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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 21.06.2005
Aktenzeichen: 20 W 463/04
Rechtsgebiete: EuGVVO


Vorschriften:

EuGVVO § 34
EuGVVO § 45
Zur Frage, ob bei einer österreichischen gerichtlichen Unterhaltsentscheidung die Nichtberücksichtigung der in Österreich gezahlten Familienbeihilfe einen Vollstreckbarerklärungsversagungsgrund wegen Verstoßes gegen den ordre public-Vorbehalt im Sinne der Art. 45 Abs. 1, 34 Nr. 1 EuGVVO begründen kann
Gründe:

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat der Vorsitzende der 1. Zivilkammer des Landgerichts Hanau angeordnet, dass der näher bezeichnete Beschluss des Bezirksgerichts ..., Österreich, vom 20.05.2003 für vollstreckbar erklärt wird. Gegen diesen am 22.10.2004 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner mit an das Landgericht gerichtetem Schriftsatz vom 02.11.2004 (Bl. 19 ff d. A.) Beschwerde eingelegt. Der Vorsitzende der 1. Zivilkammer des Landgerichts Hanau hat die Akte dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Der Antragsgegner hat seine Beschwerde mit den Schriftsätzen vom 28.12.2004 (Bl. 27 ff d. A.) und 01.03.2005 (Bl. 66 d. A.) im Einzelnen begründet. Die Antragstellerin ist der Beschwerde mit Schriftsatz vom 03.02.2005 (Bl. 59 ff d. A.) entgegen getreten.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß den Art. 43 EuGVVO, §§ 1 Abs. 1 Nr. 2 b, 11 ff AVAG statthaft und auch ansonsten zulässig, so insbesondere fristgerecht eingelegt worden. Es ist auch gemäß § 11 Abs. 2 AVAG unerheblich, dass der Antragsgegner seine Eingabe an das Landgericht gerichtet hat.

Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Die Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung liegen vor; weder fehlt es an den formellen Voraussetzungen hierfür, noch ist ein Vollstreckbarerklärungsversagungsgrund gegeben.

Zutreffenderweise hat das Landgericht seine Entscheidung auf die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) gestützt. Diese ist in den Mitgliedsstaaten am 01.03.2002 in Kraft getreten. Gemäß Art. 66 Abs. 1 EuGVVO sind die Vorschriften dieser Verordnung nur auf solche Klagen anzuwenden, die erhoben worden sind, nachdem diese Verordnung in Kraft getreten ist. Wie sich aus dem Inhalt der vorgelegten Entscheidung und insbesondere den von dem Antragsgegner vorgelegten Unterlagen ergibt, trifft dies auf die vorliegende Entscheidung offensichtlich nicht zu, weil der zu der verfahrensgegenständlichen Entscheidung des Bezirksgerichts ... führende Antrag vor diesem Zeitpunkt gestellt worden ist. Gemäß Art. 66 Abs. 2 a EuGVVO richtet sich die Vollstreckbarerklärung allerdings dann nach der EuGVVO, wenn die Klage im Ursprungsmitgliedsstaat vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung erhoben worden ist, die Entscheidung nach diesem Zeitpunkt erlassen ist und die Klage im Ursprungsmitgliedsstaat erhoben wurde, nachdem das Brüsseler Übereinkommen sowohl im Ursprungsmitgliedsstaat als auch in dem Mitgliedsstaat, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, in Kraft getreten war (vgl. Kroppholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 7. Aufl., Art. 66 EuGVVO Rz. 5). Das damit angesprochene Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.09.1968 (EuGVÜ) war im Zeitpunkt der Klageerhebung sowohl in Österreich als auch in Deutschland in Kraft getreten (vgl. im Einzelnen Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., A. 1. Einleitung Rz. 36; Kroppholler, a.a.O., Einleitung Rz. 13). Der verfahrensgegenständliche Beschluss des Bezirksgerichts ... vom 20.05.2003 ist auch nach Inkrafttreten des EuGVVO erlassen worden, so dass für diese Entscheidung die Vorschriften des EuGVVO nach den obigen Grundsätzen einschlägig sind.

