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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 17.01.2008
Aktenzeichen: 27 U 25/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 307
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I) Die Klägerin verlangt von der Beklagten restliche Mietnebenkosten aus einem Gewerberaummietvertrag für ein Fitness-Center aus den Kalenderjahren 2002, 2003 und 2004, die sie mit Schreiben vom 21.12.2004 und vom 14.12.2005 abgerechnet hat. Durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es hat die in den Nebenkostenabrechnungen enthaltenen Positionen

Allgemeinstrom,

Winterdienst,

Versicherungen,

Verwaltergebühren,

Hausmeister,

Brandmeldeanlage

abgesetzt, weil die im Mietvertrag vom 17.12.1998 enthaltene Nebenkostenabrede gemäß § 307 BGB unwirksam sei, soweit sie diese Positionen betrifft. Die Positionen

BMA-Kosten selbst verschuldet

Einzelkosten

hat es nicht anerkannt, weil sie nicht nachvollziehbar seien. Bei Abzug der nicht anerkannten Kosten übersteigen die von der Beklagten geleisteten Vorauszahlungen die abgerechneten Nebenkosten.

Mit ihrer Berufung hat die Klägerin beantragt

die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Darmstadt, Az. 19 O 1/06 zu verurteilen, an den Kläger

13.572,36 € nebst 5 % Zins p.a. über dem Basiszinssatz seit dem 04.04.2005 und

18.343,07 € nebst 5 % Zins p.a. über dem Basiszinssatz seit dem 30.01.2005 und

11.574,37 € nebst 5 % Zins p.a. über dem Basiszinssatz seit dem 30.01.2006 zu zahlen,

wobei sie sich nicht mehr gegen die Absetzung der Positionen "BMA-Kosten selbst verschuldet" und "Einzelkosten" wendet.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und wendet sich zusätzlich gegen die von der Klägerin abgerechneten Positionen

A - Abrechnung

Heizungswartung

Niederschlagswasser

Wartung Fitness-Center

II) Das zulässige Rechtsmittel hat in Höhe eines Teilbetrages von 2.129,88 € Erfolg. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

1) Eine - wie hier - in einem Formularmietvertrag enthaltene Abrede über die Umlage der Betriebskosten auf die Mieter unterliegt nach den Regeln über die allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff BGB) der Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB. Eine Formularklausel ist insoweit unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB) oder wenn eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB, Transparenzgebot).

2) Nach der vom Landgericht zutreffend herangezogenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil v. 06.04.2005 XII ZR 158/01) benachteiligt eine Nebenkostenabrede den Mieter u.a. dann unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn sie ihm, abweichend vom gesetzlichen Leitbild, ohne Kostenbegrenzung etwa auf einen bestimmten Prozentsatz der Jahresmiete die Erhaltungslast (Instandhaltung) von gemeinsam mit anderen Mietern genutzten Flächen und Anlagen auferlegt, weil ihm dadurch auch Kosten übertragen werden, die nicht durch seinen Mietgebrauch veranlasst sind und die nicht in seinen Risikobereich fallen. Nach dieser Maßgabe ist die in Ziff. 4.4, S. 1, 1. Halbs. des Mietvertrages v. 17.12.1998 enthaltene Klausel:

"Die Nebenkosten umfassen sämtliche mit dem Betrieb, der Instandhaltung und der Instandsetzung des Hauses verbundenen Kosten, außer an Dach und Fach, insbesondere die Kosten der Klima-, Be- und Entlüftungsanlage, Heizung, Wasserversorgung, Aufzüge, Sprinkleranlage, Elektroanlagen, TÜV- und TÜA-Gebühren, Prüfung und Ersatz von Feuerlöschern in den Allgemeinbereichen sowie Antennenwartung"

unwirksam, denn sie überbürdet der Beklagten Kosten der Instandsetzung und Instandhaltung und enthält keine Kostenbeschränkung der Höhe nach. Dies hat zur Folge, dass die in den bezeichneten Abrechnungen für die Jahre 2002 bis 2004 auf der Grundlage dieser Klausel angesetzten Kosten für Allgemeinstrom und Brandmeldeanlage (als Kosten der Sprinkleranlage) keine Vertragliche Grundlage haben und nicht auf die Mieter umgelegt werden können.

3) Gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) verstößt eine Klausel, wenn sie inhaltlich nicht so bestimmt ist, dass sich der Mieter zumindest ein grobes Bild davon machen kann, welche zusätzlichen Kosten auf ihn zukommen können (BGH a.a.O.). Nach dieser Maßgabe ist die Nebenkostenabrede vom 17.12.1998 unwirksam, soweit sie in Ziff. 4.4. Satz 2 die Umlage der Kosten des Hausmeisters und der kaufmännisch-technischen Verwaltung des Objekts regelt.

a) Die Vergütung eines Hausmeisters ist zwar als Betriebskostenposition i.S.d. BetriebskostenVO grundsätzlich umlagefähig. Die VO (§ 2 Ziff. 14) nimmt jedoch insoweit solche Vergütungen von den Betriebskosten aus, die dem Hausmeister für die Instandhaltung, Instandsetzung, Erneuerung, Schönheitsreparaturen oder die Hausverwaltung gewährt werden. Die den Hausmeister betreffende Formulierung in Ziff. 4.4 S. 2 der Nebenkostenabrede nimmt solch eine Einschränkung nicht vor. Für den Mieter ist daher nicht ersichtlich und vorhersehbar, welche Tätigkeiten des Hausmeisters durch die umgelegte Vergütung entgolten werden, wobei hinzu kommt, dass auch darin Kosten enthalten sein können, die die Instandhaltung oder Instandsetzung von Allgemeinbereichen betreffen (s. oben Ziff. 1).

b) Nach erneuter Prüfung erachtet der Senat auch die Klausel " ... Die Nebenkosten umfassen ...die Kosten für die kaufmännisch-technische Verwaltung des Objekts durch die Hausverwaltung" wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot als unwirksam.

a) Grundsätzlich ist in formularmäßigen Gewerberaummietverträgen die Umlage von Verwaltungskosten zulässig. Die Frage, wie eine entsprechende Abrede formuliert sein muss, um dem Transparenzgebot standzuhalten, ist in der veröffentlichten Rechtsprechung jedoch nicht abschließend geklärt. In seiner Entscheidung vom 06.04.2005 (XII ZR 156/01) hat der BGH zwar eine Klausel pauschal als intransparent verworfen, in der neben der Umlage von Versicherungen auch die Umlage von Verwaltungskosten vereinbart war. In der Begründung befasst sich die Entscheidung jedoch ausschließlich mit der Umlage der Versicherungen und diskutiert die Verwaltungskosten nicht. Aus der Entscheidung lässt sich daher nicht entnehmen, dass der BGH den Begriff der Verwaltungskosten als intransparent ansieht.

b) In der übrigen veröffentlichten Rechtsprechung wird die Frage unterschiedlich beurteilt. Das OLG Hamburg (NZM 2002, 388) hat die pauschale Umlage von Verwaltungskosten nicht beanstandet, wobei es davon ausgegangen ist, dass der Begriff in § 26 der Verordnung über wohnwirtschaftliche Berechnungen (II.BV) v. 12.10.1990 hinreichend definiert ist. Das KG (NZM 2002, 954) hat hingegen die Umlage von Verwaltungskosten in einem Formularvertrag verworfen, weil, wie sich aus der Entscheidung ergibt, nicht klar und bestimmt vereinbart sei, dass und wie die Verwaltungskosten für welche Leistungen umgelegt werden dürfen. In einer weiteren Entscheidung (Grundeigentum 2004, 234) hat es hingegen die Verwaltungskosten als umlagefähig bezeichnet, wenn eine entsprechende Vereinbarung besteht, und die Situation des Mietobjekts eine Verwaltung i.S. einer Leitung Organisation und Koordination erfordert. Zugleich hat es die Kosten für das kaufmännische und technische Centermanagement eines Einkaufszentrums dann mangels ausreichender Bestimmtheit als nicht umlagefähig angesehen, wenn daneben Verwaltungskosten geltend gemacht werden.Das OLG Köln (NZM 2006, 701) hat eine entsprechende Klausel nicht wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot, sondern als überraschende Klausel i.S.d. § 305c BGB beanstandet, weil der Mieter nach dem gesamten Inhalt der Nebenkostenregelung mit einem so hohen Betrag nicht zu rechnen brauchte. Das OLG Rostock (NZM 2005, 507) hat den Begriff "Kosten des Center-Managements" als intransparent angesehen, weil die Tätigkeitsbereiche des Center-Managements nicht im Einzelnen aufgeschlüsselt waren. Der BGH (NJW 2006, 3057) hat eine Klausel, wonach die Kosten einer Werbegemeinschaft eines Einkaufszentrums, der der Mieter beizutreten verpflichtet war, nach Flächen abzurechnen sind, als intransparent angesehen, weil die Höhe der Beiträge nicht bestimmbar ist und keine Höchstgrenze festgesetzt war.Insbesondere im Hinblick auf die Erörterungen des BGH in der letztgenannten Entscheidung hält es der Senat für geboten, die Umlage von Verwaltungskosten einer präzisen Vereinbarung zu unterwerfen.

