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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 16.02.2006
Aktenzeichen: 27 U 11/03
Rechtsgebiete: InsO
Vorschriften:
InsO § 129 | |
InsO § 130 | |
InsO § 131 | |
InsO § 142 | |
InsO § 146 |
Gründe:
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus Insolvenzanfechtung geltend. Wegen der Aufgliederung der einzelnen Ansprüche wird auf die Klageschrift verwiesen. Das Landgericht hat der Hauptforderung durch Urteil vom 08. Juli 2003 in vollem Umfang stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 902.848,75 € an den Kläger verurteilt. Durch Ergänzungsurteil vom 08.10.2003 hat es die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an den Kläger aus dem zugesprochenen Betrag Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.10.2001 zu zahlen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen in den angefochtenen Urteilen wird mit den nachfolgenden Ergänzungen verwiesen.
Die Beklagte hat gegen die ihr am 16.07.2003 bzw. 20.10.2003 zugestellten Urteile mit am 08.08.2003 bzw. 07.11.2003 eingegangenen Schriftsätzen Berufung eingelegt. Nach Verlängerung der Begründungsfrist hinsichtlich der Berufung gegen das Urteil vom 08.07.2003 bis 16.10.2003 hat sie die Berufung am 16.10.2003 begründet. Die Berufung gegen das Urteil vom 08.10.2003 hat sie mit Berufungseinlegung begründet.
Der Senat hat mit Beschluss vom 16. Dezember 2003 beide Berufungsverfahren miteinander verbunden.
Die Beklagte beantragt unter Abänderung der angefochtenen Urteile die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt die Berufungen zurückzuweisen.
Soweit er Rechtshandlungen angefochten hat, die in der Zeit nach Insolvenzeröffnung liegen, stützt er die Klage nunmehr ausdrücklich darauf, dass die betreffenden Gutschriften zur Konkursmasse gehören.
Die Klägerin erhebt insoweit die Einrede der Verjährung, nachdem sie in erster Instanz bereits hinsichtlich des geltend gemachten Anfechtungsrechts die Einrede der Verjährung erhoben hatte.
Der Senat hat den bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen Z3 erneut vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 10. November 2005 verwiesen.
Im übrigen wird wegen des Parteivorbringens auf den Inhalt der bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingereichten Schriftsätze verwiesen.
Die in den nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätzen enthaltenen Rechtsausführungen und Beweiswürdigungen hat der Senat beachtet.
Die zulässige, insbesondere alle Frist- und Formerfordernisse wahrende Berufung ist teilweise begründet.
Der Kläger kann Auskehrung eines Betrages von 620.650,96 € zur Konkursmasse von der Beklagten verlangen.
Dies ergibt sich aus den folgenden Erwägungen, wobei sich das Urteil in der Systematik der Abhandlung der einzelnen Ansprüche an der Reihenfolge im angefochtenen Urteil des Landgerichts orientiert.
1. Rückführung des Sollsaldos von 920.009,20 DM auf 425.000,00 DM
Der Senat folgt insoweit im Ergebnis der Auffassung des Landgerichts nicht. Die Anfechtung hinsichtlich der Verrechnung von Zahlungseingängen, soweit diese zu einer Rückführung des Sollstands bis auf 425.000,00 DM geführt hat, begründet kein Anfechtungsrecht. Denn zutreffend hat das Landgericht in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Rückführung des Sollstands bis auf einen Betrag von 425.000,00 DM der Beklagten eine kongruente Deckung gewährt hat, weil ihr dieser Anspruch als jederzeit fälliger Anspruch zustand. Der Senat tritt den zutreffenden Ausführungen auf Seite 9 des angefochtenen Urteils erster und zweiter Absatz bei. Folglich richtet sich die Frage der Anfechtung nach § 130 InsO. Da die Rückführung des Saldos auf einen Sollstand von 425.000,00 DM in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag erfolgt ist, wäre eine Anfechtung nur begründet, wenn die Beklagte eine zum Zeitpunkt der jeweiligen Verrechnung vorhandene Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gekannt hätte (§ 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Der Senat folgt der Beurteilung des Landgerichts insoweit, als es objektiv eine Zahlungsunfähigkeit im Zeitraum ab 07.06.1999 angenommen hat, nicht jedoch dahin, dass die Beklagte diese Zahlungsunfähigkeit gekannt hätte. Die Schuldnerin war seit diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig, weil sie nicht in der Lage war, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (§ 17 Abs. 1 InsO). Dabei kommt es, anders als nach der früheren Konkursordnung nicht darauf an, ob die Zahlungsunfähigkeit sich auf einen wesentlichen Teil der Verbindlichkeiten bezieht und ob sie von Dauer ist (dazu Kind in : Braun, InsO, Kommentar 2. Aufl., § 17, Rdnr. 3 - 5). Danach war Zahlungsunfähigkeit seit spätestens Anfang Juni 1999 anzunehmen, weil die Gemeinschuldnerin schon seit Mai die Gehälter für die damals immerhin fast 200 Mitarbeiter (Personalkostenplanung Anlage B 11) nicht mehr pünktlich zahlen konnte. Dies ist bewiesen durch die Aussagen der Zeugen Z1 und Z2 in erster Instanz sowie durch die Mitteilung an den Betriebsrat hinsichtlich der Maigehälter und an alle Mitarbeiter und Betriebsrat hinsichtlich der Junigehälter 1999 (Anlage K 20). Insoweit kann von einer nur vorübergehenden Zahlungsstockung keine Rede sein. Zahlungsunfähigkeit ist daher für die Zeit seit Mai 1999 bis zur Stellung des Insolvenzantrags anzunehmen.
