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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 04.12.2001
Aktenzeichen: 26 W 167/01
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 290
InsO § 6 Abs. 1
InsO § 7 Abs. 1 S. 1
InsO § 7 Abs. 1
InsO § 309
InsO § 309 Abs. 1
InsO § 309 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
InsO § 305 Abs. 1 Nr. 3
InsO § 290
InsO § 290 Abs. 1
InsO § 290 Abs. 1 Nr. 6
InsO § 4
ZPO § 97 Abs. 1
Zu den Voraussetzungen der Ersetzung der Zustimmung eines Gläubigers zum Schuldenbereinigungsplan bei voller Befriedigung der Kleingläubiger.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

In dem Verbraucherinsolvenzantragsverfahren ... hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... am 4.Dezember 2001 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 20. August 2001 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.

Beschwerdewert: 200.000 DM.

Gründe:

Die Beteiligten streiten um die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung zu einem von dem Schuldner mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgelegten und später mehrfach abgeänderten Schuldenbereinigungsplan. Der Schuldner ist Rechtsanwalt und Notar mit einer Einzelpraxis von geringem Umfang. Die Umsatz- und Gewinnzahlen liegen einem vom Amtsgericht eingeholten Sachverständigengutachten zufolge unter der durch die Abgabenordnung gezogenen Grenze für sog. Kleinunternehmer. Die von dem Schuldner angegebenen Gesamtverbindlichkeiten, die überwiegend aus umfangreichen Immobiliengeschäften herrühren, betragen 25.600.000 DM. Vier Monate vor Antragstellung hat der Schuldner Immobilien zu einem Gesamtkaufpreis von 8,7 Millionen DM an seine Frau und seinen Sohn veräußert.

Der Schuldenbereinigungsplan sieht die Bildung von zwei Gläubigergruppen vor. Die nicht genannten Gläubiger mit nicht näher bezeichneten Forderungen "aus der laufenden Kanzlei" und wegen "sonstiger Kleinverbindlichkeiten" sollen zu 100 % befriedigt werden. Die übrigen acht, zum Teil dinglich abgesicherten Gläubiger, denen in dem Plan zugleich die Verwaltung und Verwertung der Sicherheiten angeboten wird, sollen entsprechend der Höhe ihrer Forderungen Zahlungen aus einem Betrag von 100.000 DM aus dem "Aktivvermögen" des Schuldners nach Abzug der Verfahrenskosten zuzüglich eines "von dritter Seite" darlehensweise zur Verfügung gestellten Betrages von 50.000 DM zur quotalen Befriedigung erhalten.

Von den acht genannten Gläubigern haben drei Banken dem Schuldenbereinigungsplan nicht zugestimmt.

Das Amtsgericht hat die von dem Schuldner beantragte Ersetzung der Zustimmung mit der Begründung abgelehnt, eine widersprechende Gläubigerin berufe sich zu Recht darauf, im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern nicht angemessen beteiligt zu werden (§ 309 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Zwar sei es möglich, Kleingläubiger als Gruppe zusammen zu fassen. Dies enthebe aber nicht der Verpflichtung, diese konkret zu benennen und in das Verfahren einzubeziehen. Andernfalls bestehe die Gefahr einer missbräuchlichen Gruppenbildung. Der Schuldner habe auch nicht erläutert, warum eine von ihm nicht angegebene Gläubigerin, die sich mit Ansprüchen auf monatliche Zahlungen in Höhe von 600 DM aus der Kanzleiübernahme von dem Vorgänger des Schuldners zu den Akten gemeldet hat, im Gegensatz zu drei Privatgläubigern nicht in das Verfahren einbezogen werden solle. Eine der widersprechenden Gläubigerinnen werde im übrigen durch den Schuldenbereinigungsplan wirtschaftlich schlechter gestellt als bei Durchführung des Insolvenzverfahrens, weil keine Verfallklausel aufgenommen worden sei, obwohl es Anhaltspunkte für die Erfüllung von Tatbeständen gebe, die zu einer Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 InsO führen würden.

