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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 01.09.2004
Aktenzeichen: 23 U 215/03
Rechtsgebiete: AGBG, BGB, AnfG, MABV, ZPO


Vorschriften:

AGBG § 11 Ziff. 10
AGBG § 24
BGB § 116
BGB § 247
BGB § 273
BGB § 288
BGB § 635 a.F.
BGB § 640 Abs. 2 a.F.
BGB § 768 Abs. 1 S. 1
AnfG § 3
MABV § 7
MABV § 7 Abs. 1 S. 1
ZPO § 181 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Auf die ausführliche Tatbestandsdarstellung im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Die Begründung des landgerichtlichen Urteils beruht im Wesentlichen auf folgender, in 2. Instanz teilweise nicht mehr streitigen Argumentationskette:

Die Bürgschaftsurkunde sei einschlägig (S. 7). Die Bürgschaftsurkunde enthalte keine Einschränkungen auf bestimmte Ansprüche (S. 7). Die Bürgschaft sei nicht erloschen im Hinblick auf die fehlende Fertigstellung der Bauobjekte (S. 8). Die Bürgschaft sei auch nicht vor Fertigstellung erloschen, da XII des notariellen Vertrages V Ziff. 2.2 vorgehe (S. 9). Der Kläger habe keine Abnahmeerklärungen abgegeben (S. 9). Die Abnahmefiktion sei ohne Bedeutung, da Mängel vor der fingierten Abnahme vorgelegen hätten, die aber erst später erkannt worden seien (S. 10).

Daraus ergebe sich aus folgenden Gründen ein Rückgewähranspruch gegen B:

Der Ausschluss des Rechtes auf Rückgängigmachung verstoße gegen § 11 Ziff. 10 AGBG (S. 11). Der Kläger sei kein Unternehmer im Sinne des § 24 AGBG (S. 12). Geschuldet sei ein "großer Schaden" gemäß § 635 BGB a.F., den der Kläger entgegen dem Wortlaut des anwaltlichen Schreibens bezüglich des Bauträgervertrages, der rechtlich als Werkvertrag einzuordnen sei, geltend mache (S. 12). Die Aufforderung zur Mängelbeseitigung sei wirksam zugestellt worden (S. 12).

Auf fehlende Fristsetzung könne sich der Beklagte in Anbetracht der Weiterveräußerung nicht berufen (S. 14). Verwirkung sei nicht eingetreten.

Bezüglich der Höhe des Anspruchs seien aufgewendete Kosten anzurechnen, Mieteinnahmen abzuziehen (S. 15). Diese Rechtslage trete von Gesetzes wegen ein, ohne dass eine Aufrechnungserklärung nötig gewesen sei (S. 15). Fernerliegende Schäden, wie z.B. die Zinsbelastung des Klägers, würden von der Bürgschaft nicht umfasst (S. 16).

Der Anspruch bestehe nur Zug um Zug gegen Ablösung und Abtretung der beiden Grundschulden an B (S. 17). Die Grundschulden seien an B und nicht an die Beklagte abzutreten, da die Abtretung vom 17./22.1.2003 gegen § 3 Anfechtungsgesetz verstosse (S. 18). Bezüglich der vier Sicherungshypotheken brauche keine Löschungsbewilligung erteilt werden, da diese nicht mit den im Rahmen der Vertragsdurchführung ausgetauschten Leistungen in Verbindung stehen würden (S. 17).

Ein Zinsanspruch stehe dem Kläger mangels Verzuges nicht zu (S. 19).

Da über die Zahlungsstufe der hilfsweise gestellten Widerklage noch nicht entschieden werden konnte, hat die Kammer die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.

Beide Seiten haben gegen das Urteil Berufung eingelegt. Nicht Gegenstand der Berufung ist die Widerklage. Der Rechtsstreit ist insoweit durch das Teilanerkenntnisurteil abgeschlossen.

