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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 10.01.2005
Aktenzeichen: 20 W 533/04
Rechtsgebiete: FGG, WEG


Vorschriften:

FGG § 27
FGG § 29
WEG § 43
WEG § 45
Die sofortige weitere Beschwerde gegen einen Beschluss des Landgerichts, durch welches dieses in einem Beschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit einen Antrag auf Ablehnung eines Richters der Beschwerdekammer wegen Besorgnis der Befangenheit zurückgewiesen hat, ist nur gegeben, wenn sie durch das Landgericht zugelassen worden ist. Dies gilt auch im Wohnungseigentumsverfahren.
Gründe:

Durch Beschluss vom 04.07.2003 hat das Amtsgericht im Wohnungseigentumsverfahren ein gegen den Sachverständigen A gerichtetes Befangenheitsgesuch der Antragsteller vom 24.04.2003 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Diese sofortige Beschwerde hat die Beschwerdekammer des Landgerichts durch Beschluss vom 04.09.2003 zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller hat der Senat durch Beschluss vom 30.03.2004, 20 W 360/03, als unzulässig verworfen.

Im Anschluss daran haben die Antragsteller mit Schriftsatz vom 22.04.2004 beim Landgericht unter anderem einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Verletzung rechtlichen Gehörs gestellt und die am Beschluss vom 04.09.2003 mitwirkenden Richter der Beschwerdekammer wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Landgericht durch einen - am Beschluss vom 04.09.2003 nicht beteiligten - Einzelrichter der Beschwerdekammer das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt. Gegen diesen am 17.11.2004 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller mit am 01.12.2004 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz, auf den verwiesen wird, "Beschwerde" eingelegt und gleichzeitig Akteneinsicht beantragt. Der Einzelrichter der Beschwerdekammer hat durch Beschluss vom 10.12.2004 der als sofortigen Beschwerde angesehenen "Beschwerde" nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Das Rechtsmittel der Antragsteller ist unzulässig.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats richtet sich die Statthaftigkeit von Rechtsmitteln im Zusammenhang mit der Richterablehnung durch Beteiligte im Wohnungseigentumsverfahren nach den Regeln der Zivilprozessordnung, während für die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen und für das Rechtsmittelverfahren das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt, da weder das Wohnungseigentumsgesetz, noch das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit insoweit eigene Bestimmungen enthält. Dies entspricht auch weitgehend allgemeiner Auffassung (vgl. zum einen zuletzt Senatsbeschlüsse vom 08.07.2004, 20 W 262/04, und vom 05.12.2003, 20 W 417/03; vgl. zum anderen etwa BGH NJW-RR 2004, 726 zum Betreuungsverfahren; OLG Karlsruhe WM 2003, 536; Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., Vor §§ 43 ff Rz. 190a; Palandt/Bassenge, BGB, 64. Aufl., § 43 WEG Rz. 19; § 45 WEG Rz. 6; Weitnauer/Mansel, WEG, 9. Aufl., Nach § 43 Rz. 12; Keidel/Kuntze/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 6 Rz. 39, 68).

Demgemäß richtet sich die Statthaftigkeit von Rechtsmitteln im Zusammenhang mit der Richterablehnung durch Beteiligte im Wohnungseigentumsverfahren nach den §§ 46 Abs. 2, 567, 574 ZPO. Dies bedeutet, dass nach der Änderung der Zivilprozessordnung zum 01.01.2002 die sofortige weitere Beschwerde gegen einen Beschluss des Landgerichts, durch welchen dieses in einem Beschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit einen Antrag auf Ablehnung eines Richters der Beschwerdekammer wegen Besorgnis der Befangenheit zurückgewiesen hat, nur gegeben ist, sofern sie durch das Landgericht zugelassen worden ist.

