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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 03.12.2003
Aktenzeichen: 21 U 17/03
Rechtsgebiete: CMR
Vorschriften:
CMR Art. 17 I |
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 03.12.2003
In dem Rechtsstreit
hat das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. - 21. Zivilsenat - durch die Richter am Oberlandesgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 5.11.2003 für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
Die Klägerin verkaufte an die B... U... ... AG, L., 1280 Kisten alkoholfreies X... Bier zum Preis von 6.412,80 € gemäß Rechnung vom 4.1.2002 (Blatt 7 der Akte). Der Gefrierpunkt dieses Bieres liegt bei ca. -5,8° C. Bereits beim Unterschreiten der Biertemperatur von -5° C besteht die Gefahr, daß das im Bier gebundene CO2 freigesetzt wird bzw. Eiweißausfällung eintritt und es zu einem Trübeffekt kommt. Die Käuferin beauftragte die Beklagte mit dem Transport des Bieres. Bezüglich des einzusetzenden Fahrzeugs wurden keine Vereinbarungen getroffen. Die Sendung hatte ein Gewicht von 24.800 kg und wurde auf 32 Paletten verstaut. Die Beklagte übernahm sie am 4.1.2002 in einwandfreiem Zustand auf einen Planen-Lkw (Frachtbrief, Übernahmebescheinigung Blatt 4, 5 der Akte). Während des Transports gefror die Sendung. Ein Teil der Flaschen zerbrach; die gesamte Sendung wurde dadurch verschmutzt und mit Glassplittern durchsetzt. Die Käuferin verweigerte darum die Annahme. Die Klägerin vernichtete die Sendung, da eine Gewährleistung des Mindesthaltbarkeitsdatums nicht mehr möglich sei (Blatt 6 der Akte).
Die B... U... ... AG trat gemäß Vereinbarung vom 6.11.2002 (Blatt 44 der Akte) ihre Schadenersatzansprüche aus dem Transport an die Klägerin ab. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Ersatz des Wertes der Sendung in Höhe des Kaufpreises. Sie ist der Ansicht, der Schaden beruhe auf der Verwendung eines ungeeigneten Fahrzeugs; hierfür sei die Beklagte verantwortlich. Die Beklagte hat sich auf Art. 17 Abs. 4 d CMR berufen, nach dem der Frachtführer von seiner Haftung befreit sei, wenn die Beschädigung aus der natürlichen Beschaffenheit des Gutes resultiere.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei gemäß Art. 17 Abs. 4d CMR von ihrer Haftung frei, da der Schaden aufgrund der natürlichen Beschaffenheit des Bieres eingetreten sei.
Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihr Klagebegehren weiter. Sie ist der Ansicht, die Möglichkeit des Gefrierens sei jeder Flüssigkeit eigen und darum keine besondere natürliche Beschaffenheit. Alkoholfreies Bier könne grundsätzlich auch im Winter per Planen-Lkw befördert werden. Daß dies im konkreten Fall anders gewesen sei, habe die Beklagte nicht hinreichend dargelegt und nachgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 6.2.2003 (Az. 3/10 O 117/02) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.412,80 € nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem 21.1.2002 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die Beurteilung der Frage, ob die Güter wegen ihrer Beschaffenheit besonders gefährdet seien, sei, an einem normalen Transportablauf mit Planen-Lkw zu messen. Sie behauptet nunmehr, in der Nacht vom 4. auf den 5.1.2002 hätten Außentemperaturen von bis zu - 16°C geherrscht.
Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Anspruch auf Schadenersatz nicht zu. Die Beklagte ist von ihrer Haftung gemäß Art. 17 Abs. 1 CMR für während des Transports eingetretene Schäden befreit, da die Beschädigung auf der natürlichen Beschaffenheit des Gutes beruhte, derzufolge es der Beschädigung ausgesetzt war (Art. 17 Abs. 4 d CMR). Schadensursache war das Gefrieren des Bieres. Wie kalt es genau war, ist dabei unerheblich, da das Gefrieren als Schadensursache unstreitig ist. Insofern kommt es auf die Darlegungs- und Beweislast nach Art. 18 Abs. 2 S. 1 CMR und eine weitere Substantiierung des Vertrages der Beklagten nicht an. Bei der Gefrieranfälligkeit handelt es sich um eine natürliche Beschaffenheit des Bieres, auch wenn jede Flüssigkeit bei Erreichen des jeweiligen Gefrierpunktes gefrieren kann.
