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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 06.10.2006
Aktenzeichen: 24 U 51/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 241 II
BGB § 280
1. In ihrer Rolle als Kreditgeberin treffen die finanzierende Bank grundsätzlich keine Aufklärungspflichten über die Angemessenheit des ins Auge gefassten Kaufpreises.

2. Auch wenn ein Kundenberater von sich aus mit der "Empfehlung" des Objekts an die Bankkundin herangetreten ist, verbleibt es bei der grundsätzlichen Eigenverantwortlichkeit der Bankkundin in der Prüfung der Werthaltigkeit des Objekts.

3. Ein zum Schadenersatz verpflichtender Umstand liegt nicht darin, dass die Bank der Kundin ihr an sich nicht zustehende Förderkredite aus öffentlichen Mitteln verschafft und damit erst die Finanzierung eines möglicherweise unwirtschaftlichen Vorhabens eröffnet.


Gründe:

1. Die Klägerin erwarb im Jahre 1999 unter Vermittlung der Zeugin Z1 - einer Immobilienmaklerin - ein Anwesen in O1; der Kaufpreis wurde mit 1.700.000,00 DM. Dem Kontakt der Klägerin mit der Zeugin Z1 war ein Gespräch der Klägerin mit einem Bediensteten der Beklagten, dem Zeugen Z2 vorausgegangen; der Inhalt dieses Gesprächs ist streitig. Die Beklagte übernahm die Finanzierung.

Die Klägerin verlangt Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Auskunfts- und Beratungspflichten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; wegen der von ihm gefundenen Gründe sowie der getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil vom 10.01.2006 Bezug genommen.

Mit der Berufung trägt die Klägerin vor, die (Gewerbe-) Immobilie sei zum Zeitpunkt ihres Erwerbes nur 1,1 Millionen DM Wert gewesen. Es sie ihr seitens der Beklagten aus deren - des Zeugen Z2 - Initiative als "Schnäppchen" angeboten worden. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe vertragliche Pflichten verletzt; zwischen ihr und der Beklagten sei - da der Zeuge Z2 ihr das Grundstück angeboten und im Unterschied zu ihr von den wesentlichen Werten Kenntnis gehabt habe - jedenfalls konkludent ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Zudem habe die Beklagte ihre Aufklärungspflichten aus dem Kreditvertrag verletzt, habe über ein eigenes Interesse am Verkauf des Grundstückes nicht hinreichend aufgeklärt, die Klägerin zudem über die maßgeblichen Kaufpreiskriterien getäuscht.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 10.01.2006, AZ 13 0 600/04 (b), zugestellt am 09.02.2006 wird abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Zug um Zug gegen Übertragung des Grundstückes von O1, eingetragen im Grundbuch von O1, Band ..., Blatt ..., 169.911,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2005 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass aus den Darlehensverträgen a über nominal 98.000,00 DM, Darlehen b über nominal 1.000.000,00 DM und Darlehen c über nominal 683.000,00 DM der Beklagten keine Ansprüche zustehen.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von allen Kosten der Übertragung des Grundstücks, eingetragen im Grundbuch von O1, Band ..., Blatt ..., freizustellen,

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es wird festgestellt, dass der Beklagten per 01.01.2005 aus dem Kontokorrentkonto 2163335 und aus den Darlehensverträgen a über nominal 98.00000 DM, Darlehen b über nominal 1.000.000,00 DM und Darlehen c über nominal 683.000,00 DM kein höherer Darlehensrückzahlungsanspruch als insgesamt 407.964,46 € zusteht.

