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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 10.04.2008
Aktenzeichen: 26 Sch 42/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 2039
ZPO § 1060
Steht auf Seiten der Schiedskläger eine Erbengemeinschaft, so ist jeder Miterbe befugt, alleine die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs zu beantragen.
Gründe:

I.

In dem vorangegangenen Schiedsgerichtsverfahren nahmen Frau A X (frühere Schiedsklägerin zu 1.) und der Schiedskläger zu 2. als Erbengemeinschaft den Schiedsbeklagten u. a. auf Auszahlung eines gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungsguthabens bezüglich der B GmbH und Co. KG in Anspruch. Die Schiedsklage wurde im Januar 2006 erhoben. Mit Schreiben vom 25.10.2006 erklärte der Schiedsbeklagte die Kündigung der Schiedsgerichtsabrede, da sich die Schiedsklägerpartei mit der Zahlung des Vorschusses für das Schiedsgerichtsverfahren in Verzug befinde (Bl. 14 d. A.). Diese Kündigung machte der Schiedsbeklagte im Schiedsverfahren nicht geltend.

Mit Schriftsatz vom 30.04.2007 trug der Schiedsbeklagte im Schiedsverfahren vor, Frau A X sei nicht prozessfähig. Sie leide an altersbedingter Demenz und könne keine Entscheidungen aufgrund einer Abwägung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte treffen, so dass ihr eine freie Willensbildung nicht mehr möglich sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den genannten Schriftsatz Bezug genommen (Bl. 28 bis 34 d. A.). Der Prozessbevollmächtigte der Frau A X behauptete mit Schriftsatz vom 21.5.2007, Frau A X sei weder bei Einreichung der Schiedsklage noch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 02.08.2006 prozessunfähig gewesen sei. Im Übrigen verwies er auf eine Vorsorgevollmacht, die Frau A X der Schiedsklägerin zu 1. und Herrn C am 16.11. 2005 erteilt hatte, und trug vor, dass die Bevollmächtigten die Prozessführung der früheren Schiedsklägerin zu 1. genehmigt hätten (Bl. 19 bis 25 d. A.).

Frau A X verstarb am 27.05.2007 und wurde von der Schiedsklägerin zu 1. allein beerbt. Die Schiedsklägerin zu 1. trat für sie in das Schiedsverfahren ein.

Durch Schiedsspruch vom 26.11.2007 verurteilte das Schiedsgericht den Schiedsbeklagten, an die Erbengemeinschaft X 271.922,66 € nebst Zinsen zu zahlen und die Kosten des Schiedsverfahrens einschließlich der Kosten des Schiedsgerichts zu tragen. Die Kosten des Schiedsgerichts wurden auf 23.554,42 € festgesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schiedsspruch Bezug genommen.

Die Schiedsklägerin zu 1. beantragt,

den von dem Schiedsgericht, bestehend aus den Schiedsrichtern Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht a. D. Prof. Dr. Ri1 (Obmann), Rechtsanwalt Dr. RA1 und Rechtsanwalt Dr. RA2 am 26. 11. 2007 erlassenen Schiedsspruch zu Ziffer 1. für vollstreckbar zu erklären.

Der Schiedsbeklagte beantragt,

den Schiedsspruch aufzuheben.

Die Schiedsklägerin zu 1. und der Schiedskläger zu 2. beantragen,

den Aufhebungsantrag zurückzuweisen.

Der Schiedsbeklagte ist der Ansicht, der Schiedsspruch sei aufzuheben, da Aufhebungsgründe gemäß § 1059 Abs. 2 ZPO gegeben seien. Ein Aufhebungsgrund ergebe sich zunächst aus der fehlenden Prozessfähigkeit der frühere Schiedsklägerin, A X, und der damit verbundenen Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens. Er behauptet, Frau A X sei bereits zum Zeitpunkt der Einreichung der Schiedsklage sowie zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung prozessunfähig gewesen. Er bezieht sich dabei auf Beobachtungen von Zeugen aus der Zeit vom 26.09.2006 bis Oktober 2006.

Ein weiterer Aufhebungsgrund liege darin, dass das Schiedsgericht die außerordentliche Kündigung der Schiedsgerichtsabrede nicht beachtet habe.

Die Schiedsklägerin zu 1. sowie der Schiedskläger zu 2. behaupten, Frau A X sei nicht prozessunfähig gewesen. Unabhängig davon meinen sie, die Schiedsklägerin zu 1. habe die bisherige Prozessführung für den Fall der Prozessunfähigkeit genehmigt. Es stelle überdies eine erneute Genehmigung der bisherigen Prozessführung dar, dass die Schiedsklägerin zu 1. anstelle von Frau A X in das Schiedsverfahren eingetreten sei und dieses fortgesetzt habe.

Da sich der Schiedsbeklagte im Laufe des Schiedsverfahrens zu keinem Zeitpunkt auf die Kündigung der Schiedsvereinbahrung berufen habe, sei sein Vorbringen verspätet. Die Schiedsklägerin zu 1. meint weiterhin, letztlich sei der Vortrag des Schiedsbeklagten auch irrelevant, da sie den Gerichtskostenvorschuss bereits am 13.10.2006 zu Händen des Schiedsgerichts eingezahlt habe (Bl. 78 d. A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs ist zulässig.