Das Landgericht hat die gegen diese Entscheidung gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen.

Der Senat lässt die sofortige weitere Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts nicht zu. Sie muss daher als unzulässig verworfen werden.

Das Rechtsmittel ist zwar an sich gemäß §§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 1 S. 1 InsO statthaft. Die sachlichen Voraussetzungen für die Zulassung der weiteren Beschwerde sind jedoch nicht gegeben.

Nach § 7 Abs. 1 InsO ist die sofortige weitere Beschwerde nur dann zuzulassen, wenn sie darauf gestützt wird, dass die angefochtene Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruht und die Nachprüfung der Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist. Der Schuldner hat zwar geltend gemacht, das Landgericht habe in vielfacher Hinsicht die rechtliche Voraussetzung verkannt, unter denen nach § 309 InsO die Zustimmung eines Gläubigers durch das Insolvenzgericht ersetzt werden kann. Eine den Schuldner belastende Gesetzesverletzung ist aber nicht gegeben und die Zulassung des Rechtsmittels zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist nicht erforderlich.

In Übereinstimmung mit der Entscheidung des Amtsgerichts ist das Landgericht mit zutreffender Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen der Ersetzung der Zustimmung der Gläubiger nach § 309 Abs. 1 InsO nicht vorliegen. Die Auffassung des Landgerichts, die Zustimmung der widersprechenden Gläubigerin könne nicht ersetzt werden, weil sie im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern nicht angemessen beteiligt werde und damit der Ausnahmetatbestand des § 309 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 InsO vorliege, hält den Angriffen der weiteren Beschwerde stand. Das Landgericht hat seine Auffassung damit begründet, dass ein Gläubiger durch die volle Befriedigung von Kleingläubigern nicht von vornherein benachteiligt sein müsse und im Verbraucherinsolvenzverfahren keine Verpflichtung des Schuldners zur absoluten Gleichbehandlung seiner Gläubiger bestehe. Der Schuldner habe die Kleingläubiger mit ihren Forderungen im Schuldenbereinigungsplan aber aufführen müssen, um es den Gläubigern zu ermöglichen, zu beurteilen, ob die Privilegierung der Kleingläubiger sachlich gerechtfertigt sei. Dieser Rechtsauffassung des Landgerichts ist zuzustimmen. Ob nämlich eine Ungleichbehandlung der Gläubiger gerechtfertigt ist, kann nur beurteilt werden, wenn alle Gläubiger und alle zugrundeliegenden Forderungen offengelegt werden. Die Gläubiger sind aufgrund des vorgelegten Schuldenbereinigungsplan noch nicht einmal in der Lage, festzustellen, ob und in welchem Umfange es sich bei den Mitgliedern der vom Schuldner gebildeten Gruppe tatsächlich um Kleingläubiger handelt. Um keine Kleingläubigerin handelt es sich jedenfalls bei der vom Schuldner weder im Eröffnungsantrag noch in dem vorgelegten Schuldenbereinigungsplan genannten Gläubigerin G. mit einem Anspruch auf monatliche Zahlungen in Höhe von 600 DM, die der Schuldner im übrigen seit Antragstellung schuldig geblieben ist.

