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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 20.04.2005
Aktenzeichen: 23 U 106/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 241 Abs. 2
BGB § 280
BGB § 311 Abs. 2
1. Bei Baufinanzierungen besteht die Verpflichtung eines Kreditinstitutes zu sachgerechter Aufklärung und Beratung, die sich auch auf die Frage bezieht, ob die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers es erwarten lassen, dass er die monatlichen Finanzierungskosten tragen kann.

2. Die Gewährung eines Kredits zum Zwecke der Spekulation mit Wertpapieren verstößt nicht gegen die guten Sitten. Dass mit einer Spekulation auch krediterhebliche Risiken verbunden sind, ist selbstverständlich und bedarf grundsätzlich nicht eines aufklärenden Hinweises der kreditgebenden Bank.


Gründe:

Auf die vollständige Darstellung des Tatbestandes in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen, § 540 I Nr. 1 ZPO.

Der Kläger hat gegen das ihm am 02.04.2004 zugestellte Urteil am Montag, den 03.05.2004, Berufung eingelegt und sie innerhalb der bis zum 02.07.2004 verlängerten Frist begründet.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Klageziele weiter. Er beansprucht im Wege der Teilklage folgende Teilbeträge:

1. in Höhe von 25.000,-- € wegen unter Vorbehalt gezahlten, seiner Auffassung nach nicht geschuldetem Vorfälligkeitsentgelt,

2. 25.000,-- € wegen Verleitens zu Wertpapierspekulationen auf Kredit,

3. 24.000,-- € wegen Zahlung nicht geschuldeter Zinsen in den Jahren 2001 und 2002,

4. 26.000,-- € für rechtsgrundlose Zahlungen im Jahre 2000.

Die Berufung begründet der Kläger wie folgt:

1. Das gezahlte Vorfälligkeitsentgelt sei zurückzuzahlen, da die Beklagte bereits den ersten vom Kläger beantragten Kredit in Höhe von 4 Millionen € nicht habe gewähren dürfen. Die Beklagte hätte nach Ansicht des Klägers sehen müssen, dass der Kläger die jährliche Zinslast 270.000,-- DM bei einem jährlichen Nettoeinkommen von cirka 115.000,-- DM nicht habe tragen können (Bl. 180 und 184) und ihm auch nicht genug Kapital zum Erwerb der ausschließlich zu Wohnzwecken gekauften Immobilie zur Verfügung gestanden habe (Bl. 183 f). Da das Scheitern des Immobilienerwerbs vorhersehbar gewesen sei, hätte es auch keine Zinsfestschreibung geben dürfen, deren spätere Folge die Zahlung des Vorfälligkeitsentgeltes gewesen sei.

2. Die Schadensersatzverpflichtung bestehe, weil die Beklagte die Notsituation des Klägers mit verhängnisvollen Folgen für ihn ausgenutzt habe. Sie habe ihm zu Unrecht einen weiteren Kredit zur Bezahlung der Immobilie verweigert und ihn statt dessen verleitet, mit Wertpapieren zu spekulieren, um den fehlenden Betrag von 1.500.000 DM für den Immobilienerwerb zu erlangen.

3. und

4. Der Anspruch auf Rückzahlung von Zinsen ergebe sich aus einer analogen Anwendung des § 6 II 2 des Verbraucherkreditgesetzes a.F. Der Kläger sei wegen der geplanten überwiegenden privaten Nutzung der Immobilie und seiner damaligen Position als Existenzgründer Verbraucher im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes a.F. gewesen. Der Kreditvertrag habe somit der Schriftform bedurft, $ 4 Verbraucherkreditgesetz a.F. Das Landgericht habe in diesem Zusammenhang übersehen, dass die - streitige - Übersendung einer Kopie des von einem Mitarbeiter der Beklagten unterzeichneten Darlehensvertrages nicht den zur Wahrung der Form erforderlichen Zugang bewirkt habe. Diese Formverletzung rechtfertige es, der Bank nur einen Rechtsanspruch auf den gesetzlichen Zinssatz zuzubilligen, In Anbetracht der vorzeitigen Darlehensablösung könne auch keine Rede davon sein, dass der Kläger über längere Zeit Vorteile aus dem formnichtigen Vertrag gezogen habe, weswegen keine unzulässige Rechtsausübung vorliegen könne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 5.3.2004, 2-25 O 191/03, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 100.000,-- € nebst 5 %-Punkten Zins über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

