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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 22.01.2003
Aktenzeichen: 23 U 99/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 287
ZPO § 264 Nr. 2
1. Im Rahmen der Kausalität zwischen einer Pflichtverletzung eines Rechtsanwalts und einem Schaden des Mandanten, der dadurch entstanden sein soll, dass der Mandant des Rechtsanwalts einen Vertrag wegen fehlerhafter Beratung des Rechtsanwalts nicht dem Familiengericht zur vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung vorgelegt hat, kommt es im Rahmen des § 287 ZPO grundsätzlich darauf an, wie das zuständige Familiengericht tatsächlich entschieden hätte, es sei denn - wie hier -, dass der zu beurteilende Vertrag bei pflichtgemäßer Ermessensausübung nur noch eine Beurteilung zuließe.

2. Soweit ein Kläger in erster Instanz Feststellung begehrt, dass der Beklagte auf Schadensersatz wegen zukünftig entgangenen Gewinns haftet, und beantragt er in zweiter Instanz hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, Schadensersatz wegen frustierter Aufwendungen zu zahlen, handelt es sich um eine Klageänderung und nicht um einen Übergang vom Feststellungs- zum Leistungsantrag (§ 264 Nr. 2 ZPO), weil es nicht mehr um den gleichen Klagegrund (Lebenssachverhalt) geht.


23 U 99/02

Verkündet am 22.1.2003

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter......

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.12.02

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden - 9 O 231/01 - vom 5. 4. 2002 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 130 % des beizutreibenden Betrags abzuwenden,

wenn nicht die Beklagten vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 212.641,84 € festgesetzt.

Gründe:

Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils vom 5. 4. 2002 in Bl. 128 - 136 d. A. Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO). In diesem Urteil wird die Klage abgewiesen, weil es an der Ursächlichkeit zwischen Pflichtverletzung und Schaden fehle. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung in erster Linie ihren Feststellungsantrag weiter und begehrt in 2. Instanz hilfsweise Zahlung in Höhe von 212.841,41 € (Bl. 151 d. A.). Insoweit wird wegen der Schadensberechnung auf die Seiten 7-11 der Berufungsbegründung in Bl. 156-160 d. A. verwiesen.

Die Berufung ist bereits nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin unbegründet, denn die erstinstanzliche Entscheidung beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Ausgehend von den Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) fehlt es jedenfalls am Ursachenzusammenhang zwischen der von den Beklagten begangenen Pflichtverletzung und dem von der Klägerin mit ihrem Feststellungsantrag geltend gemachten Schaden für eine Haftung der Beklagten aus positiver Forderungsverletzung.

Zwischen den Parteien kam eine entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag (§§ 675, 611 BGB) zustande, aufgrund dessen die Beklagten den ihnen vorgelegten Managementvertrag rechtlich überprüfen sollten. Insoweit kann offen bleiben, ob die Beklagten den konkreten Vertrag im Hinblick auf einen beabsichtigten Vertragsabschluss zwischen der Klägerin und dem minderjährigen D. überprüfen sollten (so die Klägerin) oder nur die generelle Vereinbarkeit der einzelnen Vertragsklauseln mit deutschem Recht im Hinblick auf eine spätere Verwendbarkeit des Vertragstextes gegenüber potentiellen Vertragspartnern der Klägerin (so die Beklagten). Denn die Beklagten konnten aus § 11 Abs. 1 des Managementvertrags (Bl. 44 d.A.) zweifelsfrei erkennen, dass der Vertragstext zumindest auch gegenüber Minderjährigen Verwendung finden sollte. Deshalb oblag den Beklagten im Rahmen ihres Auftrages, auch soweit vom Vortrag der Beklagten ausgegangen werden sollte, die Pflicht, die Klägerin auf die Problematik einer eventuell erforderlichen vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nach §§ 643 Abs. 1, 1822 Nr. 5 BGB hinzuweisen, auch wenn der Vertrag ausländischem Recht unterstellt werden sollte.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 1993, 2045; 2002, 1117, 1118) braucht der Anwalt Vorgänge, die ihm lediglich bei Gelegenheit des Mandats bekannt geworden sind, die jedoch in keiner inneren Beziehung zu der ihm übertragenen Aufgabe stehen, nicht daraufhin zu untersuchen, ob sie Veranlassung zu einem Rat oder Hinweis geben. Jedoch muss der Anwalt den Mandanten auch innerhalb eines eingeschränkten Mandats vor Gefahren warnen, die sich bei ordnungsgemäßer Bearbeitung aufdrängen, wenn er Grund zu der Annahme hat, dass sein Auftraggeber sich dieser Gefahr nicht bewusst ist.