Wie in zweiter Instanz bekannt wurde, hat Herr B die vier im Grundbuch des Amtsgericht Halle von ... Blatt ... eingetragenen Grundstücke am 08.02.2003 an einen Herrn C verkauft und sein Einverständnis erklärt, dass das Eigentum auf den Käufer übergeht (Urkunde Nr..../2003 des Notars N2 mit dem Amtssitz in ...), wobei die Vertragsparteien im Hinblick auf den vorher an den Kläger erfolgten Verkauf folgende Bestimmung in § 7 des Kaufvertrages aufgenommen haben:

" Dem Käufer ist insbesondere auch bekannt, dass der Verkäufer bereits zuvor mit Datum vom 13. November 1996 vor dem Notar Dr. S1 in ... einen Kaufvertrag mit Herrn A über den Vertragsgegenstand geschlossen hat.

Weiter ist bekannt, dass Herr A den Rücktritt vom Vertrag erklärt hat.

Für diesen ist allerdings noch eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch noch eingetragen."

Weiterhin wurde in zweiter Instanz mitgeteilt, dass der Kläger den angeblichen Rückgewährsanspruch des Grundstückseigentümers auf Übertragung (Abtretung) oder Verzicht (gemäß §§ 1168, 1192 BGB) oder Aufhebung (§§ 857, 1183, 1192 BGB) der im Grundbuch von O1 des Amtsgerichts Halle, Bl...., in Abteilung III unter lfd Nr. ... eingetragenen brieflosen Grundschuld über 630.000 DM nebst 15 % Zinsen ab dem 28.11.1996 und einer einmaligen Nebenleistung von 5 % zu Gunsten der ...bank mit Pfändungs= und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts in Nidda vom 15.06.2004 hat pfänden lassen (85 M 1778/04).

Die Beklagte, die sich gegen ihre Inanspruchnahme sowohl der Höhe, wie auch dem Grunde nach wehrt, begründet ihre Berufung wie folgt:

Eine Rückabwicklung des Vertrages könne der Kläger nicht verlangen, da nur geringfügige Mängel bei einem vollständig fertig gestellten Objekt vorhanden seien (Bl. 548). Im Übrigen müsse man auch von einer stillschweigenden Abnahme im Hinblick auf den Umstand ausgehen, dass die Mieter den Kläger im Sommer 1998 über die Mängel informiert hätten. Diese stillschweigende Abnahme stehe der Geltendmachung des großen Schadens entgegen (Bl. 548). Der Geltendmachung dieses Anspruchs stehe auch entgegen, dass die jeweils Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung enthaltenden Schreiben des nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Klägers Herrn B nie wirksam zugestellt worden seien (Bl. 549). In dem Weiterverkauf durch Herrn B liege kein schlüssiges Einverständnis mit der Rückgängigmachung des Vertrages durch den Kläger, da Herr B bei dem Weiterverkauf in der Annahme gewesen sei, dass der Vertrag unter der Bedingung abgeschlossen werde, dass die Veräußerung nur zustande komme, falls der Rücktritt wirksam sei (Beweis: Vernehmung des Zeugen B, Bl. 549).

Im Übrigen seien von der Klageforderung zumindest die weiteren von dem Kläger eingenommenen Mieten in Höhe von 21.415,52 € für die Zeit von Februar bis September 2003 abzuziehen (Bl. 550), sowie weitere Mietzahlungen in Höhe von 24.580,82 € für die Zeit von Oktober 2003 bis Juni 2004 und 5.050 € monatlich seit Juli 2004.

Vom Kläger geltend gemachte Kosten und Verluste, die vorsorglich bestritten werden, seien nicht von der Bürgschaft nach § 7 MABV erfasst (Bl.636).