Das angerufene Oberlandesgericht ist gemäß § 1062 Abs. 1 ZPO örtlich und sachlich zuständig.

Die Schiedsklägerin zu 1. ist auch prozessführungsbefugt. Auf Seiten der Schiedskläger stand zwar eine Erbengemeinschaft nach der im Jahre 2002 verstorbenen Kommanditistin ... B, bestehend aus Frau A X und dem Schiedskläger zu 2. Anstelle von Frau A X rückte die Schiedsklägerin zu 1. als deren Alleinerbin in die Erbengemeinschaft ein. Gleichwohl ist die Schiedsklägerin zu 1. befugt, den Antrag auf Vollstreckbarerklärung alleine zu stellen. Gemäß § 2039 BGB kann jeder Miterbe zum Nachlass gehörende Ansprüche im eigenen Namen für die Erbengemeinschaft klageweise geltend machen. Er muss jedoch auf Leistung an alle Erben klagen (Palandt/Edenhofer, BGB, 67. Auflage, § 2039 Rdn. 6,7). Daraus ist die Befugnis jedes einzelnen Miterben zu entnehmen, alleine die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs zu verlangen, der von der Erbengemeinschaft erstritten wurde. Dagegen bestehen insbesondere dann keine Bedenken, wenn der Schiedsspruch, wie ihm vorliegenden Fall, den Nachlassschuldner zur Leistung an die Erbengemeinschaft verurteilt.

Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist auch in der Sache begründet.

Ohne Erfolg beruft sich der Schiedsbeklagte darauf, dass Aufhebungsgründe vorlägen (§ 1059 Abs. 2, 1060 Abs. 2 ZPO).

Ein nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1d) ZPO als Aufhebungsgrund in Betracht kommender Verstoß gegen das Verfahrensrecht könnte zwar gegeben sein, wenn das Schiedsgericht zu Unrecht die angebliche Prozessunfähigkeit der früheren Schiedsklägerin zu 1. nicht beachtet hat (dazu Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 16 Rdn. 14). Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall.

Die Prozessunfähigkeit war vom Schiedsbeklagten im Schiedsverfahren geltend gemacht worden. Das Schiedsgericht hat den Einwand jedoch ersichtlich wegen der - im Schiedsspruch auf Seite 6 erwähnten - Rechtsnachfolge und des Eintritts der Schiedsklägerin zu 1. für unerheblich gehalten. Das war zutreffend. Die mögliche Prozessunfähigkeit der Frau A X war ohne Bedeutung für die Entscheidung des Schiedsverfahrens. Wenn ein prozessunfähiger Kläger im Laufe des Rechtsstreits verstirbt und sein - prozessfähiger - Erbe den Rechtsstreit aufnimmt und die bisherige Prozessführung genehmigt, so ist der ursprüngliche Verfahrensmangel geheilt (BGHZ 23, 206, 212; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 52 Rdn. 14). So liegt der Fall auch hier. Die Schiedsklägerin zu 1. hat als Alleinerbin der Frau A X den Rechtsstreit fortgesetzt und allein dadurch die Prozessführung der Erblasserin genehmigt. Dabei war ihr aus dem Vortrag des Schiedsbeklagten bekannt, dass die Erblasserin möglicherweise prozessunfähig war. Die Genehmigung bedurfte keiner ausdrücklichen Erklärung, sondern konnte konkludent erfolgen (BGH NJW 1999, 3263 f.; Zöller/Vollkommer a. a. O.). Entgegen der Ansicht des Schiedsbeklagten ist es für die Wirksamkeit der Genehmigung auch nicht von Bedeutung, dass das Schiedsgericht die Prozessunfähigkeit der ursprünglichen Schiedsklägerin zu 1. nicht überprüfte, sondern ersichtlich dahinstehen ließ. Eine Genehmigung kann wirksam auch vorsorglich für einen nur möglicherweise bestehenden Sachverhalt erteilt werden.

Ein zur Aufhebung des Schiedsspruchs führender Verfahrensmangel liegt ferner nicht darin, dass das Schiedsgericht die vom Schiedsbeklagten erklärte außerordentliche Kündigung des Schiedsvertrages vom 25.10.2006 nicht beachtet hat. Die Kündigung war nicht wirksam. Es fehlte an einem Kündigungsgrund. Die Schiedskläger hatten den Vorschuss bereits am 13.10.2006 an das Schiedsgericht überwiesen.

Der Aufhebungsantrag des Schiedsbeklagten ist unzulässig. Für einen Aufhebungsantrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn - wie hier - zuvor bereits ein Antrag auf Vollstreckbarerklärung gestellt worden ist. Aufhebungsgründe, die der Antragsgegner geltend macht oder die von Amts wegen zu berücksichtigen sind, führen gemäß § 1060 Abs. 2 ZPO auch im Verfahren über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zur Aufhebung, so dass es eines gesonderten Aufhebungsantrages nicht bedarf (z. B. Schwab/Walter, a. a. O., Kap. 25 Rdn. 4; Zöller/Geimer, § 1059 Rdn. 4 und 22; Kröll/Kreft in: Böckstiegel/Kröll/Nacimiento (Hrsg.), Arbitration in Germany, § 1059 Rdn. 21).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 1064 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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