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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 02.07.2008
Aktenzeichen: 23 U 55/07
Rechtsgebiete: KAGG, ZPO, BGB, HGB, Rahmenvereinbarung


Vorschriften:

KAGG § 8d Abs. 3
KAGG § 10
KAGG § 10 Abs. 1
KAGG § 12 c Abs. 2
KAGG § 12 c Abs. 2 S. 3
KAGG § 15
KAGG § 15 Abs. 1
ZPO § 139
ZPO § 287
BGB § 125
BGB § 126
BGB § 241 Abs. 2
HGB § 347
Rahmenvereinbarung § 6
1. Die Vertragsbedingungen, die ein Anleger und eine Kapitalanlagegesellschaft vereinbaren, können nachträglich auch dann nur schriftlich geändert werden, wenn ein Spezialfonds betroffen ist, der nur für diesen einen Anleger aufgelegt worden ist.

2. Auch der Anleger, der einer Kapitalanlagegesellschaft vorwirft, sie habe einen Spezialfonds nicht ordnungsgemäß verwaltet, muss seinen Schaden in der Form berechnen, dass er den tatsächlichen Transaktionen diejenigen gegenüberstellt, die ein ordnungsgemäß handelnder Fondsmanager zur damaligen Zeit getätigt hätte.


Gründe:

I.

Der Tatbestand, auf den der Senat Bezug nimmt (§ 540 Abs. 1 ZPO), enthält eine weitgehend zutreffende Darstellung des Sachverhalts. Ergänzend sind aus den Gründen die streitigen Behauptungen zur Vereinbarung einer Stop-Loss-Marke zu entnehmen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und hat die Auffassung vertreten, die Klägerin könne von der Beklagten wegen der im Rahmen der Verwaltung des Spezialfonds getroffenen Investitionsentscheidungen Schadensersatz verlangen, wobei jeder Ankauf eines Papiers isoliert zu betrachten sei. Darauf, ob in den Ausschusssitzungen die Einhaltung einer Stop-Loss-Marke gefordert worden sei, komme es nicht an, da eine solche Forderung wegen der nach § 15 Abs. 1 KAGG erforderlichen schriftlichen Fixierung nicht verbindlich gewesen sei. Maßgebend sei vielmehr, dass die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt und es unterlassen habe darzulegen, dass sie ihren Verpflichtungen aus § 10 Abs. 1 KAGG zur Minimierung der Verluste nachgekommen sei. Der Auflage der Kammer, näher zu begründen, warum die Aktien auch nach Erreichen eines Verlusts von 20% im Verhältnis zum Einstandspreis gehalten worden seien, sei die Beklagte nicht nachgekommen. Zwar seien keine Stop-Loss-Orders geboten gewesen. Bei Erreichen einer gewissen Verlustgrenze, die mit 20 % jedenfalls nicht zu niedrig angesetzt worden sei, sei es, wie der Sachverständige Professor Dr. SV1 ausgeführt habe, aber geboten gewesen, die jeweilige Aktienanlage kritisch zu überprüfen. Zur Frage, ob sie dieser Pflicht nachgekommen sei, habe sich die Beklagte jedoch nur in allgemeiner Form geäußert und nicht im Einzelnen dargelegt, welche konkreten Analysen damals durchgeführt bzw. herangezogen worden seien. Dass die beiden Fondsverwalter nicht mehr für die Beklagte tätig seien und ihr auch keine generelle Dokumentationspflicht obliege, führe nicht dazu, dass die Darlegungslast entfalle. Denn die Beklagte hätte, da sie bereits im Jahre 2002 vorgerichtlich in Anspruch genommen worden sei, die erforderlichen Vorkehrungen treffen können.

Die Pflichtverletzung habe auch zu dem geltend gemachten Schaden geführt. Eine Vorteilsausgleichung mit den Anleiheerträgen komme nicht in Betracht. Die Pflichtwidrigkeit entfalle auch nicht auf Grund des Umstandes, dass ein langfristiges Investment geplant gewesen sei. Fiktive Verkaufskosten könnten nicht schadensmindernd angerechnet werden, da sie später ohnehin entstanden wären.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt, die diese wie folgt begründet:

Das Urteil des Landgerichts beruhe auf unrichtiger bzw. unvollständiger Tatsachenfeststellung, einer unzulänglichen Beweiswürdigung und weise Rechtsfehler auf. Überdies habe das Landgericht einen gemäß § 139 ZPO erforderlichen Hinweis unterlassen, da es vor Erlass des Urteils nicht begründet habe, warum es seine bisherige Meinung geändert habe (Bl. 1048).

Die Begründung des Landgerichts sei schon vom Ansatz her nicht sachgerecht. Sie müsse nämlich nicht begründen, warum Titel auch nach Kursverlusten in Höhe von 20 % gehalten worden seien. Die Einzelentscheidungen des jeweiligen Fondsverwalters seien - wie bei einem Vermögensverwaltungsvertrag - einer Überprüfung nicht zugänglich, wenn sie sich, wie hier, im Rahmen der Anlegungsgrenzen und -ziele gehalten hätten. Eine entsprechende Auffassung habe auch der Gerichtssachverständige Professor Dr. SV1 vertreten. Das Landgericht habe es verabsäumt, sich in dem angefochtenen Urteil damit auseinanderzusetzen. Einem Fondsverwalter stehe ein nicht justiziabler Ermessensspielraum zu. Wegen dessen Weisungsunabhängigkeit könne ein Anlageausschuss einem Fondsverwalter nur Empfehlungen geben. Entgegen der Auffassung des Landgerichts treffe die Darlegungs- und Beweislast die Klägerin. Sie habe es verabsäumt darzulegen, auf Grund welcher Umstände das Halten jeder der einzelnen Aktien pflichtwidrig gewesen sei. Dies sei der Klägerin als Kreditinstitut auch möglich. Beweislasterleichterungen könne eine Partei nur dann zu Gute kommen, wenn sie außerhalb des Geschehensablaufs stehe und keine näheren Kenntnisse von den maßgebenden Tatsachen habe, während der Prozessgegner sie habe und ihm nähere Angaben zumutbar seien. Eine solche Situation sei hier jedoch nicht gegeben. Abgesehen davon habe sie ihre Pflicht, die Anlageentscheidungen laufend zu überprüfen, erfüllt. Sie habe eine aktive Vermögensverwaltung betrieben. Es könnten heute aber nur noch die abstrakten Arbeitsabläufe geschildert werden. Mangels einer auch nicht erforderlichen schriftlichen Dokumentation könne heute nicht mehr gesagt werden, an welchem Tag und auf Grund welcher Unterlagen der jeweilige Fondsmanager die Überprüfung durchgeführt habe. Der Sachverständige Professor Dr. SV1 habe auf jeden Fall keine Analysen anderer Research-Häuser eruiert, die einen Verkauf der Titel zu einem bestimmten Zeitpunkt als zwingend geboten hätten erscheinen lassen (Bl. 1029). Dies gelte auch für die am Neuen Markt gehandelten Aktien (Bl. 1058). Es sei zwar richtig, dass der Sachverständige Prof. Dr. SV1 eine Absicherung des Fonds als geboten angesehen habe. Diese sei auch vorhanden gewesen und zwar in der Form, dass vereinbarungsgemäß ein sofortiger Verkauf sämtlicher Aktien erfolgt wäre, falls beim Gesamtportfolio ein Verlust in Höhe von 8 % eingetreten wäre.

