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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 17.09.2008
Aktenzeichen: 23 U 137/07
Rechtsgebiete: BGB, KWG


Vorschriften:

BGB § 134
BGB § 812
KWG § 32
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Rückzahlungsansprüche bezüglich an die Beklagte geleisteter Provisionsvorschüsse sowie - erstmals in der zweiten Instanz - Gegenforderungen der Beklagten.

Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage weitgehend, nämlich in Höhe von 44.058,65 Euro, stattgegeben und dies damit begründet, dass die Beklagte nach der vertraglichen Vereinbarung verpflichtet sei, die Hälfte der als Vorschuss erhaltenen Beträge - abzüglich der Hälfte der nach Vertragsbeendigung noch entstandenen Provisionsansprüche - zu erstatten. Dies ergebe sich aus dem Consultant-Vertrag vom 21. Januar 2002, der in § 6 Ziff. 11 eine entsprechende Zahlungspflicht vorsehe. Dem stehe auch eine von der Beklagten angenommene Arbeitnehmereigenschaft nicht entgegen, da auch dann die Rückzahlungspflicht bestehe. Diese sei auch nicht verjährt, da die Beklagte im Jahr 2002 die Tätigkeit bei der Klägerin beendet habe, was erst zur Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs und zum Beginn der Verjährung geführt habe, die bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen gewesen sei.

Die vertragliche Regelung verstoße auch nicht gegen § 134 BGB, da auch dann, wenn die Gewährung des Vorschusses als i.S.v. § 32 KWG unerlaubte Gewährung eines Darlehens anzusehen sei, dies nicht zur Nichtigkeit des Vertrags führe. Insofern richte sich das KWG nicht dagegen, dass Darlehensverträge geschlossen würden.

Unter Berücksichtigung der verdienten Provisionen stünde der Klägerin eine Forderung von 46.720,52 Euro zu, zu der einerseits weitere Kosten in Höhe von 1.509,38 Euro zu addieren, von der andererseits aber nachträglich verdiente Provisionen in Höhe von 4.171,43 Euro abzuziehen seien.

Daraus ergebe sich eine zuzusprechende Forderung von 44.058,47 Euro, die entsprechend der vertraglichen Regelung zu verzinsen sei.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Sie ist zunächst der Ansicht, für das Berufungsverfahren sei nicht der 23. Zivilsenat zuständig, da die Voraussetzungen dafür (Vorliegen einer Erlaubnis nach § 32 KWG) nicht gegeben seien.

Die Klage sei schon deshalb unbegründet, weil eine Anspruchsgrundlage fehle. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ergebe sich diese nicht aus dem Consultant-Vertrag, wobei dieser den vorher bestehenden Mitarbeiter-Vertrag - und damit auch eine gegebenenfalls danach bestehende Zahlungspflicht - ersatzlos aufgehoben habe. Auf die Frage, ob daneben ein Verstoß gegen § 32 KWG zur Nichtigkeit des Vertrags führe, komme es daher nicht an. Daneben sei auch keine wirksame Vereinbarung über eine Provisionshöhe erfolgt.

Jedenfalls sei aber die Abrede über den "Vorschuss" als Vereinbarung einer Mindestvergütung auszulegen, was sich u.a. daraus ergebe, dass die Beklagte vor der Übernahme der Tätigkeit als Geschäftsstellenleiterin in ... angestellte Mitarbeiterin der Klägerin (im Innendienst) gewesen sei. Die Tätigkeit als Geschäftsstellenleiterin habe sie dabei auf Anweisung der Klägerin übernommen. Da sich in der Folge erwiesen habe, dass die als Vorschuss bezeichneten Beträge nicht als Provision zu verdienen seien, folge daraus ebenfalls eine feste Vergütung. Schließlich hätten die Parteien diese auch ausdrücklich vereinbart.

Aufgrund des Umstands, dass Provisionen in Höhe der geleisteten Zahlungen auch nicht zu verdienen gewesen seien, sei die entsprechende Rückzahlungsvereinbarung auch nach § 134 BGB nichtig.

Bedenken gegen den Rückforderungsanspruch würden sich im Übrigen auch deshalb ergeben, weil die Klägerin der Beklagten mit den Zahlungen ein Existenzgründungsdarlehen gewährt habe, ohne dass die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben eingehalten worden seien.