Hinsichtlich der Zug-um-Zug-Verurteilung sei zu berücksichtigen, dass die Grundschuld von 200.000,-- DM von der ...bank nicht an Herrn B, sondern an die Beklagte abzutreten sei, da dies der Vereinbarung im Sicherheitenpoolvertrag vom 2.10.1997 entspreche (Bl. 369, 546). Die Anfechtung gemäß § 3 des Anfechtungsgesetzes sei nicht berechtigt (Bl. 567). Der Verurteilung in der tenorierten Form stehe auch entgegen, dass der Kläger bezüglich der Sicherungshypotheken nicht den Nachweis geführt habe, dass keine Verbindung bestehe mit den aus dem Bauträgervertrag resultierenden Ansprüchen (Bl. 369, 547).

Die Beklagte beantragt,

das am 29.7.2003 verkündete Teilurteil des Landgerichts Frankfurt am Main - Az. 2/19 O 318/02 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Teilanerkenntnisses und Teilurteils des Landgerichts Frankfurt am Main, 2/19 O 318/02, vom 29.7.2003 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 536.856,48 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß §§ 247, 288 BGB ab 1.4.2002 zu zahlen Zug um Zug gegen

i) Aushändigung einer Löschungsbewilligung des Klägers mit folgendem Wortlaut:

"Löschungsbewilligung im Grundbuch von O1 des Amtsgerichts Halle, Bl. ..., ist bezüglich der Grundstücke lfd. Nr. ..., ... Str., Flurstück ... mit ... qm, lfd. Nr. ..., ... Str., Flurstück ... mit ... qm, lfd. Nr. ..., ... Str., Flurstück ... mit ... qm und lfd. Nr. ..., ... Straße, Flurstück ... mit ... qm, in Abt. II unter lfd. Nr. ... eine Eigentumsvormerkung für mich, A, geb. am ..., wohnhaft ..., gemäß Bewilligung vom 13.11.96 (Urkundenrolle Nr. .../96) des Notars S1 in ... eingetragen. Ich bewillige die Löschung dieser Eigentumsvormerkung im Grundbuch. Löschungskosten übernehme ich nicht".

ii) und der Rückgabe der Originalbürgschaft vom 2.1.1997.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil im Wesentlichen, soweit es sich auf die Ausführungen zum Grund der Haftung bezieht. Der Höhe nach sei dagegen das Urteil des Landgerichts zu korrigieren. Im Rahmen des geltend gemachten großen Schadens seien Nutzungen nicht abzuziehen (Bl. 535), wohl aber seien alle dem Kläger entstandenen Kosten wie Zinsen, Versicherung, Gutachterkosten, Fahrtkosten, Notar= und Grundstückskosten, Zinsverluste hinsichtlich der gezahlten und rückzuerstattenden Grunderwerbssteuer und zurückzuzahlende sog. Spekulationssteuer zu berücksichtigen (Bl. 419, 536 und 619). Die Grundschulden stünden dem Kläger nach wie vor im Hinblick auf seine Forderungen gegen B zu (Bl. 538 f). Die Beklagten hätten keinen Rechtsanspruch auf Abtretung der Grundpfandrechte an sie, da sich weder aus der Bürgschaft, noch aus dem Poolvertrag, noch aus der Zweckerklärung Entsprechendes ergebe (Bl. 565).

Im Übrigen stünden dem Kläger auch die geltend gemachten Zinsen zu (Bl. 540).

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Beide Berufungen sind zulässig und teilweise erfolgreich. Die Berufung der Beklagten führt zu einer Reduzierung der ausgeurteilten Summe und zu einer Änderung hinsichtlich der Person des Abtretungsempfängers bezüglich der Grundschuld in Höhe von 200.000 DM. Die Berufung des Klägers hat insoweit Erfolg, als eine Abtretung der Grundschuld in Höhe von 630.000 DM nicht erfolgen muss.

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Rückgewährsbürgschaft in Anspruch. Dies setzt voraus, dass ein entsprechender Anspruch gegen den Bauträger besteht. Darüber streiten die Parteien zu Unrecht. Auf Grund des Umstands, dass der Hauptschuldner die vier Grundstücke mittlerweile erneut verkauft hat, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass er sich entsprechend den Wünschen des Klägers mit einer Rückgewährung der Leistung im Rahmen des von ihm geltend gemachten grossen Schadensersatzes einverstanden erklärt hat.

