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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 26.08.2002
Aktenzeichen: 20 W 490/01
Rechtsgebiete: KostO, BeurkG


Vorschriften:

KostO § 149
KostO § 156 II 4
BeurkG § 54 a III
BeurkG § 54 a VI
Für die Entstehung der Gebühr nach § 149 KostO ist Voraussetzung, dass die an den Notar geleisteten Zahlungen zwecks treuhändischer Verwahrung im Sinn des § 54 a BeurkG erfolgen. Auch wenn Verstöße gegen § 54 a BeurkG die Entstehung der Gebühr nach § 149 KostO grundsätzlich unberührt lassen, muss ein Verwahrungsantrag bzw. eine Verwahrungsanweisung vorliegen. Eine Gebühr nach § 149 KostO entsteht daher nicht bei nur irrtümlicher Einzahlung auf Notaranderkonto.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN Beschluss

20 W 490/01

Verkündet am 26.08.2002

In der Notarkostensache

betreffend die Kostenrechnung des Notars an der beteiligt sind

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin gegen den Beschluss der 17. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 07.11.2001

am 26.08.2002 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss und die Kostenrechnung des Notars vom 21.08.2001 werden aufgehoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Beschwerdewert: 20.001,30 DM = 10.226,50 EUR

Gründe:

Der Kostengläubiger (Beteiligter zu 2)) beurkundete am 10.05.1999 zu seiner UR-Nr. 184/1999 einen Grundstückskaufvertrag, in dem die Eheleute Z. von Dr. R. als Testamentsvollstrecker ein Grundstück lastenfrei erwarben. Der Kaufpreis von 6.925.000,00 DM war auf ein Notaranderkonto des Beteiligten zu 2) einzuzahlen. Die Vertragsbeteiligten erteilten dem Beteiligten zu 2) eine Verwahrungsanweisung, wonach er von dem hinterlegten Kaufpreis die durch die eingetragenen Grundpfandrechte gesicherten Forderungen abzulösen und den Restbetrag an den Verkäufer bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auszuzahlen hatte. Die Verwahrungsgebühren übernahmen die Vertragsparteien je zur Hälfte.

Unter dem 01.07.1999 kündigte die den Kaufpreis finanzierende Beteiligte zu 1) per Fax dem Beteiligten zu 2) die Überweisung von 6.925.000,00 DM per 01.07.1999 auf das zur Abwicklung des Kaufvertrages bei der Frankfurter Volksbank eingerichtete Notaranderkonto Nr. 19255.4 an und erteilte einen Treuhandauftrag. Das Original des Schreibens ging am 05.07.1999 bei dem Beteiligten zu 2) ein (Bl. 10 d.A.). Außer diesem Betrag von 6.925.000,00 DM, dessen Gutschrift am 01.07.1999 um 17.18 Uhr erfolgte, wurden auf dem Notaranderkonto am 05.07.1999 um 10.13 Uhr weitere 6.897.000,00 DM gutgeschrieben (Bl. 12 d. A.), deren Überweisung durch die Beteiligte zu 1) auf Grund eines Versehens erfolgte. Nachdem am 05.07.1999 bei dem Beteiligten zu 2) der Kontoauszug der Frankfurter Volksbank hinsichtlich der Überweisung des Kaufpreises auf sein Notaranderkonto (Bl. 26 d.A.) eingegangen war, bestätigte er den Erhalt und die Annahme des Treuhandauftrags. Er wies mit vom 07.07.1999 datierendem Schreiben, das per Fax vorab dort am 05.07.1999 um 10.35 Uhr einging, die Bank zur Zahlung dreier Beträge jeweils nebst Tagszinsen ab 01.07.1999 für die Grundpfandgläubiger an sowie zur Zahlung "des verbleibenden Restbetrags" an Dr. R.. Dieser Restbetrag, der sich auf Grund der versehentlichen Überweisung der Beteiligten zu 1) auf 11.512.025,62 DM belief, wurde am 05.07.1999 um 13.41 Uhr auf das Konto von Herrn Dr. R. überwiesen, der nach einem Aktenvermerk in der Handakte des Beteiligten zu 2) am 06.07.1999 diesen telefonisch unterrichtete. Daraufhin erkundigte sich der Beteiligte zu 2) laut diesem Aktenvermerk telefonisch bei der Frankfurter Volksbank, die den Eingang der zusätzlichen Zahlung bestätigte. Am 07.07.1999 ging bei dem Beteiligten zu 2) ein Fax ein, in dem die Beteiligte zu 1) ihn über ihre irrtümlich veranlasste Zahlung informierte und um Rücküberweisung auf das bei ihr geführte Konto des Käufers bat (Bl. 14 d. A.). Ebenfalls am 07.07.1999 ging bei dem Notar ein Kontoauszug der Frankfurter Volksbank ein, aus dem u. a. die zusätzliche Überweissung der Beteiligten zu 1) sowie die Überweisung der 11.512.025,62 DM an Dr. R. ersichtlich waren. Der Beteiligte zu 2) bat diesen mit Schreiben vom 07.07.1999 um Rücküberweisung an die Beteiligte zu 1), wozu Herr Dr. R. per Fax vom 07.07.1999 15.51 Uhr seine Bank anwies.

