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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 04.02.2004
Aktenzeichen: 23 U 73/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 313
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, die keiner Änderung oder Ergänzung bedürfen, wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Gegen das am 18.2.2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17.3.2003 fristgerecht Berufung eingelegt und diese am 15.4.2003 begründet.

Die Beklagte greift das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens an. Sie wendet sich insbesondere gegen die analoge Anwendung der Makler- und Bauträgerverordnung auf den vorliegenden Fall und die hierauf vom Landgericht gestützte Bejahung eines Anspruchs des Klägers aus der Freistellungserklärung vom 12.11.1998. Auch sei kein bereicherungsrechtlicher Anspruch des Klägers gegen sie gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beklagten wird auf die Schriftsätze vom 14.4.2003 (Bl. 445-448 d.A.) und vom 16.9.2003 (Bl. 459-461 d.A.) verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen;

hilfsweise,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Er hält die Berufung wegen Verstoßes gegen die §§ 520, 513 ZPO für unzulässig und im übrigen für unbegründet, da die Rechtsauffassung des Landgerichts zur Freistellungserklärung als Anspruchsgrundlage zutreffend sei. Außerdem seien die Voraussetzungen eines Kondiktionsanspruchs gegen die Beklagte erfüllt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens des Klägers wird auf die Schriftsätze vom 24.7.2003 (Bl. 450-458 d.A.) und vom 19.11.2003 (Bl. 465-467 d.A.) verwiesen.

Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

An der Zulässigkeit der Berufung nach den § 520 Abs. 3, 513 ZPO bestehen im Gegensatz zur Auffassung des Klägers keine Zweifel, da die dortigen Anforderungen eingehalten sind.

Es liegt ein Berufungsgrund nach § 513 ZPO in Form einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO vor. Das Landgericht hat zu Unrecht dem Kläger einen Zahlungsanspruch in Höhe des von ihm gezahlten Kaufpreises von 103.613,30 ? (= 202.650,00 DM) aus der Freistellungserklärung der Beklagten vom 12.11.1998 zuerkannt.

Die Freistellungserklärung der Beklagten ist zwar als Vertrag zugunsten Dritter zwischen der Beklagten als Globalgläubigerin und der Bauträgerin (Marcks, Makler- und Bauträgerverordnung, Kommentar, 7. Aufl. 2003 § 3 Rdn. 17 m.w.N.) grundsätzlich dazu geeignet, einen eigenen Anspruch des Klägers als Auftraggeber aus der Freistellungserklärung zu begründen.

Das ist vorliegend im Ergebnis jedoch nicht der Fall, weil der notarielle Vertrag vom 3.7.1998 zwischen dem Kläger und der Bauträgerin als Bauträgervertrag wegen Verstoßes gegen die Formvorschrift des § 313 BGB a.F. formnichtig ist, wovon auch das Landgericht inzident und die Parteien explizit ausgehen. An dieser rechtlichen Bewertung der Formnichtigkeit des Bauträgervertrages vom 3.7.1998 mangels notarieller Beurkundung der Baubeschreibung bzw. mangels wirksamer Bezugnahme auf sie bestehen auch deswegen keine durchgreifenden Zweifel, weil die Parteien nichts dafür vorgetragen haben, dass es trotz der ausdrücklichen Bezugnahme im vorgenannten notariellen Vertrag gar keine Baubeschreibung gegeben habe, weshalb von deren Existenz auszugehen ist und sie demgemäß nicht formwirksam in den Vertrag vom 3.7.1998 einbezogen wurde. Es kommt auch keine Bewertung des notariellen Vertrages vom 3.7.1998 als Grundstückskaufvertrag über eine fertig erstellte Immobilie in Betracht, denn die Parteien haben nicht vorgebracht, dass wegen eines entsprechend fortgeschrittenen Bauzustandes bereits von einer Fertigstellung des Objektes im Rechtssinne ausgegangen werden könnte mit der Folge, dass es einer Einbeziehung der Baubeschreibung in den notariellen Vertrag nicht mehr bedurft hätte.

Aus der Formnichtigkeit des Bauträgervertrages vom 3.7.1998 folgt, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt einen Erfüllungs- und Eigentumsverschaffungsanspruch gegen die Bauträgerin hatte und außerdem sowohl die Abtretung des (nicht existierenden) Zahlungsanspruchs der Bauträgerin gegen den Kläger an die Beklagte als auch die von der Beklagten in diesem Zusammenhang am 12.11.1998 abgegebene Freistellungserklärung (Bl. 339 d.A.) ins Leere gingen, und zwar von Anfang an.