Das Landgericht habe es auch verabsäumt, im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität zu prüfen, welche Entscheidung denn die Beklagte getroffen hätte, wenn die von der Klägerin geforderte Überprüfung stattgefunden hätte (Bl. 1057). Auch komme das Vorliegen eines Schadens nur dann in Betracht, wenn insgesamt ein negatives Ergebnis erzielt worden sei, was hier nicht der Fall gewesen sei. Überdies sei im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität zu berücksichtigen, dass auf Grund der ambitionierten Ertragsvorstellungen im Falle eines Verkaufs auf Grund der Kursverluste eine Reinvestition in andere Aktien erfolgt wäre, die, wie der Sachverständige Prof. Dr. SV1 auch ausgeführt habe, auf Grund der damaligen Entwicklung der Aktien auch zu Wertverlusten in der tatsächlich eingetretenen Höhe oder sogar noch darüber geführt hätte.

Im Übrigen sei ein Mitverschulden der Klägerin in angemessener Form zu berücksichtigen. Gehe man von einer aus ihrer Sicht gegebenen Pflichtwidrigkeit aus, sei sie ihrerseits verpflichtet gewesen, zum Zeitpunkt der Sitzung des Anlageausschusses am 20.3.2001 die Fondsanteile zurückzugeben. Stattdessen sei der Zielkonflikt durch Festhalten an der Benchmark von 8 % aufrecht erhalten worden (Bl. 1061).

Auch die Höhe des Schadens sei nicht zutreffend ermittelt. Das Landgericht hätte die Transaktionskosten, die Steuergutschriften und - auch nach Meinung des Sachverständigen Prof. Dr. SV1 - die durch das Portfolio erzielten Erträge zumindest der Aktien berücksichtigen müssen. Es würden sich dann bei den Aktien A und B Gewinne statt Verluste ergeben (Bl. 1061).

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 6.3.2007 - Az. 3/5 O 45/03 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 6.6.2007 - 3-5 O 45/03 - zurückzuweisen.

Sie regt an, die Revision für den Fall zuzulassen, dass ihr Vortrag für die Begründung bzw. den Nachweis einer Pflichtverletzung und der Schädigung durch die Beklagte als nicht ausreichend angesehen werde. Die Sache habe insoweit grundsätzliche Bedeutung und werfe zahlreiche Rechtsfragen auf.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Meinung, das Landgericht habe seine im Beschluss vom 12.9.2006 dargelegte Position nicht geändert. Einen Hinweis, der quasi die Qualität eines vorweg genommenen Urteils erreiche, habe die Beklagte nicht erwarten dürfen (Bl. 1008).

Der Beklagten sei vorzuwerfen, dass sie keine aktive Verwaltung des Portfolios durchgeführt habe. Sie sei nur sporadisch tätig geworden anstatt, wie auch vom Sachverständigen Prof. Dr. SV1 für erforderlich gehalten, regelmäßig die von modernen Informationssystemen zur Verfügung gestellten Informationen für alle im Portfolio befindlichen Aktien zu analysieren und dann zu entscheiden, ob sie gehalten werden sollen. Gerade die Überschreitung der Verlustmarke von 20% für einen Einzeltitel hätte die Beklagte veranlassen müssen zu prüfen, ob die Entwertung des Portfolios durch eine Veräußerung dieser Aktie zu minimieren war, zumal der Anlageausschuss bereits in der Sitzung am 20.9.2000 die 20%ige Stop-Loss-Marke festgesetzt und der Verwalter des Fonds C sich mit dieser Schwelle einverstanden erklärt habe. Dabei habe das Erreichen dieser Marke nicht einen "mechanistischen" Verkauf dieser Aktien, sondern eine besondere Prüfung des Portfoliobestandes zur Folge haben sollen. Nur eine solche Entscheidung über eine etwaige Gegensteuerung entspreche dem pflichtgemäßen Ermessen eines Fondsverwalters. Die 8%ige Stop-Loss-Marke auf das gesamte Portfolio sei nie als ein Sicherungsmittel betrachtet worden, das andere überflüssig mache oder Sorgfaltspflichten aufhebe (Bl. 1086).

Die Ausführungen in dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. SV1 stünden dem nicht entgegen. Zu berücksichtigen sei, dass dem Sachverständigen nicht so viele Informationssysteme wie der Beklagten zur Verfügung gestanden hätten. Er habe es überdies verabsäumt, die damals bestehende Börsensituation im Detail zu analysieren, gehe in seinen Ausführungen nicht auf alle Titel ein, berücksichtige nicht, dass eine Kapitalanlagegesellschaft in erster Linie eine technische Analyse der einschlägigen Titel durchführen müsse, und befasse sich nicht mit möglichen Absicherungen z.B. durch Derivate und Optionen. Soweit der Sachverständige eine aktive Portfolioverwaltung angenommen habe, handelt es sich um eine nicht gerechtfertigte Unterstellung.

Auf Formunwirksamkeit der Stop-Loss-Entscheidung des Anlageausschusses könne sich die Beklagte nicht berufen. Es sei bereits zweifelhaft, ob § 15 KAGG auf Spezialfonds mit einem Anleger anwendbar sei. Auf jeden Fall könne sich die Beklagte, die die Einhaltung der Empfehlungen des Anlageausschusses zugesichert habe, nicht auf einen Formmangel berufen. Im Übrigen sei die Schriftform in Form des Protokolls vom 20.03.2001 gewahrt worden, nachdem die vorherige mündliche Aufforderung von der Beklagten nicht beachtet worden sei.

Die vom Landgericht vorgenommene Beweislastverteilung sei zutreffend. Sie sei sachgerecht, wenn ein Gläubiger im Herrschafts- und Organisationsbereich des Schuldners zu Schaden gekommen sei. Andernfalls wäre es den Kunden der Beklagten unmöglich, Pflichtverletzungen nachzuweisen. Es könne nicht akzeptiert werden, dass die Beklagte einfach darauf verzichte darzulegen, auf welcher Basis sie Entscheidungen über den Kauf, das Halten oder den Verkauf von Aktien getroffen habe, zumal sie gegenüber der Klägerin damit geworben habe, dass sie über besondere Erfahrungssätze, Erkenntnisquellen und Analysenmethoden verfüge, die nicht allgemein zugänglich seien (Bl. 1117). Auch die Nichtbeachtung der Empfehlungen des Anlageausschusses führe dazu, dass die Beklagte darlegen und beweisen müsse, dass ihre abweichenden Entscheidungen ermessensfehlerfrei gewesen seien (Bl. 1118). In Anbetracht des Umstandes, dass die Klägerin bereits 2 1/2 Wochen nach Auflösung des Fonds Ansprüche und kurz danach die gerichtliche Auseinandersetzung angekündigt habe, verstoße es gegen Treu und Glauben, wenn sich die Beklagte jetzt darauf berufe, dass die tatsächlichen Abläufe nicht mehr rekonstruierbar seien.

Eine weitere Pflichtverletzung der Beklagten liege in dem Unterlassen einer Mitteilung darüber, dass sie sich an Stopp-Loss-Marke von 20% nicht gebunden fühle. Die Mitglieder des Anlageausschusses hätten in der Sitzung vom 20.03.2001 ein unbedingtes Interesse an der Einhaltung dieser Marke geäußert. Gemäß § 241 Abs. 2 BGB hätte die Beklagte deshalb verdeutlichen müssen, dass sie darin einen Zielkonflikt im Hinblick auf den avisierten Ertrag von 8 % sehe und grundsätzlich nicht bereit sei, dieser Verhaltenslinie zu folgen. Stattdessen habe sich die Beklagte in Schweigen gehüllt. Sie sei auch nicht ihrer Pflicht nachgekommen, die Beklagte über Wertverluste einzelner Titel in Höhe von 20 % zu informieren. Diese Pflicht folge gleichfalls aus der Empfehlung des Anlageausschusses (Bl. 1119f.).

Hilfsweise hält die Klägerin den Vortrag aufrecht, es habe auf Grund einer Vereinbarung eine mechanisch zu beachtende Stop-Loss-Marke von 20% gegeben. Über die entsprechenden Behauptungen der Klägerin sei bislang nicht Beweis erhoben worden (Bl. 1089). Durch diese Vereinbarung sei das Verwaltungsermessen der Beklagten in rechtlich unbedenklicher Form reduziert worden. Das Schriftformerfordernis des § 15 KAGG stehe dem nicht entgegen, da diese Vorschrift nur für Publikumsfonds gelte.

Der Einwand eines rechtmäßigen Alternativverhaltens sei im vorliegenden Fall rechtlich unzulässig. Dieser erfordere konkrete Darlegungen über hypothetische Ermessensentscheidungen der Beklagten, die aber nicht gegeben seien. Dem überdies verspätet gestellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob ohnehin Wertverluste eingetreten wären, sei deshalb nicht stattzugeben (Bl. 1090).

Der Einwand des Mitverschuldens sei ungerechtfertigt. Der Beklagten habe kein in Investmentangelegenheiten versierter Geschäftspartner gegenüber gestanden (Bl. 1093). Die Klägerin habe dadurch, dass sie unstreitig zunächst auf einen Wechsel des Fondsverwalters gedrängt und schließlich gekündigt habe, die erforderlichen Handlungen vorgenommen (Bl. 1092 f).

Die Einwendungen der Beklagten zur Höhe des Schadens seien nicht überzeugend. Das Landgericht habe den Grundsatz des Vergleichs der Vermögenssituationen beachtet. Etwaige zusätzliche Kosten habe die Beklagte nicht dezidiert dargelegt. Steuergutschriften wären bei pflichtgemäßem Handeln der Beklagten wegen höherer Erträge in größerem Umfang angefallen. Die tatsächlich angefallenen würden nicht nur auf den streitgegenständlichen Aktien beruhen. Die Beklagte beachte auch nicht, dass für die Schadensberechnung die Pflichtverletzung maßgeblich sei. Hier sei die Pflichtverletzung nicht depot-, sondern einzeltitelbezogen. Da die Klägerin sich darauf beschränke, den durch das Nichteinhalten der Stop-Loss-Marken entstandenen Schaden geltend zu machen, müsse sie nicht zum Zwecke der Schadensberechnung das Ergebnis alternativer Anlagen darstellen, zumal es der Beklagten frei gestanden hätte, auf den Kauf von Aktien zu verzichten. Die Beklagte könne auch nicht mit ohnehin präkludiertem Vortrag die (bestrittenen) Gewinne verrechnen, die bei zwei nicht streitgegenständlichen Aktien eingetreten seien.

Wegen des weitergehenden Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Sachvortrag der Klägerin hinsichtlich des Vorliegens einer Pflichtverletzung als auch hinsichtlich des behaupteten Schadens rechtfertigt ihren Antrag nicht. Ihm fehlt die erforderliche und durchaus mögliche Substanziierung.

1. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist an der Entscheidung des Landgerichts nichts auszusetzen. Die Rüge einer Verletzung des § 139 ZPO ist nicht berechtigt.

Das Landgericht hat durch Hinweisbeschluss vom 12.09.2006 (Bl. 969) klar zum Ausdruck gebracht, welche Darlegungen sie noch von den Parteien erwartet. Unter Ziff. 3 wurde der Beklagten aufgegeben, für jeden der Aktienwerte, auf denen die Klägerin ihre Klage begründet, darzulegen, auf Grund welcher konkreter Daten und Erkenntnisse sie bei Erreichen der Verlustgrenze von 20% die Entscheidung getroffen habe, diese bestimmte Aktie zu halten. Zu weitergehenden Hinweisen oder Erläuterungen war das Landgericht nicht verpflichtet. Dass es seine Entscheidung dann auf die Nichterfüllung dieser Auflage gestützt hat, war in keiner Weise überraschend.

2. Die Klägerin ist als alleinige Anteilsinhaberin zur Geltendmachung der Ansprüche berechtigt. Zwar sah § 12 c Abs. 2 KAGG die Möglichkeit vor, dass die Depot-Bank im eigenen Namen Ansprüche der Anteilsinhaber gegen die Kapitalanlagegesellschaft geltend macht. § 12 c Abs. 2 S. 3 KAGG bestimmte jedoch, dass hierdurch die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Kapitalanlagegesellschaft durch die Anteilinhaber nicht ausgeschlossen werden soll. Daran hat sich auch durch das jetzt geltende Investmentgesetz nichts geändert (Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, Band II, 3. Aufl. 2007, § 113 Rdnr. 139).

3. Eine Kapitalanlagegesellschaft hat die Pflicht, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns das Sondervermögen zu verwalten (§ 10 Abs. 1 S. 1 KAGG). Sie hat ausschließlich im Interesse des Anteilsinhabers zu handeln (§ 10 Abs. 1 S. 2 KAG). Dadurch wird ein Sorgfaltsstandard vorgegeben, der für die Gesellschaft als Kaufmann bereits in § 347 HGB formuliert ist (Köndgen/Schmies, a.a.O., § 113 Rdnr. 121). Als Expertin schuldet die Kapitalanlagegesellschaft eine professionelle und auf der Höhe der Zeit befindliche Vermögensverwaltung (Köndgen/Schmies, a.a.O., § 113 Rdnr. 122). Sie verletzt ihre Pflichten, wenn sie die ihr zur Verfügung stehenden Informationsmittel nicht in vollem Umfang einsetzt und nicht die Verwaltungsmaßnahmen ergreift, die nach dem sachkundigen Urteil eines wirtschaftlich denkenden Vermögensverwalters zu erwarten sind (Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2004, Rdnr. 12141).

Schwerpunkt des vorliegenden Rechtsstreits ist die Frage, ob die Beklagte diesen Sorgfaltspflichten genügt hat. Das Landgericht konzentriert sich in dem angefochtenen Urteil auf einen Vorwurf, der seiner Ansicht nach begründet ist. Darüber hinaus hat die Klägerin aber eine Reihe anderer, sich teilweise überschneidender Vorwürfe erhoben, die in erster Instanz zusammenfassend in dem Schriftsatz vom 08.06.2006 (Bl. 904 ff) dargestellt sind. Keiner dieser Vorwürfe rechtfertigt aber eine Verurteilung der Beklagten.

a) Ein zentraler Vorwurf der Klägerin ist der der "Untätigkeit". Die Klägerin macht bereits in der Klageschrift (Bl. 17) geltend, dass bezüglich der Aktien eine ungewöhnlich niedrigere Handelsaktivität vorgelegen habe. Handelsaktivitäten seien überwiegend nur kurz vor den halbjährlichen Anlageausschusssitzungen festzustellen. Es habe sich um eine ausgesprochen passive Portfolioverwaltung gehandelt, bei der die Beklagte es verabsäumt habe, die im Portfolio befindlichen Werte einzeln auf ihr Rendite- und Risikoprofil hin zu analysieren und jeweils fundierte Einzelentscheidungen zum Verkauf, zur Umschichtung, zur Absicherung oder auch zu anderen Maßnahmen zu treffen (Bl. 910). Die Klägerin behauptet auch, dass der Geschäftsführer der Beklagten D während der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 16.12.2003 ein sorgfaltswidriges Nichtkümmern eingeräumt habe (Beweisangebot Bl. 922 f). Das Protokoll vom 16.12.2003 (Bl. 297 f) enthält aber keine entsprechenden Ausführungen.

Die Beklagte hat demgegenüber bereits in erster Instanz behauptet und unter Beweis gestellt, dass das Management den Fonds täglich überwacht und "regelmäßig" dessen Einzelpositionen im Hinblick auf Ertragsaussichten analysiert und ihre Eignung mit Blick auf die Zusammensetzung und Renditeerwartungen des Gesamtportfolios untersucht habe. Von einem pflichtwidrigen "sich nicht Kümmern" könne keine Rede sein. An die von der Klägerin geschilderte Äußerung des Herrn D in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht könne sich auf Seiten der Beklagten niemand erinnern (Bl. 942). Sollte der Vortrag der Klägerin zutreffen, käme aus Sicht des Senats eine Bewertung des Verhaltens der Beklagten als Pflichtwidrigkeit in Betracht. Die Auflegung des Fonds erfolgte - wie allerdings nur im Nachhinein festgestellt werden kann - zu einem Zeitpunkt, als starke, lang anhaltende Kursverluste an den Börsen einsetzten. Ein Vermögensverwalter - das Management eines Spezialfonds mit einem einzigen Anteilsinhaber weist gewisse Parallelen zum Vermögensverwaltungsvertrag auf - hat die Pflicht, durch eine fortlaufende Überwachung der Märkte und der Finanzinstrumente sicherzustellen, dass die Anlageziele nach Möglichkeit verwirklicht und die Anlagerichtlinien eingehalten werden. Der inaktive Kapitalist wird auf Dauer bedenkliche Einbußen erleiden (vgl. Baur, Investmentgesetze, Erster Teilband, 2. Aufl. 1997, § 10 Rdnr. 24). Eine "dynamische" Geschäftsführung unter Abwägung von Chancen und Risiken ist erforderlich (Schödermeier/Baltzer in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, 2003, § 10 Rdnr. 14). Entwickeln sich die Werte erwartungsgemäß, ist es allerdings nicht zu beanstanden, wenn über Monate hinweg keine einzige Umschichtung vorgenommen wird. Ist die Entwicklung aber eine andere, kann daraus eine Verpflichtung zur aktiven Umschichtung entstehen (Sethe, Anlegerschutz im Recht der Vermögensverwaltung, 2005, S. 911).

Eine Verurteilung der Beklagten wegen "Untätigkeit" kann jedoch nicht erfolgen, weil es an einer korrespondierenden schlüssigen Schadensberechnung fehlt. Der Vorwurf der "Untätigkeit" ist von recht allgemeiner Art. Dementsprechend kann ihm auch kein konkreter Schaden zugeordnet werden. Zur Schadensberechnung in Fällen wie dem vorliegenden gehört es aber darzustellen, welche Transaktionen ein vertragsgemäß handelnder Verwalter durchgeführt hätte. Es müsste eine fiktive Depotzusammensetzung dargestellt werden, damit der Differenzschaden ermittelt werden kann (OLG Frankfurt, Urteil vom 3.8.2006, 16 U 83/06, bei Juris). Der bisherige Tatsachenvortrag der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Untätigkeit bietet keine greifbaren Anhaltspunkte zur Schadensermittlung in Bezug auf diese behauptete Pflichtverletzung.

Die Schadensaufstellung der Klägerin beruht auf dem Nichtbeachten von Stop-Loss-Marken. Dies ist ein anderer Ansatzpunkt als der der Untätigkeit. Der Klägerin wäre es auch (unabhängig von der Stop-Loss-Problematik) möglich darzustellen, wann und bei welchen Aktien eine Tätigkeit auf Grund der damals bekannten Umstände erforderlich gewesen wäre, und den sich daraus ergebenden Schaden berechnen.

Davon, dass für die Klägerin solche Darlegungen aufgrund fehlenden Fachwissens und fehlender Kenntnisse ausgeschlossen sind, kann nicht ausgegangen werden. Von den Daten und Kursen der einzelnen Wertpapierkäufe und -verkäufe hat sie Kenntnis. Die Kursentwicklungen in der Vergangenheit sind ebenso wie die damals veröffentlichten Zahlen, Meldungen, Berichte und Analysen recherchierbar. Auch die damaligen Einschätzungen der Marktsituationen sind feststellbar.

Eine Schadenschätzung gemäß § 287 ZPO ist bei einer so allgemeinen Darstellung auch nicht möglich.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hinweist, die Beklagte habe mit dem Hinweis auf besondere Erfahrungssätze, Erkenntnisquellen und Analysenmethoden geworben, die nicht allgemein zugänglich seien, steht dies der Möglichkeit einer substantiierten Schadensberechnung der Klägerin nicht entgegen. Darauf beruhende Darlegungen wären zwar im Rahmen der sekundären Darlegungslast Sache der Beklagten (BGH WM 2005, 2228ff.). Primäre Aufgabe der Klägerin ist es jedoch zu verdeutlichen, welche Anlageentscheidungen auf Grund öffentlich und ihr als Kreditinstitut verfügbarer Informationen anders hätten getroffen werden müssen. Erst wenn seitens der Klägerin dies geleistet worden ist, ist es Aufgabe der Beklagten, an Hand ihre besonderen Erkenntnisquellen und deren Aussagen nachzuweisen, dass ihre Anlageentscheidungen ermessensfehlerfrei waren.

b. Die Klägerin beruft sich weiterhin darauf, die Beklagte habe vereinbarte Anlageziele nicht beachtet. Sie nennt in diesem Zusammenhang die Vermeidung von Abschreibungsrisiken.

Die steuerrechtliche Argumentation der Klägerin findet ihren Ansatzpunkt in einer Vereinbarung, die am 23.02.2000 im Rahmen der konstituierenden Anlageausschusssitzung geschlossen wurde. Das Protokoll verzeichnet hierzu folgenden Satz: "Größter Wert wird in der Auflegungsphase des Fonds darauf gelegt, dass keine Abschreibungen entstehen" (Bl. 78). Tatsächlich wurden auf Grund des Sinkens des Werts des Fonds zum Jahresabschluss 2000 handelsrechtliche Abschreibungen in Höhe von 1.007.252,45 € erforderlich (Bl. 228).

Die Parteien streiten in diesem Zusammenhang um die Dauer der Auflegungsphase. Für die Klägerin war die Auflegungsphase erst mit Abschluss des Jahres 2000 beendet, da es vor dem 31.12.2000 überhaupt nicht zu Abschreibungen kommen konnte (Bl. 290 f). Die Beklagte hingegen vertritt die Auffassung, als Auflegungsphase sei die Zeit von etwa einem halben Jahr bis zur zweiten Anlageausschussschusssitzung am 20.9.2000 anzusehen. In dieser Zeit habe der Fonds aber noch, wenn auch nur geringe, Gewinne erzielt und Abschreibungen vermieden (Bl. 255 f, 276). Verluste seien erst im letzten Quartal 2.000 eingetreten. Die Klägerin hat sich auf das Zeugnis der Herren Z1, Z2 und Z3 zum Beweis für die Behauptung, der Anlageausschuss sei nicht davon ausgegangen, dass die Auflegungsphase nur sechs Monate dauere, bezogen (Bl. 290). Dem Sachverständigen Professor Dr. SV1 ist unklar geblieben, wie lang im vorliegenden Fall die Dauer der Auflegungsphase sein sollte (vgl. S. 24, 33 und 38 seines Gutachtens).

Im Prinzip ist davon auszugehen, dass eine Kapitalanlagegesellschaft schriftlich fixierte Anlageziele gerade auch in steuerlicher Hinsicht - Spezialfonds sind steuerlich begünstigt - nach Möglichkeit zu beachten hat. Auch scheint dem Senat die Auffassung der Klägerin naheliegend zu sein, dass die Beteiligten von einer Dauer der Anlaufphase bis 31.12.2000 ausgegangen sein dürften, da zu diesem Zeitpunkt erstmals steuerliche Auswirkungen eingetreten sind. Der Umstand, dass die unerwünschten Abschreibungen tatsächlich dennoch erforderlich wurden, reicht jedoch nicht als Begründung für die Haftung der Beklagten aus. Wer Wertpapiere sein eigen nennt, setzt sich immer dem Risiko eines Wertverlustes mit potentiellen steuerlichen Konsequenzen aus. Dies kann auch die beste Kapitalanlagegesellschaft nicht immer verhindern. Dass die Beklagte in diesem Zusammenhang eine Garantieerklärung abgeben wollte, ist weder vorgetragen, noch ersichtlich.

c. Die Beklagte hat auch keine Verwaltungspflichten verletzt.

Der Verpflichtung zur wirtschaftlichen, produktiven Handlungsweise steht der Umstand gegenüber, dass eine Wertpapierverwaltung auf komplexen Vorgängen ohne oder nur mit wenigen allgemeingültigen Maßstäben zum Anlageverhalten beruht. Ein Verstoß kann nur dann ohne Weiteres festgestellt werden, wenn die Kapitalanlagegesellschaft gegen die Rahmenvereinbarung oder die allgemeinen oder die besonderen Vertragsbedingungen verstoßen hat.

Die Klägerin wirft der Beklagten im vorliegenden Fall vor, eine Sicherung der Aktien durch Stop-Loss-Order verabsäumt zu haben. Eine entsprechende Verpflichtung könnte sich ergeben

- auf Grund einer entsprechenden Parteivereinbarung bzw. mündlichen Zusicherung der Beklagten,

- auf Grund einer bindenden Anweisung an die Beklagte oder

- als einzig sachgemäße Maßnahme in der damaligen Börsensituation.

Die Klägerin behauptet, die Frage des Setzens von Stop-Loss-Marken sei bereits in der zweiten Ausschusssitzung im September 2000 erörtert worden. Dabei hätten die Parteien sich geeinigt, dass die jeweilige Aktie bei Erreichen der Stop-Loss-Marke sofort ohne weitere Überlegungen zu verkaufen sei (Bl. 11f., 1083). Der damalige Fondsmanager der Beklagten C habe sich damit schließlich einverstanden erklärt. Dies hat die Klägerin auch unter Beweis gestellt (Bl. 11f.). Die Beklagte behauptet demgegenüber, dass in der Sitzung am 20.09.2000 über Stop-Loss-Grenzen zwar gesprochen worden sei. Herr C habe jedoch in der sich später als falsch herausgetellten Annahme, eine Konsolidierung der Aktienkurse stehe bevor, eine starre Stop-Loss-Marke abgelehnt und darauf bestanden, dass er bei Erreichen der Marke den Titel nicht "automatisch" verkaufen müsse, sondern sich ihn genauer ansehen und eventuell eine weitere, niedrigere Stop-Loss-Marke setzen könne, wenn er von dem Titel überzeugt sei. Diesen Vortrag hat die Beklagte unter Beweis gestellt (Bl. 180). Das Protokoll enthält dazu keine Ausführungen. Das Schreiben des Vorstands der Klägerin vom 11.2.2002 spricht insoweit für die Richtigkeit des Vortrags der Beklagten. In diesem Schreiben wird unter Ziff. 3 dargestellt, dass die Beklagte zwar aufgefordert worden sei, nicht nur Stop-Loss-Marken zu setzen, sondern auch zu beachten, während Herr C gesagt habe, dass bei Erreichen von Stop-Loss-Marken nicht sofort ein Verkauf sondern erst ein genaueres Hinsehen und gegebenenfalls das Setzen einer niedrigeren Stop-Loss-Marke erfolgen werden, sofern er immer noch von dem Titel überzeugt sei (Bl. 132). Dass schließlich doch eine dem widersprechende Vereinbarung geschlossen worden sei, lässt sich dem Schreiben vom 11.02.2002 nicht entnehmen.

