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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 17.03.2005
Aktenzeichen: 20 W 90/05
Rechtsgebiete: BGB, FGG, GBO, GrEStG


Vorschriften:

BGB § 705
FGG § 12
GBO § 20
GBO § 22
GrEStG § 1
1. Soll im Grundbuch ein Gesellschafterwechsel bei einer als Eigentümerin eingetragenen BGB-Gesellschaft berichtigend eingetragen werden, kann das Grundbuchamt die Umschreibung von der Vorlage der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung abhängig machen.

2. Geht nach Zurückweisung des Berichtigungsantrags wegen fehlender Unbedenklichkeitsbescheinigung diese beim Grundbuchamt ein, wird aber nicht an das Landgericht weitergeleitet und deshalb bei der dort zwischenzeitlich anhängigen Erstbeschwerdeentscheidung nicht berücksichtigt, sind die Vorentscheidungen aufzuheben.


Gründe:

Als Eigentümer des betroffenen Grundbesitzes sind die Antragsteller in Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Grundbuch eingetragen. In dem Verfahren 20 O 526/01 des Landgerichts Darmstadt wurde am 27.03.2002 ein Vergleich geschlossen, durch den der Beteiligte zu 4) seinen Geschäftsanteil auf den Beteiligten zu 1) übertrug. Die unter dem 18.11.2003 beantragte Grundbuchberichtigung hat das Grundbuchamt u. a. von der Vorlage einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung abhängig gemacht. Nachdem der Verfahrensbevollmächtigte am 19.05.2004 erklärt hatte, er werde die Unbedenklichkeitsbescheinigung sobald als möglich nachreichen, dieses Eintragungshindernis trotz mehrerer Zwischenverfügungen und Fristverlängerung aber nicht erledigt wurde, hat die Grundbuchrechtspflegerin den Antrag mit Beschluss vom 03.09.2004 zurückgewiesen (Bl. 59/22 d. A.).

Die gegen die Zurückweisung eingelegte Beschwerde haben die Antragsteller damit begründet, dass kein Übertragungsvorgang im Sinn des § 1 Abs. 2 a und Abs. 2 GrEStG vorliege. Falls das Finanzamt ein Negativattest erteile, werde es übersandt. Der Beschwerde hat die Grundbuchrechtspflegerin nicht abgeholfen und mit Verfügung vom 22.09.2004 dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 28.01.2005 die Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung sei zu Recht angefordert worden, da die Übertragung des Gesellschaftsanteils als wesentliche Änderung im Gesellschafterbestand einer GbR, zu deren Vermögen der betroffene Grundbesitz gehört, einen Erwerbsvorgang darstelle, der seiner Art nach eine Grunderwerbssteuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2a GrEStG auslösen könne. Ob die Tatbestandsmerkmale im konkreten Fall tatsächlich erfüllt seien, könne und dürfe das Grundbuchamt in eigener Zuständigkeit nicht überprüfen. Da die für den Vollzug der Grundbuchberichtigung in derartigen Fällen generell erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung trotz Fristverlängerung nicht vorgelegt worden sei, habe das Grundbuchamt den Berichtigungsantrag zu Recht zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde, mit der geltend gemacht wird, die landgerichtliche Entscheidung sei unabhängig von der entschiedenen Rechtsfrage von einer unzutreffenden Grundlage ausgegangen, da mit Schreiben vom 23.09.2004 die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts X vom 20.09.2004 vorgelegt worden sei.

Auf Anfrage der Berichterstatterin des Senats hat das Grundbuchamt die am 28.09.2004 dort mit dem Anschreiben des Verfahrensbevollmächtigten vom 23.09.2004 eingegangene Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 20.09.2004 im Original übersandt.

Die weitere Beschwerde ist gemäß §§ 78, 80 Abs. 1 Satz 3 GBO zulässig.

Die zulässige Beschwerde ist auch begründet, denn der angefochtene Beschluss beruht auf einer Verletzung des Rechts (§ 78 GBO i.V.m. § 546 ZPO).