Mit Kostenrechnung vom 24.09.2000 (Bl. 15 d. A.) stellte der Notar der Beteiligten zu 1) eine Hebegebühr gem. § 149 KostO aus einem Geschäftswert von 13.822.000,00 DM in Rechnung. Diese hat er auf gerichtlichen Hinweis mit Schreiben vom 21.08.2001 (Bl. 54 d. A.) auf die durch die Zahlung der 6.897.000,00 DM verursachte Erhöhung korrigiert und verlangt nunmehr noch 20.001,30 DM.

Die Beteiligte zu 1) hat mit ihrer Beschwerde geltend gemacht, dem Beteiligten zu 2) stünde hinsichtlich der irrtümlich gezahlten 6.897.000,00 DM keine Gebühr nach § 149 KostO zu, da diese eine amtliche Verwahrtätigkeit im Sinn des § 23 BNotO voraussetze, die der Notar durch die insoweit unbeabsichtigte Auszahlung nicht entfaltet habe. Ein Verwahrungsverhältnis sei nur hinsichtlich des Kaufpreises begründet worden, im übrigen fehle es an dem nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 BeurkG erforderlichen Verwahrungsantrag der Beteiligten zu 1).

Hilfsweise hat die Beteiligte zu 1) mit einem Zinsschaden in Höhe 9.218,11 DM aufgerechnet, der ihr durch die verspätete Rücküberweisung entstanden sei. Wenn man von einem umfassenden Verwahrauftrag ausgehe, habe der Beteiligte zu 2) versäumt, seine Anweisung erst nach konkreter Überprüfung des Notaranderkontos zu erteilen. Er sei am 05.07.1999 durch eine Mitarbeiterin der Beteiligten zu 1) von der irrtümlichen Doppelüberweisung informiert worden, das Schreiben der Beteiligten zu 1) vom 07.07.1999 habe nur der vom Beteiligten zu 2) erbetenen Aktenvervollständigung gedient. Wenn der Beteiligte zu 2) telefonisch bei seiner Bank nachgefragt hätte, hätte er die Überweisung verhindern bzw. noch am selben Tag die Rücküberweisung veranlassen können, so dass ihr das Geld bereits am 06.07. und nicht erst wieder am 13.07.1999 zur Verfügung gestanden hätte.

