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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 26.05.2003
Aktenzeichen: 20 W 61/03
Rechtsgebiete: FGG, UmwG


Vorschriften:

FGG § 142
FGG § 144
UmwG § 16 II
UmwG § 20 I Zif. 4
UmwG § 20 II
Nach Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers kommt eine Löschung der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister des übertragenden Rechtsträgers weder wegen eines möglichen vorausgegangen Verstoßes gegen die Verfahrensvorschriften über die Registersperre nach § 16 Abs. 2 UmwG noch wegen geltend gemachter materieller Mängel des Verschmelzungsbeschlusses in Betracht.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 61/03 72 HRB 8748 Amtsgericht Frankfurt

Entscheidung vom 26. Mai 2003

In der Handelsregistersache

der am 20. August 2002 nach Verschmelzung erloschenen A. AG, Frankfurt am Main,

Betroffene, an der hier beteiligt sind:

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die weitere Beschwerde der Bet. zu 1. bis 3. gegen den Beschluss der 7. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. Dezember 2002

am 26. Mai 2003

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen. Beschwerdewert: 100.000,-- EUR

Gründe:

I.

Am 19. August 2002 wurde für die Betroffene in das Handelsregister eingetragen, dass sie durch Beschlüsse der beteiligten Hauptversammlungen vom 16. und 18. Juli 2002 durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes ohne Abwicklung gemäß § 2 Nr. 1 i.V.m. §§ 46 ff, 60 ff Umwandlungsgesetz mit der Bet. zu 4. durch Aufnahme verschmolzen ist. Am 20. August 2002 erfolgte im Handelsregister des Sitzes der Bet. zu 4. die Eintragung der Verschmelzung.

Die Bet. zu 1. bis 3. legten bei dem Registergericht am bisherigen Sitz der Betroffenen Beschwerde gegen die Eintragung vom 19. August 2002 ein mit dem Antrag, die Eintragung der Verschmelzung von Amts wegen zu löschen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Eintragung sei von einem nach der Geschäftsverteilung nicht zuständigen Richter verfügt worden, obwohl entgegen der Versicherung der anmeldenden Vorstandsmitglieder unter dem 16. August 2002 Klage wegen Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses der Hauptversammlung eingereicht worden und dies dem Registergericht mitgeteilt worden sei; der Hauptversammlungsbeschluss sei wegen Verstoßes gegen das Selbstkontrahierungsverbot, einer Benachteiligung der Minderheitsaktionäre und Gestaltungsmissbrauch nichtig.

Das Amtsgericht wies den Löschungsantrag mit Beschluss vom 5. November 2002 zurück.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde wurde durch Beschluss des Landgerichts vom 18. Dezember 2002 zurückgewiesen.

Hiergegen wenden sich die Bet. zu 1. bis 3. mit der weiteren Beschwerde, mit der sie weiterhin die Löschung der Registereintragung vom 19. August 2002 erstreben. Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, die Eintragung sei unter Verstoß gegen § 16 Abs. 2 S. 2 UmwG durch den nicht zuständigen Richter verfahrensfehlerhaft verfügt worden. Die Löschung sei für sie als Aktionäre zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes erforderlich, zumal zwischenzeitlich die vor dem Zivilgericht erhobene Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses als unzulässig abgewiesen worden sei, weil die Beklagte nicht mehr existiere.

II.

Die zulässige weitere Beschwerde führt in der Sache nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Die Vorinstanzen haben die Löschung der beanstandeten Eintragung der Verschmelzung zu Recht abgelehnt, weil das Handelsregister nicht unrichtig ist.

Gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 4 UmwG hat die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers die Wirkung, dass der Mangel der notariellen Beurkundung des Verschmelzungsvertrages und gegebenenfalls erforderlicher Zustimmungs- oder Verzichtserklärungen einzelner Anteilsinhaber geheilt wird; des weiteren bestimmt § 20 Abs. 2 UmwG, dass Mängel der Verschmelzung die Wirkung der Eintragung nach Absatz 1, wonach das Vermögen der übertragenden Rechtsträger einschließlich der Verbindlichkeiten auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht, die übertragenden Rechtsträger erlöschen und die Anteilsinhaber der übertragenden Rechtsträger Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers werden, unberührt lassen.

Durch die Vorschrift des § 20 Abs. 2 UmwG wurde der Anwendungsbereich des alten § 352 a AktG auf alle Verschmelzungsvorgänge ausgedehnt. Sobald die Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers eingetragen ist, soll sie unabhängig von Mängeln, die im Verschmelzungsverfahren aufgetreten sein können, wirksam sein und bleiben. Dies beruht auf der Erwägung des Gesetzgebers, dass die Rückgängigmachung einer Verschmelzung in der Praxis große Schwierigkeiten sowohl in rechtlicher als auch in praktischer Hinsicht bereiten würde und deshalb ausgeschlossen werden soll (vgl. RegE-Begr Bt-Drucks 9/1065 zu § 352 a AktG S. 20 ff).