Der Beweis dafür, dass die Beklagte von der Zahlungsunfähigkeit Kenntnis hatte, ist jedoch nicht erbracht. Das Landgericht hat die Aussage des Zeugen Z3 vom 28. Mai 2003 so verstanden, dass ihm schon in der Zeit vor Insolvenzantragsstellung Listen vorgelegen hätten, aus denen sich Zeitpunkt und Umfang der Gehaltszahlungen ergeben hätten. Bei seiner erneuten Vernehmung hat er klargestellt, dass er sich diese Kenntnisse erst zur Vorbereitung für seine Vernehmung beim Landgericht verschafft habe. Bis zum 03. September 1999 habe er mit der Betreuung der Gemeinschuldnerin überhaupt nichts zu tun gehabt. Diese Aussage ist glaubhaft. Sie steht nicht im Widerspruch zu seinen Angaben bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung. Diese gab erkennbar den Wissensstand des Zeugen zum Zeitpunkt der Vernehmung wieder, gab aber keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass ihm die verzögerte Auszahlung der Löhne schon zeitnah bekannt geworden wäre.
Die übrigen Umstände, insbesondere die Probleme der Gemeinschuldnerin mit der Rückführung fälliger Bankkredite, rechtfertigen nicht die Annahme, dass die Beklagte von der Zahlungsunfähigkeit Kenntnis gehabt hätte. Soweit das Konto bei der Beklagten über die Kreditlinie hinaus überzogen war, hat die Beklagte dies jeweils geduldet. Der Gemeinschuldnerin ist es in der Zeit nach dem 07.06.1999 auch jeweils rasch wieder gelungen, das Konto in den Kreditrahmen und später sogar in einen positiven Saldo zu führen. Gegenüber der A-Bank hatte die Gemeinschuldnerin am 29.10.1998 mitgeteilt, dass sie Insolvenz anmelden müsse, wenn diese weiter auf der fälligen Tilgung von 250.000,00 DM pro Quartal bestehe. Daraufhin hat die A-Bank insgesamt 1,75 Millionen DM gestundet und zwar 1,25 Millionen bis 31.03.1999 und je 250.000,00 DM bis 15.07. und 31.12.1999. Es kann dahinstehen, ob die zum 31.03.1999 fällig gewordene Teilforderung von 1,25 Millionen DM gegenüber der A-Bank von dieser stillschweigend weiter gestundet war, wie die Beklagte behauptet oder nicht. Die A-Bank hat jedenfalls weiter still gehalten, insbesondere den Kredit nicht fällig gestellt. Von daher lässt sich allein aus einer Kenntnis dieser Kreditverbindlichkeit keine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin herleiten. Allerdings hat die Schuldnerin mit Schreiben vom 14.06.1999 (Anlage K 21) gegenüber den Banken von einem Liquiditätsdefizit bis zu 2 Millionen DM berichtet und um eine rasche Poolsitzung gebeten. Nach der Aussage des Zeugen Z3 ergab sich dann im Juli 1999 laut bankinternem Vermerk vom 06.07.1999 eine Liquiditätslücke von 908.000,00 DM. Nach der letzten Poolsitzung, die am 29.07.1999 stattfand, habe die Beklagte am 04.08.1999 beschlossen, den bestehenden Liquiditätsbedarf mitzufinanzieren, wenn der Bankenpool die Liquiditätsspitze seinerseits mitfinanziere. Diese Bereitschaft zur Mitfinanzierung beruhte auf einem Beschluss des Vorstands vom 04.08.1999, also wenige Tage nach der letzten Poolsitzung. Daraus folgt, dass zum Zeitpunkt der letzten Poolsitzung aus der Sicht der Beklagten offen war, ob die Liquidität der Gemeinschuldnerin erhalten bleiben würde. Dies schien im Bereich des möglichen, da nach der auch insoweit glaubhaften Aussage des Zeugen noch in der Poolsitzung vom 29.07.1999 die Geschäftsleitung der Gemeinschuldnerin für die nahe Zukunft Gewinne prognostiziert hatte. Unter diesen Umständen kann der Senat an der vorläufigen Erwägung vom Zeitpunkt der letzten Poolsitzung an eine Kenntnis der Beklagten von einer Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin anzunehmen, nicht festhalten.
