Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 21.07.2008
Aktenzeichen: 23 W 13/08
Rechtsgebiete: AktG


Vorschriften:

AktG § 246 a
AktG § 246 a Abs. 2
AktG § 327c Abs. 3
AktG § 327c Abs. 4
AktG § 327d
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerden sind zulässig, insbesondere wurden sie fristgerecht erhoben, auch die Beschwerden der Antragsgegner zu 22) und 27). Entgegen der Ansicht der Antragstellerin fehlt den Beschwerden der Antragsgegner zu 17), 18), 19) und 22) nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Denn ebenso wie alle anderen Antragsgegner sind die genannten noch an dem Rechtsstreit über die Anfechtung des Hauptversammlungsbeschlusses vom 29.08.2007 über die Zustimmung zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 26.06.2007 zwischen der X-BankGmbH und der Antragstellerin beteiligt. Zwar fehlt es bei den Antragsgegnern zu 17), 18), 19) und 22) an einem rechtzeitigen Einlegen der Berufung. Da aber zwischen ihnen und den übrigen Antragsgegnern, deren Berufungen in zulässiger Weise eingelegt worden sind, eine notwendige Streitgenossenschaft besteht, können auch sie das Berufungsverfahren weiterhin aktiv betreiben (vgl. Zöller-Vollkommer, Zivilprozessordnung, 26. Aufl. 2007, § 62 ZPO RdN 32 m.w.N.).

Der Sache nach sind die Beschwerden aber unbegründet. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die erhobenen Anfechtungsklagen der Antragsgegner gegen den Beschluss der außerordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom 29.08.2007 über die Zustimmung zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 26.06.2007 zwischen der X-BankGmbH und der Antragstellerin der Eintragung des Vertrags in das Handelsregister nicht entgegenstehen und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen. Der Senat folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die er, um bloße Wiederholungen zu vermeiden, mit den folgenden Ergänzungen Bezug nimmt.

Dem Freigabeverlangen fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Der Senat ist daher mit der bisher zu dieser Frage ergangenen Rechtsprechung, die entweder einen Freigabeantrag bei schon erfolgter Eintragung für ausdrücklich zulässig hält (LG Berlin, ZIP 2007, 1992 f) oder dies wenigstens stillschweigend annimmt (OLG Köln, Beschluss vom 8. März 2007, Az.: 18 W 71/06; LG München I, BB 2006, 459), sowie der ganz überwiegenden Auffassung im Schrifttum - mit der sich das Landgericht auch auseinandergesetzt hat - (Ihrig/Erwin, BB 2005, 1973, 1974 f.; Veil, AG 2005, 567, 573; Kort, BB 2005, 1577, 1581; s. a. Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2005, 388, 393; a. A.. Schütz, NZG 2005, 5, 9; Heidel, Aktienrecht, § 246 a Rdnr. 2) der Auffassung, dass die Antragstellerin aufgrund der Eintragung nicht gehindert ist, ein Freigabeverfahren nach § 246 a AktG zu initiieren, weil sich mit der Freigabe die Rechtswirkung der Eintragung ändert und sie danach den erwähnten Bestandsschutz genießt. Damit wird auch dem vom Freigabeverfahren verfolgten Ziel Rechnung getragen, dem Druck- und Missbrauchspotential von Anfechtungsklagen zu begegnen, welches auch im Hinblick auf eine u. U. drohende Rückabwicklung einer Strukturmaßnahme oder Kapitalerhöhung besteht (vgl. dazu Ihrig/Erwin a. a. O., 1974).

Offensichtlich ist außerdem, dass die hier als Gegenstand des Hauptsacheverfahrens vorgetragenen Nichtigkeitsgründe nicht vorliegen.