1. Die Beklagte behauptet, der Kläger habe die Immobilie in ... nicht nur zur privaten Nutzung erworben. Vielmehr habe ein Großteil der Räumlichkeiten für das von dem Kläger geplante Beratungsinstitut bereitstehen sollen. Es seien auch Räumlichkeiten vorgesehen gewesen, die den Teilnehmern der Seminare die Möglichkeit zu Übernachtungen bieten sollten. Die Kapitaldienstfähigkeit des Klägers habe sich unter weiterer Berücksichtigung seiner eigenen Einkommensschätzung im Hinblick auf die Beratungstätigkeit ergeben. Die Berechnung des Klägers betreffend das ihm zur Verfügung stehende Kapital sei falsch (Bl. 208). Die Zinsfestschreibung sei auf Wunsch des Klägers wegen der von ihm gesehenen Gefahr steigender Zinsen erfolgt (Bl. 207). Der Kläger begehre im Grunde einen Schutz vor sich selbst, den die Beklagte nicht zu leisten habe (Bl. 209).

2. Ein Schadensersatzanspruch könne insoweit nicht bestehen, weil eine Aufklärungspflicht einer Bank über die Risiken eines Wertpapierkaufs auf Kredit nicht bestehe.

3. und

4. Auch insoweit könne, selbst wenn man das Verbraucherkreditgesetz a.F. für anwendbar halte, kein Anspruch bestehen. Es sei für die Beklagte nicht nachvollziehbar, dass die Übersendung einer Kopie der beiderseitig unterzeichneten Vertragsurkunde, von deren Erhalt auszugehen sei, nicht ausreichen solle (Bl. 208 f), zumal von einem konkludenten Verzicht des Klägers auf Übersendung der Annahmeerklärung auszugehen sei, Ein Formverstoss liege deshalb nicht vor. Überdies stelle die Geltendmachung der Formnichtigkeit eine unzulässige Rechtsausübung dar. Schließlich sei festzustellen, dass das Verbraucherkreditgesetz a.F. die Nichtbeachtung der Schriftform gar nicht sanktioniere.

Die erstinstanzlich erhobene Einrede der Verjährung und der Einwand der Verwirkung (Bl. 66) werden nicht wiederholt.

Wegen des weitergehenden Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.

Dies beruht auf folgenden Erwägungen:

Der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des unter Vorbehalt gezahlten Vorfälligkeitsentgeltes besteht nicht. Die Beklagte hat in Zusammenhang mit der Kreditgewährung keine Pflichten gegenüber dem Kläger verletzt.

Allerdings besteht bei Baufinanzierungen die Verpflichtung eines Kreditinstitutes zu sachgerechter Aufklärung und Beratung, die sich auch auf die Frage bezieht, ob die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers es erwarten lassen, dass er die monatlichen Finanzierungskosten tragen kann (vgl. OLG Celle NJW-RR 1987, 1261f.).

Dies war hier der Fall. Der Kläger berät Großunternehmen und hat - vorübergehend - mit Wertpapierspekulationen Millionen verdient. Dass ausgerechnet er von der beklagten Bank verlangt, sie habe ihn von seinen Plänen abhalten müssen, verwundert, zumal er ausdrücklich erklärt hat, der von ihm vereinbarte Kaufpreis für die Immobilie in Höhe von 7,7 Millionen DM zuzüglich Nebenkosten, die er später zum Preis von 4 Millionen Euro weiterverkaufte, sei angemessen gewesen.

Der Kläger legt auch nicht die für die Beurteilung der Kapitaldienstfähigkeit maßgeblichen Zahlen zu Grunde. Es mag sein, dass er im Jahre 1999 ein Nettoeinkommen in Höhe von cirka 115.000,-- DM jährlich gehabt hat. Der Kläger hat sich jedoch Anfang 2000 selbständig gemacht und seine bisherige nebenberufliche Tätigkeit als Unternehmensberater ausgebaut.