Eine solche Gefahr musste sich den Beklagten im Hinblick auf § 11 Abs. 1 des Managementvertrags aufdrängen. Insbesondere konnten die Beklagten nicht davon ausgehen, dass der Klägerin bewusst sei, dass der Managementvertrag nach deutschem Recht auch dann vormundschaftsgerichtlich genehmigt werden muss, wenn der Vertrag nach Art. 27 Abs. 1 EGBGB schweizerischem Recht - wie von den Beklagten auf S. 7 in ihrem Rechtsgutachten vorgeschlagen- unterstellt wird.

Denn nach Art. 7 Abs. 1 S. 1 EGBGB, Art. 35 IPRG beurteilt sich die Wirksamkeit von Willenserklärungen Minderjähriger nach dem Recht des Staates, dem die minderjährige Person angehört. Art. 7 Abs. 1 S. 1 EGBGB regelt nämlich auch die Folgen mangelnder Geschäftsfähigkeit, zu denen auch die Erforderlichkeit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigungen nach §§ 1643, 1821, 1822 BGB gehören (Palandt/Heldrich, Art. 7 EGBGB R. 5).

Deshalb war das Rechtsgutachten der Beklagten vom 03.09.1998 insoweit fehlerhaft, als in ihm nicht auf die Notwendigkeit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung des Managementvertrags nach §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 5 BGB hingewiesen wurde, sofern der Managementvertrag mit deutschen Minderjährigen abgeschlossen werden sollte. Damit liegt auch zugleich eine objektive- Schadensersatz auslösende -Pflichtverletzung des zwischen den Parteien bestehenden Schuldverhältnisses durch die Beklagten vor. Insoweit können die Beklagten nicht darauf verweisen, dass nicht sie, sondern die Rechtsanwältin H. den Entwurf des Managementvertrags ausgearbeitet habe. Denn dieser Umstand führt lediglich dazu, dass eventuell Rechtsanwältin H. neben den Beklagten als Gesamtschuldnerin auf Schadensersatz haftet.

Der Managementvertrag bedarf nach § 1822 Nr. 5 BGB der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung und nicht nach § 1822 Nr.7 BGB - wie vom Landgericht angenommen-, weil § 1643 Abs. 1 BGB, der die Erforderlichkeit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung für Rechtsgeschäfte Minderjähriger, die unter elterlicher Sorge und nicht unter Vormundschaft stehen, regelt, nur auf § 1822 Nr. 5 verweist, nicht aber auch auf § 1822 Nr. 7 BGB. Vielmehr bedürfen Eltern für die in § 1822 Nr. 7 BGB geregelten Verträge keiner vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, wenn sie solche Verträge für ihre minderjährigen Kinder abschließen.

Nach § 1822 Nr. 5 BGB ist eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung für Verträge, in denen minderjährige Kinder zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet werden und die länger als ein Jahr nach dem Eintritt der Volljährigkeit des Kindes fortdauern sollen, erforderlich. Zu den wiederkehrenden Leistungen im Sinne von § 1822 Nr. 5 BGB gehören auch fortlaufende persönliche Leistungen (MünchKomm/ Schwab, § 1822 R. 40; Soergel/Zimmermann, R.31; RGRK/Dickescheid R. 35; Erman/Holzhauer R. 23).

Deshalb fällt der Managementvertrag unter § 1822 Nr. 5 BGB, weil sich der minderjährige D. in § 3 des Vertrages zu einer Vielzahl fortlaufender persönlicher Leistungen verpflichtete, wie z. B. der Teilnahme an Motorsportrennen und Test- und Trainingsfahrten sowie an Terminen von Sponsoren und an sonstigen öffentlichen Auftritten. Darüber hinaus sollte er für alle Arten der Werbung und des Marketing unter Berücksichtigung schulischer Belange zur Verfügung stehen (§ 6) und sich in optimaler körperlicher Verfassung halten (§ 3 Nr. 5).

