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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 10.05.2006
Aktenzeichen: 23 U 113/05
Rechtsgebiete: ALB 86, BGB, VVG
Vorschriften:
ALB 86 § 13 | |
BGB § 399 | |
VVG § 166 II |
Gründe:
I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, die keiner Änderung bedürfen, wird zunächst gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Ergänzend ist festzustellen, dass der von seiner damaligen Arbeitgeberin Fa. A abgeschlossene Direktversicherungsvertrag bei der B ... Nr. ... nicht nur ein "uneingeschränkt unwiderrufliches" Bezugsrecht für Herrn C als Begünstigten aufweist, sondern darüber hinaus u.a. die Abtretung der Ansprüche aus dem unwiderruflichen Bezugsrecht durch den Begünstigten ausgeschlossen worden ist gemäß Nachtrag zum Versicherungsschein vom 14.4.1994 (Bl. 77 d.A.).
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und einen Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus einem Absonderungsrecht bejaht.
Gegen das ihr am 19.4.2005 zugestellte Urteil des Landgerichts hat die Beklagte am 19.5.2005 fristgerecht Berufung eingelegt und diese am 19.7.2005 innerhalb der bis zu diesem Zeitpunkt verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.
Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen die Annahme einer wirksamen Abtretung der Ansprüche aus der o.g. Direktversicherung durch Vereinbarung zwischen Frau X und der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 14.10.1996 (Bl. 13 d.A.) wegen Übersicherung, mangels wirksamer Zustimmung des Bezugsberechtigten und mangels wirksamer Anzeige an die Versicherungsgesellschaft sowie wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Abtretungsverbot des § 2 Abs. 2 S. 4 BetrAVG. Ferner stünden einem Absonderungsrecht der Klägerin eigene Ansprüche der Beklagten gegen Herrn C, formale Gründe im Hinblick auf die Forderungsanmeldung sowie angefallene Verwertungsgebühren entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beklagten wird auf die Schriftsätze vom 19.7.2005 (Bl. 161-170 d.A.) und vom 22.3.2006 (Bl. 260-270 d.A.) verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14.4.2005 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt die Entscheidung des Landgerichts unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie hält die Abtretung der Ansprüche aus der o.g. Direktversicherung durch die Vereinbarung vom 14.10.1996 unter allen rechtlichen Gesichtspunkten für wirksam und das neue Vorbringen der Beklagten weitgehend für unbeachtlich nach § 531 Abs. 2 ZPO.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Klägerin wird auf die Schriftsätze vom 10.10.2005 (Bl. 231-243 d.A.) und vom 19.4.2006 (Bl. 303-308 d.A.) verwiesen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet. Sie hat auch in der Sache selbst Erfolg.
Es liegt ein Berufungsgrund im Sinne des § 513 ZPO vor, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht im Ergebnis auf einer Rechtsverletzung nach § 546 ZPO bzw. nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung.
Das Landgericht hat zu Unrecht der Klägerin einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte wegen eines Absonderungsrechts nach §§ 50, 51 Nr. 1 InsO im Zusammenhang mit der Sicherungsabtretung der Ansprüche aus der Direktversicherung bei der B ... Nr. ... durch Frau X als Versicherungsnehmerin vom 14.10.1996 zuerkannt.
Ein Absonderungsrecht der Klägerin nach §§ 50, 51 Nr. 1 InsO setzt die Wirksamkeit der vorliegenden Sicherungsabtretung vom 14.10.1996 voraus, die jedoch im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts und der Klägerin nicht gegeben ist.
Eine wirksame Sicherungsabtretung der Ansprüche aus der Direktversicherung bei der B ... Nr. ... durch Frau X als Versicherungsnehmerin scheitert nämlich bereits daran, dass wegen der Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts zugunsten des Herrn C als Begünstigten und der Vereinbarung eines vertraglichen Abtretungsausschlusses nach § 399 2. Halbsatz BGB gemäß Nachtrag zum Versicherungsschein vom 14.4.1994 (Bl. 77 d.A.) die erforderliche Verfügungsbefugnis sowohl der Versicherungsnehmerin als auch des Bezugsberechtigten nicht gegeben war.
An der wirksamen Vereinbarung eines unwiderruflichen Bezugsrechts gemäß den Bestimmungen der ALB 86 (§ 13) zwischen der Fa. A als Versicherungsnehmerin und der B ... im Direktversicherungsvertrag vom 14.4.1994 bestehen keine Zweifel; sie wurden auch von den Parteien nicht vorgebracht. Mit dieser Einräumung des unwiderruflichen Bezugsrechts hat der Begünstigte Herr C die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag unmittelbar erworben und auf der anderen Seite die Versicherungsnehmerin die Verfügungsbefugnis hierüber verloren.