Aus dieser Beratungstätigkeit, insbesondere für X erwartete er für das Jahr 2000 einen Gewinn in Höhe von 464.200,-- DM vor Steuern (Bl. 67, 206). Das im März 2000 gewährte Darlehen kann in Anbetracht der erheblichen Veränderung auf der Einkommensseite nicht an Hand des Verdienstes des Klägers im Jahre 1999 beurteilt werden. Vielmehr sind die Zahlen für das Jahr 2.000 zu Grunde zu legen. Diese ließen aber auch die jährliche Belastung aus dem Kredit, die der Kläger mit 270.000 DM angibt (Bl. 180) als tragbar erscheinen.

Auch das Zahlenwerk des Klägers Bl. 184 d.A. belegt keine Rechtsverletzung seitens der Beklagten zum Zeitpunkt der Kreditgewährung. Der Kläger will so einen Deckungsfehlbetrag für den Immobilienerwerb in Höhe von 1,5 Millionen DM belegen. Der Kläger hat zwar zunächst zum Ankauf der Immobilie nur ein Wertpapiervermögen in Höhe von 2,7 Millionen DM eingesetzt. Sein damaliges Wertpapiervermögen betrug jedoch nach Abzug der Wertpapierkreditinanspruchnahme mehr als 6,5 Millionen DM. Hätte er sich rechtzeitig zum Verkauf seiner Wertpapiere entschlossen, hätte die Finanzierung des Kaufpreises nicht die geringsten Probleme bereitet. Der Umstand, dass der Kläger sich erst nach massiven Wertverlusten seines Depots zu einer weitgehenden Veräußerung seines Wertpapierbestandes entschloss und der Erlös dann nicht mehr zur Deckung der Finanzierungslücke ausreichte, kann nicht der Beklagten angelastet werden.

Auch die Umstellung des Kredits von einem mit variablem Zinssatz auf drei verschiedene Darlehensbeträge mit verschiedenen festen Zinssätzen ist nicht geeignet, Ansprüche welcher Art auch immer gegen die Beklagte zu begründen. Der Kläger fürchtete offenbar steigende Zinsen und entschied sich deshalb für die Zinsfestschreibung. Das ist ein normaler geschäftlicher Vorgang. Das Risiko für diese Entscheidung hat der Kläger zu tragen, Ansprüche gegen die Beklagte deswegen bestehen nicht. Dass der Kläger später gezwungen sein würde, die Immobilie vor Ablauf der Zinsbindungsfrist zu veräußern, war nicht absehbar.

2. Dem Kläger stehen auch keine Ansprüche deswegen zu, weil die Beklagte ihm, nachdem erhebliche Verluste seines Wertpapierdepots eingetreten waren und sich dadurch eine Finanzierungslücke für den Immobilienerwerb aufgetan hatte, keinen weiteren Kredit zur vollständigen Bezahlung des Immobilienkaufpreises, wohl aber einen Wertpapierkredit gewährte. Es ist in keiner Weise ersichtlich, warum die Beklagte zur weiteren Gewährung eines Realkredites verpflichtet gewesen sein sollte. Sie konnte ohne Weiteres an ihrer naheliegenden und der Sorgfalt einer Bank entsprechenden Beschränkung auf eine Teilfinanzierung festhalten. Die mit einer weiteren Kreditierung verbundenen erhöhten Risiken musste sie nicht eingehen.

