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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 27.11.2002
Aktenzeichen: 23 U 22/02
Rechtsgebiete: Rahmenpläne des Hessischen Kultusministeriums


Vorschriften:

Rahmenpläne des Hessischen Kultusministeriums
Zur Frage des Inhalts des Schulvertrages (Dienstvertrag) mit einer Montessori-Schule im Vergleich zu staatlichen Schulen ("Orientierung" des Unterrichts an den Inhalten der Rahmenpläne des Hessischen Kultusministeriums)
LG Frankfurt/M.

Verkündet am 27.11.02

23 U 22/02

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ..... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23.10.2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 29.10.2001 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Wert der Beschwer der Kläger beträgt 11.200,00 DM (= 5.726,47 €).

Entscheidungsgründe:

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F. abgesehen.

Die zulässige Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet, sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht entschieden, dass den Klägern aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Schulvertrag kein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zusteht.

Es hat eine schuldhafte Pflichtverletzung des zwischen den Parteien geschlossenen Dienstvertrages über die Beschulung der beiden Kinder unter Berufung auf das in einem Parallelverfahren eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. M. (Bl. 61 bis 72 d.A.) mit der Begründung verneint, dass den Kindern der Kläger der geschuldete Unterricht gemäß den Hessischen Rahmenrichtlinien erteilt worden ist.

Die Berufung greift insbesondere diese Feststellung ohne Erfolg an und behauptet zudem, dass beispielweise in den Hauptfächern Deutsch und Mathematik von dem Beklagten nur 25 % der wöchentlichen Unterrichtsstunden im Vergleich zu Regelschulen erteilt worden sei. Die Kläger halten zudem das Sachverständigengutachten insgesamt für unbrauchbar, weil es sich nur allgemein mit der Montessori-Didaktik befasse und nichts zu dem konkreten Unterricht der Kinder der Kläger aussage. Der Beklagte verteidigt hingegen das erstinstanzliche Urteil und hält den Klägern vor, sie würden das Montessori-Konzept verkennen und im Hinblick auf die Unterrichtsstunden in Deutsch und Mathematik übersehen, dass die im Wochenunterricht der Regelschulen enthaltenen Übungsstunden an der Montessori-Schule in der Phase der sogenannten "Freiarbeit" von zwei Stunden täglich erfolgten, mithin zusätzliche 10 Wochenstunden zu berücksichtigen seien und somit der Unterricht in den Hauptfächern mehr als hinreichend abgedeckt sei. Außerdem verneint der Beklagte einen Schaden der Kläger, da unstreitig die Kinder nach dem Wechsel aus der Montessori-Schule des Beklagten in die jeweils nachfolgenden Klassen der Regelschule versetzt worden sind und auch dort das Klassenziel erreicht haben.

Demgegenüber wenden die Kläger ein, dass die Kinder nach dem Schulwechsel erhebliche Wissensdefizite aufgewiesen und in den Klassenarbeiten "stets" versagt hätten, was nur durch Nachhilfeunterricht und Einsatz der Eltern im Rahmen der Hausaufgaben habe kompensiert werden können.

Die Kläger haben eine schuldhafte Pflichtverletzung des zwischen den Parteien geschlossenen Schulvertrages, der als Dienstvertrag zu qualifizieren ist, nicht schlüssig dargelegt. Zum einen verkennen die Kläger die Bedeutung der von ihnen zitierten Bestimmung in § 1 Abs. 2 der Geschäfts- und Gebührenordnung für die Grundschule der Montessori-Fördergemeinschaft Hofheim e.V. (Bl. 16 d.A.), die wie folgt lautet:

"Die Schule unterrichtet und lehrt nach den pädagogischen Grundsätzen und Methoden von Maria Montessori. Der Unterricht orientiert sich an den Inhalten der Rahmenpläne des Hessischen Kultusministeriums."

Im Gegensatz zur Auffassung der Kläger schuldete der Beklagte damit keine 1 : 1 Umsetzung der Rahmenpläne des Hessischen Kultusministeriums, sondern lediglich eine "Orientierung" im Rahmen des pädagogischen Konzeptes von Montessori. Dieser Ansatz wird in der Kurzfassung des pädagogischen Grundkonzepts der Montessori- Schule (Bl. 55 f. d.A.), das den Klägern bekannt war und von diesen im Rechtsstreit vorgelegt worden ist, wie folgt weiter konkretisiert:

"6. Die Rahmenpläne:

Bei der inhaltlichen Gestaltung des Unterrichts beziehen wir uns auf die Vorgaben der Rahmenpläne des Hessischen Kultusministeriums für die einzelnen Fächer wie auch auf die zusätzlichen Rahmenpläne für die sogenannten besonderen Entwicklungsaufgaben. Das heißt, dass die allgemein üblichen Bildungsziele die unseren sind. Nur die Wege, auf denen die Schülerinnen diese Ziele erreichen, sind andere. Die Montessori-Pädagogik ist immer bestrebt, Wissen in globale Zusammenhänge einzubeziehen, deshalb kann es zu anderen Schwerpunktbildungen und Gliederungen auch über die Fächer hinweg kommen."

