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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 15.01.2007
Aktenzeichen: 20 W 484/06
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 1355
BGB § 1617
BGB § 1617 c
EGBGB Art. 10
Haben Ehegatten unter dem für ihre Namensführung zuvor maßgebenden ausländischen Recht bereits einen Ehenamen bestimmt und sodann nach einem Statutenwechsel zum deutschen Recht für die Zukunft eine getrennte Namensführung in der Ehe gemäß § 1355 Abs. 1 Satz 2 BGB gewählt, wodurch der Ehename als gemeinsamer Familienname entfällt und jeder Ehegatte fortan wieder seinen zur Zeit der Eheschließung geführten Namen erhält, so können die aus dieser Ehe hervorgegangenen Kinder sich dieser Namensänderung in entsprechender Anwendung des § 1617 c BGB anschließen.
Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind Spätaussiedler aus der russischen Föderation. Sie schlossen am 01. September 1984 in der damaligen UdSSR die Ehe und führten seitdem den (russischsprachigen) Geburtsnamen des Beteiligten zu 1) als Ehenamen. Diesen Namen erhielten auch ihre Kinder, die 1985 und 1989 geborenen Beteiligten zu 3) und 4).

Die Beteiligten zu 1) bis 4) fanden 2000 Aufnahme als Spätaussiedler in der Bundesrepublik Deutschland. Während des Aufnahmeverfahrens gaben die Beteiligten zu 1) und 2) Namensanpassungserklärungen ab, mit welchen sie jeweils die deutschsprachige Form ihrer Vornamen annahmen, die bisherigen Zwischennamen ablegten und den bisherigen Ehenamen in der männlichen Form der deutschen Sprache anpassten; die Beteiligte zu 2) nahm zusätzlich die deutschsprachige Form ihres Geburtsnamens an, der nicht Ehename war.

Nach Anlegung eines Familienbuches erklärten die Beteiligten zu 1) und 2) unter dem 05. Januar 2006 schriftlich vor der Standesbeamtin, für die Namensführung in der Ehe deutsches Recht zu wählen, wobei der Beteiligte zu 1) in der Ehe den Namen "X" und die Beteiligte zu 2) in der Ehe den Namen "Y" führe.

Auf deren Zweifelsvorlage wies das Amtsgericht die Standesbeamtin mit Beschluss vom 17. Januar 2006 an, die Erklärungen der Beteiligten zu 1) und 2) über die Auflösung ihres Ehenamens entgegen zu nehmen und die so bestimmten Namen in das Familienbuch einzutragen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde wurde nach Stattgabe durch das Landgericht mit Beschluss des Senates vom 22. Juni 2006 - 20 W 183/06 - StAZ 2006, 263 = FGPrax 2006, 262 ) rechtskräftig zurückgewiesen.

Sodann gaben am 18. Juli 2006 die Beteiligten zu 3) und 4) mit Zustimmung der Beteiligten zu 1) und 2) zur Niederschrift des Standesbeamten Erklärungen ab, nach denen sie sich der Namensänderung der Beteiligten zu 2) anschließen und künftig den Namen "Y" als Geburtsnamen führen wollen.

Auf die von der Beteiligten zu 5) vorgelegte Zweifelsvorlage des Standesbeamten wies das Amtsgericht Kassel diesen durch Beschluss vom 18. August 2006 an, die Erklärungen der Beteiligten zu 3) und 4) über den Anschluss an die Namensgebung der Beteiligten zu 2) entgegen zu nehmen und die so bestimmten Namen in das Familienbuch einzutragen.

Hiergegen legte der Beteiligte zu 5) zur Herbeiführung der obergerichtlichen Klärung der Rechtsfrage der Zulässigkeit der Anschlusserklärungen sofortige Beschwerde und nach deren Zurückweisung durch das Landgericht sofortige weitere Beschwerde ein.

II.

Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 5) ist als sofortige weitere Beschwerde gemäß §§ 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 PStG, 22, 27, 29 FGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Beteiligte zu 5) als Standesamtsaufsichtsbehörde hat nach § 49 Abs. 2 PStG unabhängig vom Vorliegen einer Beschwer jedenfalls ein Beschwerderecht, von welchem er Gebrauch machen kann, um eine obergerichtliche Entscheidung über eine Streitfrage herbeizuführen (vgl. BGHZ 121, 305 = StAZ 1993, 390; Hepting/Gaaz, PStG, § 49 Rn. 12; Johansson/Sachse, Anweisungs- und Berichtigungsverfahren in Personenstandssachen, Rn. 1443).