Dem ist der Notar entgegengetreten und hat die Auffassung vertreten, die Gebühr nach § 149 KostO sei auch aus den 6.897.000,00 DM entstanden. Es liege auch insoweit ein Verwahrverhältnis vor, da das Geld durch die Überweisung auf das Notaranderkonto in seine Verfügungsgewalt gekommen sei. Auch wenn er selbst und nicht der Käufer die Rücküberweisung veranlasst hätte, sei die Gebühr entstanden.

Eine Pflichtverletzung, die zu dem hilfsweise zur Aufrechung gestellten Schadensersatz führe, liege nicht vor. Auf Grund der zu dem Ablösebetrag der Grundpfandrecht hinzutretenden Tageszinsen könne nicht von vornherein der an den Verkäufer auszukehrende Teil des Kaufpreises beziffert werden, weshalb die Anweisung hinsichtlich des "Restbetrages" erfolgt sei. Nach dem am 05.07.1999 bei ihm eingegangenen Kontoauszug habe keine Veranlassung bestanden, mit weiteren Zahlungen der Beteiligten zu 1) auf das Notaranderkonto zu rechnen.

Eine Verzögerung der Rücküberweisung sei ihm nicht vorzuwerfen. Erst durch den Anruf von Herrn Dr. R. am 06.07.1999 habe er von der Überzahlung bzw. durch den Erhalt des Kontoauszugs am 07.07.1999 von dem genauen Betrag und dem Grund der Überzahlung erfahren. Eine telefonische Information durch eine Mitarbeiterin der Beteiligten zu 1) schon am 05.07.1999 hat der Beteiligte zu 2) bestritten, das Schreiben der Beteiligten zu 1) sei vielmehr die Reaktion auf seine Mitteilung von der Doppelüberweisung am Morgen des 07.07.1999.

Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Gebühr des § 149 KostO sei entstanden. Die Führung des Notaranderkontos und die Auszahlungen davon habe der Beteiligte zu 2) in Ausführung der Verwahrungsaufträge vorgenommen, die ihm die Vertragsbeteiligten des Kaufvertrags sowie die Beteiligte zu 1) im Rahmen ihres Treuhandauftrags erteilt habe. Auch die über den Kaufpreis hinausgehende Auszahlung sei durch die versehentlich erfolgte Überweisung der Beteiligten zu 1) veranlasst worden, weshalb sie auch insoweit als Veranlasserin Kostenschuldnerin sei.

Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1), mit der sie weiterhin die Auffassung vertritt, die Gebühr nach § 149 KostO sei nicht entstanden, da nur hinsichtlich des Kaufpreises ein Antrag auf Vornahme eines amtlichen Verwahrungsverhältnisses an den Beteiligten zu 2) gerichtet worden sei. Den irrtümlich überwiesenen Betrag habe der Notar dagegen nicht zur amtlichen Verwahrung, sondern lediglich als rechtsgrundlos Bereicherter entgegengenommen und insoweit auch keine aktive Auszahlungstätigkeit entfaltet. Weiter wird gerügt, dass das Landgericht nicht über die hilfsweise im Weg der Aufrechnung geltend gemachte Schadensersatzforderung entschieden hat, obwohl es die Entstehung der Gebühr nach § 149 KostO bejaht hat und es deshalb auf diese Einwendung ankam. Insofern wiederholt und vertieft die Beteiligte zu 1) ihren erstinstanzlichen Vortrag, insbesondere zu der telefonischen Information über die irrtümliche Überweisung schon am 05.07.1999, wozu sie ihren erstinstanzlichen Beweisantritt wiederholt.

Der Beteiligte zu 2) verteidigt den angefochtenen Beschluss und vertritt die Auffassung, es hindere nicht eine Verfügung als Notar über diesen Betrag, dass er keine Kenntnis von dem Eingang der weiteren Einzahlung auf seinem Notaranderkonto gehabt habe. Der hilfsweise geltend gemachte Zinsschaden sei von ihm weder verursacht, noch zu vertreten.