Für den Eintritt dieser Rechtswirkung der umfassenden Heilung aller Mängel durch die konstitutive Handelsregistereintragung der Verschmelzung kommt es nicht darauf an, welche Rechtshandlungen im Rahmen des Umwandlungsverfahrens mit Mängeln behaftet sein sollen und wie schwer eventuelle Mängel wiegen (vgl. BayObLG DB 1999, 2504; BGH NZG 1999, 705 und 80; Lutter/Grunewald, UmwG, 2. Aufl., § 20 Rn. 95; Kallmeyer, UmwG, 2. Aufl., § 20 Rn. 33; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 3. Aufl., § 20 UmwG Rn. 68 ff). Danach kann ein etwaiger Mangel im Eintragungsverfahren nach Eintragung der Verschmelzung nicht mehr zur Grundlage eines Löschungsantrages gemacht werden (vgl. Lutter/Grunewald, a.a.O., Rn. 98; Kallmeyer, a.a.O., Rn. 47; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.O., Rn. 70/71).

Wegen der gesetzlich in § 20 Abs. 2 UmwG normierten dinglichen Bestandskraft der in das Handelsregister eingetragenen Umwandlung kommt insbesondere eine Amtslöschung nach §§ 142 oder 144 FGG unter Berufung auf etwaige Mängel nicht in Betracht (vgl. Lutter/Grunewald, a.a.O., Rn. 97; BayObLG AG 2000, 130; OLG Hamm, ZIP 2001, 569; OLG Frankfurt am Main NZG 2003, 236). Die Anwendung des § 142 FGG wird bereits durch die sich auf Beschlüsse der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft beziehende und deshalb für diese vorrangige SpezialVorschrift des § 144 FGG verdrängt (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl. § 144 Rn. 5; BayObLG GmbHR 1996, 441; OLG Karlsruhe OLGZ 1986, 155). Darüber hinaus ist eine Löschung nach § 144 Abs. 2 FGG, wonach ein in das Handelsregister eingetragener Beschluss der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft nach den Vorschriften der§§ 142, 143 FGG nur dann als nichtig gelöscht werden kann, wenn er durch seinen Inhalt zwingende Vorschriften des Gesetzes verletzt und seine Beseitigung im öffentlichen Interesse erforderlich erscheint, hier ausgeschlossen.

§ 144 Abs. 2 FGG setzt eine Gesetzesverletzung durch den Inhalt des Hauptversammlungsbeschluss selbst voraus und schließt damit verfahrensrechtliche Mängel gleich welcher Art als Löschungsgrund aus (vgl. OLG Hamm, a.a.O. S. 570). Deshalb kann die von den Beschwerdeführern erhobene Rüge, ein nach der Geschäftsverteilung unzuständiger Richter habe die Eintragung des Verschmelzungsbeschlusses verfügt, eine Löschung auch dann nicht rechtfertigen, wenn sie zutreffen sollte (vgl. dazu auch § 22 d GVG). Des weiteren vermag auch die von den Beschwerdeführern angeführte Verletzung des § 16 Abs. 2 UmwG eine Amtslöschung nicht zu rechtfertigen. Denn die dort angeordnete sog. Registersperre betrifft lediglich das Verfahren des Registergerichts vor der Eintragung der Verschmelzung und wird damit vom Anwendungsbereich des § 144 Abs. 2 FGG nicht erfasst (vgl. OLG Hamm, a.a.O., S. 571). Im übrigen schließt die gesetzliche Regelung des § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG die hier letztlich von den Beschwerdeführern erstrebte Beseitigung der Verschmelzungswirkungen sogar für den Fall einer erfolgreichen Klage gegen den Verschmelzungsbeschluss nach vollzogener Verschmelzungseintragung aus (vgl. hierzu Lutter/Grunewald, a.a.O., § 20 Rn. 69).

Auch auf die von den Beschwerdeführern behaupteten Mängel des Verschmelzungsbeschlusses wegen Benachteiligung der Minderheitsaktionäre, Gestaltungsmissbrauchs und Verstoßes gegen das Selbstkontrahierungsverbot können eine Amtslöschung nicht rechtfertigen, da sie nicht zur inhaltlichen Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses führen und im übrigen nach § 20 Abs. 2 UmwG die durch die Eintragung der Verschmelzung am Sitz des aufnehmenden Rechtsträgers eingetretenen konstitutiven Wirkungen der Eintragung unberührt lassen (vgl. Kallmeyer, a.a.O., § 20 Rn. 41; Lutter/Grunewald, a.a.O., § 20 Rn 75).

Durch den Ausschluss einer Amtslöschung der Eintragung der Verschmelzung wird den Beschwerdeführern auch ein effektiver Rechtschutz nicht vorenthalten. Denn es ist ihnen unbenommen, wegen behaupteter Mängel im Registerverfahren Amtshaftungsansprüche geltend zu machen, nach § 28 Abs. 2 UmwG eine Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses nunmehr gegen die Bet. zu.

4. als übernehmenden Rechtsträger zu richten bzw. eventuelle Schadensersatzansprüche nach § 25 Abs. 2 UmwG geltend zu machen.

Den Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde und das Erstbeschwerdeverfahren hat der Senat im Hinblick auf die letztlich erstrebte Rückgängigmachung der Verschmelzung im Handelsregister und deren erhebliche wirtschaftliche Bedeutung gemäß §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO auf 100.000,- EUR festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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