Insoweit kann offen bleiben, ob § 1822 Nr. 5 BGB auch auf die Eingehung von Dienst- und Arbeitsverhältnissen Anwendung findet oder solche Verträge abschließend von § 1822 Nr. 7 BGB geregelt werden (in diesem Sinne RGRK/Dickescheid, § 1822 R. 35; Staudinger/Engler R. 84; Palandt/Diederichsen R. 18; Erman/Holzhauer R. 18). Denn bei dem von den Beklagten geprüften Managementvertrag handelt es sich nicht um einen Dienstvertrag, sondern um einen Vertrag eigener Art mit dienstvertraglichem Einschlag. Der Annahme eines Dienstvertrages steht es nämlich entgegen, dass D. keine Vergütung erhalten sollte, was nach § 612 BGB unabdingbare Voraussetzung für die Annahme eines Dienstvertrags im Sinne von §§ 611, 1822 Nr. 7 BGB ist. Vielmehr beteiligte sich sogar der Vater von D. in Höhe von 80.000,-- DM an den Kosten der Ausbildung seines Sohnes.

Da D. am 19.03.1982 geboren wurde und der Managementvertrag bis zum 31.12.2009 laufen sollte, sollte der Vertrag auch über das 19. Lebensjahr von D. hinaus fortdauern.

Trotz des Vorliegens einer objektiven Pflichtverletzung der Beklagten ist der Antrag der Klägerin auf Feststellung, dass der Klägerin Schadensersatz wegen in Zukunft entgehenden Gewinns (§§ 252 BGB, 287 ZPO) zusteht, unbegründet, weil auch nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin ein solcher entgangener Gewinn ausgeschlossen ist. Denn es fehlt am Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung der Beklagten und dem von der Klägerin geltend gemachten entgangenen Gewinn.

Bei einem Schadensersatzanspruch aus Vertragsverletzung gehört der Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Eintritt eines daraus erwachsenen allgemeinen Vermögensschadens nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht mehr zur haftungsbegründenden, sondern zur sogenannten haftungsausfüllenen Kausalität. Für den Nachweis gelten nicht die strengen Beweisführungsvoraussetzungen des § 286 ZPO, sondern die in § 287 ZPO vorgesehenen Beweiserleichterungen (BGH NJW 2000, 509). Nach § 287 ZPO reicht für die richterliche Überzeugungsbildung eine überwiegende, freilich auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit. Das wirkt sich auch auf die Darlegungslast des Geschädigten aus. Es genügt, dass dieser Tatsachen vorträgt und unter Beweis stellt, die für eine Beurteilung nach § 287 ZPO ausreichende greifbare Anhaltspunkte bieten.

Dabei ist nach § 287 ZPO festzustellen, was geschehen wäre, wenn die Beklagten sich vertragsgerecht verhalten hätten und wie die Vermögenslage der Klägerin dann wäre (BGH NJW 2000, 1572, 1573). Hierbei handelt es sich um eine hypothetische Frage (BGH NJW 2000,510), die keinem Beweis zugänglich ist, sondern ein Wahrscheinlichkeitsurteil (Prognose) darstellt.

Zur Ermittlung dieser Prognose ist darauf abzustellen, was die Klägerin getan hätte, wenn sich die Beklagten rechtmäßig verhalten hätten. Wenn die Beklagten die Klägerin auf die Problematik der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung hingewiesen hätten, hätte die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen den Managementvertrag auch im Falle der Unterstellung unter schweizerisches Recht dem zuständigen Familiengericht zur Genehmigung vorgelegt. Eine Genehmigung des Vertrags wäre jedoch nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) erfolgt. Vielmehr wäre eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung mit Sicherheit verweigert worden.