Sofern die Antragsgegner einwenden, das Landgericht habe die in § 246 a Abs. 2 AktG genannten Voraussetzungen für die mit dem angegriffenen Beschluss getroffene Freigabeentscheidung unzutreffend beurteilt, kann ihnen nicht gefolgt werden. Offensichtliche Unbegründetheit liegt vor, wenn sich mit hoher Sicherheit vorhersagen lässt, dass die Klage erfolglos bleiben wird (vgl. BT-Drucksache 15/5092 S.29). Dies ist immer dann der Fall, wenn aus der Sicht des zur Entscheidung berufenen Gerichts eine andere Entscheidung als die Abweisung der Klage unvertretbar erscheint (Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 246 a AktG RdN 7 und 8 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Maßgebend hierfür ist die Sicherheit, mit der das zur Entscheidung berufene Gericht die Unbegründetheit der Anfechtungsklage unter den Bedingungen des Eilverfahrens prognostizieren kann. Allein darauf, dass zu einzelnen Rechtsfragen in Literatur und Rechtsprechung auch andere Ansichten vertreten werden, kann es jedenfalls bei der Entscheidung, ob das Tatbestandsmerkmal "offensichtlich unbegründet" zu verneinen ist, nicht ankommen. Entgegen der Ansicht der Antragsgegner lässt sich auch der Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 06.06.2007 (7 W 1407/07) nichts anderes entnehmen. Der von ihnen als maßgeblich angesehene Satz

"Entscheidend ist vielmehr, ob die den Anfechtungsklagen zugrunde liegenden Rechtsauffassung vertretbar und ein Erfolg der Klagen daher zumindest möglich erscheinen."

macht nämlich nur deutlich, dass der Senat unter den Bedingungen des Eilverfahrens noch nicht prognostizieren konnte, welche rechtlichen Standpunkte er zu den Rechtsfragen der Anfechtungsklagen vertreten werde.

Entgegen der erneuten Darstellung der Antragsgegner ist der Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags nicht rechtsmissbräuchlich. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass die Antragstellerin diesen Vertrag mit der X-BankGmbH und nicht mit der Y-BankAG abgeschlossen hat. Das Landgericht hat dies in der angefochtenen Entscheidung überzeugend begründet. Dem ist auch aufgrund des Vorbringens im Beschwerdeverfahren nichts hinzuzufügen.

Der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil in ihm ein außerordentliches Kündigungsrecht (§ 6 Abs. 4) vereinbart worden ist. Dieses Kündigungsrecht verstößt nicht gegen zwingendes Aktienrecht, was im übrigen auch der herrschenden Meinung entspricht (für viele: BGHZ 122, 211 ff; Hüffer, Aktiengesetz. 8. Aufl. 2008, § 297 AktG RdN 8; MüKo-Altmeppen, Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl. 2000, § 297 AktG RdN 49 jeweils mit weiteren Nachweisen).

Auch im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen der Antragsgegner sind die Ausführungen des Landgerichts zu den Beanstandungen, die den Inhalt des Vertragsberichts zum Gegenstand haben, sowie zu den Bewertungsrügen überzeugend. Bei allen inhaltlichen den Vertragsbericht betreffenden Einwendungen handelt es sich im Ergebnis um Bewertungsrügen, die als Anfechtungsgründe ausgeschlossen sind. Entscheidend für diese rechtliche Einordnung der Rügen ist deren Zielrichtung und nicht deren hiervon losgelöster Inhalt. Einziges Ziel der gegenüber dem Vertragsbericht erhobenen inhaltlichen Beanstandungen ist es aber, die Angemessenheit der hierin festgelegten Barabfindung zu erschüttern. Die Überprüfung solcher Beanstandungen gehört aber in das Spruchverfahren.

Ferner trifft es nicht zu, dass der Vertragsbericht den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Entgegen ihrer Darstellung, ist der Inhalt dieses Berichts ausreichend, um den Antragsgegnern auch schon vor der Hauptversammlung das Verstehen der Gründe für den Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags zu ermöglichen und die darin festgelegte Höhe der Barabfindung auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen. Nicht verlangt wird, dass der Vertragsbericht bereits den Nachweis für die Richtigkeit der festgelegten Barabfindung ermöglicht. Ebenso reicht es aus, wenn bei den vorgestellten Alternativen mitgeteilt wird, dass mit ihnen nicht die gleichen steuerlichen Vorteile erreicht werden können, um die wirtschaftliche Entscheidung der Antragstellerin verstehen zu können.