Weiter sei ein etwaiger Zahlungsanspruch der Klägerin auch nicht substantiiert dargelegt worden, die entsprechenden, von der Beklagten verdienten Provisionen seien nicht zutreffend berechnet worden. Außerdem seien die Kosten, die seitens der Klägerin und, ihr folgend, dem Landgericht zu Lasten der Beklagten berücksichtigt seien, nicht hinreichend substantiiert dargelegt worden. Im Hinblick auf eine deshalb bestehende Pflicht zur Nachabrechnung stünde der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zu.

Sofern eine Forderung aber tatsächlich bestehe, stünden dieser Gegenforderungen der Beklagten gegenüber, mit denen sie - hilfsweise - die Aufrechnung erklärt:

a) So sei der Beklagten bei Beginn der Tätigkeit als Geschäftsstellenleiterin zugesagt worden, dass Firmenkunden, die bisher bei der Zentrale der Klägerin geführt worden seien, ihr zur Bearbeitung übertragen werden sollten, was zu entsprechenden Provisions-Einnahmen geführt hätte. Gleiches habe auch für die Firmenkunden gegolten, die von anderen Beratern im Bereich ihrer Geschäftsstelle betreut worden seien. Diese Übertragung sei aber insgesamt nicht erfolgt, weshalb ihr insoweit ein Schadensersatzanspruch zustehe, der mindestens die Klageforderung erreiche.

b) Im Rahmen der Tätigkeit als Leiterin der Geschäftsstelle habe sie Leistungen erbracht, die nicht vom Consultant-Vertrag und der dort enthaltenen Vergütungsregelung erfasst gewesen seien und die daher gesondert zu vergüten gewesen seien. So habe sie in mehreren Privatkundengeschäftstellen das Firmenkundengeschäft vorgestellt. Außerdem habe sie verschiedenen Schulungen abgehalten, die teilweise in der Zentrale der Klägerin und teilweise in anderen Geschäftsstellen erfolgt seien. Hieraus würden sich mindestens Ansprüche in Höhe von 38.000,- Euro netto ergeben, wobei eine Vergütung von 2.000,- Euro netto pro Schulung angemessen sei.

Weiter hilfsweise beruft sich die Beklagte darauf, dass bezüglich ihrer Vergütung als Leiterin der Geschäftsstelle noch keine Abrechnung erfolgt sei. Ihr sei nach ihrem Kenntnisstand keine solche erteilt worden bzw. es seien keine Zahlungen erfolgt, weshalb sich insofern ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Erstellung der Abrechnung ergebe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hanau vom 15. Juni 2007, Az. 4 O 1549/05, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags, wobei sie den neuen Vortrag der Beklagten als präkludiert rügt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Senat auf die Bedenken hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels, soweit das Urteil nicht abgeändert wurde, hingewiesen. Die Beklagte hat darauf keinen Schriftsatznachlass beantragt.

II.

Der 23. Zivilsenat ist entgegen der Rüge der Beklagten für die Entscheidung über die Berufung zuständig, da die Klägerin zumindest bei Einlegung der Berufung (9. Juli 2007) über eine Erlaubnis als Finanzdienstleister i.S.v. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1, 2 KWG verfügte. Diese war ihr unter dem 15. März 2006 erteilt worden (Bl. 245 d.A.), was von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wird. Damit war nach dem Geschäftsverteilungsplan des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (GVP) des Jahres 2007 die Zuständigkeit des 23. Zivilsenats begründet. Nach den im Jahr 2007 geltendem GVP ist es - anders als nach der Neufassung 2008 - unerheblich, dass diese Erlaubnis nicht bei Klageerhebung vorlag, da der GVP für die Bestimmung der Zuständigkeit allgemein auf den Zeitpunkt des Eingangs der Sache bei dem OLG abstellt.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache in geringem Umfang Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht insofern auf einer Rechtsverletzung bzw. rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Das Urteil des Landgerichts ist in sich teilweise unschlüssig hinsichtlich der Berechnung der Klageforderung. Nach dem Tatbestand (S. 3) hat die Beklagte im Zeitraum Februar 2001 bis Juli 2002, mithin für 18 Monate, jeweils 4.000,- Euro erhalten, was sich auch mit dem Vortrag der Klägerin deckt (Bl. 26 d.A.). Daraus ergibt sich aber folgende Berechnung:

(Von der Darstellung der nachfolgenden Tabelle wurde hier abgesehen - die Red.)

