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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 17.07.2001
Aktenzeichen: 20 W 527/00
Rechtsgebiete: BGB, FGG, KostO


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 196 Abs. 1 Ziffer 7
BGB § 198 Satz 1
BGB § 1836 Abs. 2 S. 1 a. F.
BGB § 204
FGG § 13 a Abs. 1 S. 1
KostO § 131 Abs. 2
KostO § 30 Abs. 1
Der Einwand unzulässiger Rechtsausübung kann den dem Anspruch auf Aufwandsentschädigung und Vergütung des Betreuers entgegengesetzten Verjährungseinwand unzulässig machen.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

Entscheidung vom 17. Juli 2001

In dem Betreuungsverfahren ...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige weitere Beschwerde des Betreuers gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Marburg vom 15. November 2000 am 17. Juli 2001

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts Kirchhain werden aufgehoben, soweit die Festsetzung von Aufwandsentschädigung und Vergütung für die Tätigkeit des Betreuers in der Zeit vom 26.Juli 1991 bis 31. Dezember 1997 abgelehnt wurde. Das Verfahren wird insoweit zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Amtsgericht Kirchhain zurückverwiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Die Bet. zu 2) hat dem Betreuer die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens beider Instanzen zu ersetzen.

Beschwerdewert: 14.505,13 DM

Gründe:

Die kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss statthafte (§ 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG) und auch im übrigen zulässige sofortige weitere Beschwerde ist begründet, weil der angefochtene Beschluss auf einer Verletzung des Gesetzes beruht(§§ 27 FGG, 550 Abs. 1 ZPO).

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen kann der Betreuer die Festsetzung von Aufwandsentschädigung und Vergütung gegen die Staatskasse auch für die in der Zeit vor dem 1. Januar 1998 erbrachten Tätigkeiten verlangen. Der von dem Bezirksrevisor als Vertreter des Antragsgegners gegen diese Ansprüche erhobenen Einrede der Verjährung steht das Gebot von Treu und Glauben im Rechtsverkehr gemäß § 242 BGB entgegen.

Wie der Senat mit Beschluss vom 20. Dezember 1999 ­20 W 326/99- und vom 10. Februar 2000 ­ 20 W 289/99 entschieden hat, unterliegen die noch nach der alten Rechtslage zu beurteilenden Ansprüche der Berufsbetreuer auf Aufwendungsersatz und Vergütung der zweijährigen Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Ziffer 7 BGB ( vgl. Staudinger/Peters, BGB, 13. Bearb. § 196 Rn. 43; MünchKomm/von Feldmann, BGB, 3. Aufl., § 196 Rn. 24; Damrau, Rpfleger 1983, 93 ff; OLG Celle FamRZ 1961, 385 für den Honoraranspruch eines Beistandes; AG Celle NdsRpfl 1996, 58 f ). Die Verjährungsfrist nach § 198 Satz 1 BGB beginnt mit der Entstehung des Anspruchs zu laufen. Da für den Berufsbetreuer durch die gesetzliche Regelung des § 1836 Abs. 2 S.1 BGB a. F. klargestellt war, dass dem Grunde nach ein Vergütungsanspruch bereits mit der jeweiligen Tätigkeit entsteht und lediglich dessen Höhe durch die Bewilligung festgelegt wird ( vgl. hierzu BayObLGZ 1989, 169, 172 und BayObLG NJW-RR 1999, 517), verjähren die Ansprüche des Berufsbetreuers grundsätzlich jeweils zwei Jahre nach Schluss des Kalenderjahres, in welchem sie erbracht wurden, soweit sie sich gegen die Staatskasse richten, da insoweit eine Hemmung der Verjährung gemäß § 204 BGB nicht in Betracht kommen kann.

Da der Betreuer hier erst am 31. März 2000 seinen Antrag auf Festsetzung von Aufwendungsersatz und Vergütung eingereicht und der Bezirksrevisor die Einrede der Verjährung erhoben hatte, sind die Vorinstanzen zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Ansprüche für die Zeit vor dem 1. Januar 1998 der Verjährung unterliegen können.

Gleichwohl führt dies nicht zu einem Erlöschen dieser Ansprüche, da der Erhebung der Verjährungseinrede durch den Bezirksrevisor nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB hier entgegen steht, dass dieser selbst zuvor den Betreuer von der rechtzeitigen Geltendmachung seiner Ansprüche durch die von ihm vertretene Rechtsauffassung und die diesbezüglich geführten Gespräche und überlassenen Unterlagen abgehalten hat.