Schließlich ergibt sich eine Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit auch nicht daraus, dass der Beklagten in ihrem Geschäftsbetrieb die Unterlagen vorlagen, aus denen sich verzögerte Gehaltszahlungen ergeben. Da die Gehaltszahlungen zumindest teilweise über Konten bei der Beklagten ausgeführt wurden, konnte man aus einer Überprüfung der Kontenverläufe in der Tat Schlüsse auf verspätete Gehaltszahlungen ziehen. Dies heißt jedoch nicht, dass die Zahlungsverzögerungen der Beklagten bekannt gewesen wären. Allein die Kenntnis eines Kontoführers von Einzelbuchungen muss sich die Beklagte nicht zurechnen lassen. Entscheidend ist die tatsächliche Kenntnis der Mitarbeiter der Beklagten, welche über die Verrechnung und Vereinnahmung von Gutschriften die Entscheidungsbefugnis hatten. Allein die Tatsache, dass sie die Möglichkeiten hatten, durch Recherchen hinsichtlich der einzelnen Kontoverläufe sich diese Kenntnis zu verschaffen, reicht nicht aus.
2. Erhöhung des Guthabens um 351.207,24 DM (von 358.146,41 DM auf 709.383,65 DM am 07.09.1999)
Der Beklagten ist insoweit darin zuzustimmen, dass alleine die Gutschrift auf einem Konto, das sich im Haben-Bereich befindet, noch keine anfechtbare Rechtshandlung darstellt. Anders als bei einem Konto, das sich im Soll befindet, wird damit nicht durch Verrechnung eine Forderung der Bank befriedigt. Der gutgeschriebene Betrag bleibt im Vermögen des Kontoinhabers der gegenüber der Bank jederzeit über den Betrag verfügen kann. Eine anfechtbare Rechtshandlung liegt jedoch darin, dass die Beklagte dieses Guthaben dem Zugriff der Gemeinschuldnerin entzogen hat, in dem sie keine Verfügungen über das Konto mehr zugelassen hat. Dies hat der Kläger in der Klageschrift vorgetragen, ohne dass die Beklagte dem substantiiert entgegen getreten wäre. Dies folgt auch aus der Aussage des Zeugen Z3, welcher erklärt hat, dass die Bank schon die am 03.09. in die Wege geleiteten und am 06.09.1999 ausgeführten Gehaltszahlungen nicht mehr zugelassen hätte, wenn sie von dem bevorstehenden Insolvenzantrag gewusst hätte. Mit der Sperrung des Kontos hat die Beklagte das Guthaben in ihre eigene Verfügungsgewalt übergeführt. Hierin liegt zumindest ein Realakt, der als Rechtshandlung im Sinn des § 129 InsO anzusehen ist (de Bra in Braun a.a.O. § 129, Rdnr. 12).
Die Beklagte hat, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, eine inkongruente Deckung verlangt, da sie nicht berechtigt war, die Gutschriften in dem im Haben geführten Konto für sich zu vereinnahmen. Auf eine Berechtigung zu einem Saldenausgleich aus dem Poolvertrag kann sie sich schon deshalb nicht berufen, weil zum Zeitpunkt der Sperrung des Kontos sie einen solchen Ausgleich noch nicht durchgeführt hat. Dies geschah vielmehr erst am 15.12.1999, einen Monat nach Insolvenzeröffnung. Der Beklagten standen auch keine eigenen dinglichen Sicherungsrechte aus dem Poolvertrag zu. Insoweit wird auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 02.06.2005 - IX ZR 181/03 - in dem Rechtsstreit zwischen einer anderen beteiligten Bank und dem Kläger verwiesen.