Insoweit ist nämlich darauf abzustellen, wie sich das Familiengericht richtig hätte verhalten müssen. Nur diese Fragestellung entspricht vorliegend § 249 BGB. Zwar handelt es sich bei der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung um eine Ermessensentscheidung (BGH FamRZ 1986, 971, 972), so dass eigentlich darauf abzustellen gewesen wäre, wie sich das zuständige Familiengericht tatsächlich verhalten hätte, wenn der Managementvertrag vorgelegt worden wäre. Dieser Beurteilungsmaßstab gilt aber nicht mehr, wenn die zu beurteilende Fallgestaltung bei pflichtgemäßer Ermessensausübung nur noch eine einzige Beurteilung zuließe (sogenannte Ermessensreduzierung auf Null). Dann ist diese Beurteilung im späteren Schadensersatzprozess zugrunde zu legen (BGH NJW 1996, 842, 843). Denn auch insoweit ist jedenfalls wieder davon auszugehen, dass das Familiengericht sich bei der Ausübung ihres Ermessens pflichtgemäß verhalten hätte.

Der vorgelegte Managementvertrag hätte bei richtiger Ermessensausübung nicht genehmigt werden dürfen, so dass eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben ist mit der Folge, dass eine Auskunft, wie das zuständige Familiengericht entschieden hätte, nicht einzuholen ist.

Das Familiengericht hat im Rahmen des auszuübenden Ermessens die Vereinbarkeit des Rechtsgeschäfts mit den Interessen des Kindes zu prüfen. Dabei hat das Familiengericht eine Gesamtwürdigung vorzunehmen. Neben rein materiellen Interessen können dabei auch unter Umständen eingreifende ideelle Interessen des Kindes zu berücksichtigen sein. Jedoch bedarf es genauer Abwägung, ob ideelle Interessen es rechtfertigen, einen wirtschaftlich nicht vorteilhaften Vertrag zu genehmigen (BGH FamRZ 1986, 972).

Der vorliegende Managementvertrag enthält eine Reihe gravierender Nachteile für den minderjährigen D., so dass eine Genehmigung des Vertrags unter keinem denkbaren Interesse des Minderjährigen in Betracht gezogen werden kann.

Ein solcher Nachteil ist insbesondere die Länge der Laufzeit von elf Jahren. Einen Minderjährigen vom 16. bis zum 27. Lebensjahr derart in seiner Lebensplanung und -gestaltung zu binden, kann durch kein noch so großes Interesse des Minderjährigen, Rennfahrer werden zu wollen, gerechtfertigt sein. Denn ein Minderjähriger muss die Möglichkeit haben, sich jederzeit beruflich umorientieren zu können. In dieser Möglichkeit wird er jedoch erheblich beschnitten, wenn er sich elf Jahre lang derart bindet, wie im Managementvertrag geschehen.

Darüber hinaus stellt auch die Haftungsregelung in § 3 Nr. 9 des Managementvertrags einen gravierenden Nachteil dar. Denn der Minderjährige haftet bereits für jeglichen Verstoß gegen § 3 des Managementvertrages. Dieses Risiko kann ebenfalls nicht durch ein noch so hohes Interesse des Minderjährigen an einer Ausbildung zum Rennfahrer gerechtfertigt sein. Dies gilt auch im Hinblick auf die hohen Kosten der Ausbildung.

Darüber hinaus wird der Minderjährige auch in seiner Persönlichkeitsentfaltung durch die Vielzahl der auf ihn in § 3 des Vertrages überbürdeten Verpflichtungen erheblich eingeschränkt. Auch dies wirkt sich in erheblichem Maß negativ auf die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Managementvertrags aus.

Eine Gesamtwürdigung der vorgenannten Umstände führt deshalb dazu, dass sich das Ermessen des Familiengerichts auf Null reduziert mit der Folge, dass der Vertrag richtigerweise auch durch das Familiengericht nicht hätte genehmigt werden dürfen, weil eine andere Entscheidung ermessensfehlerhaft gewesen wäre.

Danach ist im Rahmen der hypothetischen Betrachtungsweise, was geschehen wäre, wenn die Klägerin den Managementvertrag dem zuständigen Familiengericht zur vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung vorgelegt hätte, davon auszugehen, dass dann eine Genehmigung nicht erfolgt wäre mit der Folge, dass der Klägerin dann auch nicht der mit dem Feststellungsantrag geltend gemachte Schaden - entgangener Gewinn - entstanden wäre, so dass auch die Pflichtverletzung der Beklagten nicht ursächlich gewesen sein kann.