Entgegen dem neuen Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 13.10.2003 kann nicht angenommen werden, bei schnellerem Transport, nämlich in nur einem Tag, wäre es nicht zum Gefrieren der Sendung gekommen. Hierfür besteht kein Anhaltspunkt. Vielmehr dürfte das Durchfrieren mindestens eines wesentlichen Teils der Sendung innerhalb von wenigen Stunden erfolgt sein. Demzufolge liegt auch kein Verspätungsschaden im Sinne des Art. 17 Abs. 1 CMR vor, da die Schäden jedenfalls nicht infolge, sondern nur zufällig während einer Verspätung eingetreten wären (vgl. OLG Köln, TranspR 1998, 195 f.).
Der Schaden beruhte zugleich darauf, daß die Beklagte ein für den konkreten Transport ungeeignetes Fahrzeug, nämlich einen Planen-Lkw verwendete, der keinen Schutz des Gutes gegen Kälte bot. Das Fahrzeug an sich war hierbei nicht im Sinne des Art. 17 Abs. 3 CMR mangelhaft mit der Folge einer etwaigen Teilhaftung nach Art. 17 Abs. 5 CMR. Ein besonders isoliertes Fahrzeug war nicht vereinbart. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die B. tatsächlich einen Planen-Lkw bestellt hatte, da die Klägerin jedenfalls nicht behauptet, die B. habe ein gegen Kälte schützendes isoliertes Fahrzeug geordert. Die Bestellung eines derartigen Fahrzeugs ergibt sich auch nicht konkludent aus den Umständen des Transports wie z.B. bei einem Auftrag zum Transport tiefgekühlter Ware. Ob dieses Bier bestimmten Temperaturen nicht ausgesetzt werden darf, ist nicht allgemein bekannt und daher nicht offensichtlich, wie es z.B. beim Transport von bestimmtem Obst im Hochsommer wäre. Hier sind vielmehr besondere Spezialkenntnisse über die Eigenschaften dieses alkoholfreien Bieres nicht nur betreffend den Gefrierpunkt, sondern auch hinsichtlich der chemischen Reaktionen schon vor Erreichen des Gefrierpunktes erforderlich. Diese Kenntnisse können nicht von dem Frachtführer erwartet werden, während der Absender über sie regelmäßig verfügen muß. Es ist daher Sache des Absenders, die besonderen Umstände mitzuteilen und ein geeignetes Transportfahrzeug zu bestellen (vgl. hierzu Koller, Transportrecht, 4. Aufl. 2000, Art. 17 CMR, Rdnr. 34 und Rdnrn. 49 f. zu einem etwaigen Mitverschulden des Frachtführers; Herber/Piper, CMR, 1996, Art. 17, Rdnr. 132; Jesser, TranspR 1997, 98, 99). Daß sich der Frachtführer bei Verderb des Gutes infolge Kälte grundsätzlich auf Art. 17 Abs. 4 d CMR berufen kann, ergibt sich auch aus der Regelung des Art. 18 Abs. 4 CMR. Dementsprechend kann mangels Vereinbarung eines besonderen isolierten Fahrzeugs eine Haftung des Frachtführers nur dann bestehen, wenn ihm nach den Umständen bestimmte Maßnahmen hinsichtlich der Auswahl des Fahrzeugs oblagen. Dies war aber nicht der Fall. Daß die Kältegefahr infolge ganz besonderer Temperaturverhältnisse für jeden offensichtlich gewesen wäre - im übrigen auch für die an der Verladung beteiligten Personen auf Seiten der Klägerin -, hat diese nicht vorgetragen.
Die Klägerin hat die Kosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen (97 Abs. 1 ZPO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10. 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen. Weder hat de Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Ende der Entscheidung
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