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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 11.09.2006
Aktenzeichen: 22 U 132/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 233
Wenn der Berufungsklägervertreter bis kurz vor dem ihm bekannten Ablauf der Berufungsbegründungsfrist in seinen Büroräumen arbeitet und es selbst übernimmt, sein Faxgerät zu bedienen, so muss er sicherstellen, dass er hierzu auch in der Lage ist und die für die Bedienung des Gerätes erforderlichen Kenntnisse besitzt (hier: Auswechseln der Tonerkartusche).
Gründe:

Das am 27. Juli 2006 eingegangen Wiedereinsetzungsgesuch des Klägers ist zulässig. Insbesondere ist die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO eingehalten, nachdem der Klägervertreter nach seinem eigenen Vortrag seit dem 13./14. Juli 2006 weiß, dass seine Berufungsbegründung dem Berufungsgericht aufgrund der von ihm vorgetragenen Störung seines Faxgerätes erst verspätet am 14. Juli 2006 per Fax übermittelt werden konnte.

Das Wiedereinsetzungsgesuch ist jedoch unbegründet, da der Kläger nicht ohne ein ihm zuzurechnendes Verschulden gehindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten (§ 233 ZPO). Die Berufungsbegründungsfrist war auf Antrag des Berufungsklägervertreters schließlich bis zum 13. Juli 2006 verlängert worden (Blatt 221 d. A.). Die Berufungsbegründung wurde jedoch, wie der Berufungsklägervertreter selbst vorträgt, dem Berufungsgericht erst kurz nach Mitternacht am 14. Juli 2006 zugefaxt, wobei der Berufungsklägervertreter nicht ohne sein Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten (§ 233 ZPO). Da dem Kläger das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, war somit das Wiedereinsetzungsgesuch zurückzuweisen.

Der Prozessbevollmächtigte des Berufungsklägers trägt zwar vor, dass er "aufgrund starker Arbeitsbelastung am 13. Juli 2006 während seiner Bürozeiten die Berufungsbegründung nicht (habe) fertig stellen" können (Blatt 235 d. A.). "Nach Abschluss der Berufungsbegründung um ca. 23:30 h ... (habe) der Unterzeichner den Schriftsatz per Fax versenden" wollen, habe aber feststellen müssen, "dass das Faxgerät den Schriftsatz nicht" angenommen habe. Nachdem er "sodann die Kabel und Leitungen geprüft" gehabt habe, habe er schließlich bemerkt, "dass auf dem Display seines Faxgerätes ... ein Vermerk zu sehen war, der anzeigte, dass die Tonerkartusche gewechselt werden musste." Obwohl er "zunächst die Erschöpfung der Tonerkartusche als Fehlerursache ausgeschlossen" gehabt habe, "da der Toner nur für Ausdrucke gebraucht" werde, habe er die Kartusche ausgetauscht, woraufhin das Faxgerät wieder funktioniert" habe (Blatt 235/236 d. A.). "Das Wechseln der Tonerkartusche, das üblicherweise von der Fachangestellten" des Berufungsklägervertreters vorgenommen werde, habe "etwa eine Dauer von 15 Minuten in Anspruch" genommen, "so dass der Schriftsatz erst nach Mitternacht übersandt" habe werden können. "Von der Fehlfunktion des Faxgerätes, die bei einem fortgeschrittenen Verbrauch der Tonerkartusche" auftrete, habe der Berufungsklägervertreter "keine Kenntnis" gehabt. "Diese Fehlfunktion" trete "auch nur selten auf, so dass hiermit nicht (habe) gerechnet werden" müssen (Blatt 236 d. A.). Dieser Argumentation vermag der Senat nicht zu folgen. Wie aus der von dem Berufungsklägervertreter inzwischen übersandten Bedienungsanleitung des von diesem eingesetzten Laser-Faxgerätes der Marke ... unter der Überschrift "Display Fehlermeldungen.Störungsbeseitigung 6.6" hervorgeht, erscheint in der Display-Anzeige zunächst ein Hinweis "wenig Toner", wenn die Tonerkartusche nahezu leer ist. Erst wenn sodann die Tonerkartusche vollkommen leer ist, erscheint im Display die Anzeige "kein Toner mehr" mit der Folge, dass das Gerät stoppt. Zwar muss im allgemeinen der Berufungsklägervertreter sich nicht selbst unbedingt um die Geräte in seiner Kanzlei kümmern, sondern kann dies gegebenenfalls, wie dieser vortragen will, einer seiner Fachangestellten überlassen (vgl. Blatt 236 d. A.). Wenn aber der Berufungsklägervertreter bis kurz vor dem ihm bekannten Ablauf der Berufungsbegründungsfrist in seinen Büroräumen arbeitet und es selbst übernimmt, sein Faxgerät zu bedienen, so muss er sicherstellen, dass er hierzu auch in der Lage ist und die für die Bedienung des Gerätes erforderlichen Kenntnisse besitzt. Ihm musste also, wenn er sich je die Bedienungsanleitung seines Faxgerätes angesehen hätte, bereits zuvor im Hinblick auf den zuerst erscheinenden Hinweis in der Display-Anzeige "wenig Toner" bekannt sein, dass er in Kürze die Tonerkartusche werde austauschen müssen, da sonst das Gerät nicht mehr funktionsfähig sein würde bzw., wie es in der Bedienungsanleitung heißt, stoppen würde, sobald "kein Toner mehr" vorhanden sein würde. Der Berufungsklägervertreter hat sich aber offenbar weder mit den Funktionen des Geräts vertraut gemacht noch rechtzeitig, also spätestens bei Verlassen der mit dem Gerät vertrauten Fachkraft, davon überzeugt, dass dieses Gerät zu später Stunde, wenn er allein sein würde, voll funktionsfähig sein würde. Denn wie aus der Bedienungsanleitung ersichtlich ist, erscheint zunächst im Display sogar der Warnhinweis "wenig Toner", bevor nach weiterem Gebrauch der Hinweis "kein Toner mehr" erscheint und das Gerät seine Funktion einstellt. Alles das kann der Kläger nicht rechtzeitig überprüft haben, da er sonst, falls ihm die Funktionen des Gerätes bekannt gewesen wären, rechtzeitig die Tonerkartusche hätte austauschen können, ohne dass es zu der von ihm vorgetragenen mehr als halbstündigen Verzögerung der Übermittlung der Berufungsbegründung gekommen wäre.