Bis zur Änderung der Zivilprozessordnung war die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs im landgerichtlichen Beschwerdeverfahren nur deshalb statthaft, weil § 567 Abs. 3 Satz 2 ZPO a. F. für die Entscheidung nach § 46 ZPO ausdrücklich eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 567 Abs. 3 Satz 1 ZPO a. F. vorsah, dass gegen Entscheidungen der Landgerichte im Berufungsverfahren und im Beschwerdeverfahren eine Beschwerde nicht zulässig ist. Nach neuem Recht sieht zwar § 46 Abs. 2 ZPO gegen den Beschluss, durch den ein Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt wird, wie bisher die sofortige Beschwerde vor. Sie ist nach § 567 Abs. 1 ZPO n. F. aber nur statthaft, soweit es sich um eine Entscheidung handelt, die im ersten Rechtszug ergangen ist. Daher ist gegen den das Ablehnungsgesuch zurückweisenden Beschluss des Beschwerdegerichts nach neuem Recht unter den engen Voraussetzungen des § 574 ZPO die Rechtsbeschwerde gegeben. Sie setzt, da die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde in § 46 ZPO nicht ausdrücklich bestimmt ist (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), die Zulassung durch das Beschwerdegericht voraus (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Dies entspricht nach Auffassung von Rechtsprechung und Literatur der Grundkonzeption der ZPO-Reform, die sofortige Beschwerde in Funktion und Ausgestaltung der Berufung nachzubilden und Rechtsmittel gegen Zwischenentscheidungen zur Beschleunigung und Vereinfachung der Verfahren zu beseitigen (vgl. Senat, Beschluss vom 08.07.2004, 20 W 262/04; OLG Stuttgart NJW-RR 2003, 494; OLG Karlsruhe MDR 2003, 651; vgl. die vielfältigen Nachweise bei Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 46 Rz. 14; Musielak/Heinrich, ZPO, 4. Aufl., § 46 Rz. 4; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 46 Rz. 3; Keidel/Kuntze/Zimmermann, a.a.O., § 6 Rz. 69).

Da sich die dargestellten neuen Regeln über die Beschwerde im Zivilprozessverfahren auf die Statthaftigkeit des Rechtsmittels beziehen, sind sie in Übereinstimmung mit den bisher für die entsprechende Anwendung maßgebenden Grundsätzen auf Ablehnungsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu übertragen (Senat, Beschluss vom 08.07.2004, 20 W 262/04; BayObLG FG-Prax 2002, 119; OLG Zweibrücken, NJW-RR 2002, 1507; Palandt/Bassenge, a.a.O., § 43 WEG Rz. 19, § 45 WEG Rz. 6). Damit ist die dargestellte Einschränkung des Rechtsweges bei der erfolglosen Richterablehnung im Beschwerdeverfahren auch in das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu übernehmen, wobei allerdings über die Rechtsbeschwerde entgegen § 133 GVG nicht der Bundesgerichtshof, sondern das Oberlandesgericht zu entscheiden hat (so auch Palandt/Bassenge, a.a.O., § 45 WEG Rz. 6; BGH NJW-RR 2004, 726).

Demnach ist das Rechtsmittel der Antragsteller als unzulässig zu verwerfen. Als sofortige Beschwerde ist es, wie bereits ausgeführt, nicht statthaft. Für die Rechtsbeschwerde in entsprechender Anwendung von § 574 ZPO fehlt es an der Zulassung durch das Landgericht, die auch nicht nachgeholt werden kann, zumal die in §§ 574 Abs. 1 und 2 ZPO dafür vorgesehenen gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Über die Zulassung hat allein das Landgericht zu befinden, an seiner Entscheidung ist der Senat gebunden. Eine Nichtzulassungsbeschwerde sieht das Gesetz nicht vor.

Um eine sofortige weitere Beschwerde gemäß § 45 Abs. 1 WEG handelt es sich vorliegend auch nicht. Diese ist - wie die sofortige Beschwerde gemäß § 45 Abs. 1 WEG - lediglich statthaft gegen Endentscheidungen, also solche, die über den Gegenstand des Verfahrens in einer die Instanz abschließenden Weise entscheiden (vgl. Senat, Beschluss vom 08.07.2004, 20 W 262/04; vgl. auch Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 45 Rz. 3, 71; Palandt/Bassenge, a.a.O., § 45 WEG Rz. 1, 2 a; Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 45 Rz. 4). Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um eine die Instanz abschließende Endentscheidung, sondern um die verfahrensleitende (Zwischen-)Entscheidung betreffend ein Befangenheitsgesuch.

