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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 25.02.2003
Aktenzeichen: 25 W 89/02
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 890 |
25 W 89/02
Entscheidung vom 25. Februar 2003
25. Zivilsenat in Kassel
In dem Ordnungsmaßnahmen-Verfahren
...
hat der 25. Zivilsenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...... , Richterin am Oberlandesgericht ..... und Richter am Amtsgericht ....... am 25.Februar 2003
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortigen Beschwerden der Schuldnerin werden - der Beschluß der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kassel vom 27.Mai 2002, durch welchen gegen die Schuldnerin wegen Zuwiderhandlung gegen die einstweilige Verfügung vom 5.Juni 2001 ein Ordnungsgeld von 7.500 €, ersatzweise für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 250 € einen Tag Ordnungshaft, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer der Schuldnerin T. als gesetzlichem Vertreter, verhängt worden ist, der Beschluß der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kassel vom 1.November 2002, durch welchen die Schuldnerin wegen weiterer Zuwiderhandlung gegen die oben genannte einstweilige Verfügung ein weiteres Ordnungsgeld in Höhe von 15.000 €, ersatzweise für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 250 € einen Tag Ordnungshaft, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer der Schuldnerin T. als gesetzlichem Vertreter, verhängt worden ist, aufgehoben.
Die diesen Beschlüssen zugrunde liegenden Bestrafungsanträge der Gläubigerin vom 18.4.2002 und vom 3.6.2002 werden abgelehnt.
Die Kosten der beiden Verfahren, zu berechnen nach einem Gegenstandswert von 22.500 €, werden der Gläubigerin auferlegt.
Gründe:
Durch Beschluß der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kassel vom 5.Juni 2001 ist gegen die Schuldnerin eine einstweilige Verfügung ergangen, durch welche ihr bei Meidung von Ordnungsmitteln untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszecken in Verbindung mit einer für ein Komplettdach unvollständige Nennung von Teilleistungen mit einem Festpreis zu werben.
Wegen Zuwiderhandlung gegen die in der einstweiligen Verfügung genannte Unterlassungspflicht verhängte die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kassel am 19.September 2001 gegen die Schuldnerin ein Ordnungsgeld von 10.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft. Ihre gegen diesen Ordnungsgeldbeschluß eingelegte sofortige Beschwerde vom 1.10.2001 hat die Schuldnerin mit Schriftsatz vom 7.11.2001 zurückgenommen.
Auf Antrag der Gläubigerin hat das Landgericht Kassel 1.Kammer für Handelssachenam 27.Mai 2002 ein weiteres Ordnungsgeld in Höhe von 7.500 , ersatzweise für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 250 € einen Tag Ordnungshaft, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer der Schuldnerin T. als gesetzlichem Vertreter, verhängt. Gegen diesen ihr am 6.Juni 2002 zugestellten Ordnungsgeldbeschluß hat die Schuldnerin am 14.6.2002 sofortige Beschwerde eingelegt. Dieser Beschwerde hat das Landgericht Kassel 1. Kammer für Handelssachen- durch Beschluß vom 25.Oktober 2002 mit ausführlicher Begründung die Abhilfe versagt.
Auf weiteren Antrag der Gläubigerin hat das Landgericht Kassel 1. Kammer für Handelssachen- durch Beschluß vom 1.November 2002 ein weiteres (drittes) Ordnungsgeld in Höhe von 15.000 , ersatzweise für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 250 € einen Tag Ordnungshaft, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer der Schuldnerin T. als gesetzlichem Vertreter, verhängt. Diesen Beschluß hat die Schuldnerin mit sofortiger Beschwerde vom 8.November 2002 angegriffen. Auch dieser sofortigen Beschwerde hat das Landgericht die Abhilfe verweigert (durch Beschluß vom 30.Dezember 2002) und zur Begründung auf seine früheren Ausführungen verwiesen.
Die beiden sofortigen Beschwerden der Schuldnerin gegen die Ordnungsgeldbeschlüsse des Landgerichts Kassel vom 27.Mai 2002 und vom 1.November 2002 sind statthaft (§ 793 ZPO) und auch im übrigen zulässig. Sie haben auch in der Sache Erfolg.
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluß des Landgerichts Kassel vom 27. Mai 2002 ist in der Sache gerechtfertigt, da die diesem Ordnungsgeldbeschluß zugrunde gelegten Werbeanzeigen der Schuldnerin im "Extra Tip" vom 7.4.2002 und in der "HNA" vom 8.4.2002 tatsächlich nicht gegen die Unterlassungsverfügung verstießen.