Das Landgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Zweck der Verjährungsregelungen die Anlegung strenger Maßstäbe erfordert und den Einwand unzulässiger Rechtsausübung nur gegenüber einem wirklich groben Verstoß gegen Treu und Glauben durchgreifen lässt (vgl. BGH NJW 1988, 2245). Danach scheitert die Erhebung der Verjährungseinrede wegen unzulässiger Rechtsausübung dann, wenn der Schuldner den Gläubiger durch sein Verhalten von der rechtzeitigen Geltendmachung seines Anspruches abgehalten hat oder der Gläubiger nach objektiven Maßstäben darauf vertrauen durfte, sein Anspruch werde vom Schuldner nur mit Einwendungen in der Sache bekämpft (vgl. MünchKomm/Grothe, BGB, 4.Aufl., § 194 Rn. 13 und Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., vor § 194 Rn. 10 jeweils m. w. N.). Dabei kann es genügen, dass der Schuldner den Gläubiger unbeabsichtigt an der Verjährungsunterbrechung gehindert hat (vgl. BGHZ 71, 96). Ausreichend ist insoweit ein besonderer Ursachenzusammenhang zwischen dem Verhalten des Schuldners und der Fristversäumung des Gläubigers (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.0., m. w. N.). Nach diesen Grundsätzen liegt hier entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ein Verstoß gegen Treu und Glauben vor. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass nach der alten Rechtslage der Zeitpunkt der Entstehung des Vergütungsanspruches des Berufsbetreuers ebenso wie die Frage der Verjährung in Literatur und Rechtsprechung umstritten war ( vgl.Damrau/Zimmermann, Vormundschaft und Betreuung, 2. Aufl., §1836 BGB Rn. 13; Bienwald, Betreuungsrecht, 2. Aufl., § 1836a Rn. 22; BayObLG FamRZ 1996, 372 und BayObLGZ 1995,395). Nach dem vom Landgericht zugrunde gelegten Sachverhalt hatte der Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse gegenüber den in seinem Landgerichtsbezirk tätigen Berufsbetreuern anläßlich dienstlicher Kontakte bis zu dem Inkrafttreten des BtÄndG stets die Auffassung vertreten, die Betreuervergütung werde erst mit dem Ende der Betreuung fällig, so dass sämtliche zuvor gezahlten Beträge nur als Vorschüsse anzusehen seien. Dies hatte er auch gegenüber dem Bet. zu1) im persönlichen Gespräch geäußert und hierzu auf eine Entscheidung der Beschwerdekammer des Landgerichts Marburg ( 3 T 42/94 ) verwiesen. Zwar wäre es dem Bet. zu 1) unbenommen gewesen, für seine Tätigkeit in den üblichen jährlichen Abständen Vergütungsanträge einzureichen und auf deren Bescheidung auch zu bestehen, bzw. im Falle einer abschlägigen Entscheidung des Vormundschaftsgerichts Rechtsmittel einzulegen und so eine Klärung der Rechtsfrage über die Entstehung der Vergütungsansprüche zu erreichen. Angesichts der dienstlichen Stellung des Bezirksrevisors als Vertreter der Staatskasse wurde durch die von ihm vertretene Position und die damit ersichtlich verfolgte Absicht, den Arbeitsaufwand der Vormundschaftsgerichte für die Vergütungsfestsetzung zu begrenzen, der Betreuer von der Einreichung früherer Festsetzungsanträge in kürzeren Abständen abgehalten. Denn er ging ersichtlich davon aus, mit der Bezifferung seiner Ansprüche bis zur Beendigung seiner Betreuertätigkeit abwarten zu können, ohne wegen der von dem Bezirksrevisor vertretenen Position insoweit einen Rechtsverlust zu erleiden.

Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Berufung auf eine nach neuerer Rechtsprechung eingreifende kurze Verjährungsfrist auch dann nicht rechtsmissbräuchlich sein muss, wenn früher von der Rechtsprechung eine lange Verjährung angenommen wurde ( vgl. MünchKomm/Grothe, a.a.O., Rn. 18; BGH NJW 1964, 1022). Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um einen dem Betreuer als gleichberechtigt gegenüber stehenden Vertragspartner, sondern einen mit staatlicher Autori- tät ausgestatteten Vertreter des Justizfiskus. Danach ist es unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhanges als rechtsmissbräuchlich anzusehen, wenn der Bezirksrevisor nunmehr aufgrund der bereits zitierten Entscheidung des Senates vom 20. Dezember 1999 an seiner früher vertretenen Rechtsauffassung nicht mehr festhält und sich auf die Verjährung der vor dem 01. Januar 1998 entstandenen Vergütungs- und Aufwendungsersatzansprüche beruft, obwohl diese nach seiner zuvor langjährig und nachdrücklich vertretenen Position mangels Beendigung der Betreuung noch gar nicht fällig geworden wären.

Der angefochtene Beschluss des Landgerichts war deshalb wegen unrichtiger Anwendung des Gebotes von Treu und Glauben aufzuheben. Des weiteren war der Beschluss des Amtsgerichts aufzuheben, soweit für den Zeitraum vor dem 1. Januar 1998 Vergütung und Aufwendungsersatz bereits dem Grunde nach versagt wurde, und das Verfahren insoweit an das Amtsgericht zurück zu verweisen, damit im einzelnen über die Ansprüche für diesen Zeitraum der Höhe nach entschieden werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 Kost0.



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