Im übrigen wäre die Anfechtung insoweit auch begründet, wenn die Beklagte durch die Vereinnahmung des Kontoguthabens eine kongruente Deckung erhalten hätte. Denn die Vereinnahmung der Erhöhung des Habenbestandes vom 07. auf den 08.09.1999 erfolgte nach dem Eröffnungsantrag, welche der Beklagten zu diesem Zeitpunkt bekannt war (§ 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Insoweit liegt auch kein die Anfechtung ausschließendes Bargeschäft vor (§ 142 InsO). Die ebenfalls am 07.09.1999 erfolgte Belastung über 47.935,30 DM ist mit den Gutschriften von diesem Tag bereits verrechnet. Der Betrag von 351.207,24 DM stellt den Saldo aus den Gutschriften und der Belastung vom 07.09.1999 dar.
Sieht man in der Sperrung des Kontos durch die Beklagte noch keine anfechtbare Rechtshandlung, so steht dem Kläger ein Anspruch auf Auskehrung des Betrags von 351.207,24 DM aus anderem Rechtsgrund zu. Denn bei dieser Betrachtungsweise muss man die Guthaben auf dem Konto noch als zum Vermögen der Gemeinschuldnerin gehörend ansehen. Zu diesem gehörten sie noch zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung, da die Auskehrung an die anderen Poolbanken auch im Wege des Saldenausgleichs aufgrund des Poolvertrags erst am 15.12.1999 erfolgte (Anlage B 12), und damit nach Konkurseröffnung. Dann aber fiel das Guthaben auf dem Konto in die Konkursmasse und ist an den Konkursverwalter auszukehren.
Hieran ändert der Poolvertrag nichts. Ein Anspruch aufgrund des Poolvertrags in eine Auszahlung an andere Banken im Wege des Saldenausgleichs zuzustimmen, wäre rein schuldrechtlicher Natur und ändert nichts an der Zugehörigkeit der Guthabenforderung zum Vermögen der Gemeinschuldnerin. Eine Verrechnung mit Ansprüchen anderer Banken scheitert am Fehlen der Gegenseitigkeit zwischen der Forderung der Gemeinschuldnerin gegen die Beklagte einerseits und der Forderung anderer Banken (BGH a.a.O. unter III 1b, cc Abschnitt 3).
3. Belastung des Kontos mit eigenen Ansprüchen auf Tilgung, Zinsen und Gebühren
Ein Anspruch auf Auskehrung des Betrages von 56.921,69 DM steht dem Kläger entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht zu. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, das die Beklagte insoweit eine kongruente Deckung erlangt hat, weil ihr fällige Ansprüche gegen die Gemeinschuldnerin zustanden. Das gilt hinsichtlich der Zins- und Gebührenansprüche ebenso wie hinsichtlich der Ansprüche auf Tilgungsraten aus anderen Darlehen. Mithin handelt es sich um einen Fall der kongruenten Deckung. Da es sich insoweit ausschließlich um Kontobelastungen aus der Zeit vor dem Eröffnungsantrag handelt, scheitert die Anfechtung daran, dass die Beklagte keine Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit hatte (dazu oben unter 1).
4. Gutschriften über 34.243,53 DM
Hierbei handelt es sich um die Positionen der zweiten Tabelle von unten auf Seite 16 der Klageschrift, und zwar sämtlich um Gutschriften auf dem im Haben-Bereich geführten Konto. In Höhe eines Teilbetrags von 550,31 € sind diese Gutschriften vor Insolvenzeröffnung erfolgt. Insoweit gilt das gleiche wie unter Ziffer 2 ausgeführt. Die Vereinnahmung dieser Beträge ist als Rechtshandlung nach § 131 InsO anfechtbar. Folgt man dem nicht, so ergibt sich der Klageanspruch insoweit daraus, das diese Gutschriften sich noch bei Insolvenzeröffnung im Vermögen der Schuldnerin befanden und daher in die Konkursmasse fallen. Letzteres gilt uneingeschränkt für die Teilbeträge von 54,22 €, 32.919,00 € und 720,00 €, die sämtlich erst nach Insolvenzeröffnung gezahlt wurden.
5. Gutschriften über 45.260,61 DM
Hier gilt das gleiche wie unter Ziffer 4. Bis auf einen Teilbetrag von 98,60 € sind diese Gutschriften zwischen Insolvenzantrag und Insolvenzeröffnung erfolgt, so dass die Vereinnahmung durch die Beklagte anfechtbar ist. Verneint man insoweit eine Anfechtung, folgt der Klageanspruch aus der Zugehörigkeit zum Vermögen der Gemeinschuldnerin bei Insolvenzeröffnung. Letzteres gilt uneingeschränkt für den Teilbetrag von 98,60 €, der nach Insolvenzeröffnung gutgeschrieben wurde.
6. Kontoentwicklung von 425.000,00 DM auf 358.176,41 DM Haben.
a) Rückführung von 425.000,00 DM auf Kontoausgleich
Der Sollstand betrug zuletzt am 23.08.1999 mehr als 425.000,00 DM. Seit dem 31.08.1999 befand sich das Konto im Haben-Bereich. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Verrechnung von Zahlungseingängen mit Sollständen des Kontos, die den Betrag von 425.000,00 DM nicht überschritten der Beklagten keine kongruente Deckung gewährten. Die Anfechtbarkeit dieser Verrechnungen folgt daher aus § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO, weil die Rückführung innerhalb eines Monats vor Stellung des Insolvenzantrags erfolgte. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass dieser Rückführung zuvor erfolgte Belastungen gegenzurechnen wären, weil der Sollstand vor dem 23.08. zeitweise niedriger war. Denn den insoweit erfolgten Lastschriften auf dem Konto stehen zuvor erfolgte Gutschriften gegenüber, da zu Beginn des Anfechtungszeitraumes am 07.06.1999 der Sollstand höher war als 425.000,00 DM. Die Rückführung des Sollstands von - 425.000,00 DM auf den Kontoausgleich war für den gesamten Anfechtungszeitraum, der am 07.06.1999 begann, anfechtbar, da wegen der seit spätestens 07.06.1999 bestehenden Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin Rechtshandlungen, die der Beklagten eine inkongruente Deckung gewährten, auch innerhalb des zweiten und dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag anfechtbar waren (§ 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO).
b) Gutschriften vom Kontenausgleich bis zum Habenstand von 358.176,41 DM
Insoweit gilt das gleiche wie zu Ziffer 2. Die Gutschriften als solche stellten noch keine anfechtbaren Rechtshandlungen dar. Anfechtbar war die Vereinnahmung des Guthabens durch die Beklagte dadurch, dass sie keine Verfügungen über das Konto mehr zuließ. Folgt man dem nicht, rührt der Anspruch daher, dass die Forderungen der Gemeinschuldnerin auf Auskehrung des Guthabens noch nach Insolvenzeröffnung bestand und der Anspruch daher zur Insolvenzmasse gehört.
Gemeinsame Ausführungen zu 1) bis 6)
Unbegründet ist der Einwand der Beklagten, die Anfechtungserklärung sei nicht bestimmt genug. Der Kläger hat in der Klageschrift die angefochtenen Rechtshandlungen im einzelnen aufgeführt. Aus der Klageschrift wird hinreichend deutlich, dass er jede der einzelnen Kontobewegungen und die sich hierauf beziehenden geltend gemachten Sicherungsrechte anficht (S. 17 der Klageschrift).
Durch sämtliche angefochtenen Handlungen sind auch andere Gläubiger benachteiligt worden (§ 129 InsO). Eine Gläubigerbenachteiligung ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Beklagten oder der B-Bank Absonderungsrechte zugestanden hätten. Die Abtretung von Forderungen der Gemeinschuldnerin im Wege der Globalzession an die B-Bank ändert hieran nichts. Im Innenverhältnis war die Gemeinschuldnerin, da es sich um eine stille Zession handelte, zur Einziehung der Forderung berechtigt. Dass den Drittschuldnern die Abtretung der Forderungen bekannt gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Mit der Zahlung erbrachten sie daher Leistungen an die Schuldnerin, die deren Forderung zum Erlöschen brachte. Damit war auch das durch Globalabtretung begründete Sicherungsrecht erloschen (BGH NJW-RR 2000, 712, 713). Im einzelnen wird insoweit auf die Ausführungen des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main im Parallelverfahren zwischen dem Kläger und einer anderen Bank in dem den Parteien bekannten Urteil vom 03. Juni 2003 - 1 U 202/02 - (Bl. 505 ff. d. A.) verwiesen. Aus dem Sicherheiten-Poolvertrag ergibt sich kein eigenes Recht der Beklagten auf abgesonderte Befriedigung (insoweit wird auf das Revisionsurteil des Bundesgerichtshofs vom 02.06.2005 - IX ZR 181/03 - verwiesen, welches auf Revision gegen das zuvor erwähnte Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main ergangen ist).