Aus dieser weiteren Erläuterung des Konzeptes wird auch für die Kläger unübersehbar deutlich, dass die Montessori-Schule eben gerade keine 100-%ige Umsetzung der Rahmenpläne des Hessischen Kultusministeriums vornehmen würde, wie dies die Regelschulen tun und zu tun verpflichtet sind. In der Bestimmung wird ausdrücklich klargestellt, dass bei der Gestaltung des Unterrichts lediglich eine "Beziehung" auf die Vorgaben der Rahmenpläne erfolgt und es im übrigen zu abweichenden Schwerpunktbildungen kommen kann. Schon aus diesem Grunde geht auch der Ansatz der Kläger fehl, dem Beklagten vorzuwerfen, er habe lediglich 25 % der wöchentlichen Unterrichtsstunden in Deutsch und Mathematik im Vergleich zu Regelschulen erteilt. Zum einen schuldete der Beklagte aufgrund der vorgenannten Bestimmungen keine identische Stundenzahl wie in einer Regelschule und zum anderen hat der Beklagte unwidersprochen dargelegt, aufgrund des Absolvierens der Übungsstunden in der sogenannten "Freiarbeit" von zwei Stunden täglich seien die stundenplanmäßigen Anforderungen im Hinblick auf die Fächer Deutsch und Mathematik sogar noch übertroffen.

Hinzu kommt, dass das Staatliche Schulamt für den Landkreis Groß Gerau und den Main-Taunus-Kreis in einem Schreiben vom 17.6.2000 (Bl. 45 d.A.) an die Prozessbevollmächtigten der Kläger mitgeteilt hat, dass das Staatliche Schulamt im Rahmen der für Ersatzschulen geltenden Bestimmungen über die Rechtsaufsicht einen Verstoß der Montessori-Schule gegen geltende Rechtsvorschriften im vorliegenden Streitfall nicht zu erkennen vermochte. Außerdem hat das in einem Parallelverfahren eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. M. in nachvollziehbarer und widerspruchsfreier Weise die diesen Befund stützende und auch für den vorliegenden Fall bedeutsame Feststellung ergeben, dass die Hessischen Rahmenpläne von 1995 Grundlage des Unterrichts an der Schule des Beklagten sind und die gewählten Gegenstände des Unterrichts den Vorgaben der Rahmenpläne entsprochen haben (Bl. 63,66 d.A.).

Darüber hinaus bestehen erhebliche Bedenken an der schlüssigen Darlegung eines kompensationsbedürftigen Schadens der Kläger. Insoweit hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kinder der Kläger am Ende der Beschulung in der Montessori-Schule jeweils in das nächste Schuljahr versetzt worden sind und auch nach dem Wechsel auf die Regelschule dort jeweils das Klassenziel erreicht haben. Gegen die von den Klägern behauptete Mangelhaftigkeit der Wissensvermittlung spricht auch das von ihnen selbst vorgelegte Zeugnis für ihren Sohn Sven (Bl. 146 d.A.), in dem ihm ein "beachtliches Sachwissen" attestiert wird. Widersprüchlich und angesichts der erfolgten Versetzung unglaubhaft erscheint demgegenüber die Behauptung der Kläger, ihre beiden Kinder hätten nach dem Schulwechsel bei den Klassenarbeiten "stets nur mangelhaft oder ungenügend" abgeschnitten; in diesem Falle wäre eine Versetzung wohl kaum möglich gewesen.

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass in dem Kündigungsschreiben der Kläger vom 10.5.1999 (Bl. 21 d.A.) die nunmehr behauptete schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten nicht einmal angedeutet und lediglich in allgemeiner Weise eine "stärkere Forderung der Kinder" gewünscht wurde. Gestützt wurde die Kündigung selbst allein auf eine die Kläger überfordernde finanzielle Belastung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Soweit die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat den Rechtsstreit hinsichtlich des gewährten Darlehens in Höhe von 2.250,00 DM übereinstimmend für erledigt erklärt haben, waren den Klägern die Kosten nach § 91 a ZPO aufzuerlegen, denn auch eine Anfechtung des Darlehensvertrages ist nicht schlüssig dargelegt bzw. unter Beweis gestellt. Im übrigen ist das Darlehen nach Ziff. 6 des Vertrages (Bl. 20 d.A.) nicht kündbar. Zudem hat die Beklagte insoweit auch keine Veranlassung zur Klage gegeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 ZPO iVm § 26 Nr. 7 EGZPO).

Der Wert der Beschwer war gemäß § 546 Abs. 2 ZPO a.F. festzusetzen.



Ende der Entscheidung

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