Der Vortrag der Beklagten, die Weiterveräußerung sei unter der Bedingung erfolgt, dass der Rücktritt des Klägers wirksam sei, entspricht nicht der Wahrheit. Der Beklagtenvertreter hat bereits in 1. Instanz zugestehen müssen, dass dies lediglich eine Vermutung der Beklagten ist (Bl. 438). In 2. Instanz wird diese Vermutung noch abgeschwächt, indem es nur noch heißt, bei dem Weiterverkauf sei Herr B "der Annahme" gewesen, dass der Vertrag unter der Bedingung abgeschlossen werde, dass die Veräußerung nur zustande komme, falls der Rücktritt wirksam sei, wobei die Beklagte sich in diesem Zusammenhang jetzt auf das Zeugnis des Herrn B berufen hat. Eine entsprechende Vernehmung des Zeugen hat jedoch nicht zu erfolgen, da die Formulierungen in dem notariellen Vertrag vom 08.02.2003 klar und eindeutig ergeben, dass Herr B - obwohl in allerdings rechtlich zweifelhafter Weise in dem mit dem Kläger abgeschlossenen Kaufvertrag vom 13.11.1996 die Rückgängigmachung des Vertrages in jedem Fall ausgeschlossen wurde (unter VI, Kopie Bl.24) - die Grundstücke erneut verkauft und sogleich die Auflassung erklärt hat, ohne die Wirksamkeit dieses Kaufvertrages von der Unwirksamkeit des Kaufes des Klägers abhängig zu machen. Im Übrigen wäre ein geheimer Vorbehalt des Herrn B unbeachtlich, § 116 BGB. Eine Anfechtung des Kaufvertrages vom 08.02.2003 ist offenbar auch nicht erfolgt.

Im Übrigen ist der Senat der Auffassung, dass - unabhängig von der konkludenten Einverständniserklärung - der geltend gemachte grosse Schadensersatzanspruch gemäß § 635 BGB a.F. besteht, da , wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat, bei allen vier Häusern schwerwiegende Mängel vorliegen, die zwischen den Parteien streitige Abnahme nicht zum Verlust der hier geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung führen kann (Palandt/Sprau, BGB, 60. Aufl. 2001, § 640 Rn. 11) und der Senat überdies wie auch das Landgericht der Überzeugung ist, dass die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung Herrn B wirksam zugestellt worden ist, da die regelmäßig Blumen gießende Schwiegermutter als eine in der Familie aus Gefälligkeit ohne Entgelt dienende Person im Sinne des § 181 ZPO a.F. anzusehen ist.

Die Beklagte hat ausdrücklich eine Bürgschaft gemäß § 7 MABV abgegeben. Diese besteht nur bis zur vollständigen Fertigstellung. Eine solche ist - wie auf Grund der Vorlage des Parteigutachtens des TÜV Süddeutschland erwiesen ist - nicht erfolgt.

Der Rechtsprechung nach sichert eine Bürgschaft gemäß § 7 MABV nur Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen für Mängelbeseitigungen bis zur Abnahme (BGH WM 2002, 2411 ff). Da es hier aber primär um eine Rückgewähr aller Leistungen geht, ist es bereits fraglich, ob diese Einschränkung auch vorzunehmen ist. Der geltend gemachte Rückgewähranspruch besteht nach der Einverständniserklärung des Herrn B und macht Fragen der Abnahme im Grunde obsolet. Die typische Problematik des § 640 II BGB a.F. und die Notwendigkeit der Abgrenzung zu Schäden, die der Käufer im Hinblick auf die Abnahme nicht geltend machen kann, besteht hier nicht.