Wegen des Vertrags der Beteiligten im einzelnen wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist kraft Zulassung gemäß § 156 Abs. 2 Satz 2 KostO statthaft, auch form- und fristgemäß eingelegt und auch begründet. Der angefochtene Beschluss war aufzuheben, da er auf einer Gesetzesverletzung beruht (§§ 156 Abs. 2 Satz 4 KostO i. V. § 550 ZPO a. F., 26 Nr. 10 EGZPO). Die in Rechnung gestellte Gebühr nach § 149 KostO ist nicht entstanden, daher war auf die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) die angefochten Kostenrechnung aufzuheben.

Zwar wird die Ansicht vertreten, das aus Anlass einer Beurkundung und der dadurch verursachten Verwahrung entstehende Rechtsverhältnis zwischen Notar und "Auftraggeber" sei sachgerechter mit dem Begriff "Verwahrungsverhältnis" zu kennzeichnen und nicht als "Verwahrungsvertrag". Auch lassen Verstöße gegen § 54 a BeurkG die Entstehung der Hebegebühr grundsätzlich unberührt. Trotzdem ist für die Entstehung der Gebühr nach § 149 KostO doch ein Verwahrungsantrag verbunden mit einer Verwahrungsanweisung erforderlich. Die bloße Einzahlung auf ein Notaranderkonto lässt die Gebühr dagegen nicht entstehen, sie muss vielmehr zwecks treuhänderischer Verwahrung im Sinn des § 54 a BeurkG erfolgen (BayObLGZ 1988, 145,147; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, 15. Aufl., § 149 Rdnr. 3 ; Rohs/Wedewer, KostO, § 149, Rdnr. 8). Für die versehentlich erfolgte Überweisung vom 07.07.1999 fehlt es an dieser Verwahrungsanweisung, denn sowohl der Kaufvertrag als auch der Treuhandauftrag der Beteiligten zu 1) vom 01.07.1999 betreffen naturgemäß nur den Kaufpreis von 6.925.000,00 DM. Der Beteiligte zu 2) hat auch nur die Annahme dieses Treuhandauftrags am 05.07.1999 bestätigt, für die weitere Überweisung der Beteiligten zu 1) ist keine ausdrückliche Annahme der Verwahrungsanweisung nach § 54 a Abs. 5 und 6 BeurkG erfolgt. Legt man den inzwischen unstreitigen Vortrag des Beteiligten zu 2) zu Grunde, dass er im Zeitpunkt der Anweisung an die sein Notaranderkonto führende Frankfurter Volksbank keine Kenntnis davon hatte, dass davon auch die zwischenzeitlich dort gutgeschriebenen 6.897.000,00 DM erfasst wurden, kommt auch keine konkludente Annahme in Betracht. Darüber hinaus liegt der gebührenauslösende Tatbestand einer Auszahlung oder Rückzahlung nicht vor, denn auf Grund der Unkenntnis des Beteiligten zu 2) von der Gutschrift auf dem Notaranderkonto kann insoweit auch nicht von einer Auszahlung im Sinn einer gewollten Weitergabe an einen Dritten gesprochen werden, von der Frage der Befugnis zu einer Auszahlung ganz abgesehen. Eine Rückzahlung im Sinn des § 149 KostO ist ebenfalls nicht gegeben, da die Rückzahlung an die Beteiligte zu 1) nicht über das Notaranderkonto erfolgt ist, sondern direkt durch Dr. R. veranlasst wurde.

Da demnach die der Beteiligten zu 1) in Rechnung gestellte Gebühr nach § 149 KostO schon nicht entstanden und die Kostenrechnung deshalb aufzuheben ist, kommt es auf die nur hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzforderung nicht an.

Das Beschwerdeverfahren ist nach § 131 Abs. 2 KostO gerichtsgebührenfrei. Die Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten entsprach für beide Beschwerdeverfahren nicht der Billigkeit (§ 13aAbs. 1 Satz 1 FGG).

Der Beschwerdewert folgt aus §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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