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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 15.02.2002
Aktenzeichen: 24 U 5/01
Rechtsgebiete: AGB-Spark.
Vorschriften:
AGB-Spark. Ziffer 26 Abs. 2 |
Entscheidung wurde am 12.12.2002 korrigiert: Leitsatz ausgewechselt; Vorschriften geändert
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN URTEIL
Verkündet am 15.02.2002
in dem Rechtsstreit
Der 24. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.02.2002 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 27.10.2000 abgeändert.
Das Versäumnisurteil vom 25.02.2000 wird aufgehoben; die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der durch die Säumnis der Beklagten im Termin vom 25.02.2000 veranlassten Kosten, die der Beklagten zur Last fallen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin ist mit weniger als 20.000,00 beschwert.
Der Tatbestand entfällt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a. F.-.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist begründet. Die Beklagte schuldet der Klägerin keine sofortige Rückzahlung des Darlehens; denn die von der Klägerin erklärte Kündigung des Darlehens greift nicht durch.
1. Eine ordentliche Kündigung war der Klägerin - wie sie nicht in Abrede stellt - nicht eröffnet, da die Parteien den Darlehensvertrag als Ratenkreditverhältnis ausgestaltet hatten.
2. Auch zur außerordentlichen Kündigung war die Klägerin nicht berechtigt, dies weder auf der Grundlage der allgemeinen Regeln noch auf der Grundlage der Ziffer 26 Abs. 2 der AGB-Spark.
a) Allgemein ist der Darlehensgeberin die außerordentliche Kündigung des Darlehensverhältnisses dann eröffnet, wenn es ihr - bei Würdigung aller Umstände des Falles und Abwägung der betroffenen Interessen (BGH NJW 1986, 1928) - nicht zuzumuten ist, das Darlehen weiter bei der Darlehensnehmerin zu belassen und sich mit der Tilgung nach den Vorgaben des Darlehensvertrages abzufinden. Diese Voraussetzungen waren im Verhältnis der Parteien nicht gegeben; im Gegenteil war es der Klägerin ohne weiteres zuzumuten, an den bei Abschluss des Ratenkreditvertrages mit der Beklagten getroffenen Regelungen festzuhalten. Das folgt vor allem daraus, dass die Beklagte die vereinbarten Raten regelmäßig und vertragsgerecht zahlte. So hat es die Beklagte im einzelnen und unter Vorlage von Kontoauszügen dargetan; dem ist die Klägerin in zweiter Instanz nicht mehr entgegen getreten.
Auch außerhalb der konkreten Darlehensbeziehung waren seinerzeit keine tatsächlichen Gründe erkennbar, die die Befürchtung gerechtfertigt hätten, die Beklagte werde das Darlehen nicht dauerhaft zuverlässig bedienen können. Solche Gründe ergaben sich insbesondere nicht daraus, dass die Lebensversicherung, die die Beklagte an die Klägerin verpfändet hatte, gekündigt worden war. Diese Lebensversicherung war gerade erst- zwei Monate vor Begründung des Darlehensverhältnisses - abgeschlössen worden. Nach der Erfahrung des Berufungsgerichts, wie es sie in einer Vielzahl von Prozessen vor allem um Provisionsansprüche von Versicherungsvertretern gewonnen hat, werden Lebensversicherungen vergleichsweise häufig im ersten Jahr ihrer Laufzeit wieder aufgehoben; Zahlungsunfähigkeit ist in diesem Zusammenhang nicht der erfahrungsgemäß kennzeichnende Aspekt. Dass auch die Klägerin aus der Kündigung der Lebensversicherung nicht auf Zahlungsschwierigkeiten bei der Beklagten schließen durfte, wird - um es zu wiederholen - ohne weiteres daraus deutlich, dass die Beklagte die Darlehensraten vertragsgerecht beglich. Geradezu folgerichtig hat die Klägerin in den der Darlehenskündigung voran gehenden Schreiben an die Beklagte keinerlei Zweifel an der Zahlungsfähigkeit der Darlehensnehmerin geäußert.
Die Kündigung der Lebensversicherung schuf auch nicht unter dem Gesichtspunkt einen wichtigen, außerordentlichen Kündigungsgrund, dass mit der Lebensversicherung eine Sicherheit weggefallen wäre, ohne die der Klägerin die Fortsetzung des Darlehensverhältnisses nicht zuzumuten gewesen wäre. Denn als Sicherheit war die Lebensversicherung seinerzeit praktisch wertlos; das wird sehr anschaulich aus dem Schreiben des Versicherers vom 03.03.1999, in welchem der Rückkaufswert der Versicherung mit 369,00 DM angegeben ist.
Ebenso wenig war die Lebensversicherung bei abgewogener Bewertung der Sicherungsinteressen der Klägerin deshalb wirtschaftlich notwendiger Bestandteil des Darlehensverhältnisses, weil diese Lebensversicherung das Todesfallrisiko der Beklagten abzusichern bestimmt war. Denn - auch - dieses Todesfallrisiko war wirtschaftlich praktisch irrelevant - die Beklagte war damals etwa 30 Jahre alt; dass sie irgendwelchen ungewöhnlichen gesundheitlichen Bedrohungen ausgesetzt gewesen wäre, nimmt die Klägerin nicht in Anspruch; statistisch war das Todesfallrisiko während der auf wenige Jahre angelegten Laufzeit des Ratenkreditvertrages derart gering, dass es bei wirtschaftlicher Betrachtung vernachlässigt werden konnte.
b) Auch aus Nummer 26 Abs. 2 AGB-Spark. ergab sich kein Grund zur fristlosen Kündigung des Darlehensverhältnisses. Soweit Ziffer 26 II Abs. 1 den wichtigen Grund dahin formuliert, dass "dem Kündigenden die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung nicht zugemutet werden kann" entspricht diese Definition den allgemeinen Regeln.
Soweit Ziffer 26 II Abs. 2 a auf eine "wesentliche Verschlechterung oder eine erhebliche Gefährdung der Vermögensverhältnisse des Kunden" abstellt, wurde oben das Notwendige festgehalten.
Auch aus Ziffer 26 II Abs. 2 b ergab sich kein Grund zur fristlosen Kündigung: Stellt dieser Passus darauf ab, dass ein Kündigungsgrund insbesondere dann gegeben sei, "wenn der Kunde seiner Verpflichtung zur Bestellung oder zur Verstärkung von Sicherheiten (Nr. 22 I) nach Aufforderung durch die Sparkasse nicht innerhalb angemessener Frist nachkommt,", so greift dies nicht durch. Durch die Aufkündigung des Lebensversicherungsvertrages ergab sich keine wirtschaftlich relevante "Veränderung der Risikolage", wie sie Ziffer 22 l voraussetzt; denn die Lebensversicherung war - wie oben ausgeführt wirtschaftlich praktisch wertlos, und ein greifbares Todesfallrisiko bestand nicht.
3. Eine anteilige Verurteilung der Beklagten zum Ausgleich von nunmehr- zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht - etwa offenen Darlehensraten kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht in Anspruch nimmt, dass derzeit Raten offen stünden. Ganz dementsprechend knüpft das Klagebegehren auch nicht an den Ausgleich laufender, aber offener Raten an. Eine Nachfrage des Berufungsgerichts im Verhandlungstermin blieb ohne Ergebnis.
4. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 344, 708 Ziff. 10, 713 ZPO.
Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO n. F. erachtet das Berufungsgericht für nicht gegeben.
Ende der Entscheidung
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