In der Sache führt das Rechtsmittel nicht zum Erfolg, da die Entscheidungen der Vorinstanzen rechtsfehlerfrei ergangen sind.

Das Landgericht hat zu Recht die Entscheidung des Amtsgerichts über die Anweisung des Standesbeamten zur Entgegennahme und Eintragung der namensbestimmenden Erklärungen der Beteiligten zu 3) und 4) in das Familienbuch nach §§ 45 Abs. 2, 15 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Satz 2 sowie Absatz 2 Satz 1 PStG durch Zurückweisung der sofortigen Beschwerde bestätigt.

Mit dem vorgenannten Beschluss vom 22. Juni 2006 (- 20 W 183/06 - StAZ 2006, 263 = FGPrax 2006, 262) hat der Senat entschieden, dass den Beteiligten zu 1) und 2) als Ehegatten nach Art. 10 EGBGB nach Statutenwechsel zum deutschen Recht bzw. nach einer diesbezüglichen Rechtswahlerklärung einmalig die Möglichkeit einzuräumen ist, eine Entscheidung über die zukünftige Namensführung in der Ehe unter Ausschöpfung aller in § 1355 BGB eröffneten Wahlmöglichkeiten zu treffen. Hiernach können Ehegatten, die unter dem für ihre Namensführung zuvor maßgebenden ausländischen Recht bereits einen Ehenamen bestimmt haben, diesen nicht nur neu bestimmen, wenn für sie später deutsches Recht anwendbar wird (vgl. hierzu BGH StAZ 1999, 270 - § 1355 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB), sondern sich in Anwendung des § 1355 Abs. 1 Satz 3 BGB alternativ für eine getrennte Namensführung durch Fortführung ihrer zur Zeit der Eheschließung geführten unterschiedlichen Namen auch nach der Heirat entscheiden, auch wenn sie zunächst einen Ehenamen nach dem zuvor anwendbaren ausländischen Recht geführt haben. Diese Auslegung der Art. 10 EGBGB i.V.M. § 1355 BGB hat der Senat nach dem Grundsatz der namensrechtlichen Selbstbestimmung der Ehegatten unter Berücksichtigung des durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Persönlichkeitsrechtes und des Grundsatzes der Gleichbehandlung nach Art. 3 GG für geboten erachtet. Zur näheren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die näheren Ausführungen in dem vorgenannten Senatsbeschluss Bezug genommen.

Nachdem die Beteiligten zu 3) und 4) als aus der Ehe der Beteiligten zu 1) und 2) hervorgegangene Kinder den formalen Anforderungen der §§ 30, 31 a PStG, 1617 Abs. 1, 1617 c BGB und die Beteiligten zu 1) und 2) als Eltern der minderjährigen Beteiligten zu 4) die entsprechenden Zustimmungserklärungen abgegeben haben, sind die Vorinstanzen zutreffend davon ausgegangen, dass in Fortführung der für die Namensanpassung der Eltern entwickelten Rechtsgrundsätze auch den aus deren Ehe hervorgegangenen Kindern die Möglichkeit zur Anschließung an die vorausgegangene Namensbestimmung der Eltern einzuräumen ist. Für den hier gegebenen Fall der Aufgabe des nach ausländischem Recht zunächst geführten Ehenamens und der sodann nach der Wahl des deutschen Rechtes erfolgten Entscheidung für eine getrennte Namensführung in der Ehe folgt dies bereits aus der in Art. 10 Abs. 2 Satz 3 EGBGB vorgeschriebenen sinngemäßen Anwendung des § 1617 c BGB. Da die Vorschrift auch für volljährige Kinder Anwendung findet (vgl. KG StAZ 2002, 79; Palandt/Diederichsen, BGB, 66. Aufl., § 1617 c Rn. 8) wird die Namensangleichung hierdurch auch dem Beteiligten zu 3) eröffnet, welcher bei Abgabe der Angleichungserklärung nicht mehr minderjährig war. Die zum Zeitpunkt der Anschlusserklärung 17jährige Beteiligte zu 4) hat die Erklärung entsprechend den Anforderungen des § 1617 c Abs. 1 Satz 2 BGB selbst und mit Zustimmung der Beteiligten zu 1) und 2) als gesetzliche Vertreter abgegeben und damit ebenfalls von der ihr kraft Gesetzes eröffneten Möglichkeit der Wahl zwischen der Beibehaltung ihres bisherigen Geburtsnamens oder der Erstreckung der Namensänderung eines Elternteiles bei getrennter Namensführung der Ehegatten Gebrauch gemacht.

Ende der Entscheidung

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