Es wird festgestellt, dass das gemäß Ziffer 1) bestehende Restdarlehen mit Zinsen von 4,8 % p. a. zu verzinsen ist und der Klägerin freisteht, in beliebiger Höhe, jedoch mindestens 3 % p.a. des Darlehensbetrages, in monatlichen Raten zu tilgen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die vor dem Oberlandesgericht gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

2. Die Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin kann weder unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung darlehnsvertraglicher Nebenpflichten noch unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Pflichten aus einem eigenständigen Auskunfts- oder Beratungsvertrag (§§ 280 Abs. 1, 3; 282 BGB) Schadensersatz verlangen.

a) Eine Verletzung darlehnsvertraglicher Aufklärungspflichten - § 241 Abs. 2 BGB - muss die Beklagte sich nicht vorwerfen lassen.

aa) In ihrer Rolle als Kreditgeberin als solcher treffen die finanzierende Bank in der Anbahnung des Kreditverhältnisses gegenüber dem Kreditnehmer grundsätzlich keine Aufklärungspflichten im Hinblick auf das zu finanzierende Projekt, insbesondere über die Angemessenheit des ins Auge gefassten Kaufpreises. Sie darf regelmäßig davon ausgehen, dass die Kundin ihre Entscheidung eigenverantwortlich trifft, die maßgeblichen Wertverhältnisse und ihre eigenen wirtschaftlichen Möglichkeiten selbst beurteilt. Nur ausnahmsweise können sich Aufklärungs- und Hinweispflichten aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann ( BGH WM 1988, 895; 2003, 1710; 2003, 2328; OLG Frankfurt am Main WM 1998, 337; OLG Stuttgart WM 2003, 343).

bb) Für alle diese Aspekte hat sich nichts Durchschlagendes ergeben; dies fällt der mit dem Beweise ausnahmsweise pflichtbegründender Umstände belasteten Klägerin zur Last. Für die Richtigkeit der Annahme der Klägerin, die Beklagte habe einen notleidenden Kredit an die Voreigentümer zu Lasten der Klägerin "umschulden" wollen, ist nach den vom Landgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen nichts geblieben. Es hat auch nicht feststellen können, dass der Zeuge Z2 - der der Klägerin den letztendlich zum Kauf führenden Hinweis gegeben hatte - über "bessere" Erkenntnisse - gewonnen in der Immobilienabteilung seines Hauses - über das Objekt und seinen Verkehrswert verfügt und die Beklagte gleichsam hinter den Kulissen den Gang der Verhandlungen über den Kaufpreis manipuliert hätte. Wegen dieser Aspekte wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen; insbesondere hat das Landgericht dem Zeugen Z2 geglaubt, dass er die Einschätzungen der Immobilienabteilung für angemessen gehalten und dass sein Haus keinen Einfluss auf den Gang der Verhandlungen genommen habe; es hat nichts für die Richtigkeit der Annahme der Klägerin gefunden, dass die Beklagte sich gleichsam in die Rolle einer verdeckt zu Lasten einer Partei handelnden Maklerin begeben habe. Das Berufungsgericht sieht im Lichte der Umstände des Falles nichts, was die Richtigkeit der vom Landgericht aus den protokollierten Aussagen gezogenen Schlussfolgerungen, seine Beweiswürdigung in Frage stellen könnte.

cc) Was in dieser Hinsicht verbleibt, ist die Möglichkeit, dass die in der Immobilienabteilung der Beklagten gewonnenen Einschätzungen zum Verkehrswert zu großzügig waren; dies musste die Beklagte in ihrer - vor allem im Zeugen Z2 repräsentierten - Rolle als Hausbank und Kreditgeberin aber nicht beurteilen können. Da sich nämlich - wie soeben festgehalten - nichts für eine Überschreitung der Rolle der Kreditgeberin hat feststellen lassen, bleiben die Einschätzungen der Immobilienabteilung der Beklagten im Rahmen ihrer kreditgebenden Rolle reine Zufallserkenntnisse, für die die Beklagte in dieser Rolle genauso wenig verantwortlich ist wie für von außenstehender Seite eingebrachte Einschätzungen. Zu verweisen ist - um den Kreis zu schließen - darauf, dass die kreditgebende Bank die Einschätzung des Verkehrswertes eines anzukaufenden und zu finanzierenden Grundstückes der Kundin überlassen darf.