Diese Frage war dann auch Gegenstand der 3. Anlageausschusssitzung am 20.03.2001. Das Protokoll verzeichnet hierzu unter Ziff. 4 Empfehlung des Anlageausschusses: "Der Anlageausschuss kam nach einer ausführlichen Diskussion der Chancen und Risiken an den Märkten unter Einbeziehung der Risikolage bei der ...-Sparkasse zu folgenden Empfehlungen: Künftig soll bei Einzelwerten Verlustlimite von max. 20 % eingehalten werden" (Bl. 113). Bereits vorher in dem Protokoll heißt es unter Ziff. 1., dass Herr E (Mitglied des Vorstands der Klägerin) die Nichtanwendung von Stop-Loss-Marken bemängelt habe (Bl. 112). Die Klägerin behauptet allerdings nicht, dass die Beklagte einer Änderung der Praxis im Rahmen dieser Sitzung zugestimmt habe.

Das Landgericht hat die tatsächliche Frage, ob im September 2000 das Setzen automatisch zu beachtender Stopp-Loss-Marken vereinbart wurde, nicht geklärt. Dies war auch nicht erforderlich, weil eine solche Vereinbarung - sollte sie geschlossen worden sein - unwirksam wäre, weil eine solche Maxime der Kapitalanlagegesellschaft in diesem Punkt ihre Entscheidungsfreiheit genommen und zu den Vertragsbedingungen gehört hätte, die gemäß § 15 Abs. 1 KAGG (inzwischen § 42 Abs. 1 InvG) vor Ausgabe der Anteilsscheine schriftlich festzulegen sind. Das Protokoll vom September 2000 enthält aber (wie bereits ausgeführt) keine entsprechende Passage. Auch eine nachträgliche Änderung der Vertragsbedingungen eines Spezialfonds muss schriftlich niedergelegt werden (Reiss, Pflichten der Kapitalanlagegesellschaft und der Depotbank gegenüber dem Anleger und die Rechte des Anlegers bei Pflichtverletzungen, 2006, S. 230).

Der Senat hat die Frage erwogen, ob der vorliegende Fall eine Ausnahme in der Form darstellt, dass die prinzipiell gemäß § 125 BGB eintretende Nichtigkeit bei Verletzung einer gesetzlichen Formvorschrift (vgl. Palandt/Heinrichs/Ellenberger, BGB, 67. Aufl. 2008, § 125 Rdnr. 10) im Sonderfall des Spezialfonds für einen Anleger nicht eintreten sollte. Dafür gibt es Argumente. Das KAGG galt für Publikums- und Spezialfonds. Der Gesetzgeber hat dabei der sehr unterschiedlichen Ausrichtung dieser beiden Fondstypen bis heute nicht hinreichend Rechnung getragen, so dass sich beim KAGG wie auch bei dem ihm folgenden InvG Auslegungsprobleme ergeben (Köndgen/Schmies, a.a.O. § 113 Rdnr. 93). Es ist einsichtig, dass zur Unterrichtung einer Vielzahl von Anlegern eine schriftliche Fixierung von Vertragsbedingungen erforderlich ist. Wenn es aber um einen Spezialfonds, der für einen einzigen Anleger aufgelegt wird, geht, ist die Ausgangssituation eine andere. Der einzige Anleger hat ein legitimes Interesse daran, dass der für ihn aufgelegte Spezialfonds in der von ihm mit der Kapitalanlagegesellschaft vereinbarten Art und Weise verwaltet wird. Er muss auch die Möglichkeit haben, mit ihr Vereinbarungen über die Verwaltung des Spezialfonds als Reaktion auf das Marktgeschehen zu schließen. Die Regelung des § 15 Abs. 1 KAGG beruht auf praktischen Erwägungen. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass es bei Publikumsfonds unmöglich wäre, mit jedem einzelnen Anleger einen individuellen Investmentvertrag abzuschließen. Es entspricht auch dem Zweck einer kollektiven Kapitalanlage, dass alle Anteile am Sondervermögen gleiche Rechte haben. Diese Argumente fallen bei einem Spezialfonds für einen Anleger weg.

Schwerer wiegen jedoch nach Auffassung des Senats die auf Formstrenge beruhenden Argumente. Mit der Schriftform ist eine - sich auch im vorliegenden Fall auswirkende - Beweiserleichterung verbunden. Sie hat insbesondere dann einen Sinn, wenn es zur Übertragung von Sondervermögen kommt (vgl. Köndgen/Schmies, a.a.O. § 113 Rdnr. 144 a, 145), da es Rechtsnachfolger geben kann, für die eine schriftliche Fixierung der Änderung der Vertragsbedingungen von Bedeutung wäre. Eine Außerachtlassung von Formvorschriften kommt prinzipiell auch nur in Betracht, falls der Formmangel zu einem untragbaren Ergebnis führt (vgl. Palandt/Heinrichs/Ellenberger, a.a.O., § 125 Rdnr. 16). Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein.

Am 20.03.2001 hat dann der Anlageausschuss die bereits zitierte Empfehlung zum Verlustlimit abgegeben. Die Schriftform im Sinne des § 126 BGB ist durch das Protokoll gewahrt. Dieser Empfehlung mangelte es - wie schon der Begriff verdeutlicht - an Verbindlichkeit. Nach h.M., der sich der Senat anschließt, ist § 10 KAGG auch zu entnehmen, dass der Kapitalanlagegesellschaft ein alleiniges Verwaltungsrecht nach ihrem im Rahmen der Anlagebedingungen freien Ermessen zusteht; ein Weisungsrecht Dritter besteht nicht (vgl. Schödermeier/Baltzer, a.aO., § 10 Rdnr. 17, Baur, a.a.O., § 10 Rdnr. 4,) - auch nicht seitens der Anteilsinhaber und Gesellschafter. Die Verantwortung für die Auswahl der zu erwerbenden Vermögensgegenstände muss ohne Einschränkungen bei der Geschäftsleitung der Kapitalanlagegesellschaft liegen. Dies entspricht der Auffassung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen, das im Jahre 1997 in einem Rundschreiben ausgeführt hat, jedes Weisungsrecht, auch das der Anleger, sei ausgeschlossen (vgl. Reiss, a.a.O. S. 231). Einem Anlageausschuss könne auch als einem Gremium von Experten immer nur beratende Funktion zukommen.