Unabhängig davon kann festgestellt werden, dass eine Abnahme durch den Kläger nicht erfolgt ist. Es gab keine förmliche Abnahme. Es gibt auch keine überzeugenden Anhaltspunkte für eine stillschweigende Abnahme. Eine solche wäre nur gegeben, falls der Kläger in einer dem Unternehmer zur Kenntnis gekommenen Art und Weise verdeutlicht, dass er das hergestellte Werk als grundsätzlich vertragsgemäße Leistung akzeptiert (Palandt-Sprau, a.a.O., § 640 Rdnr. 4). Ein solches Verhalten ist jedoch nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass der Kläger bereits im Sommer 1998 durch die Mieter auf Mängel hingewiesen worden sein mag, entsprechende Mängellisten an den Bauträger weiterleitete (vgl. Bl.584) und (nach Einholung eines Gutachtens) dann erst im Jahre 2000 den Bauträger formell zur Beseitigung der Mängel aufforderte, lässt noch nicht die Schlussfolgerung zu, der Kläger habe sein Einverständnis mit dem Zustand der Häuser und der Außenanlagen stillschweigend erklären wollen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Kläger offenbar dem Unternehmer das vom TÜV erstellte Gutachten übersandt hat und auch damit zum Ausdruck gebracht hat, dass entsprechende Nachbesserungen zu erfolgen hätten. Es greift schließlich auch nicht die Abnahmefiktion gemäß IV 1 4. Absatz des Kaufvertrages ein, wonach eine Übergabe als mangelfrei gilt, wenn ein Mieter die Wohnung bereits vor Übergabe bezogen hat. Wie das Landgericht überzeugend ausführt, kann eine solche vertragliche Regelung nicht zur Folge haben, dass eine Bürgschaft nach der MABV Mängel nicht umfasst, die zum Zeitpunkt der fikriven Abnahme vorhanden, dem Käufer aber nicht bekannt waren. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen der Kammer an.

Die Beklagte kann sich auch nicht in Anbetracht des Zeitablaufs darauf berufen, dass sie nicht mehr mit einer Inanspruchnahme gerechnet habe. Die Fälle einer Verwirkung einer Bürgschaft, die von der Rechtsprechung anerkannt worden sind, liegen in ganz anderen zeitlichen Dimensionen. So hat das OLG Frankfurt einmal eine Verwirkung nach Ablauf von 40 Jahren bejaht (MDR 1978, 52). Ein Zeitablauf von 14 Jahren hat dem OLG München nicht ausgereicht (WM 1989, 602). Im vorliegenden Fall sind zwischen Eingehung der Bürgschaftsverpflichtung und Zahlungsaufforderung an die Beklagte nur etwas mehr als 5 Jahre verstrichen. In Anbetracht der Langfristigkeit der Abwicklung von Bauvorhaben und deren letztlich mängelfreier Fertigstellung ist dies kein außergewöhnlicher Zeitraum.

III.

Der Anspruch ist der Höhe nach auch im Rahmen des grossen Schadensersatzes beschränkt. Zu Recht hat das Landgericht von der begehrten Kaufpreisrückzahlung Einnahmen bis zum Januar 2003 in Höhe von 171.046,17 € (Seite 15 des Urteils) abgezogen. Nunmehr sind weitere Mieteinnahmen in Höhe von insgesamt 56.096,34 € abzuziehen, die in der Zeit von Februar 2003 bis August 2004 (dem für tatsächliche Umstände massgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung) erzielt worden sind. Die im Bereich des Schadensersatzrechtes entwickelten Grundsätze der Vorteilsausgleichung beruhen auf dem Gedanken, dass dem Geschädigten diejenigen Vorteile zuzurechnen sind, die ihm in adäquatem Zusammenhang mit dem Schadensereignis zufließen. Der Geschädigte darf nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde, wobei allerdings nur solche Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen sind, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruches übereinstimmt, so dass Vor- und Nachteile bei einer wertenden Betrachtungsweise gleichsam eine Rechnungseinheit darstellen (BGHZ 91, 206, 209 f). Nimmt man im vorliegenden Fall eine solche Betrachtung vor, ergibt sich ganz eindeutig der Zusammenhang zwischen Bauträgervertrag und Mieteinnahmen. Der Kläger wollte das Eigentum an dem Grundstück und an den Häusern erwerben und hat Mieterträge erzielt, die dazu gedient haben dürften, Zins- und Tilgungsleistungen zu erbringen. Das wäre ohne den - letztlich allerdings gescheiterten - Grundstückserwerb nicht möglich gewesen. Der erforderliche innere Zusammenhang besteht also.

IV.

Eine weitere Beschränkung des Anspruchs resultiert aus der Natur der Bürgschaft.

Umstritten ist zwischen den Parteien bezüglich der Höhe auch die Frage, in welchem Umfang die von der Beklagten übernommene Rückgewährbürgschaft für die Ansprüche des Klägers herangezogen werden kann. Der Umfang ist auf jeden Fall nicht mit der des großen Schadensersatzes identisch. Er kann nicht höher sein als dieser, wohl aber niedriger. Inwieweit die über die Rückerstattung des Kaufpreises hinausgehenden Ansprüche wie z.B. Gewährleistungs- und Erfüllungsansprüche, Notar- und Finanzierungskosten auch von der Bürgschaft umfasst sind, war lange Zeit umstritten (vgl. Marcks, MABV, 7. Aufl. 2003, § 7 Rdnr. 7). Diese Unklarheit ist durch eine Reihe von Entscheidungen des BGH beseitigt worden. Der BGH führt in diesem Zusammenhang grundlegend aus, dass die MABV sich zwar als öffentliche Verordnung des Gewerberechtes mit Geboten und Verboten an Bauträger wendet, aber dennoch für die Bestimmung des von den Parteien angestrebten Sicherungszweckes von wesentlicher Bedeutung sei, weil nur eine Bürgschaft, die den Anforderungen des § 7 Abs. 1 S. 1 MABV genügt, dem Bauträger die Entgegennahme von Vorausleistungen des Auftraggebers erlaubt (BGH BB 2002, 1612 ff). Bei der Ermittlung des Umfangs der Haftung ist immer der Zweck des § 7 MABV zu bedenken, der darin besteht, dass Ansprüche auf Rückzahlung im Voraus geleisteter Beträge gesichert werden sollen, nicht aber weitere Schäden, die beispielsweise im Nichteintreffen erwarteter steuerlicher Vorteile oder Nutzungen liegen (BGH BB 2002, 1612 ff). Dagegen gehören alle Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung des Vertrages einschließlich aller auf Zahlung von Geld gerichteten Gewährleistungsansprüche zum Umfang der Bürgschaft (auch wenn der Wortlaut der Rückgewährbürgschaftsurkunde dies nicht unbedingt zu umfassen scheint, vgl. Basty, Der Bauträgervertrag, Aktuelle Ergänzung zur 4. Aufl., 2002, Rdnr. 99). Dementsprechend hat das Landgericht zu Recht Ansprüche des Klägers für Reparaturen und sonstige Aufwendungen für die Häuser in Höhe von 2607,96 € berücksichtigt. Bezüglich der weiteren Positionen wie Zinsbelastung, Fahrtkosten, Kosten eines Rechtsgutachtens und des Gutachtens des TÜV führt das Landgericht zutreffend aus, dass entsprechende Ansprüche gegen den Vertragspartner B bestehen mögen - es sich aber in Bezug auf die Rückgewährsbürgschaft um zusätzliche Schäden handelt, die über die gesicherten Rückerstattungsansprüche bezüglich der Vorauszahlung hinausgehen und die folglich von der Beklagten nicht zu ersetzen sind. Dies gilt auch bezüglich der nunmehr geltend gemachten Notar= und Grundstückskosten, Zinsverlusten und zurückzuzahlender Spekulationssteuer.

V.