Zwar entspricht die Begründung der landgerichtlichen Entscheidung der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 17.08.2004 -20 W 304/04-), dass das Grundbuchamt die Umschreibung von der Vorlage einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung abhängig machen kann, wenn im Grundbuch ein Gesellschafterwechsel bei einer als Eigentümerin eingetragenen BGB-Gesellschaft berichtigend eingetragen werden soll.

Auch wenn zum Gesellschaftsvermögen Grundbesitz gehört, vollzieht sich die Übertragung des Gesellschaftsanteils dinglich allein durch Abtretung und das Grundbuch ist lediglich hinsichtlich der Zusammensetzung der als Eigentümer eingetragenen Gesellschafter zu berichtigen (Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdnr. 982 e, f). Eine Auflassung ist nicht erforderlich (Lambert-Lang/Tropf/Frenz: Handbuch der Grundstückspraxis, 2. Aufl., Seite 1026, Rdnr. 13, m. w. H.), denn es wird mit der Übertragung des Gesellschaftsanteils über ein Mitgliedschaftsrecht und nicht über das Eigentum an einem Grundstück verfügt (BGH NJW 1997, 860, 861; Erman/Westermann: BGB, 10. Aufl., § 719 Rdnr. 7; Ulmer im Münchener Kommentar, 3. Aufl., § 719 BGB, Rdnr. 26).

Dass vorliegend keine Auflassung erforderlich war, steht aber der Anwendbarkeit des § 22 GrEStG nicht entgegen, weil er auch für Grundbuchberichtigungen auf Grund außerhalb des Grundbuchs eingetretener Rechtsänderungen gilt. Der § 22 GrEStG betrifft nach Wortlaut und Sinn jede Art von Eintragung eines Eigentumswechsels an einem Grundstück, also auch nur berichtigende Eintragungen einer Eigentumsänderung (allgemeine Ansicht, vgl. BayObLG Rpfleger 1983, 103; OLG Celle Rpfleger 1985, 187; OLG Frankfurt Rpfleger 1995, 346 und Rpfleger 1996, 403; OLG Oldenburg NJW-RR 1998, 1632; Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 12, Aufl., Rdnr. 148; Meikel/Böttcher: GBO, 9. Aufl., 2004, § 22, Rdnr. 144).

Nach § 22 GrEStG 1983 darf der Erwerber eines Grundstücks in das Grundbuch erst dann eingetragen werden, wenn eine Bescheinigung des für die Besteuerung zuständigen Finanzamtes vorgelegt wird, dass der Eintragung steuerliche Bedenken nicht entgegenstehen. Die obersten Finanzbehörden der Länder können im Einvernehmen mit den Landesjustizverwaltungen Ausnahmen hiervon vorsehen. Das Finanzamt hat die Bescheinigung zu erteilen, wenn die Grunderwerbsteuer entrichtet, sichergestellt oder gestundet worden ist oder wenn Steuerfreiheit gegeben ist.

Obwohl die Unbedenklichkeitsbescheinigung keine materiell-rechtliche Voraussetzung der dinglichen Rechtsänderung darstellt und ihr Fehlen das Grundbuch nicht unrichtig macht (Demharter: GBO, 24. Aufl., § 20, Rdnr. 50; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann: GBO, 5. Aufl., § 20 Rdnr. 220), hat das Grundbuchamt ihre Erforderlichkeit zu überprüfen wie auch sonst, wenn eine Grundbuchberichtigung aus einer Rechtsänderung resultiert, die an eine behördliche Genehmigung geknüpft ist.

Die Prüfungskompetenz des Grundbuchamtes hinsichtlich der Erforderlichkeit der Unbedenklichkeitsbescheinigung beschränkt sich allerdings darauf, ob ein Rechtsvorgang vorliegt, der seiner Art nach unter das GrEStG fällt. Wenn dies nicht der Fall ist, darf die Eintragung nicht von der Beibringung der Bescheinigung abhängig gemacht werden, es sei denn, dass eine Steuerpflicht auf Grund eines Missbrauchstatbestandes (§ 42 AO) möglich erscheint (BayObLG Rpfleger 1983, 103; OLG Celle Rpfleger 1985, 187; OLG Oldenburg NJW-RR 1998, 1632; Demharter, aaO, § 20 Rdnr. 48; Meikel/Böttcher, aaO.; Schöner/Stöber, aaO.).