Sofern die Antragsgegner beanstanden, dass es eine unzulässige Parallelprüfung gegeben hat, kann ihnen ebenfalls nicht gefolgt werden. Zwar trifft es zu, dass das Oberlandesgericht Hamm (ZIP 2005, 1457 ff) das parallele Erstellen von Übertragungsbericht und Prüfbericht für nicht sinnvoll angesehen hat, weil der gesetzliche Zweck der Prüfung, nämlich die Wahrung der Schutzinteressen der Minderheitsaktionäre ein Maß an persönlicher, örtlicher und zeitlicher Distanz erfordert, das durch einen ständigen Erfahrungs- und Ergebnisaustausch mit den Geprüften in einer die gebotene Unvoreingenommenheit gefährdenden Weise gestört sein könnte. Richtig ist auch, dass eine Prüfung letztlich erst dann stattfinden kann, wenn ein geschlossener Prüfungsgegenstand, hier der Vertragsbericht des Hauptaktionärs, und nicht nur einzelne Fragmente desselben, die noch der Überarbeitung und Fortschreibung bedürfen, vorliegt.

Gleichwohl ist das Oberlandesgericht Hamm aber zu dem Ergebnis gekommen, dass die Anfechtungsklagen nicht auf diesen Gesichtspunkt der Parallelprüfung gestützt werden können. Hierzu führt das OLG Hamm, dessen Ansicht der Senat teilt, dann aus:

"Denn die Beurteilung der Wirksamkeit des Übertragungsbeschlusses lässt insoweit nur eine formale Betrachtungsweise zu. Erforderlich für den Übertragungsbeschluss ist, dass der Prüfungsbericht durch den vom Gericht bestellten Prüfer erstattet ist, dass er gemäß §§ 327c Abs. 3, 4, 327d AktG vor der Hauptversammlung bekannt gemacht wurde und in der Hauptversammlung ausliegt sowie dass er sich über das Bewertungsgutachten in seiner letzten Fassung und über die Angemessenheit der angeboten Barabfindung verhält. Inhaltliche Mängel und andere Unzuträglichkeiten bei der Abfassung des Prüfungsberichtes können den Übertragungsbeschluss dagegen nicht unwirksam und anfechtbar machen. Das folgt aus der unabhängigen Stellung des gerichtlich bestellten Prüfers. Denn dem gesetzlichen Leitbild folgend ist das Amt des Prüfers persönlich und sachlich unabhängig und weisungsfrei zum Schutze der Minderheitsaktionäre auszuüben. Mit der Unabhängigkeit des Prüfers wäre es unvereinbar, wenn die Gesellschaft oder der Hauptaktionär für eventuelle Fehler der Prüfung einstehen müssten, denn solche Fehler entziehen sich bei wohlverstandener unabhängiger Prüfungstätigkeit der Einflussnahme- und Korrekturmöglichkeit der Gesellschaft und des Hauptaktionärs. Es bestünde für den Hauptaktionär nicht einmal die Möglichkeit, den fehlerhaft arbeitenden, gerichtlich bestellten Prüfer ohne weiteres auszuwechseln. Er kann nur den Bericht des bestellten Prüfers vorlegen."

Diese Überlegungen machen ferner deutlich, dass auch die weiteren Einwände der Antragsgegner gegen den Prüfbericht keinen Erfolg haben können.

Auf das Vollzugsinteresse der Antragstellerin kommt es, da die Anfechtungsklagen offensichtlich unbegründet sind, nicht mehr an.

Die von den Antragsgegnern gerügten Verfahrensmängel rechtfertigen auch keine andere Entscheidung. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nicht gesehen werden. Alle Beteiligten sind in ausreichender Weise zu Wort gekommen. Das Landgericht hat sich auch mit den wesentlichen Argumenten und Behauptungen der Antragsgegner auseinander gesetzt. Nicht notwendig war es, sich mit jedem vorgetragenen Aspekt zu befassen. Durchaus verständlich ist es, dass das Landgericht in einem Eilverfahren nicht näher auf die vergleichenden Betrachtungen zum Pfandrecht und zum Recht der USA eingegangen ist, da diese ohnehin nicht den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag betrafen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 analog ZPO.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 1 und 2 ZPO).

Der Beschwerdewert wurde gemäß §§ 63 Abs. 2 GKG, 3 ZPO, 247 AktG festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück