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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 31.03.2006
Aktenzeichen: 24 W 24/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 119
1. Soweit das die Prozesskostenhilfe für eine Stufenklage bewilligende Gericht eine Einschränkung der Bewilligung nicht ausgesprochen hat, deckt die Bewilligung den später präzisierten Zahlungsantrag im Umfange des Rechtsschutzziels, wie es der Bewilligung zugrunde lag.

2. Eine Beschränkung auf den Wertumfang, der sich später aus der Auskunft ergibt, findet nicht statt.


Gründe:

1.

Der Kläger ist der leibliche Sohn des im Januar 2001 verstorbenen Herrn A aus dessen erster Ehe mit der - im Oktober 1981 verstorbenen - Mutter des Klägers. Der Nachlass der Mutter bestand im Wesentlichen aus einem mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück. Dieses Grundstück verkaufte der Vater des Klägers später; der Kaufpreis wurde auf ein unter dem Namen der Beklagten - mit der der Vater des Klägers mittlerweile verheiratet war - geführtes Konto eingezahlt; was mit dem Geld geschah, ist bisher nicht geklärt.

Mit der am 14.10.2002 beim Amtsgericht Darmstadt eingereichten Stufenklage verlangte der Kläger zunächst die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung einer Auskunft "über den Verbleib des Grundstücks..." "... sowie über alle entgeltlichen oder unentgeltlichen Rechtsgeschäfte bezüglich dieses Grundstücks und seiner Surrogate...", sowie Zahlung des "sich aus der Auskunft zu 1) ergebenden Pflicht- oder Erbanteils unter Einbezug des Pflichtteilsergänzungsanspruchs". Den Streitwert bezifferte er mit 4.315,97 €.

Mit Beschluss vom 26.09.2003 bewilligte das Amtsgericht Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug. Mit Hinweisbeschluss vom 16.04.2004 wies das Amtsgericht die Parteien darauf hin, es sei "angesichts dessen, dass ein Grundstück verkauft wurde, von einem weitaus höheren Streitwert" auszugehen, und es forderte den Kläger auf, den vermuteten Kaufpreis anzugeben. Mit Verfügung vom 07.06.2004 setzte das Amtsgericht sodann den Streitwert wegen der Gerichtskosten auf 332.339,72 € fest. Es verwies den Rechtsstreit später an das sachlich zuständige Landgericht Darmstadt.

Mittlerweile hat die Beklagte eine Auskunft erteilt; sie hat zum Erlös des Grundstücksverkaufs festgehalten, dass sie ungeachtet der Tatsache, dass der Verkaufserlös zunächst auf ihr Grundstück einbezahlt worden sei, letztendlich nichts aus diesem Erlös erhalten habe.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht "klargestellt, dass die PKH-Bewilligung des Amtsgerichts Darmstadt vom 26.09.2003 lediglich einen Zahlungsantrag in Höhe von 14.433,08 € nebst Zinsen umfasst", und es hat in den Gründen den "darüber hinausgehenden PKH-Antrag... vorsorglich zurückgewiesen".

2.

Der angefochtene Beschluss ist ersatzlos aufzuheben. Denn das Zivilprozessrecht eröffnet eine nachträgliche Einschränkung oder Rücknahme der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 124 ZPO (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 31.10.2005, 2 WF 255/05); diese besonderen Voraussetzungen sind hier ersichtlich nicht gegeben.

Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe, wie sie im Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 16.09.2003 ausgesprochen wurde, erstreckte sich auf den vollen Umfang der angekündigten Anträge; die Bewilligung sah eine Einschränkung nicht vor. So war es auch sachgerecht, da die Prozesskostenhilfe bei der Stufenklage regelmäßig nicht auf die erste Stufe - die "Auskunftsstufe" - beschränkt werden kann (OLG Frankfurt am Main FamRZ 1985, 415; Beschluss vom 31.10.2005, 2 WF 255/05; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Aufl. 2006, § 119 Rz 43).

Eine Beschränkung der Bewilligung zum zweitstufigen Zahlungsantrag auf das, was sich letztendlich aus der Auskunft ergeben werde, ist der Bewilligung nicht zu entnehmen. Zwar scheint der der Bewilligung zugrunde liegende Klageantrag zu 2) in seinem Wortlaut auf eine solche Beschränkung hinzudeuten, war der Antrag doch formuliert "an den Kläger den sich aus der Auskunft zu 1) ergebenden Pflicht- oder Erbanteil... zu zahlen". Eine am Wortlaut des Antrages orientierte Auslegung könnte daher den Schluss tragen, dass die Bewilligung - folgerichtig - nur den "sich aus der Auskunft... ergebenden... Anteil", den sich aus der Auskunft ergebenden Zahlungsanspruch erfasse.

Eine solche rein am Wortlaut orientierte Auslegung wird der Sachlage aber nach Einschätzung des Beschwerdegerichts nicht gerecht: Denn die Klage wurde zentral darauf gestützt, dass der Kläger vermutete, die Beklagte verheimliche, dass sie die Früchte des Grundstücksverkaufs vereinnahmt habe; für das Beschwerdegericht besteht nach dem gesamten Inhalt der Klageschrift kein Zweifel daran, dass der Kläger schlichtweg all das ausgezahlt haben wollte, was die Beklagte aus dem - so seine Sicht - bislang verheimlichten Vorgang erlöst habe, was- so die anschauliche Formulierung des Klägers - "vor dem Tode beiseite geschafft wurde". Nur am Rande sei festgehalten, dass auch das die Prozesskostenhilfe bewilligende Amtsgericht dies -die Bedeutung dieses Rechtsschutzziels für die Streitwertbemessung - letztendlich so sah.

Allgemeine Grundsätze stehen der Auslegung des Umfangs der Bewilligung nach dem - seinerseits - durch Auslegung ermittelten Rechtsschutzziel der klagenden Partei nicht entgegen. Ist nämlich - wie ausgeführt - eine abschnittsweise Bewilligung der Prozesskostenhilfe im Verfahren über die Stufenklage unzulässig, so bedingt die zwangsläufig alle Stufen erfassende Bewilligung ganz notwendig die Gefahr, dass die Auskunft ein Weniger an Leistungsanspruch ausweist, als Gegenstand der Klage und der Bewilligung war. Da aber im Prozesskostenhilfeverfahren stets eine hinreichende Erfolgsaussicht Grundlage der Bewilligung ist, ist so lange, wie das die Prozesskostenhilfe bewilligende Gericht keine Einschränkung der Bewilligung zum Zahlungsantrag formuliert, die Bewilligung - eben - eine umfassende (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 31.10.2005, 2 WF 255/05; Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2004, § 119 Rz 6 m. w. N. pro und contra; abw. Philippi in Zöller, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 114 Rz 37 a). Eine solche Einschränkung der Bewilligung zum Umfang des Zahlungsantrages wäre dem bewilligenden Gericht ungeachtet des Verbots nur abschnittsweiser Bewilligung eröffnet; hat es nämlich zu prüfen, ob die Erfolgsaussicht zur Bewilligung der Prozesskostenhilfe hinreicht, so hat es notwendigerweise auch zu prüfen, in welchem Umfang sie hinreicht.

Das Ergebnis dieser Prüfung kann es im Rahmen der Stufenklage beispielsweise dadurch zum Ausdruck bringen, dass es vor der Bewilligung der Prozesskostenhilfe den Streitwert festsetzt (OLG Frankfurt am Main NJW-RR 1991, 1412; Beschluss vom 31.10.2005, 2 WF 255/05; OLG München FamRZ 1993, 594; Bork a. a. O.).

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