Von einem "Verleiten" kann auch nicht die Rede sein, da der Kläger sich mit einem entsprechenden Wunsch an die Beklagte gewandt hat. Die Gewährung eines Kredits zum Zwecke der Spekulation mit Wertpapieren verstößt nicht gegen die guten Sitten. Dass mit einer Spekulation auch krediterhebliche Risiken verbunden sind, ist selbstverständlich und bedarf grundsätzlich nicht eines aufklärenden Hinweises der kreditgebenden Bank (BGHZ 114, 177 ff). Eine Aufklärungspflicht besteht nach der grundlegenden Entscheidung BGHZ 114, 177 ff nur ausnahmsweise dann, wenn etwa die Bank selbst einen zu den allgemeinen Risiken des Projekts hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft, dessen Entstehen jedenfalls begünstigt oder in Bezug auf die speziellen Risiken des zu finanzierenden Vorhabens gegenüber dem Darlehensnehmer einen konkreten Wissensvorsprung hat. Eine Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz ist weiterhin dann anerkannt worden, wenn eine Bank einen unerfahrenen Kunden dazu verleitet, in Aktien auf Kredit zu spekulieren und ihm in diesem Zusammenhang einen seine wirtschaftlichen Verhältnisse weit übersteigenden Kredit gewährt (BGH WM 1997, 662 f). Auch diese Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Der Kläger war nicht unerfahren, sondern vielmehr sehr versiert im Aktienhandel. Die Beklagte weist nicht zu Unrecht darauf hin, dass die wenigsten Anleger im Jahr 2000 ein Vermögen von 6,5 Millionen DM erwirtschaftet haben dürften. Auch kann von einem "Verleiten", wie bereits ausgeführt, nicht die Rede sein. Der Unterschied zur Entscheidung des 11. Zivilsenats vom 28.1.1997 (XI ZR 22/96 WM 97, 662 f) ist deutlich:

In diesem Fall hatte der Anlagenberater dem Kunden, der Ersparnisse in Höhe von 80.000,-- DM in Standardwerten anlegen wollte, dazu überredet, auf Kredit Aktien zum damaligen Preis von mehr als 1 Million DM zu kaufen. Hier war es aber die eigene Entscheidung des Klägers, es erneut zu versuchen, mit Aktienspekulationen die Finanzierungslücke zu schließen. Das entsprechende Risiko ist von dem Kläger zu tragen, zumal auch nicht gesagt werden kann, dass der Kredit seine wirtschaftlichen Verhältnisse weit überstieg.

3. und

4. Der Kläger macht geltend, dass er als Verbraucher anzusehen sei und einen Anspruch auf Rückzahlung von Zinsen habe, weil entgegen § 4 Abs. 1 des damals geltenden Verbraucherkreditgesetzes die Schriftform nicht gewahrt worden sei.

Der Kläger ist auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass ein Teil der Räumlichkeiten des gekauften Grundstücks dazu dienen sollte, dort das vom Kläger geplante Beratungsinstitut mit Tagungs= und Unterbringungsmöglichkeiten für Teilnehmer anzusiedeln, als Verbraucher im Sinne des Gesetzes anzusehen. Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 des Verbraucherkreditgesetzes in der bis zum 30.9.2000 geltendem Fassung, die gemäß § 19 Verbraucherkreditgesetz a.F. und Artikel 229 § 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB fortgilt, gilt als Verbraucher eine natürliche Person, die einen Kredit aufnimmt, es sei denn, dass der Kredit nach dem Inhalt des Vertrages für ihre bereits ausgeübte gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit bestimmt ist. Es ist daher zu fragen, wofür ein Kredit aufgenommen werden sollte bzw. welchen Zwecken der mit den Kreditmitteln finanzierte Gegenstand dienen sollte (Kessal-Wulf in: Staudinger, Verbraucherkreditgesetz, Neubearbeitung 2001, § 1 Rdnr. 33). Probleme bereiten insoweit die Fälle der Mischnutzung, in denen eine eindeutige Trennung der Zweckbestimmung des Kredits in einen privaten und in einen gewerblichen/beruflichen Teil nicht möglich ist (von Westphalen/Emmerich/von Rottenburg, Verbraucherkreditgesetz, 2. Aufl 1996, § 1 Rdnr. 46 f). Es ist danach zu fragen, in welchem Bereich die überwiegende Nutzung bzw. das eindeutige Schwergewicht liegt (Kessal Wulf a.a.O., § 1 Rdnr. 34). Nach der bestrittenen Behauptung des Klägers sollte die private Nutzung überwiegen (Bl. 235). In Zweifelsfällen ist aber im Hinblick auf die Intention des Gesetzgebers zu Gunsten des Verbraucherbegriffs zu entscheiden ("in dubio pro consumatore", Kessal Wulf, a.a.O., § 1 Rdnr. 34, von Westphalen, a.a.O., § 1 Rdnr. 45). Von Bedeutung ist auch, ob im Kreditvertrag selbst Indizien dafür erkennbar sind, dass das mit dem Kredit angeschaffte Wirtschaftsgut auch gewerblichen bzw. beruflichen Zwecken des Kreditnehmers dienen soll (von Westphalen, a.a.O., § 1 Rdnr. 50). Hier ist das nicht der Fall.