Vorsorglich bemerkt der Senat, dass nach der bezeichneten Verordnung auch gerichtliche Entscheidungen in Unterhaltssachen für vollstreckbar erklärt werden können. Soweit die Verordnung mit dem weiteren Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 02.10.1973 konkurrieren könnte, auf den die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 03.02.2005 verweist, ist dies vorliegend unerheblich. Unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit dieses Staatsvertrages im Verhältnis zu Österreich gehen gemäß Art. 71 EuGVVO jedenfalls die Spezialverträge nur vor, wenn und soweit sie diesen Vorrang auch in Anspruch nehmen, was bei dem Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 02.10.1973 nicht der Fall ist (vgl. dazu Göppinger/Wax/Linke, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., Rz. 3261 ff.; Rauscher/Mankowski, Europäisches Zivilprozeßrecht, Art. 71 Brüssel I-VO Rz. 17 ff; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 71 EuGVVO Rz. 5; Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 71 EuGVVO Rz. 20, jeweils mit weiteren Nachweisen). Soweit die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 03.02.2005 weiter auf den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 06.06.1959 Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass für die hier maßgebliche Entscheidung das EuGVVO diesen Vertrag ersetzt, Art. 69, 70 EuGVVO.

Das Landgericht ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem Beschluss des Bezirksgerichts ... vom 20.05.2003 um eine Entscheidung im Sinne der Art. 32, 38 EuGVVO handelt. Er stellt eine von einem Gericht eines Mitgliedsstaats erlassene Entscheidung dar, Art. 32 EuGVVO. Die Antragstellerin hat gemäß Art. 53 EuGVVO eine Ausfertigung der Entscheidung vorgelegt, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. Auch die Bescheinigung nach Art. 54 EuGVVO ist vorgelegt, so dass an den formalen Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung keine Bedenken bestehen. Derartige formelle Einwendungen erhebt denn der Antragsgegner auch gar nicht.

Soweit der Antragsgegner in der Beschwerdeschrift vom 02.11.2004 einen Verstoß gegen das Prinzip der Gewährung rechtlichen Gehörs im Hinblick auf den Antrag der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren der Vollstreckbarerklärung gerügt hat, geht diese Beanstandung fehl. Gemäß Art. 41 Satz 2 EuGVVO, § 6 AVAG ist das erstinstanzliche Verfahren streng einseitig. Der Schuldner (= der Antragsgegner) erhält in diesem Abschnitt des Verfahrens keine Gelegenheit, eine Erklärung abzugeben. Dieses einseitige, nicht kontradiktorische Verfahren soll der Beschleunigung dienen. Eventuelle Einwendungen gegen die Vollstreckbarerklärung kann der Schuldner grundsätzlich erst im Beschwerdeverfahren erheben.

Auch Vollstreckbarerklärungsversagungsgründe gemäß den Art. 45 Abs. 1, 34, 35 EuGVVO liegen nicht vor. Nach dem Vorbringen und den erhobenen Einwendungen des Antragsgegners wäre allenfalls an den Vollstreckbarerklärungsversagungsgrund der Art. 45 Abs. 1, 34 Nr. 1 EuGVVO zu denken. Danach ist eine Entscheidung nicht für vollstreckbar zu erklären, wenn die Vollstreckbarerklärung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Mitgliedsstaates, in dem sie geltend gemacht wird (= hier: die Bundesrepublik Deutschland), offensichtlich widersprechen würde. Davon kann zur Überzeugung des Senats hier nicht ausgegangen werden.

