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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 27.11.2002
Aktenzeichen: 23 U 103/01
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 611 |
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 27.11.2002
In dem Rechtsstreit
hat der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter im schriftlichen Verfahren aufgrund der bis zum 06.11.2002 eingereichten Schriftsätze
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 24.04.2001 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Wert der Beschwer der Beklagten beträgt 12.114,20 DM (= 6.193,98 Euro).
Entscheidungsgründe:
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F. abgesehen.
Die zulässige Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet, sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Das Landgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung rückständiger Telefongebühren in Höhe von insgesamt 12.114,20 DM (= 6.193,89 Euro) aus § 611 BGB hat.
Dem Landgericht ist auch darin beizupflichten, dass die Klägerin ihren Anspruch durch Vorlage lückenloser Einzelverbindungsnachweise substantiiert dargetan hat; dem Fehlen der letzten drei Zahlenstellen kommt keine entscheidende Bedeutung zu. Darüber hinaus hat die Klägerin im Berufungsverfahren nunmehr auch die von ihr im Rahmen der technischen Überprüfung des Anschlusses der Beklagten Anfang 1999 durchgeführten Maßnahmen sowohl hinsichtlich ihrer Art als auch ihres Ergebnisses im Einzelnen dargelegt. In der Berufungserwiderung hat die Klägerin ausgeführt, dass sie am 21., 22. und 27.01.1999 sowie am 01.02.1999 eine vollständige Überprüfung des analogen Telefonanschlusses der Beklagten durchgeführt habe mit dem Ergebnis, dass keine fehlerhafte Erfassung und Berechnung von Tarifeinheiten festgestellt worden sei. Durch Zuschaltung einer Zählervergleichseinrichtung sei darüber hinaus die einwandfreie Funktion der Tarifeinheitenzählung festgestellt worden. Auch sei die Vermittlungstechnik überprüft worden mit dem Ergebnis einwandfreier Funktion. Schließlich sei bei der Überprüfung das Endstellenleitungsnetz einschließlich der Verzweiger untersucht worden, wobei keine Eingriffe festgestellt worden seien. Die Leitungsführung von der Vermittlungstechnik bis zur Einschalteinrichtung habe sich ebenso wie die Endstelleneinrichtungen in einwandfreiem Zustand befunden. Der im Haus befindliche Abschlusspunkt sei mit einem Schließsystem versehen und unbeschädigt gewesen, sodass auch eine Fremdaufschaltung ausgeschlossen werden könne.
Später hat die Klägerin weiter ausgeführt, dass ein Zugriff auf die Leitung der Beklagten im Haus bereits wegen der Verflechtung der Kabelverbindungen technisch nicht möglich gewesen sei, zudem werde das Kabel gegen Zugriff gesichert in einer Leerrohranlage geführt. Die Hauptvermittlungsstelle sei durch Verschluss gegen mechanische Aufschaltung Dritter gesichert gewesen, der bei den Überprüfungen unbeschädigt gewesen sei; schließlich hätte die Aufschaltung Dritter Fehlermeldungen auslösen müssen, was jedoch nicht der Fall gewesen sei.
Die Beklagte ist in der Berufung diesem nunmehr substantiierten Vorbringen der Klägerin von der fehlerfreien Erfassung und Berechnung der Tarifeinheiten auf der Grundlage mehrfacher Überprüfungen des Telefonanschlusses der Beklagten nicht in erheblicher Weise entgegengetreten. So wird von ihr etwa der maßgebliche Gesichtspunkt der ausgebliebenen Fehlermeldungen nicht bestritten, weshalb es auf ihr Vorbringen zur Aufschaltung im übrigen nicht mehr ankommt. Die Klägerin hat dagegen die von ihr durchgeführten Maßnahmen im Einzelnen und nachvollziehbar dargelegt, was ebenfalls die Schlüssigkeit ihrer Anspruchsbegründung stützt; demgegenüber hat die Beklagte dieses Vorbringen nicht mehr bestritten.
Außerdem hat die Klägerin aufgrund des Auflagenbeschlusses vom 22.05.2002 unwidersprochen die zeitlichen Lücken zwischen den vorliegend geltend gemachten Abrechnungszeiträumen plausibel damit erklärt, dass diese Zeiträume der Beklagten ebenfalls berechnet und - im Gegensatz zu den streitgegenständlichen Rechnungen - von ihr bezahlt worden sind.