Von Bedeutung ist schließlich , dass das Verbraucherkreditgesetz in § 1 Abs. 1 auch eine selbständige abschließende Regelung der Beweislast zu Ungunsten des Kreditgebers enthält. Es reicht nicht aus, wenn der Kreditgeber lediglich darauf hinweist, der Kreditnehmer betreibe eine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit. Lässt sich auch dem Kreditvertrag auch nicht im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung eine eindeutige Zweckbestimmung herleiten, geht dies zu Lasten des Kreditgebers (von Westphalen, a.a.O., § 1 Rdnr. 65). Es ist im vorliegenden Fall auch zu berücksichtigen, dass die berufliche bzw. gewerbliche Nutzung in mittelbarer Form erfolgt sein dürfte. Der Kläger hat eine GmbH im Hinblick auf die Beratungstätigkeit gegründet (vgl. Bl. 9, 68 und 91). Es ist davon auszugehen, dass an diese Räume vermietet werden sollten.

Insoweit wäre dann aber der mit Kredit finanzierte Eigentumserwerb auch dem privaten Bereich zuzuordnen, da dazu auch die Verwaltung eigenen Vermögens gehört. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Vermietungstätigkeit eine zumindest partielle gewerbliche Tätigkeit mit entsprechendem zeitlichen und organisatorischem Aufwand erfordert (vgl. Micklitz in: Münchner Kommentar zum BGB, Band I, 4. Aufl. 2001, § 14 Rdnr. 13). Zum Aufwand ist aber nichts vorgetragen.

Auf die Frage, ob der Kläger als Existenzgründer anzusehen ist, zu dessen Gunsten die Schutzvorschriften des Verbraucherkreditgesetzes auch eingreifen, kommt es dem nach nicht an.

Beim Vertragsschluss der Parteien wurde entgegen § 4 Abs. 1 des damals geltenden Verbraucherkreditgesetzes die Schriftform nicht gewahrt. Zwar genügt es gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 Verbraucherkreditgesetz a.F. wenn Antrag und Annahme durch die Vertragsparteien jeweils getrennt schriftlich erklärt werden, wie es im vorliegenden Fall auch war. Die Annahme des Darlehensantrages des Klägers durch die Beklagte ist jedoch eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Die Übermittlung eines Faxes der im Original, der Kopiervorlage, unterzeichneten Urkunde reicht nicht aus (BGH NJW 1997, 3169 ff, Palandt-Putzo, BGB, 63. Aufl. 2004 zum heutigen § 492 BGB Rdnr. 7). Es gibt aus Sicht des Senates auch keine ausreichenden Anhaltspunkte für einen konkludenten Verzicht des Klägers auf die Annahmeerklärung. Ein solcher Verzicht im Sinne des § 151 BGB kommt allenfalls bei eindeutig rechtlich vorteilhaften Rechtsgeschäften oder solchen von geringer Bedeutung in Betracht. Hier dagegen geht es um ein Geschäft mit hoher wirtschaftlicher Bedeutung für den Kläger, bei dem nichts dafür spricht, dass der Kläger auf die Annahmeerklärung hätte verzichten wollen.

Kommt man demnach dazu, dass das Verbraucherkreditgesetz Anwendung findet, stellt sich die Frage, welche Folgen der Verstoss gegen das Schriftformgebot in der Form, dass die Parteien sich um die Schriftform bemühten, aber deren Voraussetzungen wegen Übermittlung der Willenserklärung der Annahme nur per Übersendung eines Faxes verfehlten, hat (vgl. Kessal-Wulf in Staudinger, a.a.O., § 6 Verbraucherkreditgesetz Rn. 7). § 6 Abs. 1 Verbraucherkreditgesetz a.F. bestimmte als Rechtsfolge bei Nichteinhaltung der Schriftform die Nichtigkeit des Kreditvertrages. Gemäß § 6 Abs. 2 S. 1 Verbraucherkreditgesetz a.F. wird der Kreditvertrag jedoch gültig, soweit der Verbraucher das Darlehen empfängt oder den Kredit in Anspruch nimmt. Die Gesetzesformulierung des § 6 Abs. 2 S. 1 des Verbraucherkreditgesetzes a.F. ist insoweit missglückt - die Heilungswirkung tritt auch ein, wenn der Vertrag wegen Verletzung der Schriftform insgesamt nichtig ist (von Westphahlen/Emmerich/von Rottenburg, a.a.O., § 6 Rdnr. 15). Die Wirkung der Heilung tritt unabhängig von Kenntnis und Willen der Parteien ein (Kessal-Wulf, a.a.O., § 6 VerbrKrG Rn.18).