Die Klageforderung ist, soweit sie begründet ist, auch nicht verjährt.
Die zweijährige Verjährungsfrist für die Anfechtung (§ 146 InsO) ist gewahrt. Sie ist rechtzeitig durch Klageerhebung unterbrochen worden (§ 209 Abs. 1 BGB in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung). Die Frist ist gewahrt, da die Klage innerhalb der Verjährungsfrist eingereicht und die Zustellung demnächst erfolgt ist (§ 270 Abs. 3 ZPO in der bis 30.06.2002 geltenden Fassung). Die Einreichung der Klage erfolgte am 15. November 2001, und zwar nicht, wie die Beklagte in erster Instanz behauptet hatte, beim Verwaltungsgericht, sondern adressiert an das Landgericht Darmstadt, Kammer für Handelssachen, bei der Briefannahmestelle der Justizbehörden in Darmstadt. Eingänge bei dieser Briefannahmestelle wahren unter anderem die Frist für einen Eingang beim Landgericht Darmstadt.
Der Annahme, dass die Zustellung demnächst erfolgte ist, steht nicht entgegen, dass die Klage an die Kammer für Handelssachen adressiert war, welche den Rechtsstreit mit Beschluss vom 02.01.2002 an die zuständige Zivilkammer verwiesen hat. Für den rechtzeitigen Eingang beim Landgericht spielt es keine Rolle, an welchen Spruchkörper die Klageschrift adressiert war. Allerdings ist dadurch eine Verzögerung der Zustellung eingetreten, mit der die Klägerin allerdings nicht rechnen musste. Den am 15.11.2001 angeforderten Kostenvorschuss hat sie unverzüglich nämlich mit Überweisungsauftrag vom 26.11.2001 eingezahlt. Hierauf hätte die Kammer für Handelssachen die Klage unverzüglich zustellen müssen. Erst danach hätte richtigerweise die Verweisung an die Zivilkammer nach § 97 Abs. 2 GKG erfolgen dürfen. Dies folgt aus dem Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör und aus der Bindungswirkung der Verweisung, welche eine vorherige Beteiligung der Beklagten zwingend voraussetzt.
Verjährung ist auch nicht eingetreten, soweit sich Zahlungsansprüche nicht aus Anfechtung, sondern daraus ergeben, dass die Erfüllung von Forderungen der Gemeinschuldnerin, die bei Insolvenzeröffnung noch bestanden, zur Insolvenzmasse geltend gemacht wird. Auch insoweit hat die Erhebung der Klage vom 15.11.2001 die Verjährung unterbrochen. Streitgegenstand war der Anspruch des Klägers auf Zahlung bestimmter Beträge zur Insolvenzmasse aufgrund des in der Klageschrift geschilderten Lebenssachverhalts. Vom Klageanspruch umfasst waren sämtliche Ansprüche auf Zahlung zur Insolvenzmasse aufgrund der im einzelnen in der Klageschrift aufgelisteten Gutschriften auf dem Kontokorrentkonto.
Die Klageforderung ist daher in folgendem Umfang entsprechend der Nummerierung in den Entscheidungsgründen begründet:
Ziffer 2 | 351.207,24 DM |
Ziffer 4 | 34.243,53 DM |
Ziffer 5 | 45.260,61 DM |
Ziffer 6a | 425.000,00 DM |
Ziffer 6b | 358.176,41 DM |
1.213.887,79 DM | |
Das sind | 620.650,96 €. |
Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte ist durch vorprozessuale Zahlungsaufforderung vom 09.10.2001 in Verzug gesetzt worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war zuzulassen, soweit zu Ungunsten der Beklagten entschieden worden ist, da die Frage der Anfechtbarkeit der Verwendung von Gutschriften auf einem Kontokorrentkonto, welches sich im Haben-Bereich befindet, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Eine Beschränkung auf einen Teil des die Berufung zurückweisenden Urteilsausspruchs ist damit nicht verbunden.
Soweit die Berufung Erfolg hat, war die Revision zugunsten des Klägers nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen insoweit nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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