In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach Art. 45 Abs. 2 EUGVVO die ausländische Entscheidung im vorliegenden Verfahren keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden darf. Dies gilt sowohl für das Verfahren, auf welchem die Entscheidung beruht, als auch für die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen in der Entscheidung selbst. Dies hat grundsätzlich zur Folge, dass Fehler im Verfahren wie in der Entscheidungsfindung der Anerkennung und der Vollstreckbarerklärung grundsätzlich nicht im Wege stehen (vgl. etwa Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 34 Rz. 9). Vor diesem Hintergrund ist Art. 34 Nr. 1 EuGVVO grundsätzlich restriktiv auszulegen. Auf den ordre public-Vorbehalt darf deshalb nur in Ausnahmefällen zurückgegriffen werden (vgl. im Einzelnen Bülow/Böckstiegel/Tschauner, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Ergänzungslieferung 28, Art. 34 EuGVVO Rz. 6 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäische Gerichtshofs). Der Inhalt eines ausländischen Urteils verletzt die deutsche öffentliche Ordnung also nur dann, wenn das Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und der in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach inländischen Vorstellungen untragbar erscheint (Bülow/Böckstiegel/Tschauner, a.a.O., Art. 34 EuGVVO Rz. 22 m. w. N.). Auch der Verstoß gegen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts stellt nicht ohne weiteres einen ordre public-Verstoß dar. Auch hier muss der Verstoß zu einem untragbaren Ergebnis führen (Bülow/Böckstiegel/Tschauner, a.a.O., Art. 34 EuGVVO Rz. 30; Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 34 EuGVVO Rz. 44, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Vor diesem Hintergrund rechtfertigen die Einwendungen der Beschwerde keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Die Beschwerde stützt sich in diesem Zusammenhang darauf, dass der erststaatliche Beschluss des Bezirksgerichts ... vom 20.05.2003 entsprechend der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. etwa Beschluss vom 30.01.2003, Az. 2 0b 86/02 i, Beschluss vom 20.03.2003, Az. 6 0b 43/03 x) die in Österreich gezahlte Familienbeihilfe bei der Unterhaltsbemessung des barunterhaltspflichtigen Antragsgegners nicht berücksichtigt hat. Diese Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, der sich auch das Rechtsmittelgericht im vorliegenden Verfahren angeschlossen hat (vgl. Beschluss des Landesgerichts ... vom 22.08.2003, Az. 1 R 240/03 t, Bl. 54 ff d. A.), beruht auf der Überlegung, dass bei der Unterhaltsbemessung für Kinder bei getrennter Haushaltsführung darauf Bedacht zu nehmen sei, dass die Familienbeihilfe nicht (nur) der Abgeltung von Betreuungsleistungen diene, sondern, soweit notwendig, die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bewirken solle. Danach könne sich - so der Oberste Gerichtshof - die Familienbeihilfe nur in jenen Fällen unterhaltsmindernd auswirken, in denen sie neben ihrem Zweck, grundsätzlich dem betreuenden Elternteil zu entlasten, auch der steuerlichen Entlastung des steuerpflichtigen Unterhaltsschuldners zu dienen habe. Eine Anrechnung der Familienbeihilfe sei daher nur dann und insoweit erforderlich, als überhaupt eine steuerliche Entlastung geboten sei. Dies gelte nicht nur für einen im Ausland und nicht in Österreich steuerpflichtigen barunterhaltspflichtigen Elternteil, sondern auch für einen überhaupt nicht steuerpflichtigen Unterhaltsschuldner (vgl. Oberster Gerichtshof, Beschluss vom 30.01.2003, a.a.O.; Beschluss vom 19.12.2002, Az. 6 Ob 108/02 d).