Zwar ist die vorliegende Konstellation einer Formnichtigkeit des Bauträgervertrages im Zusammenhang mit einer Freistellungserklärung - soweit ersichtlich - in Rechtsprechung und Literatur noch nicht ausdrücklich behandelt worden, sie ist jedoch von der Rechts- und Interessenlage der Beteiligten vergleichbar mit den dort bereits behandelten Fallgestaltungen zur Freistellungserklärung. Es ist kein Grund für eine hiervon abweichende Behandlung des vorliegenden Sachverhalts ersichtlich.

So hat der BGH in seinem Urteil vom 5.4.2001 (BauR 2001, 1097(1098)) festgestellt, dass mit Ausübung seiner Rechte aus §326 BGB (a.F.) der Auftraggeber seinen Anspruch auf Übertragung des Eigentums und die Rechte aus der hiervon abhängigen Vormerkung verliert, so dass eine Verpflichtung der den Bauträger finanzierenden Bank, zugunsten des Auftraggebers die Freistellung des Grundstücks von der Haftung zu erklären, nicht mehr besteht. Damit geht der BGH ersichtlich davon aus, das Voraussetzung für eine solche Abgabeverpflichtung hinsichtlich einer Freistellungserklärung ein fortbestehender Eigentumsübertragungsanspruch ist, der vorliegend zugunsten des Klägers jedoch wegen der Formnichtigkeit des Bauträgervertrages niemals bestanden hat.

Auch das OLG Nürnberg ist in seinem Urteil vom 3.6.1998 (Az.: 12 U 4241/97, IBR 2000, 172) zu dem Ergebnis gelangt, dass der Käufer bzw. Auftraggeber nach Aufhebung des Kauf- bzw. Bauträgervertrages aus der Freistellungserklärung keine Ansprüche mehr ableiten kann, weil die Pflicht der finanzierenden Bank auf Freistellung bzw. Rückzahlung des Teilkaufpreises erloschen ist (Bl. 224 d.A.). Damit wurde die gleichlautende vorangegangene Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth vom 5.11.1997 bestätigt, die zur Begründung ebenfalls darauf abgestellt hafte, dass die Verpflichtung zur Freistellung weggefallen ist, weil der dortige Käufer seinen Eigentumsverschaffungsanspruch gegen die Bauträgerin aufgegeben hatte. Hier wurde also ebenfalls ein fortbestehender Eigentumsverschaffungsanspruch als Voraussetzung einer Verpflichtung aus der Freistellungserklärung angesehen.

Die vorstehenden Entscheidungen haben auch Zustimmung in der Literatur gefunden.

So hat Basty (MittBayNot 2000, 507 (508)) ebenfalls die Auffassung vertreten, dass - ungeachtet der grundsätzlichen Selbständigkeit der Freistellungserklärung neben dem Bauträgervertrag - der Anspruch auf Lastenfreistellung aus dem Freigabeversprechen ins Leere geht, wenn der Käufer seinen Anspruch auf lastenfreien Erwerb des Vertragsobjektes verloren hat. Zur Begründung hat Basty angeführt, dass der Käufer an der Löschung des Grundpfandrechts bzw. einer Pfandfreigabe nur ein Interesse habe, wenn und solange er einen Anspruch auf Eigentumsverschaffung hat, was sich mit den vorgenannten Entscheidungen deckt. Entsprechendes gelte nach Basty auch für einen Rückzahlungsvorbehalt im Freigabeversprechen, auf das sich der Käufer ebenfalls nicht berufen könne. Insoweit handele es sich allein um ein Recht der Bank, und nicht um ein Recht des Käufers oder des Bauträgers, weshalb der Gläubiger damit seine Rechte nicht erweitern könne. Im übrigen sei auch hier Voraussetzung für das Wahlrecht, dass die Primärverpflichtung zur Lastenfreistellung bestehe. Basty kommt daher zu dem Ergebnis, dass die finanzierende Bank vom Käufer bzw. Bauträger durch Aufhebung des Bauträgervertrages nicht zur Rückzahlung unter Berufung auf das Freigabeversprechen gezwungen werden könnte.

In anderem Zusammenhang hat Basty ebenfalls die Ansicht vertreten, dass der Erwerber die Erfüllung des Anspruchs auf Freigabe nur unter der Voraussetzung verlangen kann, dass (noch) ein Anspruch auf Eigentumsverschaffung durch den Bauträger besteht, und dass ein Freigabeversprechen nach § 3 MaBV nicht die Rückzahlungsansprüche nach Aufhebung des Vertrages sichere (Basty, Der Bauträgervertrag, 4. Aufl., 2002, Rdn. 290 und 770).