In der Tabelle des Landgerichts im Urteil (S. 5f.) werden diese Zahlungsdaten übernommen und daraus der zutreffende Saldo errechnet (118.016,28 Euro). Allerdings wird in der Folge das falsche Ergebnis berechnet (93.441,03 Euro), da die unstreitig gezahlten Provisionen (28.575,25 Euro) von einem Betrag von 122.016,28 Euro abgezogen werden, der sich nur ergibt, wenn auch im August 2002 Zahlungen erfolgten. Dies ergibt dann die auch vom Landgericht angenommene Klageforderung (44.058,47 Euro, S. 7), wobei allerdings 18 ct. mehr zugesprochen werden, nämlich 44.058,65 Euro, ohne dass dafür ein Grund ersichtlich ist. Diese Berechnung ist auch insofern nicht vollständig nachvollziehbar, da das Landgericht selbst (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2007, Bl. 195 d.A.) auf den Umstand, dass die Summe der Provisionszahlungen nur zu einem Betrag von 118.016,28 Euro führen, hingewiesen hatte. Die Berufung ist insofern hinsichtlich eines Betrags von 2.000,18 Euro begründet.

Im Übrigen ist die Berufung dagegen unbegründet, da die Beklagte keine zulässigen und erheblichen Einwände gegen das angefochtene Urteil vorbringt.

So war für das Begehren der Klägerin der Zivilrechtsweg eröffnet und das Landgericht Hanau damit auch zuständig. Dies folgt aus der Rechtskraft des Beschlusses des Landgerichts vom 1. Februar 2007 (Bl. 176 d.A.), der gemäß § 17a Abs. 1 GVG bindend geworden ist.

Auch der Einwand der Beklagten, dass es für das Begehr der Klägerin an einer Anspruchsgrundlage fehle, da der (ursprüngliche) Mitarbeitervertrag ersatzlos aufgehoben worden sei, ist nicht erheblich. Nach § 16 des Consultant-Vertrags sollte der Mitarbeitervertrag aufgehoben werden. Dass damit - was die Beklagte wohl meint - ein Verzicht der Klägerin auf bereits begründete Ansprüche verbunden ist, ist nicht ersichtlich. Der Anspruch auf Rückzahlung der nicht verdienten Provisionsvorschüsse war in dem Mitarbeitervertrag ausdrücklich enthalten, allerdings noch nicht fällig geworden, da die Beklagte (noch) nicht ausgeschieden war. Dass dieser Anspruch, auch wenn er einstweilen nicht durchsetzbar gewesen sein sollte, von der Klägerin aufgegeben werden würde, musste sich auch der Beklagten nicht aufdrängen, enthielt doch der Consultant-Vertrag in § 6 Ziff. 11 eine nahezu wortgleiche Regelung wie § 4 Ziff. V des Mitarbeitervertrags.

Selbst bei Fehlen einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung besteht ein solcher Rückzahlungsanspruch aber aufgrund des Rechtscharakters einer Vorschusszahlung, dem eine Rückzahlungspflicht bei Nichtverdienen der Provision immanent ist (vgl. BAG, Urteil vom 20. Juni 1989, 3 AZR 504/87, zit. nach Juris, Rn. 20). Daneben ergibt sich der Anspruch auch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB, wobei es im Übrigen unerheblich ist, ob der Handelsvertreter als Arbeitnehmer einzustufen ist oder nicht (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Dezember 2006, 11 Sa 686/06, zit. nach Juris, Rn. 46).