Der Schuldner kann auch nicht damit gehört werden, eine Offenlegung sei ihm nicht zumutbar und auch wirtschaftlich schädlich, weil sie seiner Reputation als Rechtsanwalt und Notar schade. Den beteiligten Gläubigern darf mit dieser Begründung nicht die Möglichkeit verwehrt werden, sich einen umfassenden Überblick über die wirtschaftliche Situation des Schuldners zu verschaffen. Die Entscheidung über eine Zustimmung zu dem Schuldenbereinigungsplan kann nicht ohne umfassende Informationen insbesondere darüber getroffen werden, ob und ggf. welche weiteren Gläubiger und Forderungen es noch gibt. Dem Schuldner obliegt im übrigen bereits gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO die Pflicht, alle Verbindlichkeiten ohne Rücksicht auf die sich daraus ergebenden Konsequenzen schonungslos offen zulegen. Im übrigen erscheint es sehr fraglich, ob nicht die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners durch die Notwendigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen bereits allgemein bekannt geworden ist. Eine vom Schuldner vorgelegte Zahlungsaufstellung enthält nämlich allein für den Zeitraum von 2 Monaten u.a. 35 Zahlungen kleiner Beträge an Gerichtsvollzieher.

Der Beschwerdeführer kann sich für seine Auffassung auch nicht auf die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 2. August 2001 (ZinsO 2001, 849 = NZI 2001, 553) berufen, dem ein anderer Sachverhalt zugrunde liegt. Der zitierten Entscheidung zufolge ist bei der Frage der Zustimmungsersetzung im Rahmen des § 309 Abs. 1 Satz 2 Nr 1 InsO nicht zu prüfen, ob der widersprechende Gläubiger im Verhältnis zu anderen, im Schuldenbereinigungsplan nicht genannten Gläubigern angemessen beteiligt wird. Es muss nicht entschieden werden, ob der Schuldner als Konsequenz dieser Entscheidung die Möglichkeit haben soll, unter seinen Gläubigern eine Auswahl zu treffen und zu entscheiden, welche von den Gläubigern im Schuldenbereinigungsplan aufzuführen sind, wie der Schuldner meint. Im Streitfall hat der Schuldner nämlich im Schuldenbereinigungsplan ausdrücklich auf die Bildung von zwei Gläubigergruppen hingewiesen und die Kleingläubiger in den Plan mit einbezogen. Im übrigen ging es in der zitierten Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts um Gläubiger, die ­ z.T. nach Zahlungen des Schuldners ­ auf ihre restlichen Forderungen verzichtet hatten und die schon aus diesem Grund nicht mehr in einen aktuellen Schuldenbereinigungsplan aufzunehmen waren. Demgegenüber muss im Streitfall über die Frage einer Benachteiligung der widersprechenden Gläubigerin gegenüber einer vom Schuldner zu Recht in den Schuldenbereinigungsplan aufgenommenen Gruppe von Kleingläubigern entschieden werden, deren bereits entstandenen und zukünftig entstehenden Forderungen zu 100 % beglichen werden sollen. Auch die Feststellung des Landgerichts, dass sich die widersprechende Gläubigerin zu Recht darauf berufe, sie werde durch das Fehlen einer Verfall- oder Wiederauflebensklausel durch den Plan schlechter gestellt, als sie bei Durchführung des Verfahrens über die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erteilung von Restschuldbefreiung stünde, hält den Angriffen der weiteren Beschwerde stand. Das Landgericht hat insoweit ausgeführt, ein Gläubiger stehe bei Durchführung des Schuldenbereinigungsverfahrens schlechter als bei Durchführung des Regelinsolvenzverfahrens, wenn in dem vorgelegten Plan nicht ein Wiederaufleben von Forderungen für den Fall vorgesehen werde, dass Gründe eintreten, die zu einer Versagung der Restschuldbefreiung führen könnten. Dieser Auffassung ist in Übereinstimmung mit der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts jedenfalls für die Fälle zuzustimmen, in denen bereits bei Unterbreitung des Schuldenbereinigungsplans konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen der Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 InsO erkennbar sind.