Angesichts der schlüssigen Klagebegründung genügt das pauschale Bestreiten der Beklagten, sie habe die in den Einzelverbindungsnachweisen genannten Telefonate nicht geführt, nicht den Anforderungen an eine erhebliche Verteidigung, worauf die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen worden ist. Die Beklagte hätte sich vor dem Hintergrund der von der Klägerin vorgelegten Einzelverbindungsnachweise schon der Mühe unterziehen müssen, diese im Detail zu überprüfen und ggf. vorzutragen, welche konkreten Gespräche von ihr etwa aus Gründen einer Abwesenheit nicht hätten geführt werden können.
Eine substantiierte Stellungnahme der Beklagten zu den vorgelegten Einzelverbindungsnachweisen wird auch nicht etwa dadurch unmöglich gemacht, dass dort die angerufenen Telefonnummern ohne die letzten drei Stellen angegeben sind, denn es sind die Zielorte sowie der Zeitpunkt und die Zeitdauer der jeweiligen Telefonate genannt, zu denen die Beklagte sich im Einzelnen hätte äußern können. Hiernach bleibt das Fehlen der letzten drei Zahlenstellen in den Einzelverbindungsnachweisen letztlich ohne Belang.
Mit dem Landgericht ist ferner darauf hinzuweisen, dass die Beklagte nicht bestritten hat, überhaupt von dem fraglichen Anschluss Telefongespräche geführt zu haben. Außerdem hat sie auch nicht in Abrede gestellt, dass die vorgelegten Einzelverbindungsnachweise ihren eigenen Telefonanschluss betreffen.
Der Einwand der Beklagten, sie sei wegen der Betreuung ihres einjährigen Kindes gar nicht im Stande gewesen, im abgerechneten Umfang zu telefonieren, vermag sie im Hinblick auf die Anforderungen eines erheblichen Bestreitens nicht zu entlasten. Der Einwand könnte vielmehr sogar umgekehrt als Indiz für eine häufige Präsenz der Beklagten zuhause gewertet werden. Jedenfalls macht die Betreuung eines Kleinkindes nicht per se das Führen der abgerechneten Vielzahl von Telefonaten unwahrscheinlich oder gar unmöglich.
Mangels einer erheblichen Verteidigung der Beklagten kommt es vorliegend auch nicht mehr auf die Frage der Beweislast an, die nach ganz überwiegender Rechtsprechung ohnehin dahingehend zu beantworten wäre, dass vorliegend der Klägerin jedenfalls der Beweis des ersten Anscheins dafür zugute käme, dass die von ihr vorgenommene Telefonrechnung richtig ist, da bei der technisch- betrieblichen Vollprüfung kein den Zähler beeinflussender Fehler festgestellt wurde und nach Prüfung der Zählereinrichtungen feststeht, dass sich diese in ordnungsgemäßem Zustand befunden haben (OLG Hamm, Archiv PT 1994, 242; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Archiv PT 1997, 58; OLG Düsseldorf, Archiv PT 1998, 52; LG München, NJW-RR 1996, 893; LG Gießen, Archiv PT 1996, 260; LG Wiesbaden, Archiv PT 1997, 64; LG Paderborn, RTkom 2000, 238; AG Düsseldorf, Archiv PT 1993, 198; AG Koblenz, Archiv PT 1993, 1 99; AG München Archiv PT 1993, 199).
Diesen Anscheinsbeweis hätte die Beklagte nur dadurch erschüttern können, dass von ihr Tatsachen behauptet und bewiesen werden, die die ernsthafte Möglichkeit eines anderweitigen Geschehensablaufs ergeben; hierzu genügt aber die bloße Feststellung eines auffälligen Gebührensprungs nicht (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht a. a. O.; OLG Düsseldorf a. a. O.; LG Gießen a. a. O.; LG Wiesbaden a. a. O.; LG Paderborn a. a. O.; AG Koblenz a. a. O.; AG München a. a. O.). Das Vorbringen der Beklagten enthält indes keine Anhaltspunkte, die geeignet wären, einen Anscheinsbeweis entsprechend zu erschüttern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 ZPO iVm § 26 Nr. 7 EGZPO).
Der Wert der Beschwer war gemäß § 546 Abs. 2 ZPO a.F. festzusetzen.
Ende der Entscheidung
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