Die Unterlassungsverfügung verbot der Schuldnerin nämlich nur eine Bewerbung ihrer Umdeckungsangebote mit der Bezeichnung eines Festpreises, da irreführender Weise der "Festpreis" nur Teilleistungen, nicht aber alle für ein Komplettdach notwendigen Teilleistungen abdecke. Demgegenüber kommt in dem den Beschluß vom 27.Mai 2002 zugrunde gelegten Werbeaussagen der Schuldnerin vom 7. und 8. April 2002 der Begriff "Festpreis" überhaupt nicht mehr vor. Der Senat mag der Auffassung des Landgerichts, die Schuldnerin habe "erneut die streitgegenständliche Werbung" gebracht, weil das Angebot über Dachdeckerarbeiten nicht den notwendigen Zusatz auf eine gesonderte Vergütung zusätzlich notwendiger Leistungen enthalte, wie zum Beispiel Rinnenanschlüsse und Schieferarbeiten im Gaubenbereich". In der einstweiligen Verfügung wird nur ein Verstoß gegen das Verbot "mit einem Festpreis zu werben" mit Ordnungsmaßnahmen gedroht. Der Senat vermag auch nicht die im Nichtabhilfebeschluß der Kammer vertretene Auffassung zu teilen, auch die Werbung ohne den Begriff Festpreis lasse den Tatbestand der Festpreiswerbung nicht entfallen. Da die in § 890 vorgesehenen Ordnungsmaßnahmen auch strafrechtliche Elemente enthalten (vgl. Bundesverfassungsgericht NJW 1991, 3139) und daher auch nur bei Verschulden des Schuldners in Bezug auf eine klare, tatbestandlich zuvor fest bestimmte Verhaltenspflicht verhängt werden dürfen, verbietet sich eine so weite Interpretation der Unterlassungsverfügung, wonach auch Werbeanzeigen ohne "Festpreise" Festpreis-Werbung darstellen. Zwar darf andererseits zur Vermeidung von Unredlichen Ungehungstricks auch nicht immer am buchstäblichem Wortlaut der Unterlassungsverfügung festgehalten werden, so daß über die im Tenor der einstweiligen Verfügung genannten Unterlassungsverpflichtungen hinaus auch solche Verletzungshandlungen vom Verbot erfaßt sich, die der redliche Geschäftsverkehr als gleichwertig ansieht (v gl. Zöller-Stöber, ZPO, 23. Aufl., Anm. 3 a zu § 890). Aber auch unter dem Gesichtspunkt, daß es für die Verhängung von Ordnungsmaßnahmen hinreicht, daß ein Verstoß gegen den Kern der in der einstweiligen Verfügung enthaltenen Unterlassungspflicht erfolgt, ist entgegen der Auffassung des Landgerichts schon generell die Werbung mit Preisen "ab ....(einem bestimmten Betrag)" für eine Reihe einzeln aufgeführter Leistungen, die zudem noch teilweise durch den Zusatz "zum Beispiel..." als Bestandteil eines Rechenbeispieles aufgeführt werden, nicht nur nicht dem Worte, sondern auch der Sache nach nicht als Werbeaussage zu qualifizieren, die im Kern mit einer Festpreiswerbung identisch ist. Der Zusatz "ab" zeigt gerade, daß die Umdeckungsarbeiten im Einzelfall auch mehr kosten können. Andererseits trifft aber auch die Überlegung des landgerichtlichen Nichtabhilfebeschlusses nicht zu, daß der genannte Mindestpreis ("ab") auch "im denkbaren Idealfall" nie gelte, weil auch dann "weitere Nebenkosten hinzu (kämen), so daß der angegebene ab-Preis schlichtweg nicht stimme, der Kunde vielmehr die zum "ab-Preis" angebotenen Leistungen nicht bekomme. Denn die Schuldnerin hat durch substantiierte Darstellung ihrer Vertragsabwicklungen in den Fällen der Kunden K, G, B, B, L und E dargestellt, daß diese Kunden durchaus entsprechend dem angebotenen "ab"-Preis bedient worden sind. Die Gläubigerin hat die Behauptungen der Schuldnerin zu diesen Fallbeispielen nicht bestritten (sondern nur generell als unmaßgeblich hingestellt).
Auch die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Ordnungsgeldbeschluß vom 1.November 2002 ist in der Sache begründet. Die in diesem Beschluß zugrunde gelegten Werbeanzeigen der Schuldnerin vom 22. und 29.5. 2002 in der "HNA" sowie am 29.5.2002 im "Extra Tip" sowie vom 2. und 9.September 2002 in der "HNA" enthalten wiederum den Begriff "Festpreis" nicht und gleichen inhaltlich den Anzeigen vom 7. und 8.April 2002 sie enthalten daher, wie schon oben ausgeführt, auch der Sache nach keine der Schuldnerin verbotene Festpreiswerbung.
Da die Gläubigerin mit ihren Anträgen auf Verhängung von Ordnungsgeldern in den beiden streitgegenständlichen Fällen unterliegt, hat sie gemäß § 91 ZPO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes folgt § 3 ZPO.
Ende der Entscheidung
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