Auch diese Rechtsposition kann bei einem Spezialfonds mit einem einzigen Anleger in Zweifel gezogen werden. Dass bei einem Publikumsfonds der einzelne Anleger kein Weisungsrecht haben kann, liegt auf der Hand. Wird die Kapitalanlagegesellschaft aber nur für einen einzigen Geschäftsherrn tätig, bleibt dessen Recht bestehen, Weisungen zu erteilen (Reiss, a.a.O., S. 235). Es wird deshalb auch die Auffassung vertreten, dass die Frage, ob ein Weisungsrecht des Anlegers bestehe, an Hand der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln und im Zweifel davon auszugehen sei, dass ein Weisungsrecht des Anlegers gegeben sei (Reiss, a.a.O., S. 239). Für den vorliegenden Fall ist diese Frage letztlich nicht entscheidend, da der Anlageausschuss nicht versucht hat, eine verbindliche Anweisung zu geben, sondern sich auf eine unverbindliche Empfehlung beschränkt hat.

Es verbleibt die Frage, ob unabhängig von Vereinbarungen und Anweisungen in der damaligen Situation die Notwendigkeit bestand, am Aktienmarkt mit Sicherungsmechanismen wie Stop-Loss-Orders zu arbeiten. Die Empfehlung des Anlageausschusses würde sich dann als eine Art Konkretisierung der Sorgfaltspflicht der Kapitalanlagegesellschaft darstellen. Im Ergebnis kann die Klägerin auch darauf einen Schadensersatzanspruch nicht stützen.

Zwar ist davon auszugehen, dass das KAGG jeder Kapitalanlagegesellschaft die Instrumente zur Hand gegeben hat, die moderne Finanzmärkte für ein aktives Risikomanagement mit dem Ziel der Absicherung von Marktrisiken entwickelt haben (Köndgen/Schmies, a.a.O., § 113 Rdnr. 71). Stop-Loss-Marken entsprechen der üblichen Praxis und sind insbesondere angebracht in Zeiten extrem hoher Kurse und ausgeprägter Volatilität. Gerade dies war in den Jahren 2000 und 2001 der Fall.

Rechtsprechung und Lehre stehen teilweise einer Verpflichtung zum Setzen von Stop-Loss-Marken aber ablehnend gegenüber. Nach Baur (a.a.O., § 10 Rdnr. 24) soll das Unterlassen des Einsatzes von Absicherungsinstrumenten keine Sorgfaltspflichtverletzung darstellen können, da dadurch auch angestrebte Gewinnmöglichkeiten verringert würden. Im rechtsähnlichen Gebiet der Vermögensverwaltung gibt es zu dieser Frage einige Äußerungen. Nach Sethe (Anlegerschutz im Recht der Vermögensverwaltung, 2005, S. 905) gibt es keine Verpflichtung eines Vermögensverwalters, Stop-Loss-Marken zu setzen, solange er sich im Rahmen der vereinbarten Anlagerichtlinien hält. Das OLG Köln (WM 2007, 1067 ff) hat die Auffassung vertreten, der Vorwurf des Untätigbleibens bei einem Kursverlust von 20 % sei nicht berechtigt, da es einen allgemeinen Rechtssatz, wonach der Vermögensverwalter bei einer bestimmten Kursentwicklung verpflichtet sei, einen Wert abzustoßen, nicht gebe, und es gerade bei Standardwerten durchaus sinnvoll sein könne, auch Verluste von mehr als 20 % "auszusitzen", anstatt sie voreilig zu realisieren. Das Landgericht Freiburg hat die Auffassung vertreten, dass für die Verwendung von Stop-Loss-Marken bei einer langfristig ausgerichteten Anlagestrategie keine zwingenden Gründen bestünden (WM 2004, 124, 126). Der BGH hat demgegenüber zum Ausdruck gebracht, dass die Verpflichtung zum Arbeiten mit Stop-Loss-Marken vom konkreten Sachverhalt abhänge (ZIP 2002, 795 ff). In einer anderen Entscheidung hat er ausgeführt, das Kundenprofil könne dazu führen, dass ein Arbeiten mit Stop-Loss-Marken erforderlich sei (ZIP 2004, 2178 ff). Zuletzt hat er die Auffassung vertreten, bei langfristigen Anlageentscheidungen stelle das Unterlassen sog. Stop-Loss-Marken keine Pflichtverletzung dar (MDR 2008, 253 f).

Die Frage, ob im vorliegenden Fall eine Absicherung der Aktienanteile durch Sicherungsmaßnahmen wie z.B. das Einhalten einer Stop-Loss-Grenze und/oder dem Einsatz von Optionen bzw. Derivaten geboten war, ist im vorliegenden Fall von verschiedenen Sachverständigen untersucht worden. Da die Gutachten auf der ungesicherten Annahme beruhen, der jeweilige Fondsmanager habe nach dem Eintritt von Verlusten regelmäßig kurzfristig geprüft, ob bei einer fundamentalen Betrachtung ein Halten dieser Aktienposition gerechtfertigt sei, hat das Landgericht am 12.09.2006 der Beklagten u.a. aufgegeben, für jeden der einzelnen Aktienwerte, auf denen die Klägerin ihre Klage begründet, darzulegen, auf Grund welcher konkreten Daten und Erkenntnisse sie bei Erreichen des Verlusts von 20% die Entscheidung getroffen hat, diese bestimmte Aktie weiter zu halten" (Bl. 969). Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen.

Die hierin liegende Verteilung der Darlegungslast hat das Landgericht nicht in zutreffender Form vorgenommen. Eine beklagte Fondsgesellschaft ist weder verpflichtet, die Erfüllung von Beratungs- und Aufklärungspflichten gegenüber Kapitalanlegern zu dokumentieren (BGHZ 166, 56 ff), noch, Interna und Entscheidungsabläufe offenzulegen und zu begründen, warum sie im Rahmen der vereinbarten Anlagerichtlinien bestimmte Entscheidungen getroffen hat. Es kann insoweit die Entscheidung BGH MDR 2008, 253f. zum rechtsähnlichen Gebiet der Vermögensverwaltung herangezogen werden. Eine nicht beweisbelastete Partei ist generell nicht verpflichtet, ihrem Gegner durch Aufklärung zum Prozesserfolg zu verhelfen, sondern nur in besonderen Fällen, in denen die aufklärungsbedürftigen Tatsachen in ihrer Sphäre und in ihrem Verantwortungsbereich liegen (vgl. Roth in: Münchner Kommentar zum BGB, Band II, 5. Aufl. 2007, § 242 Rdnr. 91; Ensthaler, HGB, 7. Aufl. 2007, § 347 Rdnr. 23). Letzteres ist hier nicht der Fall. Die Tatsachen, die für die substantiierte Darlegung der Pflichtverletzung erforderlich sind, sind weitgehend bekannt oder können auch ohne Hilfe der Beklagten eruiert werden. Eine Argumentation, die auf einer Verletzung der sekundären Darlegungslast beruht, verbietet sich daher.

