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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 21.02.2003
Aktenzeichen: 21 AR 83/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 29 I
ZPO § 36 I Nr. 6
ZPO § 281 II 4
Eine Verweisung vom Gericht am Sitz der Anwaltskanzlei an das Wohnsitzgericht des Beklagten bindet bei einer Anwaltshonorarklage das Wohnsitzgericht nicht, wenn das verweisende Gericht sich nicht erkennbar mit dem Gerichtsstand des Erfüllungsortes auseinandergesetzt und die Verweisung nicht begründet hat.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

21 AR 83/02

Verkündet am 21.02.2003

In dem Zuständigkeitsbestimmungsverfahren

hat der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO am 21. Februar 2003 beschlossen:

Tenor:

Das Amtsgericht Frankfurt am Main ist das zuständige Gericht.

Gründe:

Die Kläger verlangen von den Beklagten Anwaltshonorar in Höhe von 2.510,36 € für die Prozessvertretung in einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Berlin. Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat mit der Verfügung zur Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens Bedenken an seiner örtlichen Zuständigkeit geäußert, angefragt, ob Verweisung an das den allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten zuständige Amtsgericht beantragt werde, und auf entsprechenden Antrag ohne Anhörung der Beklagten sich mit Beschluss vom 19.7.02 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Schöneberg verwiesen. Mit Schriftsatz vom 26.7.02 haben die Beklagten sich dem Verweisungsantrag angeschlossen. Das Amtsgericht Schöneberg hat mit Beschluss vom 18.9.02 die Übernahme des Rechtsstreits abgelehnt und die Sache dem Senat zur Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt.

Auf die zulässige Vorlage ist gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO das Amtsgericht Frankfurt am Main als das zuständige Gericht zu bestimmen.

Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Frankfurt am Main ergibt sich aus dem besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO), der nach bisher herrschender Meinung für Anwaltshonorarklagen gegeben ist (Zöller-Vollkommer, ZPO, 23. Auflage, Randnummer 25 zu § 29 "Anwalt" m.w.N.). Das Amtsgericht Schöneberg ist nicht infolge des Verweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Frankfurt am Main zuständig geworden.

Zwar sind Verweisungsbeschlüsse für das aufnehmende Gericht gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO bindend und wirkt die Bindungswirkung eines (ersten) Verweisungsbeschlusses im Bestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO fort (Zöller-Vollkommer, a.a.O., Rn. 28 zu § 36). Bindungswirkung kommt auch einem möglicherweise fehlerhaften Verweisungsbeschluss zu, denn durch die Vorschrift des § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO will das Gesetz erreichen, dass eine Unsicherheit über die Zuständigkeit rasch und endgültig beseitigt wird und Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen den Gerichten vermieden werden. Die Bindungswirkung entfällt jedoch, wenn die Verweisung auf der Nichtgewährung rechtlichen Gehörs der Parteien beruht oder jeder Grundlage entbehrt und sich daher als willkürlich erweist (OLG Frankfurt, OLG-Report 93, 250 = NJW 93, 2448; BGH NJW-RR 91, 238, EzFamR ZPO § 281 Nr. 13 und BGB § 11 Nr. 9, NJW 93, 1273 und NJW-RR 94, 126 = FamRZ 94, 437; Fischer NJW 93, 2417 ff). Im vorliegenden Fall lässt sich weder der gerichtlichen Verfügung des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 16.7.02 für sich genommen entnehmen, worin die Bedenken des Gerichts gegen seine örtliche Zuständigkeit bestehen, noch enthält der Verweisungsbeschluss vom 19.7.02 eine Begründung. Dadurch ist nicht zu erkennen, ob das Amtsgericht Frankfurt am Main seine Zuständigkeit als Gericht des Erfüllungsortes geprüft und sich mit der diesen Gerichtsstand bejahenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und mehrerer Obergerichte, die teilweise im Eingangssatz der Klagebegründung zitiert ist, auseinandergesetzt hat. In diesem Fall muss ein Verweisungsbeschluss als objektiv willkürlich angesehen werden (Zöller-Vollkommer, a.a.O., Randnummer 17 zu § 281).

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagten sich für eine Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht Schöneberg ausgesprochen haben. Dies wäre möglicherweise anders zu beurteilen, wenn die Beklagten sich vor der vom Amtsgericht Frankfurt am Main ausgesprochenen Verweisung dem Verweisungsantrag der Kläger angeschlossen hätten, denn dann würde der Verweisungsbeschluss auf einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten beruhen (so der Fall BGH FamRZ 1988, 943). Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat die Verweisung jedoch ausgesprochen, ohne die Beklagten zum Verweisungsantrag der Kläger anzuhören und bevor der entsprechende Schriftsatz der Beklagten beim Amtsgericht einging.

Ende der Entscheidung

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