Eine Überprüfung der angefochtenen Entscheidung unter dem Gesichtspunkt der "greifbaren Gesetzeswidrigkeit" hat nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt etwa die in einem Parallelverfahren zwischen den Beteiligten ergangene Entscheidung des Senats vom 30.03.2004, 20 W 364/03, mit den dortigen Nachweisen, und die Zusammenfassung bei Sternal, Entwicklungen und Tendenzen bei den außerordentlichen Rechtsbehelfen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, FGPrax 2004, 170; vgl. weiter für das Ablehnungsverfahren OLG Karlsruhe OLGR 2004, 45) nicht zu erfolgen. Denn im Hinblick auf den bereits mit dem ZPO-RG neu geschaffenen § 321a ZPO (vgl. nunmehr das Gesetz über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vom 09.12.2004, Bundesgesetzblatt 2004, Teil I, S. 3220) hat der Gesetzgeber eine Abhilfemöglichkeit für Verfahren vorgesehen, in denen eine Überprüfung bislang nicht möglich war; hieraus ist bislang (d.h. bis zum 01.01.2005) der allgemeine Rechtsgedanke abgeleitet worden, dass bei Verletzung von Verfahrensgrundrechten oder in sonstigen Fällen greifbarer Gesetzeswidrigkeit eine Selbstkorrektur durch das entscheidende Gericht möglich ist, die eine Anfechtung mit der außerordentlichen Beschwerde ausschließt. Diese Grundsätze kommen auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zur Anwendung (vgl. Senat, Beschluss vom 30.03.2004, 20 W 364/03; vgl. im Einzelnen auch Sternal, FGPrax 2004, 170).

Damit ist die Entscheidung des Landgerichts der Sachprüfung durch den Senat in jeglicher Hinsicht entzogen. Dies gilt wie dargestellt auch im Hinblick auf die von den Antragstellern gerügten Verletzungen ihrer Verfahrensgrundrechte vor dem Landgericht. Im Hinblick darauf konnte der Senat auch ausnahmsweise in der Sache entscheiden, ohne den Antragstellern im Verfahren vor dem Senat zunächst nochmals Akteneinsicht zu gewähren. Die im Beschwerdeschriftsatz gegenüber dem Landgericht von den Antragstellern beantragte Akteneinsicht und auch eine weitere Begründung der Beschwerde hätten allenfalls zu einer weiteren Verzögerung des Verfahrens und weiteren erheblichen Kosten durch Beteiligung der anderen Beteiligten geführt, ohne dass dies Einfluss auf die Sachentscheidung durch den Senat hätte haben können; sie hätte nicht anders ausfallen können. Im übrigen bestünde dazu nach den obigen Ausführungen zu den Möglichkeiten einer Selbstkorrektur durch die entscheidende Instanz bei Verstößen gegen Verfahrensgrundsätze auch keine Veranlassung; gegebenenfalls wird also das Landgericht über die beantragte Akteneinsicht zu befinden haben.

In Wohnungseigentumsverfahren ist auch in einem Nebenverfahren wie hier über die Kosten nach § 47 WEG zu entscheiden. Es entspricht billigem Ermessen, dass insoweit die Antragsteller die Gerichtskosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen haben, § 47 Satz 1 WEG. Jedoch dürften hinsichtlich der Gerichtskosten die Vorschriften der § 48 Abs. 1 und 4 WEG nicht anwendbar sein; maßgebend sind insoweit vielmehr die Vorschriften der Kostenordnung, mithin § 131 Kost0 (Senat, Beschluss vom 16.08.2002, 20 W 166/02; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 48 Rz. 68; Staudinger/Wenzel, BGB, Stand Juni 1997, § 47 WEG Rz. 3).

Für die Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten im vorliegenden Verfahren hat der Senat keine Veranlassung gesehen, da das Unterliegen der Antragsteller hierfür nicht ausreicht und im Übrigen die weiteren Beteiligten durch den Senat am Verfahren nicht beteiligt worden sind, § 47 Satz 2 WEG.

Die Wertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG; der Senat hat sich hierbei an der Wertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 30.03.2004, 20 W 360/03, bzw. dem Kammerbeschluss vom 04.09.2003 orientiert. Höher kann das Interesse der Beteiligten am vorliegenden Verfahren nicht sein; auch für eine Herabsetzung hat der Senat keine Veranlassung gesehen.

Ende der Entscheidung

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