Aus der - von der Klägerin behaupteten - Bezeichnung des Angebots als "Schnäppchen" durfte sie angesichts der im täglichen Sprachgebrauch inflationären, sachlich oft gehaltlosen Verwendung dieses Wortes überhaupt nichts Konkretes schließen; es zeigte für sie bei vernünftiger Bewertung nichts als einen gewissen Überschwang des Sprechers. Soweit die Klägerin meint, die Beklagte habe allein schon dadurch Verantwortung für die Richtigkeit der seitens des Zeugen Z2 geäußerten Einschätzungen übernehmen müssen, weil dieser von sich aus mit der "Empfehlung" des Objekts an sie - ihren Ehemann - herangetreten sei, folgt das Gericht dem nicht: Zum einen gilt hier das Vorstehend Ausgeführte zur grundsätzlichen Eigenverantwortlichkeit der Bankkundin in der Prüfung der Werthaltigkeit eines Objekts; zum anderen würde ein Festhalten der Bank an der Verantwortung für die Folgen eines - wie das Landgericht es aufgrund der Beweisaufnahme festgehalten hat - erkennbar auf begrenzten Informationen beruhenden "Tipps" jedes freie Gespräch zwischen Berater und Kunden unterbinden. Solches kann nicht im wohlverstandenen Kundeninteresse liegen.

dd) Es war auch nicht Aufgabe der Beklagten, die Rentabilität des Projekts im Ganzen zu prüfen; dies war vielmehr Sache der Klägerin, daneben und vor allem ihres Ehemannes, welcher das Grundstück gewerblich nutzen wollte. Die Beklagte musste - was am Rande hinzugefügt sei - ohnehin die Rentabilität und die Zukunftsaussichten des Gewerbebetriebes nicht besser beurteilen können als der Inhaber des Betriebes und sein fachkundiger Berater, sein Steuerberater.

ee) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist ein zum Schadensersatz verpflichtender Umstand auch nicht darin zu sehen, dass die Beklagte der Klägerin - auf der Grundlage des Wunsches der Klägerin zum Erwerb des Anwesens - Förderkredite verschaffte. Beratungspflichten im Zuge der Finanzierung verletzte die Beklagte dadurch schon deshalb nicht, weil die - nach Auffassung der Klägerin durch förmliche Fehler bei der Antragstellung erst ermöglichte - Förderung nicht zu einer wirtschaftlichen Belastung, sondern zu einer wirtschaftlichen Entlastung durch günstigere Kreditbedingungen führte.

Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass die Förderung angesichts ihrer beschränkten wirtschaftlichen Leistungskraft die am Ende gescheiterte Finanzierung erst ermöglicht habe, verweist sie auf einen nur im natürlichen, nicht aber im rechtlichen Sinne kausalen Umstand: Denn die Beachtung der förmlichen Voraussetzungen der Inanspruchnahme oblag der Beklagten nicht im Interesse des Schutzes der Kundin vor wirtschaftlich unvernünftigen Entschlüssen, sondern im Interesse der zweckgerechten Verwendung öffentlicher Förderungsmittel (und der wirklich Berechtigten). Es bestand kein Rechtswidrigkeitszusammenhang.

b) Eine Verletzung eines eigenständigen Auskunfts- oder Beratungsvertrages ist der Beklagten ebenfalls nicht vorzuwerfen. Zwar hat die Beklagte durch den damals für die Finanzierung zuständigen Bankkaufmann Zeugen Z2 die Klägerin im Rahmen seiner Aufgabe hinsichtlich einer Finanzierung beraten. Der von der Klägerin beabsichtigte Kauf des Anwesens erforderte vor allem wegen des im Vergleich zu den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Klägerin und - vor allem - ihres Ehemannes - hohen Kaufpreises eine Prüfung der Aussichten einer förderlichen Abwicklung des gewünschten Kredits. Diese übliche Form der Kreditberatung lässt jedoch keinen Schluss auf einen Rechtsbindungswillen im Sinne eines eigenständigen Beratungsvertrages seitens der Beklagten zu; diese Prüfung gehört vielmehr zum notwendigen wie täglichen Geschäft einer Bank.

3. Das Berufungsgericht erachtet die gesetzlichen Voraussetzungen einer Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) für nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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