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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 20.11.2001
Aktenzeichen: 23 U 219/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 667
BGB § 280
BGB § 666
BGB § 276
BGB § 664
BGB § 284
BGB § 286
BGB § 288 n.F.
BGB § 288 Abs. 2
ZPO § 97
ZPO § 711
ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 2
Zur Anwendung von Auftragsrecht auf zweckgebundene Zuwendungen an einen Lebensgefährten (Rückzahlungspflicht nach § 667 BGB).
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

23 U 219/00

Verkündet am 21.11.2001

In dem Rechtsstreit ...

hat der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Frankfurt am Main durch die Richter am Oberlandesgericht ... auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 31. Oktober 2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 12.10.2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Zinsen für den gesamten Zeitraum lediglich in Höhe von 4% p.a. verlangt werden können.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstrekkung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 90.000,- DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer beträgt DM 65.000,-.

Tatbestand:

Der Kläger lernte die Beklagte im Juni 1999 in einer Bar in F. kennen. Nach mehreren Treffen zog die Beklagte zu dem Kläger nach T.. Am 19. Juli 1999 übergab der Kläger der Beklagten einen auf die Sparkasse T. gezogenen Scheck über DM 65.000,-. Dieser trug den Vermerk M. L. für Haus in Kolumbien". Am 21. Juli 1999 wurde dieser Betrag dem Konto der Beklagten bei der Deutschen Bank, F., das an diesem Tag einen Kontostand von DM 593,22 auswies, gutgeschrieben. Hiervon hob die Beklagte am 29. Juli und 30. Juli je DM 18.000,- und am 5. August 1999 nochmals DM 16.000,- ab. Kurze Zeit später trennte sich die Beklagte vom Kläger und kehrte nach einer Griechenlandreise in ihre Wohnung nach F. zurück. Die Gründe dafür sind streitig.

Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 28.9.1999 ließ der Kläger die Geldhingabe, die er als Darlehen" bezeichnete, kündigen und forderte die Beklagte zur Rückzahlung bis 21.12.1999 auf. Die Beklagte lehnte dies ab.

Mit der am 22.10.1999 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgte der Kläger den Rückzahlungsanspruch zunächst ebenfalls allein mit der Begründung, er habe der Beklagten den Geldbetrag als Darlehen" zur Verfügung gestellt. Hierzu habe ihn die Beklagte veranlasst, nachdem sie erklärt habe, ihre in Kolumbien lebende Familie sei in Gefahr, obdachlos zu werden. Sie beabsichtige deshalb dort für die Familie ein Anwesen zu kaufen; hierzu fehlten ihr jedoch noch DM 65.000,-.

Da die Beklagte keine Verteidigungsanzeige abgab, erging am 10.3.2000 antragsgemäß Versäumnisurteil gegen die Beklagte. Gegen dieses am 30.3. 2000 zugestellte Urteil legte die Beklagte am 12.4.2000 Einspruch ein.

Der Kläger hat anschließend die Zinsforderung teilweise zurückgenommen. Er hat im übrigen beantragt, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte hat beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie hat bestritten, von dem Kläger ein Darlehen" erhalten zu haben. Sie hat behauptet, sie habe dem Kläger von den schlechten Verhältnissen ihrer Familie in Kolumbien und davon erzählt, dass diese beabsichtige, ein Haus mit Plantage zu erwerben, und dass eine solche auch in der Lage sei, eine Rendite abzuwerfen. Im Hinblick hierauf habe ihr der Kläger den Scheck über DM 65.000,- gegeben. Er, der sich als vermögend dargestellt habe, sei nämlich an einer Investition in ein solches Objekt interessiert gewesen, weil ein solches auch nach seiner Ansicht eine interessante Rendite biete. Er habe erklärt, bei einer solchen Investition seinerseits könne einerseits der Familie der Beklagten geholfen werden, andererseits wäre sein Kapital ertragbringend angelegt.

Nach der Gutschrift des Scheckbetrags habe sie das Geld sukzessiv bar abgehoben und ihrer Schwester gegeben. Diese sei jedoch am 16.1.2000 verstorben und habe das Geheimnis von dem Verbleib des Geldes mit in ihr Grab genommen, bevor ein Investment in eine Plantage habe erfolgen können, so dass kein positiver Ausgang des Erwerbsplanes der Plantage zu verzeichnen sei. Auch als sie dann am 17.1.2000 zur Beerdigung nach Kolumbien geflogen sei, und dort nach dem Verbleib des Geldes gefragt habe, habe sie nichts erfahren.

Der Kläger hat sich diesen Vortrag hilfsweise zu eigen gemacht und ergänzend vorgetragen, die Beklagte habe den ihr so erteilten Auftrag nicht ausgeführt.

Wegen des weitergehenden Sachvortrags in erster Instanz wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ( Bl. 1-10, 35-40, 52-57, 77-82, 88-96 und 105f. d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage nach dem reduzierten Antrag stattgegeben und das Versäumnisurteil aufrecht erhalten. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich der Rückzahlungsanspruch des Klägers aus § 667 BGB ergebe. Nach dem Vortrag der Beklagten, den sich der Kläger hilfsweise zu eigen gemacht habe, sei davon auszugehen, dass die Beklagte auf Grund eines Auftrags des Klägers verpflichtet gewesen sei, den Scheckbetrag für den Erwerb eines Hauses mit Plantage in Kolumbien einzusetzen. Sie sei mithin dafür verantwortlich, dass dies nicht geschehen sei.

Gegen dieses ihr am 20.11.2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.12.2000 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Frist am 12.3.2001 begründet.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte die erstinstanzlichen Anträge weiter. Sie wiederholt im wesentlichen ihr Vorbringen und macht geltend, dass auch kein wirksames Auftragsverhältnis vorgelegen habe. Ein solcher Vertrag sei zusätzlich noch wegen des beabsichtigten Erwerbs eines Grundstücks beurkundungspflichtig gewesen.

Die Beklagte beantragt, das landgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien vom 12.3.2001 (Bl. 148-153 d.A.) und 15.6.2001 (Bl. 168-171 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung der Klage stattgegeben.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Herausgabe des erlangten Geldes nach § 667 BGB und ­ soweit dies nicht mehr vorhanden sein sollte ­ auf Schadensersatz in Höhe des Differenzbetrags nach § 280 BGB.

Der Kläger stützt zwar seinen Anspruch auf die Hingabe eines Darlehens. Ob diese ­ bestrittene ­ Behauptung bewiesen werden könnte, muss vorliegend allerdings nicht entschieden werden. Denn der Kläger hat sich zulässigerweise das Vorbringen der Beklagten hilfsweise zu eigen gemacht, aus dem sich der dargestellte Anspruch ergibt.

Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger habe der Beklagten den Scheck über 65.000,- DM gegeben, als die Beklagte von den schlechten Verhältnissen ihrer Familie in Kolumbien erzählt und zudem auch darüber informiert habe, dass die Familie beabsichtigte, ein Haus mit Plantage zu erwerben, wobei eine Plantage auch eine entsprechende Rendite abzuwerfen in der Lage wäre. Der Kläger sei an einer Investition in eine Plantage interessiert gewesen, insbesondere weil eine Plantage in Kolumbien eine interessante Rendite biete. Der Kläger habe nach seinen Angaben einem derartigen Investment begehrlich gegenüber gestanden.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ihr Vortrag durchaus geeignet, ein Auftragsverhältnis zu begründen. Dies wäre nur dann nicht der Fall, wenn ihr Vortrag so zu verstehen wäre, dass der Kläger ihr das Geld zur freien Verfügung geschenkt und lediglich auf den Scheck eine unverbindliche Zweckangabe geschrieben hätte. Dafür fehlen aber jegliche Anhaltspunkte. Die Beklagte erwähnt zu keinem Zeitpunkt das Wort Schenkung. Sie führt lediglich aus, dass das Geld als Investition in ein Haus mit Plantage gedacht war, eine Rückzahlung des Betrags jedoch nicht erfolgen sollte. Unstreitig ist mithin, dass der Beklagten das Geld nicht zur allgemeinen Lebensführung zur Verfügung stehen sollte. Sie war verpflichtet, das Geld in Kolumbien anzulegen. Ob und wie allerdings dem Kläger eine Rendite zukommen sollte, steht nicht fest und ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Parteien. Allein der Verwendungszweck auf dem Scheck für Haus in Kolumbien" gibt dafür nichts her.

Aus dieser Situation ergibt sich dennoch zwanglos das vom Landgericht angenommene Auftragsverhältnis. Dass - wie die Beklagte meint - ein Auftragsverhältnis genaue Weisungen voraussetzen würde, ist nicht ersichtlich. Ebenso besteht kein Anlass, an einem Rechtsbindungswillen im Umfang des oben Skizzierten zu zweifeln. Dafür reicht prinzipiell aus, dass der Wille primär auf einen wirtschaftlichen Erfolg gerichtet ist, sofern dieser als ein rechtlich gesicherter und anerkannter gewollt wird (BGH NJW 93, 2100). Im übrigen spricht im Rahmen der Auslegung angesichts der Höhe des Betrags und der Zweckbestimmung der Beweis des ersten Anscheins für eine stillschweigende Vereinbarung (vgl. OLG Hamm NJW RR 97, 1007; BGHZ 21, 107; 88, 382; 92, 168; Palandt- Heinrichs/Sprau, BGB, 60. Auflage 2001, Einl. § 241 BGB Rz. 9 und Einf. § 662 Rz. 4).

