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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 03.11.2006
Aktenzeichen: 25 U 30/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 601
BGB § 683
BGB § 670
BGB § 812
Der Bereicherungsanspruch desjenigen, der auf einem fremden Grundstück Aufwendungen in der Erwartung macht, ihm werde das Grundstück dauerhaft unentgeltlich zur Nutzung überlassen, bemisst sich nur nach den Vorteilen, die der Eigentümer daraus erzielt, dass er das Objekt vorzeitig zurückerhält, indem er etwa nunmehr einen höheren Mietzins erzielt, wogegen die gegebenenfalls eingetretene Werterhöhung des Grundstücks nicht maßgeblich ist.
Gründe:

I.

Die Klägerin ist die Ehefrau des Streithelfers und Schwiegertochter der Beklagten.

Im Jahre 1980 gestattete die Beklagte der Klägerin und dem Streithelfer auf dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück ...weg ... in O1 die Errichtung eines unterkellerten Fertighauses. Noch vor Durchführung des Bauvorhabens nahm die Beklagte von einer ins Auge gefassten Übertragung des Eigentums an dem Grundstück auf die Klägerin und den Streithelfer Abstand. Das Bauvorhaben finanzierten die Klägerin und der Streithelfer durch Aufnahme eines Darlehens in Höhe von 200.000 DM, das unter anderem durch eine zu Lasten des Grundstücks der Beklagten mit deren Einwilligung bestellte Grundschuld abgesichert wurde.

Das errichtete Fertighaus bewohnten die Klägerin und der Streithelfer in der Folgezeit gemeinsam. Im Jahre 2003 trennte sich der Streithelfer von der Klägerin und zog aus dem Haus aus. Seitdem wird das Haus nebst Grundstück von der Klägerin allein bewohnt und genutzt.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von Wertersatz in Höhe von 50.000 Euro, hilfsweise auf Zahlung eines monatlichen Wertersatzes in Höhe von 350 Euro ab ihrem Auszug, hilfsweise auf Einräumung eines lebenslänglichen Nießbrauchsrechts zu ihren Gunsten und zugunsten des Streithelfers und schließlich hilfsweise auf Gestattung der Wegnahme des Hauses in Anspruch genommen.

Zur Begründung hat die Klägerin angeführt, das Grundstück der Beklagten habe durch den Hausbau bis heute eine Werterhöhung von mindestens 100.000 Euro erfahren. Insoweit hat die Klägerin die Auffassung vertreten, von diesem Betrag stehe ihr die Hälfte zu, weil rechtlicher Grund und Geschäftsgrundlage für den Hausbau ihr eheliches Zusammenleben mit dem Streithelfer gewesen sei. Beides sei mit dem Auszug des Streithelfers und der Trennung von ihr weggefallen.

Die Beklagte hat das von der Klägerin hilfsweise geltend gemachte Begehren, ihr und dem Streithelfer zu gestatten, das Haus nebst Einrichtungen vom Grundstück zu entfernen, anerkannt und bezüglich der weiter von der Klägerin gestellten Anträge beantragt, die Klage abzuweisen.

Im Übrigen wird hinsichtlich des diesem Rechtsstreit zugrundeliegenden Sachverhalts auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil vom 21.12.2005 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Durch dieses Teilanerkenntnis- und Schlussurteil, auf dessen Entscheidungsgründe ebenfalls Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte ihrem Anerkenntnis gemäß verurteilt, es der Klägerin und dem Streithelfer zu gestatten, das Haus nebst Nebeneinrichtungen vom Grundstück zu entfernen. Die weitergehende Klage hat das Landgericht abgewiesen und zur Begründung angeführt, der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von Wertersatz in Höhe eines einmaligen Betrages von 50.000 Euro oder in Form monatlicher Beträge von 350 Euro ab ihrem Auszug aus dem streitgegenständlichen Haus weder als Aufwendungsersatz aus einem zwischen den Parteien bestehenden Leihverhältnis noch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage und auch nicht nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften zu. Ebensowenig könne die Klägerin von der Beklagten die Einräumung eines lebenslänglichen Nießbrauchsrechts verlangen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie dessen Abänderung und Verurteilung der Beklagten über das Teilanerkenntnisurteil hinaus begehrt,

an sie, zahlbar jeweils zum Ende eines jeden Monats, fällig erstmals zum ersten des auf ihren Auszug folgenden Monat, einen monatlichen Wertersatz in Höhe von zur Zeit 350 Euro pro Monat zu zahlen,

hilfsweise

an sie 50.000 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12. März 2005 zu zahlen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die fristgerecht nach Zustellung des landgerichtlichen Urteils (16.01.2006) am 16.02.2006 eingelegte und innerhalb der bis zum 18.04.2006 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 04.04.2006 begründete Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO).

Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder einen - im vorliegenden Berufungsverfahren als Hauptantrag geltend gemachten - Anspruch auf Zahlung eines monatlichen Wertersatzes in Höhe von 350 Euro noch einen Anspruch auf Zahlung von 50.000 Euro, den sie nunmehr hilfsweise weiterverfolgt.

Die Klage ist unschlüssig. Der Klägerin stehen bereits aufgrund ihres eigenen unstreitigen Tatsachenvortrages unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt entsprechende Zahlungsansprüche zu.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte zunächst keinen Anspruch auf Zahlung von Wert- bzw. Verwendungsersatz gemäß §§ 601 Abs. 2 S. 1, 683, 670 BGB.

Zwar ist zwischen den Parteien ein Leihvertrag im Sinne von §§ 598 ff. BGB zustande gekommen, indem die Beklagte der Klägerin und dem Streithelfer ihr Grundstück ...weg ... in O1 zur Bebauung und unbeschränkten Nutzung zur Verfügung gestellt hat, womit § 601 BGB anwendbar ist, der die Verpflichtung des Verleihers zum Ersatz der vom Entleiher gemachten Verwendungen regelt.

Ein Verwendungsersatzanspruch gemäß §§ 683, 670 BGB, worauf § 601 Abs. 2 S. 1 BGB verweist, scheidet aber schon deshalb aus, weil weder die Klägerin noch der Streithelfer im Zeitpunkt der auf das Grundstück der Beklagten gemachten Verwendungen, d. h. bei Errichtung des unterkellerten Fertighauses, den Willen und die Absicht hatten, von der Beklagten Ersatz zu verlangen (§ 685 Abs. 1 BGB).

Von einem entsprechenden Verzichtswillen ist vorliegend deshalb auszugehen, weil die Klägerin und der Streithelfer das Fertighaus im eigenen Interesse errichtet haben, nämlich um Wohn- und Lebensraum für sich als Eheleute zu schaffen. Dass die Klägerin demgegenüber gleichwohl die Absicht hatte, von der Beklagten für die Errichtung des Fertighauses auf ihren Grundstück Ersatz zu verlangen, lässt sich ihrem Vorbringen nicht entnehmen.

Die fehlende Absicht der Klägerin und des Streithelfers, von der Beklagten keinen Ersatz zu verlangen, führt zu einem umfassenden Ausschluss aller Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag, sei es gemäß § 683 BGB, sei es gemäß §§ 684 S. 1, 812 ff. BGB (vgl. BGH NJW 1985, S. 313 (314); NJW 1989, S. 2745 (2746)).

Das hat das Landgericht in jeder Hinsicht zutreffend festgestellt. Den Ausführungen des Landgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils vom 21.12.2005 schließt sich der Senat in vollem Umfange an.

Zahlungsansprüche gegen die Beklagte nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (jetzt § 313 BGB) stehen der Klägerin aus den vom Landgericht im angefochtenen Urteil angeführten Gründen, denen der Senat ebenfalls rückhaltlos folgt, von vornherein nicht zu.

Die geltend gemachten Zahlungsansprüche kann die Klägerin auch nicht auf § 812 Abs. 1 BGB stützen, weil es schon an einer feststellbaren Bereicherung der Beklagten fehlt. Die Klägerin bewohnt nämlich nach wie vor das auf dem Grundstück der Beklagten errichtete Fertighaus und hat das Grundstück insgesamt im Besitz.

Hierneben steht einem bereicherungsrechtlichen Anspruch der Klägerin auf Wertersatz bzw. Erstattung des Betrages, um den sich der Wert des Grundstücks der Beklagten durch die Errichtung des Fertighauses erhöht hat, entgegen, dass die Beklagte selbst bei Bestehen eines Bereicherungsanspruches zugunsten der Klägerin dem Grunde nach Wertersatz in der begehrten Form nicht zu leisten hätte.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der der Senat folgt, bemisst sich der Bereicherungsanspruch desjenigen, der auf einem fremden Grundstück Aufwendungen in der Erwartung macht, ihm werde das Grundstück dauerhaft unentgeltlich zur Nutzung überlassen, nur nach den Vorteilen, die der Eigentümer daraus erzielt, dass er das Objekt vorzeitig zurückerhält, indem er etwa nunmehr einen höheren Mietzins erzielt, wogegen die gegebenenfalls eingetretene Werterhöhung des Grundstücks nicht maßgeblich ist (vgl. BGH NJW 1985, S. 313 (315); BGH NJW 1990, S. 1789 (1790). Solche ausgleichspflichtigen Vorteile hat die Beklagte vorliegend nicht gezogen, weil die Klägerin, wie bereits ausgeführt, sowohl das Wohnhaus als auch das Grundstück noch im Besitz hat.