Zwar erwirbt gemäß § 166 Abs. 2 VVG der Bezugsberechtigte "im Zweifel" den Anspruch auf die Versicherungsleistung erst mit Eintritt des Versicherungsfalls. Das widerspricht bei der unwiderruflichen Bezugsberechtigung aber in der Regel dem Willen des Versicherungsnehmers und der Verkehrsanschauung, weshalb nach einhelliger Meinung die Anordnung der Unwiderruflichkeit seit langem dahingehend ausgelegt wird, dass damit auch der sofortige Erwerb der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag gemeint ist (BGH VersR 2003, 1021; 1996, 1089; BGHZ 45, 162; OLG Hamm VersR 1997, 1386; Prölss/Martin-Kollhosser, VVG, 27. Aufl. 2004, § 166 VVG Rn 7, § 13 ALB Rn 21). Dem trägt § 13 Nr. 2 ALB 86 Rechnung, wonach bestimmt werden kann, dass der Bezugsberechtigte die Ansprüche "unwiderruflich und damit sofort" erwerben soll.
Das unwiderrufliche Bezugsrecht ändert nichts daran, dass der Versicherungsnehmer Vertragspartner des Versicherungsvertrages bleibt und das Dispositionsrecht über den Vertrag behält, also kündigen oder ihn in eine prämienfreie Versicherung umwandeln kann. Es hat aber zur Konsequenz, dass der Versicherungsnehmer nicht mehr über den Anspruch auf die Versicherungsleistungen verfügen kann (BGHZ 45, 162; Prölss/Martin-Kollhosser, § 166 VVG Rn 7, § 13 ALB Rn 50), weshalb dann auch eine (Sicherungs-)Abtretung durch den Versicherungsnehmer nicht mehr möglich ist. Aus diesem Grund konnte vorliegend die Abtretung vom 14.10.1996 durch die Versicherungsnehmerin Fa. A keine Wirkung entfalten und ging ins Leere.
Etwas anderes könnte allenfalls bei einem sogenannten eingeschränkt unwiderruflichem Bezugsrecht gelten, bei dem sich der Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis das Recht vorbehält, unter bestimmten Voraussetzungen den Anspruch auf die Versicherungsleistungen noch selbst geltend zu machen, etwa durch Abtretung (vgl. Prölss/Martin-Kollhosser, § 165 VVG Rn 6a). Hierfür haben die Parteien jedoch nichts vorgetragen; außerdem müsste zudem eine der arbeitsvertraglichen Abrede entsprechende Bestimmung im Versicherungsvertrag getroffen worden sein (Prölss/Martin-Kollhosser aaO), was ebenfalls weder vorgetragen ist noch eine Stütze in den vorgelegten Versicherungsunterlagen hat.
Der Umstand, dass nach dem Vorstehenden der unwiderruflich Begünstigte Herr C die Ansprüche auf die Versicherungsleistungen sofort erworben hat mit der grundsätzlichen Möglichkeit der Verfügung durch ihn selbst etwa durch Abtretung, kann schon deshalb nicht zur Wirksamkeit der Abtretung vom 14.10.1996 aufgrund seiner Mitunterzeichnung als Zustimmung (oder als konkludente eigene Abtretung) führen, weil im Direktversicherungsvertrag (Nachtrag zum Versicherungsschein vom 14.4.1994 (Bl. 77 d.A.)) die Abtretung der Ansprüche aus dem unwiderruflichen Bezugsrecht durch den Begünstigten ausgeschlossen und damit ein vertraglicher Abtretungsausschluss nach § 399 2. Halbsatz BGB vereinbart wurde. Damit konnte der Bezugsberechtigte weder eine eigene wirksame Abtretung vornehmen noch als minus eine Zustimmung zu einer Abtretung durch die nicht verfügungsberechtigte Versicherungsnehmerin erklären.
Da der unwiderruflich Begünstigte Herr C die Ansprüche auf die Versicherungsleistungen sofort erworben hat, gebühren sie ihm nicht nur im Versicherungsfall, sondern auch schon, wenn sie vorzeitig fällig werden, z.B. der Anspruch auf den Rückkaufswert als dem Zeitwert des Versicherungsanspruchs bei Kündigung oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Versicherungsnehmers (und Arbeitgebers; vgl. Prölss/Martin-Kollhosser, § 166 VVG Rn 7).
Danach kann vorliegend kein Absonderungsrecht der Klägerin nach §§ 50, 51 Nr. 1 InsO gegen die Beklagte bestehen, sondern allenfalls ein Aussonderungsanspruch des Bezugsberechtigten gemäß § 47 InsO (vgl. BAG VersR 1991, 211 und 942; Prölss/Martin-Kollhosser, § 165 VVG Rn 6a).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 ZPO).
Ende der Entscheidung
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