Rechtsfehlerfrei sind die Vorinstanzen vorliegend davon ausgegangen, dass der Erwerb von Anteilen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, zu deren Vermögen Grundbesitz gehört, seiner Art nach unter das Grunderwerbsteuergesetz fällt. Nach § 1 Abs. 2 a GrEStG ist eine wesentliche Veränderung im Gesellschafterbestand einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft - zu der als "selbständiger Rechtsträger" im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinn auch die GbR zählt (Pahlke/Franz: GrEStG, 2. Aufl., § 1 Rdnr. 45) - grunderwerbsteuerpflichtig. Ob die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift vorliegen, kann und darf das Grundbuchamt - und an seiner Stelle die Rechtsmittelinstanzen - regelmäßig nicht prüfen (OLG Oldenburg NJW-RR 1998, 1632; Schöner/Stöber, aaO, Rdnr. 149; Meikel/Böttcher, aaO., § 22 Rdnr. 144c; Viskorf in Boruttau: GrEStG, 15. Aufl., 2002, § 22 Rdnr. 13; Pahlke/Franz, aaO., § 22, Rdnr. 4; Böhringer Rpfleger 2000, 99, 101). Ob im Einzelfall eine Grunderwerbsteuer zu erheben ist, ob ein Erwerbsvorgang überhaupt der Grunderwerbsteuerpflicht unterliegt oder ob Steuerfreiheit besteht, muss allein der Prüfung und Entscheidung der Finanzbehörden vorbehalten bleiben, der das Grundbuchamt nicht vorgreifen kann.

Die Unbedenklichkeitsbescheinigung ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil § 1 Abs. 2 a GrEStG voraussetzt, dass mindestens 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Denn auch wenn eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2 a GrEStG nicht in Betracht kommt, könnte ein Fall des § 1 Abs. 3 GrEStG oder der Steuerumgehung im Sinn von § 42 AO vorliegen. Nachdem also weder rechtlich noch tatsächlich zweifelsfrei feststand, dass der Gesellschafterwechsel nicht dem § 1 GrEStG unterfällt, war die Abhängigmachung der beantragten Grundbuchberichtigung von der Vorlage der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung durch Zwischenverfügung und die Zurückweisung des Antrags, nachdem keiner Vorlage erfolgte, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Im Beschwerdeverfahren als zweiter Tatsacheninstanz hätte aber berücksichtigt werden müssen, dass bereits im September 2004 die verlangte Unbedenklichkeitsbescheinigung beim Grundbuchamt eingegangen war. Es kann dahingestellt bleiben, ob für die Kammer wegen der Ankündigung in der Erstbeschwerde vom 16.09.2004, falls ein Negativattest erteilt werde, werde dieses übersandt, eine Verpflichtung bestand, sich vor der Entscheidung im Januar 2005 danach nochmals zu erkundigen.

Jedenfalls hätten das schon am 28.09.2004 zum Retent der Grundakten gelangte Anschreiben des Verfahrensbevollmächtigten vom 23.09.2004 und die Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 20.09.2004 umgehend zum Landgericht übersandt werden müssen. Zwar können neue Tatsachen und Beweismittel in Bezug auf die Sache weder durch die Beteiligten, noch durch das Gericht der weiteren Beschwerde eingeführt werden; das gilt sowohl für Tatsachen die bei Erlass der Beschwerdeentscheidung schon bestanden, aber nicht vorgebracht wurden, wie für erst nachträglich eingetretene. Aus Gründen der Verfahrensökonomie sind davon aber neue Tatsachen ausgenommen, die offenkundig sind oder sich unzweideutig aus den Akten ergeben (Meyer/Holz in Keidel/Kuntze/Winkler: FGG, 15. Aufl., § 27, Rdnr. 45).

Da die Kammer objektiv von einer unzutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen ist, waren der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts aufzuheben.

Nachdem die sonstigen Beanstandungen außer der fehlenden Unbedenklichkeitsbescheinigung nach der Aktenlage behoben waren, wird die beantragte Grundbuchberichtigung vorzunehmen sein.

Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten war mangels weiterer Beteiligter mit widersprechendem Verfahrensziel nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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