Die diesbezügliche gesetzliche Regelung in der Bundesrepublik Deutschland sieht zwar in den §§ 1612 b, 1612 c BGB - eine korrespondierende Regelung fehlt in Österreich offensichtlich (vgl. Oberster Gerichtshof, Beschluss vom 30.01.2003, a.a.O.) - eine derartige Anrechnung von Kindergeld bzw. anderer kindbezogener Leistungen vor. Dies führt aber noch nicht dazu, dass das hier vorliegende Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und der in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach inländischen Vorstellungen untragbar erscheint. Es kann dahinstehen, ob für eine Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit des barunterhaltspflichtigen Unterhaltsschuldners, die der Antragsgegner ausweislich seiner Beschwerdebegründung vom 28.12.2004 vorliegend annimmt, ein sachlicher Differenzierungsgrund vorläge. Die Staatsangehörigkeit kann aber auch unter Geltung des Art. 3 Grundgesetz durchaus ein zulässiger Anknüpfungspunkt für eine Differenzierung sein (vgl. v. Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz, Band 1, 4. Aufl., Art. 3 Rz. 212, 366; Bonner Kommentar zum Grundgesetz/Rüfner, 67. Lfg., Art. 3 Rz. 136); die Staatsangehörigkeit wird auch nicht durch Art. 3 Abs. 3 GG erfasst (Sachs/Osterloh, Grundgesetz, 3. Aufl., Art. 3 Rz. 70; Umbach/Sacksofsky, Grundgesetz - Mitarbeiterkommentar, Band I, Art. 3 Rz. 326 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Es gäbe zahlreiche Gründe, die eine Ungleichbehandlung von Deutschen und Ausländern rechtfertigen könnten, so beispielsweise auch bei der Verteilung von staatlichen Leistungen (v. Mangoldt/Klein/Starck, a.a.O., Art. 3 Rz. 212, 216). Demgemäß wäre noch nicht einmal ohne weiteres ersichtlich, worin eine Verletzung etwa des Art. 3 Grundgesetz und/oder gar des Art. 6 Grundgesetz begründet sein sollte, wenn der österreichische Träger bei Anwendung eines österreichischen Gesetzes deutsche Staatsangehörige hinsichtlich ihrer familienbedingten Aufwendungen den österreichischen Staatsangehörigen nicht gleich behandeln würde (so ausdrücklich etwa Bundessozialgericht, Urteil vom 12.12.1984, Az. 10 RKg 6/84, veröffentlicht bei juris). Auch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs im Zusammenhang mit der Berücksichtigung des Kinderfreibetrages führt etwa der Umstand, dass ein zum Unterhalt durch Barzahlung verpflichteter deutscher Staatsangehöriger nach österreichischem Recht keinen Anspruch hat, der dem Ausgleichsanspruch nach deutschem Zivilrecht vergleichbar ist, nicht zu einer Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BFH, Urteil vom 13.08.2002, Az. VIII R 53/01, Urteil vom 25.03.2003, Az. VIII R 95/02, jeweils veröffentlicht bei Juris). Allerdings liegt eine Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit und damit auch eine diesbezügliche Ungleichbehandlung hier nicht vor, wovon auch das Landesgericht ... im oben zitierten Beschluss über das Rechtsmittel im vorliegenden Verfahren ausgegangen ist. Nach der aufgeführten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs unterbleibt eine Anrechnung der Familienbeihilfe bei nicht in Österreich steuerpflichtigen barunterhaltspflichtigen Elternteilen. Dies ist kein Kriterium, das an die Staatsangehörigkeit anknüpft, wie auch der Fall des in den Beschlüssen des Obersten Gerichtshofs vom 30.01.2003 und vom 19.12.2002 aufgeführten überhaupt nicht steuerpflichtigen Unterhaltsschuldners zeigt (vgl. auch die Sachverhaltsdarstellung des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes vom 20.03.2003, Az. 6 0b 43/03 x, nach er es sich dort um einen österreichischen Staatsbürger mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland handelte; vgl. weiter Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 10.09.2003, Az. 7 0b 207/03 x, österreichischen Staatsbürger mit Wohnsitz in der Schweiz). Die Differenzierung nach der Steuerpflicht in Österreich, also einem grundsätzlich nicht willkürlich, sondern sachlich ausgewählten Gesichtspunkt, vermag nach Überzeugung des Senats keinen für eine Anwendung des ordre public-Vorbehaltes erforderlichen Ausnahmefall zu begründen. Dass das Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und der in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch stünde, dass es nach inländischen Vorstellungen untragbar erschiene, ist nicht feststellbar.

