analoge oder erweiternde Anwendung auf Ausländer, die diese besonderen Voraussetzungen gerade nicht erfüllen, im Rahmen der Rechtsanwendung durch die Fachgerichte nicht durchbrochen werden. Denn hierfür fehlt es bereits an der Voraussetzung der planwidrigen Gesetzeslücke (vgl. KG StAZ 2002, 307; OLG Karlsruhe StAZ 2003, 139). Auch eine Erweiterung des Anwendungsbereichs im Wege der verfassungskonformen Auslegung (hierfür: Bar/Mankowski, a.a.O., Art 13 EGBGB Rn. 186) scheitert an dem eindeutigen und bewusst gewählten Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG (ebenso BayObLG a.a.O.).

Ende der Entscheidung

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