Fraglich ist jedoch, ob in solchen Fällen auch eine Ermäßigung des Zinssatzes gemäß § 6 Abs. 2 S. 2 Verbraucherkreditgesetz a.F. eintritt. eine der Pflichtangaben fehlt, sondern die Schriftform insgesamt nicht gewahrt ist, fehlt. § 6 des Verbraucherkreditgesetzes a.F. kennt offenbar auch sanktionslose bleibende Mängel bei Verstößen gegen die Formvorschriften des § 4 Verbraucherkreditgesetz a.F. Dagegen wird argumentiert, dass - wenn schon bei Verletzung einzelner Bestimmungen des § 4 des Verbraucherkreditgesetzes a.F. Zinssanktionen eintreten - der Kreditgeber bei Verletzung der Schriftform insgesamt nicht besser gestellt werden dürfe (von Westphalen/Emmerich/von Rottenburg, a.a.O. § 6 Rdnr. 20 f). Nach Kessal-Wulf (Staudinger, a.a.O., § 6 Verbraucherkreditgesetz Rdnr. kann eine Verletzung der Schriftform dazu führen, dass sich der Vertrag insgesamt nach dem Inhalt der Absätze 2 bzw. 3 richtet".

Die Zielsetzung des § 6 Abs. 2 des Verbraucherkreditgesetzes besteht jedoch darin, einzelne Verstöße gegen die erforderlichen Angaben im Sinne des § 4 des Verbraucherkreditgesetzes mit einer Sanktion zu belegen, weil der Verbraucher nicht alle erforderlichen Angaben erhalten hat. Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Die Konditionen der Kreditverträge waren korrekt dargestellt und dem Kläger bekannt. Das Schriftformerfordernis hat Informations= und Warnfunktionen für den Verbraucher, dem die Konsequenzen des Vertragsabschlusses vollständig vor die Augen geführt werden soll (BGH NJW 1999, 2664). Es dient dem Zweck, zu gewährleisten, dass der Kreditnehmer sämtliche für ihn wichtige Bestimmungen des Kreditvertrages zur Kenntnis nehmen kann. Dies war im vorliegenden Fall gewährleistet. Es lag nur eine mangelhafte Erklärungsübersendung vor, bezüglich der in Anbetracht der eingetretenen Heilung eine Zinsminderung eine unangemessene Sanktion wäre. Der Auffassung des OLG Karlsruhe (NJW-RR 2004, 1497), wonach bei Verletzung der Schriftform eine Ermäßigung des Zinssatzes eintreten müsse, kann der Senat sich daher zumindest für die vorliegende Fallkonstellation nicht anschließen.

Auf die Frage, ob die Berufung auf den Formmangel eine unzulässige Rechtsausübung darstellt, kommt es unter diesen Umständen nicht an. Wenn man berücksichtigt, dass der Kredit vorzeitig (bereits nach etwas mehr als zwei Jahren) zurückgezahlt wurde, spricht dies gegen das Vorliegen der Voraussetzungen einer unzulässigen Rechtsausübung.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr.10 und 711 ZPO.

Die vorliegende Entscheidung weicht von der zitierten Entscheidung des OLG Karlsruhe ab. Insoweit liegen die Voraussetzungen der Zulassung der Revision (§ 543 II ZPO) vor. Es hat deshalb eine auf diesen selbständigen Teil des Streistoffs begrenzte Zulassung der Revision zu erfolgen (Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl. 2004, § 533 Rn. 8).

Ende der Entscheidung

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