Entscheidend im vorliegenden Fall ist, dass keine ordnungsgemäße Schadensberechnung der Klägerin vorliegt, weswegen die Frage nach der Notwendigkeit von Stop-Loss-Orders letztlich dahingestellt bleiben kann. Einem Fondsverwalter steht ein Ermessensspielraum zu. Damit geht eine gewisse Einschränkung der Justiziabilität einher (vgl. Baur, a.a.O., § 10 Rdnr. 23f). Folge davon für einen Schadensersatzanspruch ist, dass festgestellt werden muss, wie sich eine zutreffende Ermessensentscheidung dargestellt hätte (BGH NJW 1959, 316f.). Also ist zur Schadensberechnung dem pflichtwidrig handelnden Fondsmanager ein vertragsgemäß sein Ermessen ausübender Manager gegenüberzustellen. Der Schaden besteht in der Differenz zwischen dem Wert des verwalteten Depots und dem des fiktiven (OLG Düsseldorf, WM 2006, 1576 ff). Davon ausgehend wird in dem Urteil vom 3.8.2006 des OLG Frankfurt (16 U 83/06, bei Juris) die richtige Schlussfolgerung gezogen, dass es Aufgabe der Klägerin ist, ein Musterdepot zu bestücken, das ihrer Auffassung nach einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprochen hätte.

Es geht nicht an, einen Schaden in der Form zu berechnen, dass die Aktien aufgelistet werden, die einen Wertverlust von mehr als 20 % hatten hinnehmen müssen, und deren Wert im Zeitpunkt des Verlusteintritts von 20% mit dem tatsächlich erzielten Verkaufspreis vergleicht. Selbst wenn man von einer Verpflichtung zum "mechanischen" Verkauf ausgeht, berücksichtigt diese Berechnungsweise der Klägerin nicht,

- dass Kurse sehr schnell fallen können (mit der Folge, dass der Verlust 20 % übersteigen kann), - zur hypothetischen Betrachtung auch die Einbeziehung von Aktien gehört, die vorübergehend einen Verlust von mehr als 20 % erlitten hatten, im Ergebnis aber mit Gewinn verkauft wurden,

- Transaktionskosten und

- die in Anbetracht der angestrebten Rendite zu erwartende Wiederanlage in Aktien mit der Gefahr erneuter Verluste.

Der Pflicht zur Darstellung eines fiktiven Depots kann naturgemäß entgegengehalten werden, dass regelmäßig mehrere verschiedene Möglichkeiten einer pflichtgemäßen Verwaltung bestehen, so dass es Auch in Betracht kommt, den Schaden zu schätzen (Reiss, a.a.O., S. 278 f.). Der Pflicht zur Substantiierung des Schadens in Form der Darstellung einer ordnungsgemäßen Depotentwicklung steht dies jedoch nicht entgegen, selbst wenn das Gericht sich letztlich zu einer Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO entschließen könnte. Das zur Entscheidung berufene Gericht braucht nämlich Anhaltspunkte in Form der hypothetischen Entwicklung des Depots, um in Anbetracht des Umstands, dass das Depot auch bei anderen Kapitalanlagen erheblichen Verlusten hätte ausgesetzt sein könnte, eine Basis für die Ermittlung des Schadens zu haben.

In diesem Zusammenhang ist es nicht ausschlaggebend, dass die Klägerin keinen entgangenen Gewinn einklagt. Wären Aktienverkäufe nach Erreichen der Stop-Loss-Marken erfolgt, wäre eine Wiederanlage (auf welchem Markt auch immer) erfolgt, da eine möglichst gewinnträchtige Anlage der Mittel gerade Aufgabe der Klägerin war. Damit wäre das Vermögen aber erneut zu berücksichtigenden Risiken ausgesetzt worden.

Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 19.06.2008 um einen Hinweis zur Frage der Berechnung des Schadens bittet, ist dem entgegenzuhalten, dass ein solcher Hinweis bereits erteilt worden ist. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nahm die Frage der Substanziierung der Pflichtverletzung und des Schadens breiten Raum ein. Die Klägerin wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird, die Entwicklung eines hypothetischen, den Vorgaben entsprechenden Depots müsse dargestellt werden. Die Klägerin hat auf ihrer abweichenden Sicht der Darlegungslast beharrt. Der Senat sieht unter diesen Umständen sich weder verpflichtet, noch berechtigt, eine die Instanz abschließende Entscheidung hinauszuzögern und einen bereits gegebenen Hinweis zu wiederholen.

d) Die Beklagte hat auch keine Informationspflichten verletzt.

Eine Parallele zum Recht der Vermögensverwaltung, in dem eine Pflicht zur Benachrichtigung über gravierende Verluste (wenn auch eher des Depots als bei einzelnen Titeln) anerkannt ist, kann nicht gezogen werden. Die Klägerin hat gemäß § 6 der Rahmenvereinbarung zum Ende jeden Monats eine Vermögensaufstellung mit Angabe der Einstands- und der aktuellen Börsenwerte erhalten. Darüber hinaus wurde die Depotbank, die auch darüber zu wachen hat, ob die gesetzlichen Vorgaben und die Vertragsbedingungen eingehalten werden, gemäß § 8d III KAGG über den Abschluss jeden Geschäfts zu Lasten des Sondervermögens unterrichtet. Dadurch besteht insgesamt ein ausreichender Schutz der institutionellen Anlegerin.

Soweit die Klägerin rügt, sie habe von der Beklagten darüber informiert werden müssen, dass sie entgegen der Auffassung des Anlageausschusses nicht beabsichtige, mit einer 20%igen Stop-Loss-Marke zu arbeiten, steht diesem Anspruch zumindest auch entgegen, dass der Schaden nicht in substanziierter Form geltend gemacht wird.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 und 709 S. 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Entscheidung des Revisionsgericht bedarf (§ 543 Abs. 2 ZPO). Auf die angesprochenen ungeklärten Rechtsfragen kommt es nämlich im Ergebnis nicht an. Ausschlaggebend ist allein die Frage der Substanziierung des Schadens. Insoweit gibt es keine Differenzen zu der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Ende der Entscheidung

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