Es handelt sich also im vorliegenden Fall nicht etwa um eine nicht vorhersehbare, plötzlich auftretende Fehlfunktion eines Gerätes oder eine Computerstörung, sondern vielmehr um eine aus der Bedienungsanleitung ersichtliche normale Funktion des Faxgerätes, dessen Störung des Betriebes bei rechtzeitiger Auswechslung der Tonerkartusche aufgrund der Warnhinweise im Display gar nicht erst auftreten kann bzw. jedenfalls durch Austausch der Tonerkartusche kurzfristig zu beseitigen ist. Da sich der Berufungsklägervertreter nach seiner eigenen Darstellung offenbar weder mit den Funktionen des Gerätes vertraut gemacht, noch rechtzeitig die Funktionsfähigkeit seines Faxgerätes überprüft hat, war er nicht ohne sein Verschulden verhindert, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten (vgl. hierzu Zöller, ZPO, 25. Auflage, § 233 Rd. 14, 23 "Arbeitsüberlastung", "Computerstörung", "Fristverlängerung", "Telefax"; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 65. Auflage, § 233 Rd. 164; BGH NJW 96, 2513; Hbg. MDR 04, 920), weshalb das Wiedereinsetzungsgesuch zurückzuweisen war.

Die Berufung ist unzulässig, Sie ist nicht rechtzeitig begründet worden, da die Berufungsbegründung per Fax erst am 14. Juli 2006 und damit nach Ablauf der am 13. Juli 2006 endenden Berufungsbegründungsfrist einging. Durch die Verfügung des Vorsitzenden vom 14. Juli 2006 ist dem Kläger rechtliches Gehör zur Frage der Fristversäumung gewährt worden. Eines weiteren Hinweises nach Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuches bedarf es nicht. Die Berufung war daher gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert wurde im Hinblick auf die angekündigten Berufungsanträge zu Nr. 1 und 2 festgesetzt, wobei allerdings davon ausgegangen wurde, dass der Berufungskläger nur versehentlich bei diesen Anträgen die bereits ausgeurteilten Beträge von 2.500,00 € hinsichtlich des Schmerzensgeldes und 2.567,25 € hinsichtlich des Haushaltsführungsschadens nicht berücksichtigt hat, aber seine Anträge dahin verstanden werden sollten, dass nur über die bereits ausgeurteilten Beträge hinaus weitere 7.500,00 € an Schmerzensgeld und 836,27 € an Haushaltsführungsschaden gezahlt werden sollen.

Ende der Entscheidung

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