Damit vermag der Senat auch einen Verstoß gegen die rechtliche Ordnung in der Europäischen Union nicht zu erkennen, unabhängig von der Frage, ob insoweit ansonsten überhaupt die oben dargestellten engen Voraussetzungen für eine Ablehnung der Vollstreckbarklärung vorliegen könnten. Eine Diskriminierung des Antragsgegners etwa im Sinne des Art. 12 EGV aus Gründen der Staatsangehörigkeit wäre aus den genannten Gründen nicht erkennbar, auch nicht in Form der sog. mittelbaren Diskriminierung (vgl. dazu Grabitz/von Bogdandy, Kommentar zum EWG-Vertrag, Ergänzungslieferung 7, Art. 6 EGV Rz. 15 ff). Die Mitgliedsstaaten werden nämlich durch das Diskriminierungsverbot lediglich verpflichtet, innerhalb ihres Hoheitsgebietes die ihrer Herrschaft unterworfenen Personen gleichzubehandeln, d. h. ihre jeweiligen Rechtsordnungen müssen nach objektiven Merkmalen und ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der Betroffenen auf diesen Personenkreis anwendbar sein. Davon kann hier - wie ausgeführt - nicht ausgegangen werden. Ein Verstoß gegen das Differenzierungsverbot läge aber auch dann nicht vor, wenn sich eine Schlechterstellung eines Marktbürgers aufgrund unterschiedlich strenger Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten ergäbe (vgl. Grabitz/von Bogdandy, a.a.O., Art. 6 EGV Rz. 14 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs). Unterschiede in der Behandlung und Verzerrungen, die sich aus Unterschieden zwischen den Rechtsordnungen - hier etwa den unterschiedlichen Anrechnungsvorschriften betreffend kindbezogene Leistungen - ergeben würden, würden vom Differenzierungsverbot nicht erfasst.

Mithin ist eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof schon aus diesem Grund nicht angezeigt, unabhängig von der Frage, inwieweit der Europäische Gerichtshof zur Beurteilung berechtigt wäre, ob ein bestimmter Umstand als Verstoß gegen den ordre public gewertet werden kann (vgl. dazu Schlosser, a.a.O., Art. 34 - 36 EuGVVO Rz. 6 m. w. N.; Bülow/Böckstiegel/Tschauner, a.a.O., Art. 34 EuGVVO Rz. 7). Ebenfalls offen bleiben kann die Frage, ob der Senat als Beschwerdegericht überhaupt zur Vorlage der Rechtssache an den Europäischen Gerichtshof berechtigt gewesen wäre, Art. 68 Abs. 1 EGV, Art. 44 EuGVVO, § 15 AVAG (vgl. dazu auch Kroppholler, a.a.O., Einleitung Rz. 34; Geimer/Schütze, a.a.O., A. 1. Einleitung Rz. 162; Grabitz/Hilf/Röben, Das Recht der Europäischen Union, Ergänzungslieferung 13, Art. 68 EGV Rz. 4).

Der Antrag des Antragsgegners vom 01.03.2005 auf "vorläufige" bzw. einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist durch die Entscheidung des Senats in der Hauptsache in diesem Beschluss überholt und nicht mehr zu bescheiden. Er wäre auch aus den Gründen der Verfügung des Senats vom 03.03.2005 unbegründet gewesen. Als Antrag gemäß Art. 46 EuGVVO kann er nicht ausgelegt werden. Darüber hinaus würden auch die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Senats nach dieser Vorschrift nicht vorliegen (vgl. dazu etwa Geimer/Schütze, a.a.O., Art. 46 EuGVVO Rz. 10; Rauscher/Mankowski, a.a.O., Art. 46 Brüssel I-VO Rz. 17).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 1 Abs. 1 Nr. 2 b, 13 AVAG, 97 ZPO.

Die Wertfestsetzung hat der Senat in entsprechender Anwendung des § 42 GKG vorgenommen, wobei er für die Unterhaltsrückstände (§ 42 Abs. 5 GKG) den Betrag in Höhe von 1.600,57 EUR gemäß dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft ... vom 05.08.2004 (Bl. 8 d. A.) zugrunde gelegt hat und für den Jahresbetrag (§ 42 Abs. 1 GKG) die monatliche Differenz zwischen den titulierten 285,-- EUR und den offensichtlich akzeptierten und gezahlten 244,10 EUR.

Ende der Entscheidung

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