Denn die Klägerin trägt selbst vor, dass sie im Falle der Nichtgenehmigung des Managementvertrags durch das Familiengericht Abstand genommen hätte, mit dem minderjährigen D. einen Managementvertrag zu schließen. Dies hätte zur Folge gehabt, dass der minderjährige D. über 1999 hinaus nicht in Diensten der Klägerin gestanden wäre, und die Klägerin durch den Einsatz von D. als Autorennfahrer auch keinen Gewinn hätte erzielen können, der der Klägerin aufgrund der Pflichtverletzung der Beklagten entgangen sein könnte.

Aber auch dann, wenn der Managementvertrag genehmigt worden wäre, wäre der Klägerin kein entgangener Gewinn als Schaden entstanden, weil der Vertrag auch dann am 31.05.1999 infolge der fristlosen Kündigung durch den Vater des minderjährigen D. beendet worden wäre. Denn im Rahmen der hypothetischen Betrachtung ist auch im Falle der Erteilung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung davon auszugehen, dass das Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Vater des minderjährigen D. eskaliert wäre, weil die Konfrontation nicht auf der fehlenden vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung beruhte, sondern andere Gründe hatte, die auch dann gegeben wären, wenn der Vertrag genehmigt worden wäre. Deshalb liegt es nahe, anzunehmen, dass der Vater des minderjährigen D. den Vertrag auch im Falle der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung gekündigt hätte.

Hierzu wäre er auch nach Art. 404 des Schweizerischen Obligationenrechts (im Folgenden: OR) berechtigt gewesen. Denn es ist davon auszugehen, dass der vormundschaftsgerichtlich genehmigte Managementvertrag auch dem schweizerischen Recht unterstellt worden wäre.

Nach Art. 394 Abs. 2 OR stehen Verträge über Arbeitsleistung, die keiner besonderen Vertragsart des Schweizerischen Obligationenrechts unterstellt sind, unter den Vorschriften über den einfachen Vertrag.

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass der Managementvertrag überwiegend dadurch geprägt war, dass sich der minderjährige D. zur Erbringung von Dienstleistungen/Arbeitsleistungen verpflichtete, ohne als Gegenleistung eine Entlohnung zu erhalten, so dass der Managementvertrag kein Einzelarbeitsvertrag im Sinne von Art. 319 OR ist.

Nach Art. 404 Abs. 1 OR ist ein einfacher Auftrag jederzeit kündbar. Da es sich nach der ständigen Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts (hierzu Berner Kommentar zum Obligationenrecht, 4. Teilband, Der einfache Auftrag, 654-656; Bruno von Buren, schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil, 140) um zwingendes Recht handelt, konnte das Kündigungsrecht nach Art. 404 Abs. 1 OR im Managementvertrag nicht dadurch abbedungen werden, dass die Laufzeit bis zum 31.12.2007 befristet wurde. Vielmehr blieb der Managementvertrag jederzeit widerrufbar.

Aber auch dann, wenn der Managementvertrag deutschen Rechts unterstellt und vormundschaftsgerichtlich genehmigt worden wäre, würde es an der Kausalität fehlen. Zwar wäre dann das jederzeitige Kündigungsrecht aus § 671 BGB infolge der Vereinbarung der Befristung abbedungen gewesen. Aber in diesem Fall hätte der Vater des Minderjährigen den Managementvertrag nach § 242 BGB aus wichtigem Grund kündigen können. Insoweit kann auf die Ausführungen auf Seite 20 unter Nr. 4 im Endurteil des Bezirksgerichts Kreuzungen in Bl. 98 d. A. verwiesen werden. Denn die in diesem Urteil getroffenen Feststellungen rechtfertigen eine fristlose Kündigung nach deutschem Recht.