Die Behauptung der Beklagten, es seien gerade keine rückzahlungspflichtigen Vorschüsse, sondern ein monatliches Fixum - ähnlich wie ein Gehalt - vereinbart worden, ist zum einen unsubstantiiert, zum anderen steht sie auch im Widerspruch zu den unstreitigen Tatsachen, so dass es auf die Frage, ob dieser neue Vortrag überhaupt berücksichtigt werden kann (§§ 529, 531 ZPO) nicht ankommt. So trägt die Beklagte zunächst nicht vor, wann sie mit wem eine solche, vom schriftlichen Wortlaut des Vertrags sehr deutlich abweichende Regelung vereinbart haben will. Dies geschieht auch nicht nach der entsprechenden Rüge durch die Klägerin, die diesen Vortrag bestreitet. Daneben hat aber die Klägerin vorgetragen, dass die Beklagte aus eigenen Stücken ihren Tätigkeitsbereich verändern wollte, wobei sie auch aus privaten Gründen in das Rhein-Main-Gebiet habe wechseln wollen. Diesen Vortrag bestreitet die Beklagte ebenfalls nicht (mehr), so dass aus diesem deutlich wird, dass es die Beklagte war, die eine Änderung der vertraglichen Rahmenbedingungen wollte. Schließlich ist auch auffällig, dass die Beklagte den Vortrag der Klägerin zu ihrem ehemaligen Tätigkeitsbereich nicht in Abrede stellt. Danach war die Beklagte u.a. für die Betreuung der Handelsvertreter zuständig, wusste also um die Art und Weise der Bezahlung derselben. Wenn sie dann in eine solche Position wechselt, spricht wenig dafür, dass sie einerseits von der dann eintretenden Rechtslage überrascht war und dass andererseits für sie allein eine besondere Vereinbarung getroffen wurde.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Behauptung der Beklagten, dass die vereinbarten Vorschüsse nicht durch Provisionen hätten erwirtschaftet werden können. Unabhängig von der Frage, ob sich selbst dann, wenn dies zuträfe, die von der Beklagten erstrebte Rechtsfolge ergebe, ist der Vortrag der Beklagten zu diesem Punkt sehr unsubstantiiert. So hätte sie darlegen müssen, welche Anstrengungen sie im Einzelnen unternommen hat, provisionspflichtige Geschäfte abzuschließen und dabei angeben müssen, dass und warum über diese Tätigkeiten hinaus keine weiteren Geschäfte möglich gewesen seien. Die bloß pauschale Behauptung reicht hier nicht aus, da die Frage, welche Provision erzielt werden kann, im Wesentlichen von der eigenen Tätigkeit des Handelsvertreters abhängt. Mangels Erheblichkeit kann auch hier die Frage nach der Präklusion offen bleiben.

Soweit die Beklagte hinsichtlich der vertraglichen Vereinbarung im Übrigen einwendet, es fehle an einer wirksamen Vereinbarung einer Provisionsregelung, steht dies zum einen im Widerspruch zu den vertraglichen Regelungen, zum anderen wird aber nicht deutlich, was die Beklagte damit bezwecken will. Würde tatsächlich eine solche Regelung fehlen, wäre die Höhe der Provisionen derzeit nicht schlüssig dargetan, da die Beklagte nichts zu der dann maßgeblichen Höhe (vgl. § 87b Abs. 1 HGB: Üblichkeit eines bestimmten Satzes) vorträgt. In diesem Fall wäre derzeit überhaupt kein Abzug von der Forderung der Klägerin vorzunehmen, was die von der Beklagten zu leistende Zahlung um 28.575,25 Euro erhöhen würde.

Die vertragliche Regelung ist auch nicht unter Berücksichtigung der Vergabe eines Darlehens unwirksam. Ein Verstoß gegen § 32 KWG, selbst wenn dieser hier vorgelegen hätte, führt nicht nach § 134 BGB zur Nichtigkeit des Darlehensvertrags (Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2. Aufl. (2004), § 32 KWG, Rn. 16 m.w.N.).

Soweit sich die Beklagte auf die Anwendbarkeit der Verbraucherschutzvorschriften der §§ 491-506 BGB bezieht, scheitert dies hier daran, dass nach § 507 Halbsatz 2 BGB diese Schutzvorschriften bei Darlehen zur Existenzgründung dann nicht anwendbar sind, wenn der Nettodarlehensbetrag 50.000,- Euro übersteigt. Dies war hier - bezogen auf die Gesamtsumme der von der Beklagten erhaltenen Leistungen - der Fall. Dass der Zahlungsbetrag nicht explizit im Vertrag enthalten war, führt zu keiner Änderung. Der Begriff "Nettodarlehensbetrag" in § 507 BGB ist entsprechend § 492 Abs. 2 Nr. 1 BGB auszulegen (Schürnbrand, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. (2008), § 507 BGB, Rn. 8). Wird dabei - was zu der vorliegenden Konstellation vergleichbar ist - eine Kreditlinie bzw. ein Kreditrahmen eingeräumt, den der Kreditnehmer nach eigener Entscheidung in Anspruch nehmen kann, ist auf den Höchstbetrag abzustellen (Schürnbrand, a.a.O., § 492 BGB, Rn. 42). Hier ergibt sich schon aus dem Gegenstand des Verfahrens, dass die Beklagte bei vollständiger Anwendung der Vorschussregelung einen Anspruch gegen die Klägerin hatte, der deutlich über 50.000,- Euro lag.