Das Auftragsverhältnis ist von der Beklagten nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erfüllt worden. Was sie mit dem Geld gemacht hat, ist bisher unbekannt. Die Beklagte hat zwar angegeben, das Geld sukzessive ihrer Schwester gegeben zu haben. Der Sachvortrag ist jedoch völlig unsubstantiiert und auch nicht unter Beweis gestellt. Insbesondere belegen die Kontoauszüge lediglich Barabhebungen in Höhe von 54.000,- DM. Damit bleibt das Schicksal des Restbetrags von 11.000,- DM völlig unerörtert, während hinsichtlich der abgehobenen Beträge der weitere Weg im Dunkeln liegt. Selbst eine Aushändigung an die Schwester allein wäre allerdings auch nicht ausreichend, da dies mit der Zweckrichtung der Investition in ein Gebäude verbunden gewesen sein müsste, wofür nichts ersichtlich ist.

Die Beklagte ist für die ordnungsgemäße Verwendung der Beträge darlegungs- und beweispflichtig, da nur sie Einblick in diese Vorgänge hat und außerdem dem Kläger gemäß § 666 BGB rechenschaftspflichtig ist (OLG Celle WM 74, 735).

Die Herausgabepflicht ist auch fällig, da der Auftrag widerrufen wurde. Das Landgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Kündigung vom 28.9.1999 nur so verstanden werden konnte. Die rechtliche Einschätzung als Darlehen berührt das geäußerte Rückgabeverlangen nicht.

Die Beklagte ist mithin gemäß § 667 BGB zur Herausgabe des erhaltenen Geldes verpflichtet, da unstreitig die Investition noch nicht durchgeführt wurde. Soweit das Geld nicht mehr vorhanden sein sollte, haftet die Beklagte nach § 280 BGB für den dadurch dem Kläger entstandenen Schaden. Dieser liegt in der Differenz zum hingegebenen Betrag.

Die Beklagte hat auch schuldhaft iSd §§ 276, 280 BGB gehandelt. Im Auftragsrecht gilt im Gegensatz zur unentgeltlichen Verwahrung (§ 690 BGB) kein eingeschränkter Sorgfaltsmaßstab (BGH BB 64, 100). Zwar kann im Einzelfall stillschweigend eine abweichende Vereinbarung anzunehmen sein (OLG Frankfurt NJW 98, 1232; Palandt-Sprau a.a.O. § 662 BGB Rz. 11). Dafür ist von der Beklagten allerdings nichts vorgetragen worden. Die Beklagte hätte das Geld selbst überbringen und anlegen müssen, da im Zweifel eine Übertragung der Ausführung auf einen Dritten nach § 664 BGB nicht zulässig war. Gegenteilige Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich. Der Verstoß stellt in jedem Fall auch bei Einschaltung eines Familienmitglieds eine Sorgfaltswidrigkeit dar, da - wie vorliegend nach der Behauptung der Beklagten eingetreten - eine Einflussnahme auf die Verwendung des Geldes nicht mehr möglich war.

Dem Vortrag der Beklagten, der Auftrag sei beurkundungspflichtig gewesen, ist nicht weiter nachzugehen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte selbst ein Haus kaufen wollte oder sollte und sich aus der Verabredung in irgendeiner Weise eine Verpflichtung der Beklagten in dieser Hinsicht ergeben hätte.

Die Klage ist mithin begründet, ohne dass es auf den Nachweis eines Darlehens ankäme. Der Kläger hat Anspruch auf 4% Zinsen gemäß den §§ 284, 288 a.F. BGB seit dem Verzugsbeginn 22.12.1999 (Ablauf der Frist im Kündigungsschreiben vom 28.9.1999). Zwar reichte bis zum 1.5.2000 eine einseitig gesetzte Frist nicht aus. Vorliegend ist aber ersichtlich die fälligkeitsbegründende Handlung mit der Mahnung zusammengefasst worden, außerdem hat die Beklagte mit Schreiben vom 5.10.1999 eine Rückzahlung abgelehnt. Die Erhöhung dieses Zinssatzes zum 1.5.2000 auf 5% über dem Basiszinssatz beruht allerdings auf einem Rechtsfehler des Landgerichts. § 288 BGB n.F. findet nämlich nur auf solche Forderungen Anwendung, die nach dem 1.5.2000 fällig geworden sind. Für die davor fälligen Forderungen bleibt es bei dem Zinssatz von 4% (Palandt-Heinrichs, § 288 BGB Rz.1f. ; § 229 Abs. 1 Satz 3 des Einführungsgesetzes vom 30.3.2000, BGBl. I, S. 330). Der Zinsausspruch ergibt sich auch nicht hilfsweise aus §§ 288 Abs. 2, 286 BGB. Der Kläger hat zwar in der Klageschrift vorgetragen, Zinsen in der geltend gemachten Höhe von 8,5 % zahlen zu müssen. Dieser Vortrag ist von der Beklagten jedoch bestritten worden, ohne dass ein ausreichender Beweisantritt durch den Kläger erfolgt ist. Dieser hat auch ersichtlich die Zinsforderung auf das gesetzliche Maß beschränken wollen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2, 97, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO. Die geringfügige Zinskorrektur hat sich kostenmäßig nicht ausgewirkt.



Ende der Entscheidung

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