Nur wenn sich dem Vortrag der Klägerin entnehmen ließe, dass sie und der Streithelfer das Fertighaus auf dem Grundstück der Beklagten in Erwartung eines künftigen Eigentumserwerbs des Grundstücks errichtet haben, wäre als Maßstab für einen Bereicherungsanspruch insoweit auf die Erhöhung des Verkehrswertes des Grundstücks abzustellen (BGH WM 1961, S. 700 (703); BGH NJW 1966, S. 540 (542)). Dem steht indes das eigene Vorbringen der Klägerin entgegen, wonach die Beklagte schon vor Baubeginn von einer ins Auge gefassten Übertragung des Eigentums an dem Grundstück auf die Klägerin und den Streithelfer Abstand genommen hat, so dass von vornherein klar war, dass der Erwerb des Eigentums am Grundstück durch die Klägerin und den Streithelfer nicht stattfinden würde. Letztlich lag damit den von der Klägerin und dem Streithelfer auf das Grundstück gemachten Verwendungen (Errichtung des Fertighauses) gerade nicht die Erwartung eines späteren Eigentumserwerbs am Grundstück zugrunde.

Außerdem scheitern Bereicherungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte auch aus anderen Gründen.

Einem auf § 812 Abs. 1 Satz 2, 1. Altern. BGB gestützten Zahlungsanspruch steht entgegen, dass der rechtliche Grund für die von der Klägerin und dem Streithelfer getätigten Verwendungen nicht weggefallen ist.

Der rechtliche Grund für die Errichtung des Fertighauses auf dem Grundstück der Beklagten, das hierdurch zweifelsfrei eine Wertsteigerung erfahren haben dürfte, war der zwischen den Parteien abgeschlossene Leihvertrag. Der Leihvertrag besteht trotz des Auszuges des Streithelfers aus dem Haus und Trennung von der Klägerin im Jahre 2003 jedenfalls zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits unverändert fort, so dass sich die Klägerin nicht auf den Wegfall des rechtlichen Grundes berufen kann. Dieser ist nach wie vor gegeben (vgl. hierzu allgemein: Palandt-Sprau, BGB, 65. Aufl. 2006, § 812 BGB Rdn. 80; BGHZ 111, 125 ff.).

Gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Altern. BGB kann die Klägerin einen Bereicherungsanspruch ebenfalls nicht geltend machen, weil der mit der Errichtung des Fertighauses auf dem Grundstück der Beklagten verfolgte Zweck, nämlich die Nutzung als gemeinsames Heim bzw. Ehewohnung, eingetreten ist. Unstreitig haben die Klägerin und der Streithelfer das Fertighaus seit dem Jahr 1980 bis zum Jahr 2003 gemeinsam 13 Jahre genutzt, was das Landgericht ebenfalls zutreffend festgestellt hat.

Schließlich stehen der Klägerin die geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht gemäß §§ 946, 951 BGB zu.

Ein Bereicherungsausgleich wegen eines Eigentumsverlustes nach § 946 BGB erfordert den vollen Tatbestand der Eingriffskondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Altern. BGB. Dagegen wird der Rechtserwerb nach § 946 BGB aufgrund einer Leistung an den Erwerbenden nicht von §§ 951 Abs. 1 S. 1, 812 Abs. 1 BGB erfasst (vgl. hierzu allgemein: Palandt-Bassenge, a. a. O., § 951 BGB Rdn. 2, 4 mit weiteren Nachweisen). So liegen die Dinge aber hier. Die Klägerin und der Streithelfer haben das Fertighaus selbst auf dem Grundstück der Beklagten errichtet. Der hierdurch nach § 946 BGB eingetretene Rechtsverlust - das Fertighaus ist mit seiner Errichtung wesentlicher Bestandteil des Grundstücks der Beklagten geworden ( § 94 BGB) und in ihr Eigentum übergegangen ( § 946) - beruht damit auf ihrer Leistung und ist nicht in sonstiger Weise erfolgt.

Weitere Anspruchsgrundlagen sind für das Begehren der Klägerin nicht ersichtlich, so dass die von ihr im Berufungsverfahren weiterverfolgte Klage unbegründet ist.

Demgemäß war die Berufung der Klägerin gegen das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Landgerichts in vollem Umfange zurückzuweisen.

Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, weil ihre Berufung ohne Erfolg geblieben ist.

Das gilt auch hinsichtlich der dem Streithelfer entstandenen Kosten, nachdem dieser dem Rechtsstreit auf Seiten der obsiegenden Beklagten beigetreten ist (§ 101 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, weil der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.

Ende der Entscheidung

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