Eine Nichtigkeit der Rückzahlungsvereinbarung wegen einer sittenwidrigen Übervorteilung der Beklagten durch die Klägerin scheidet ebenfalls aus. Eine solche liegt entweder vor, wenn durch eine nicht den Verdienstmöglichkeiten entsprechende Vorschusszahlung eine unzulässige Bindung erreicht wird (BAG, Urteil vom 20. Juni 1989, a.a.O., Rn. 25) oder ein Gewinn von vornherein gänzlich ausgeschlossen wäre (LAG Rheinland-Pfalz, a.a.O., Rn. 26). Mangels eines substantiierten Vortrags dazu (s.o.) sind diese Voraussetzungen nicht dargetan. Im Übrigen bedeutet bereits der Verzicht auf 50% der Forderung eine erhebliche Erleichterung für die Beklagte, was ebenfalls gegen eine sittenwidrige Übervorteilung spricht.

Aus diesem Grund scheidet ebenfalls die Annahme einer Nichtigkeit (§ 134 BGB) der Rückzahlungsregelung wegen einer unzulässigen Beschränkung des Kündigungsrechts der Beklagten aus.

Die Beklagte kann auch mit den Einwendungen zur Höhe der Forderung nicht durchdringen. Soweit sie zum ersten Mal in der zweiten Instanz die vorher nicht bzw. nicht hinreichend bestrittenen Kosten und deren Substantiierung in Zweifel zieht, ist dies nach § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO verspätet. Dies hätte bereits in erster Instanz geltend gemacht werden können, wobei die Beklagte trotz der entsprechenden Rüge der Klägerin keine Gründe angibt, warum der Vortrag bzw. das Bestreiten erst jetzt erfolgt. Soweit die Beklagte vorträgt, ein solches Bestreiten sei bereits in der ersten Instanz erfolgt, ist dies unzutreffend. Das Landgericht hat - für den Senat bindend (§ 529 ZPO) - die Höhe der Forderung festgestellt, wobei dies ausweislich des Urteils und des Tatbestands deshalb möglich war, weil die in die Abrechnung der Klägerin eingestellten Beträge insgesamt nicht bestritten wurden.

Dass das Bestreiten der Provisionszahlungen durch die Beklagte im Übrigen unsubstantiiert ist, weil ihr selbst bekannt sein müsste, welche Geschäfte sie vermittelt hat und welche Provision daraus entstanden sein könnte, führt ebenfalls zu diesem Ergebnis. Aus diesem Gesichtspunkt steht der Beklagten also auch nicht das geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf eine Neuabrechung zu.

Gegenforderungen der Beklagten, die diese im Wege der Aufrechnung oder der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts einwenden kann, hat sie ebenfalls nicht schlüssig dargelegt.

Ein zur Aufrechung gestellte Schadensersatzanspruch wegen unterbliebener Übertragung von Firmenkunden hat die Beklagte nicht substantiiert dargestellt. So fehlt zunächst eine schlüssige Behauptung dazu, wann sie mit wem die Übertragung welcher Kunden vereinbart haben will. Ihr Vortrag, dies sei vereinbart gewesen und die Klägerin habe insofern nichts unternommen, steht zudem im Widerspruch zu ihrem eigenen Vortrag, sie habe - gerade im Auftrag der Klägerin - Schulungsveranstaltungen durchführen sollen, die erst zu einer solchen Übertragung durch die Privatkundebetreuer hätten führen sollen.

Daneben ist die Höhe eines solchen Anspruchs nicht schlüssig dargetan. Die Beklagte behauptet, der Schaden erreiche mindestens die Höhe der Klageforderung, eine Darlegung, welche Kunden ihr hätten übertragen werden sollen, welche Geschäfte sie mit diesen hätte abschließen können und welche Provision daraus verdient worden wäre, fehlt jedoch.