Gegenansprüche der Beklagten

Das Landgericht geht weiterhin zu Recht davon aus, dass eine Rückabwicklung des Vertrages auch die Pflicht beinhaltet, die Grundschulden abzulösen , die zur Finanzierung des Klägers dienten. Dies sind Vorteile, die der Kläger aus der mangelhaften Leistung gezogen hat und die er, da er im Rahmen des grossen Schadensersatzes die Rückabwicklung des Vertrages betreibt, zurückzugewähren hat. Zu Recht führt das Landgericht weiter aus, dass dem Kläger, wenn er den vorausgezahlten Betrag zurückerhält, kein schutzwürdiges Interesse an einer Zurückbehaltung der Grundschulden verbleibt. Der früher bestehende Zweck der Sicherung der Finanzierung des Klägers ist entfallen. Auf diese dem Hauptschuldner zustehende Einrede kann sich die Beklagte berufen, §768 I 1 BGB. Die Verpflichtung zur Ablösung der Grundschulden besteht daher ohne jeden Zweifel.

Eine andere Frage ist, ob der Kläger neben der (wirtschaftlich ins Gewicht fallenden) Ablösung auch zu der Abtretung der Grundschulden (die nur in Kostenhinsicht von Bedeutung ist) verpflichtet ist.

Bezüglich der Grundschuld in Höhe von 630.000 DM ist das nicht der Fall. Diese Grundschuld bestand zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht. Wenn der Kläger diese dann nicht mehr valutierende Grundschuld abtreten müßte, würde der Zessionar mehr erhalten als ihm im Rahmen des Rückabwicklungsverhältnisses zusteht.

Anders ist die Rechtslage bezüglich der Grundschuld in Höhe von 200.000 DM.

Diese war zum Zeitpunkt des Verkaufs an den Kläger bereits eingetragen und wurde in der Folgezeit von ihm in Absprache mit dem Verkäufer, Herrn B, zur Finanzierung herangezogen. Insoweit geht der Gegenanspruch der Beklagten über die Ablösung hinaus und umfasst auch die Abtretung der Grundschuld.

Fraglich ist jedoch, an wen diese Grundschuld abzutreten ist. Es handelt sich dabei aus wirtschaftlicher Sicht um eine nachrangige Frage, da nach Tilgung der den Grundschulden zu Grunde liegenden Forderungen eine Grundschuld nur noch unter Umständen praktische Vorteile in Kostenhinsicht mit sich bringt, indem sie z.B. als Sicherungsmittel für eine neue Finanzierung dienen kann. Im Prinzip sind Grundschulden im Hinblick auf die Rückgängigmachung des Vertrages nach Ablösung an den Vertragspartner des rückabzuwickelnden Vertrages abzutreten. Etwas anderes kann nur gelten, wenn auf Grund vertraglicher Verpflichtungen eine andere Rechtslage besteht. Bezüglich der Grundschuld über 200.000,-- DM ist dies aus folgenden Gründen der Fall:

Die unter lfd. Nr. 1 eingetragene Grundschuld hat die ...bank an die Beklagte zur Sicherung am 1.12.1998 abgetreten. Die Beklagte hat die Abtretung angenommen. In einem Gemeinschaftskreditvertrag (Sicherheitenpoolvertrag) haben die ...bank, die Beklagte, Herr B und seine Ehefrau sowie die Firma B und ... GmbH vereinbart, dass die Beklagte Herrn B u. a. einen Avalkredit in Höhe von 1.050.000,-- DM einräumt (1.2), dass als Sicherheit u. a. die genannte Grundschuld in Höhe von 200.000,-- DM auf die Flurstücke ... - ... dient (2.1) und sämtliche Sicherheiten gemäß Ziffer 2 zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche der Beklagten zustehen. Diesen Gesichtspunkt hat das Landgericht übersehen. Es beschäftigt sich bezüglich der Frage, an wen die Abtretung zu erfolgen hat, nur mit der Urkunde vom 17./22.1.2003. Diese bezieht sich aber nur auf die weitere Grundschuld in Höhe von 630.000,-- DM. Bezüglich der Grundschuld in Höhe von 200.000,-- DM war die Rechtslage dagegen schon durch den Sicherheitenpoolvertrag geklärt. Der Kläger hat folglich dafür zu sorgen, dass die Grundschuld, die auf seinen Wunsch am 04.11.1999 von der Beklagten an die ...bank abgetreten wurde, zurückabgetreten wird. Welche Vorstellung die Kaufvertragsparteien im Jahre 1996 bezüglich der Verwendung dieser Grundschuld gehabt haben mögen, ist in Anbetracht der Entwicklung der Angelegenheit, die zumindest bezüglich der Abtretung an die ...bank auf dem Willen des Klägers beruht, irrelevant.