Soweit die Klägerin mit ihrem im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrag Schadensersatz wegen frustrierter Aufwendungen geltend macht, ist dieser Antrag nach § 533 Abs. 1 ZPO unzulässig. Denn es handelt sich insoweit um eine Klageänderung. Zwar ist der Übergang vom Feststellungsantrag zum Leistungsantrag nicht als Klageänderung nach § 264 Nr. 2 ZPO anzusehen, wenn sich der Leistungsantrag auf den gleichen Klagegrund (Lebenssachverhalt) bezieht (BGH NJW 1994, 2897). Der gleiche Klagegrund ist vorliegend jedoch nicht gegeben.

Denn die Klägerin hat ihren Schaden hinsichtlich des Feststellungsantrags ausschließlich darauf gestützt, dass ihr in Zukunft wegen der fehlenden vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung Gewinn entgehen werde. Demgegenüber stützt sie mit ihrem Leistungsantrag ihren Schaden darauf, dass sie in Erwartung der Wirksamkeit des Managementvertrags Aufwendungen in die Ausbildung des minderjährigen D. zum Rennfahrer gesteckt habe und diese Aufwendungen nunmehr infolge der Unwirksamkeit des Managementvertrags wegen fehlender vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung nutzlos geworden seien. Dies ist ein anderer Lebenssachverhalt, weil es insoweit um einen bereits eingetretenen Schaden geht und nicht - wie im Feststellungsantrag - um einen zukünftigen, und es deshalb darauf ankommt, ob und inwieweit die Klägerin tatsächlich Aufwendungen tätigte.

Die Beklagten haben in diese Klageänderung nicht eingewilligt. Sie ist auch nicht sachdienlich. Denn Sachdienlichkeit liegt nur vor, wenn der bisherige Prozessstoff als Entscheidungsgrundlage verwertbar bleibt und durch die Zulassung der Klageänderung ein neuer Prozess vermieden wird (BGH NJW 2001, 1210, 1211). Der bisherige Prozessstoff genügt jedoch nicht für eine Entscheidung über den hilfsweise geltend gemachten Schadensersatz wegen frustrierter Aufwendungen. Vielmehr bedarf es einer weiteren Sachaufklärung und gegebenenfalls einer Beweisaufnahme. Demgegenüber ist der Hauptantrag abweisungsreif mit der Folge, dass keine Sachdienlichkeit vorliegt.

Darüber hinaus reicht der vom Landgericht festgestellte und einer Entscheidung zugrunde zu legende Sachverhalt (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO) nicht, um über den Schadensersatz wegen frustrierter Aufwendungen abschließend entscheiden zu können (§ 531 Nr. 2 ZPO). Es liegen auch keine konkreten Anhaltspunkte vor, die Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb neue Feststellungen gebieten. Jedenfalls hat die Klägerin solche Anhaltspunkte mit ihrer Berufungsbegründung nicht aufgezeigt (§ 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO).

Anhaltspunkte im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sind insbesondere Verfahrensfehler, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Solche Verfahrensfehler hat das Landgericht nicht begangen. Insbesondere hat das Landgericht nach § 139 Abs. 2 BGB die Klägerin darauf hingewiesen, dass es davon ausgeht, dass der Managementvertrag nicht genehmigungsfähig sei, und diesen Hinweis auch aktenkundig gemacht, ohne dass die Klägerin nach § 139 Abs. 5 ZPO einen Antrag gestellt hat, sich zu diesem Hinweis zu erklären. Deshalb war das Landgericht auch nicht verpflichtet, nach § 156 ZPO die mündliche Verhandlung aufgrund des nicht nachgelassenen Schriftsatzes der Klägerin vom 12. 3. 2002 (Bl. 125/126 d. A.) wieder zu eröffnen. Denn eine Wiedereröffnung aufgrund eines nicht nachgelassenen Schriftsatzes ist nur dann geboten, wenn das Vorbringen in diesem Schriftsatz ergibt, dass es aufgrund eines nicht prozessordnungsgemäßen Verhaltens des Gerichts, insbesondere einer Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) oder des Anspruchs auf rechtliches Gehör, nicht rechtzeitig in den Rechtsstreit eingeführt worden ist (BGH NJW 2000, 142, 143). Daraus folgt zugleich, dass auch neuer Vortrag der Klägerin zur Höhe der von ihr getätigten Aufwendungen nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO zugelassen werden kann, weil dessen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erging nach § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO sind nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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