Auch der weiter hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Vergütungsanspruch wegen überobligationsmäßiger Tätigkeiten als Geschäftsstellenleiterin ist nicht nachvollziehbar dargetan. Trotz eines entsprechenden Bestreitens durch die Klägerin hat sie weder die Daten bzw. nähren Umstände der von ihr abgehaltenen Schulungen angegeben, noch hat sie angegeben, warum ihr insofern überhaupt eine Vergütung zugestanden haben soll. Eine konkrete Vergütungsvereinbarung behauptet sie nicht, dem Vortrag der Klägerin, diese Art von Schulungen würden zu der bei der Klägerin praktizierten Form der Wissensvermittlung gehören und sei für die Referenten daher unentgeltlich, ist sie nicht weiter entgegengetreten.

Der Beklagten steht insofern auch nicht die Vermutung des § 612 Abs. 1 BGB zur Seite. Sie hat nicht, was ihr oblegen hätte (vgl. Müller-Glöge, in: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl. (2005), § 612 BGB, Rn. 38), Umstände dargetan, die die Annahme rechtfertigen würden, gerade für diese Tätigkeit sei eine besondere, mithin zusätzlich Vergütung zu erwarten.

Mangels eines konkreten Vortrags zu den hier relevanten Umständen war dem Antrag der Beklagten nach § 142 ZPO auf Vorlage des Vertrags nicht nachzukommen. Eine solche Vorlageanordnung hätte, da es an substantiiertem Vortrag fehlt, zu einer Ausforschung geführt.

Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 KWG, wobei es sich hier um ein Schutzgesetz handelt (BGH, Urteil vom 11. Juli 2006, VI ZR 339/04, zit. nach Juris, Rn. 13; Urteil vom 11. Juli 2006, VI ZR 340/04, NJW-RR 06, 1713, 1714), besteht ebenfalls nicht. Zum einen ist ein Verschulden der Klägerin, die sich unwidersprochen auf eine vorher nicht bekannte Änderung der Praxis der BAFin berufen hatte, nicht ohne weiteres erkennbar. Zum anderen ist nicht klar, woraus sich hier für die Beklagte ein konkreter Schaden aufgrund einer unzulässigen Darlehensgewährung ergeben haben soll.

Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, ihre Ansprüche aus der Zeit als Geschäftsstellenleiterin seien nicht abgerechnet worden bzw. seien noch offen. Der Vortrag der Beklagten zu der bisher angeblich nicht erfolgten Abrechnung ist sehr vage ("nach dem Kenntnisstand der Beklagten...") und lässt nicht erkennen, ob überhaupt noch - und wenn ja, welche - Ansprüche aus dieser Zeit offen sind. Dass die Klägerin hier Zahlungen geleistet hat, wird von der Beklagten nicht ausdrücklich in Abrede gestellt, so dass sie vortragen könnte, welche Forderungen aus ihrer Sicht überhaupt noch bestehen. Hierzu fehlt aber jeder Vortrag, obwohl sie für das Bestehen der Gegenforderungen darlegungs- und beweisbelastet ist. Sind aber keine Zahlungsansprüche mehr gegeben, kann sie auch keine - erneute - Abrechnung verlangen. Dass sie eine solche aus anderen, z.B. steuerrechtlichen, Gründen benötigt, legt die Beklagte schließlich auch nicht dar.

Auf den Schriftsatz der Beklagten vom 11. September 2008 war - unabhängig von Zweifeln an dessen Berücksichtigungsfähigkeit (§ 296a ZPO) - nicht erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor, da der Senat in der mündlichen Verhandlung die einzelnen Aspekte, warum die Berufung über den Betrag von 2.000,18 Euro hinaus keinen Erfolg haben wird, dargelegt hat. Die Beklagte hatte dabei über ihre anwaltliche Vertreterin Gelegenheit zur Stellungnahme und hat im Übrigen von einem Antrag nach § 139 Abs. 5 ZPO, mithin der Einräumung einer Schriftsatzfrist, abgesehen. Im Übrigen hat die Beklagte in dem Schriftsatz nicht dargelegt, in welchem Punkt sie ihr rechtliches Gehör als verletzt ansieht bzw. was sie für diesen Fall weiter bzw. ergänzend vorgetragen hätte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, da die Zuvielforderung verhältnismäßig gering (weniger als 10% der Klageforderung) ist und keine besonderen Kosten verursacht hat. Die ursprünglich in den Zahlungsantrag eingerechneten Zinsen führen insofern nicht zu einer Änderung (§ 4 Abs. 1 ZPO).

Das Urteil ist nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder der Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 ZPO).

Ende der Entscheidung

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