Soweit der Schuldner unter Berufung auf die Senatsentscheidung vom 9. März 2000 (ZinsO, 2000, 288 = NZI 2000, 473) geltend macht, eine wirtschaftliche Schlechterstellung könne nicht mit dem Fehlen einer Anpassungsklausel begründet werden und das Insolvenzgericht überschreite mit dieser Forderung seine Prüfungskompetenz, wird übersehen, dass dieser Entscheidung des Senats ein anderer Sachverhalt zugrunde lag, weil es keinen Anhaltspunkt für eine zukünftige Änderung der wirtschaftlichen Lage des Schuldners gab, die eine Anpassungsklausel gerechtfertigt hätte. Demgegenüber hat das Landgericht seine Entscheidung zu Recht darauf gestützt, dass der Gläubigerin durch die Zustimmungsersetzung jedenfalls dann nicht die Möglichkeit genommen werden dürfe, etwaige Versagungsgründe zu prüfen bzw. geltend zu machen, wenn es bereits konkrete Anhaltspunkte für deren Vorliegen gebe. Entgegen der Auffassung des Schuldners steht dies nicht im Widerspruch zu der Rechtsprechung des Senats. Der Senat hat zwar in der zitierten Entscheidung für den dort entschiedenen Fall die Aufnahme einer Anpassungsklausel in den Schuldenbereinigungsplan nicht für erforderlich gehalten. In der Entscheidung wird aber zugleich darauf hingewiesen, dass es sich nach den Umständen des Einzelfalles verbieten könne, die Zustimmung zu einem Schuldenbereinigungsplan zu ersetzen, der keine Anpassungsklausel für den Fall veränderter wirtschaftlicher Verhältnisse des Schuldners enthalte. Nicht unwesentliche Veränderungen seien jedenfalls dann zu berücksichtigen, wenn deren Eintritt nach Lage der Dinge konkret absehbar seien (Senat a.a.O., NZI 2000, 474).

Es ist daher rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht bei der Prüfung, ob die Gläubigerin durch den Schuldenbereinigungsplan wirtschaftlich schlechter gestellt wird, als bei Durchführung des Verfahrens über die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 309 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 InsO), erörtert hat, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass dem Schuldner bei Durchführung des Insolvenzverfahrens die Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 InsO zu versagen wäre (vgl. OLG Celle, ZinsO 2000, 456, 457; OLG Köln, NZI 2001, 594, 595; LG Saarbrücken , NZI 2000, 380, 381; Hess in: Hess/Weiß/Wienberg, InsO, 2. Auflage, § 309 Rn. 28 f; Grothe in: Frankfurter Komm. ZinsO, 2. Auflage, § 309 Rn. 22;). Im Streitfall gibt es im übrigen einen weiteren konkreten Anlass für die Gläubigerin, ihre Zustimmung zum Schuldenbereinigungsplan wegen des Fehlens einer Verfalloder Wiederauflebensklausel zu verweigern. Der Schuldner hat nämlich nicht nur die genaueren Angaben zu einer von ihm gebildeten Schuldnergruppe verweigert, sondern darüber hinaus auch den von ihm selbst im ersten Plan aus seinem Aktivvermögen zur Schuldenbereinigung zur Verfügung gestellten Betrag von 50.000 DM nach nur 3 Monaten auf 100.000 DM erhöht. Dabei hat der Schuldner nicht dargelegt, wie es innerhalb der kurzen Zeit zu einer Verdoppelung des zur Verfügung stehenden Aktivvermögens kommen konnte. Auch insoweit erscheint es fraglich, ob der Schuldner tatsächlich seine Vermögens - und Einkommensverhältnisse in die nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO vorzulegenden Verzeichnissen zutreffend angegeben hat, so dass auch aus diesem konkreten Anlass eine vergleichbare nachträgliche Überprüfung möglich sein muss, wie sie der Gläubigerin bei Durchführung des Insolvenzverfahrens nach § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO zur Verfügung stünde.

Das mit dem Antrag auf Zulassung eingelegte Rechtsmittel war im Hinblick auf die Nichtzulassung als unzulässig zu verwerfen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ergibt sich aus § 4 InsO i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über den Beschwerdewert folgt den unbeanstandet gebliebenen Festsetzungen des Amts- und Landgerichts.



Ende der Entscheidung

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