Wiederum anders ist die Rechtslage hinsichtlich der vier zu Gunsten des Klägers eingetragenen Sicherungshypotheken. Insoweit ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass keine Pflicht zur Rückgewähr im Rahmen des vorliegenden Vertragsverhältnisses besteht. Diese Sicherungshypotheken stehen nicht mit den im Rahmen der Vertragsdurchführung ausgetauschten Leistungen in Verbindung. Sie wurden auf Grund eines notariellen Schuldanerkenntnisses vom 11.9.1998 ins Grundbuch eingetragen. Dieses notarielle Schuldanerkenntis wurde seiner Formulierung nach für nicht erbrachte Bauleistungen des Herrn B sowie für Mietausfall aus einem anderen Bauprojekt abgegeben (vollstreckbare Ausfertigung Bl. 499ff.): Die Darstellung der Beklagten, der Kläger habe nicht den Nachweis geführt, dass die Sicherungshypotheken nicht mit den im Rahmen der Vertragsdurchführung ausgetauschten Leistungen in Verbindung stehen würden, ist unzutreffend.

VI.

Zum Zinsanspruch des Klägers

Das Landgericht hat einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen verneint, weil kein Verzug vorgelegen habe. Verzug habe nicht vorgelegen, weil der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht als dauernde Einrede zugestanden habe. Der Kläger wendet dagegen ein, dass die Geltendmachung von Zurückbehaltungsrechten als Gestaltungsrechten für den Verzugseintritt nur von Bedeutung seien, falls sie tatsächlich geltend gemacht werden. Dies ist zutreffend (vgl. BGH NJW 1971, 421 f, Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Aufl. 2004, § 286 Rdnr. 35, Wiedemann in Soergel, BGB, Band II, 12. Aufl. 1990, § 284 Rdnr. 17). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte im Schriftsatz vom 20.1.2003 teilweise zu Recht die Ablösung und Abtretung der im Grundbuch eingetragenen Grundschulden gefordert (Bl. 369). Sie hat damit ein Zurückbehaltungsrecht im Sinne des § 273 BGB geltend gemacht. Es reicht in diesem Zusammenhang aus, dass Anspruch des Gläubigers und Gegenanspruch des Schuldners auf dem selben rechtlichen Verhältnis im weitesten Sinne beruhen (Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Aufl. 2004, § 273 Rdnr. 9). Dieser rechtliche Zusammenhang besteht zwischen dem Anspruch aus der Rückgewährbürgschaft und der von der Beklagten erhobenen Einrede, die Grundschuld über 200.000,-- DM sei an sie abzutreten. Durch diese Einrede wird dann auch der Verzugsanspruch als Annex der Hauptforderung in seiner Durchsetzbarkeit gehemmt (vgl. Soergel, a.a.O., § 284 Rdnr. 15).

VI.

In Anbetracht des Teilerfolgs beider Berufungen erscheint es dem Senat angemessen, die Kosten des Rechtsmittelverfahrens entsprechenden dem Erfolg im Hinblick auf den gesamten Streitwert dieses Rechtszuges aufzuteilen. Die vom Kläger zu erbringenden Gegenleistungen, die zu der Verurteilung Zug um Zug geführt haben, sind bei der Kostenentscheidung nicht zu berücksichtigen, zumal der Beklagten bei wirtschaftlicher Betrachtung keine der Belastung des Klägers entsprechende Vorteile gegenüberstehen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 709 S. 2 und 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach neuem Recht, 543 II ZPO, liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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