Die vorstehenden Erwägungen sind überzeugend und auch auf den vorliegenden Sachverhalt eines von Anfang an fehlenden Eigentumsverschaffungsanspruchs wegen Formnichtigkeit des Bauträgervertrages anzuwenden, ja sie müssen hier geradezu erst Recht gelten, weil mangels eines wirksamen Bauträgervertrages nicht nur die Abtretung der angeblichen Zahlungsansprüche der Bauträgerin an die Beklagte, sondern auch die in diesem Zusammenhang abgegebene Freistellungserklärung der Beklagten vom 12.11.1998 ins Leere gehen und damit schon bei ihrer Abgabe gegenstandslos bleiben musste. Diese Freistellungserklärung der Beklagten war dabei sogar von Anfang an nicht geeignet, eine Verpflichtung der Beklagten gegenüber dem Kläger zu begründen, und entfaltete somit zu keiner Zeit Rechtswirksamkeit, was über die oben dargelegten, bereits entschiedenen Sachverhalte noch hinausgeht.

Auch der Verweis des Landgerichts auf den Schutzzweck der Makler- und Bauträgerverordnung führt zu keinem anderen Ergebnis.

Eine unmittelbare Anwendung der MaBV scheidet deshalb aus, weil in § 3 Abs. 1 Ziff. 1 MaBV die Rechtswirksamkeit des Vertrages zwischen dem Bauträger und dem Erwerber vorausgesetzt wird, die hier nicht gegeben ist.

Eine analoge Anwendung kommt wegen Fehlens einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht. Eine bloß "allgemeine" Schutzbedürftigkeit des Erwerbers reicht jedenfalls insoweit zu deren Begründung nicht aus. Bei der vorliegenden Konstellation erscheint zudem eine Abwälzung des Insolvenzrisikos des Bauträgers alleine auf dessen finanzierende Bank weder als geboten noch als gerechtfertigt.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts kommt dem zusätzlichen Umstand, dass vorliegend die Beklagte aufgrund ihres Globalgrundpfandrechts die Zwangsversteigerung der streitgegenständlichen Eigentumswohnung betrieb und diese durch Zuschlagsbeschluss erworben hat, bei der rechtlichen Abwägung kein eigenes Gewicht zu, denn die Beklagte musste hierfür zusätzliche eigene Zahlungen erbringen. Die Rechtslage stellte sich vielmehr auch dann wie oben ausgeführt dar, wenn ein Dritter oder etwa der Kläger das Eigentum der betreffenden Eigentumswohnung im Wege der Zwangsversteigerung (und auf entsprechende Zahlung) erlangt hätte.

Es ist auch nicht gerechtfertigt, wegen der Umstände des vorliegenden Falles der Beklagten die Berufung auf die Formnichtigkeit des Bauträgervertrages zu verwehren. Ein solchermaßen treuwidriges Verhalten der Beklagten im Sinne des § 242 BGB kann nicht festgestellt werden, insbesondere ist ihr nicht nachzuweisen, dass sie selbst von der Formnichtigkeit des Bauträgervertrages ausgegangen wäre und in Kenntnis des Bestehens einer Nichtschuld des Klägers dessen Zahlungen entgegen genommen hätte. Das wird im übrigen nicht einmal vom Kläger behauptet.

Es ist ferner keine Haftung der Beklagten wegen einer etwaigen Verletzung eines Treuhandverhältnisses mit dem Kläger im Hinblick auf die Entgegennahme der beiden Schecks gegeben. Ein solches Treuhandverhältnis wurde außerdem vom Kläger selbst im Hinblick auf den ersten Scheck, der nach der von ihm veranlassten Sperre nicht eingelöst wurde, in Abrede gestellt, und zwar im Gegensatz zur Beklagten, die indessen im Hinblick auf den hier allein maßgeblichen zweiten Scheck vom 7.12.1998 in Höhe von 202.650,00 DM ein etwaiges Treuhandverhältnis nicht dargelegt hat. Insoweit hat auch der Kläger nichts abweichendes vorgetragen.

Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 BGB kommt angesichts der Rechtsprechung des BGH zum bereicherungsrechtlichen Dreiecksverhältnis (BGHZ 105, 365 (368 if.); 122, 46 (50 if.) ebenfalls nicht in Betracht.

Denn auch im Falle einer wirksamen Abtretung des Zahlungsanspruchs an die Bank und des Zuflusses der Zahlung bei dieser ist nach der vorgenannten Rechtsprechung dennoch nur der Bauträger unmittelbar bereichert, nicht aber dessen finanzierende Bank, so dass die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nicht direkt zwischen dem Erwerber und der Bank erfolgt, sondern der Erwerber in seinem Leistungsverhältnis zum Bauträger den bereicherungsrechtlichen Anspruch verfolgen muss.

Die Durchsetzung dieses Bereicherungsanspruchs des Klägers gegen die Bauträgerin ist vorliegend indessen angesichts deren Zahlungsschwierigkeiten zumindest erschwert, wenn nicht unmöglich, was wirtschaftlich gesehen ein unbefriedigendes Resultat darstellt.

Im Ergebnis kann danach dem Kläger ein aussichtsreicher und gehaltvoller Anspruch allein gegen den amtierenden Notar zustehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 ZPO).

Ende der Entscheidung

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