aaa) Die Bezeichnung "Kosten der kaufmännischen-technischen Verwaltung" ist nicht eindeutig. Zwar ließe sich zu seiner Bedeutung der Text des § 26 der II. BV enthaltenen Beschreibung heranziehen. Eindeutig und unzweifelhaft vereinbart ist dieser Katalog aber nur, wenn er entweder direkt oder durch eine Bezugnahme auf die Vorschrift in den Text aufgenommen ist.

bbb) Selbst wenn man aber vom Wortlaut des § 26 der II. BV ausgeht, wäre damit nicht ausgeschlossen, dass die mit der Verwaltung betrauten Personen neben der Verwaltung des Mietobjekts auch noch andere Tätigkeiten ausüben. In der Praxis setzen Vermieter immer häufiger Verwalter ein, die nicht nur die kaufmännische Betreuung, sondern im Rahmen eines komplexen Service-Konzepts auch die umfassende technische und konzeptuelle Betreuung des Objekts im Sinne eines Gebäude- oder Center-Managements übernehmen und dabei häufig Dienstleistungen erbringen, die ausschließlich dem Vermieterinteresse dienen, etwa Planungen zur Neugestaltung von Leerstandsflächen, Steuerung der nicht auf die Mieter umlegbaren Instandsetzung/ Instandhaltung (Lindner-Figuera/Opree/Stellmann, Geschäftsraummiete, Kap. 11 Rz. 22). Die Bedeutung des in § 26 II. BV enthaltenen Begriffs der "Verwaltung" ist nicht so eindeutig und abgegrenzt, dass sich die bezeichneten Tätigkeiten "Gebäude-Management" nicht darunter subsumieren ließen. Dass es zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen kann und gekommen ist, zeigt die dazu zitierte obergerichtliche Rechtsprechung. Aus dieser Perspektive ist der Begriff der Verwaltung jedenfalls heute nicht mehr so eindeutig, dass sich der Mieter ohne zusätzliche Informationen, was die Hausverwaltung tut, ein grobes Bild davon machen kann, welche Kosten insoweit auf ihn zukommen können, zumal auch bei der Gewerberaummiete die Vereinbarung der Übernahme von Verwaltungskosten durch den Mieter eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild der Miete (§ 535 BGB) darstellt, die zum Schutz des Mieters vor unkalkulierbaren Kostenrisiken einer besonderen Bestimmbarkeit oder zumindest einer prozentualen Höchstgrenze bedarf (BGH a.a.O.).Nach dieser Maßgabe verstößt die Vereinbarung der Umlage der Verwaltungskosten im streitgegenständlichen Mietvertrag gegen das Transparenzgebot und ist daher unwirksam.

4) Wirksam ist die Nebenkostenabrede v. 17.12.1998 hingegen, soweit sie in Ziff. 4.4, S. 1, 2. Halbs. die Umlage der Kosten für die Beseitigung und Abtransport von Schnee und Eis (Winterdienst) und in Ziff. 4.4.S. 2 die Umlage der Kosten für Sach- und Haftpflichtversicherungen vorsieht.

a) Die Formulierung "Kosten der Beseitigung und Abtransport von Schnee und Eis" ist klar und verständlich und ermöglicht dem Mieter deren Abschätzung. Ziff. 4.4. S.1, 2. Halbs. enthält auch keinen Hinweis auf mögliche Instandhaltungs- oder Instandsetzungskosten.

b) Der Begriff "Sach- und Haftpflichtversicherungen" entspricht der Formulierung in § 2 Ziff. 13 der BetriebskostenVO und ermöglicht dem Mieter - im Gegensatz zu der vom BGH (a.a.O.) beanstandeten Formulierung " ...für das Gesamtobjekt notwendige und/oder übliche Versicherungen" eine hinreichende Abschätzung der entstehenden Kosten.

5) Soweit die Klägerin in der Abrechnung 2004 eine Position "Wartung Fitness-Center" abgerechnet hat, gibt es im Vertrag keine Formulierung, die die Umlage solcher Kosten tragen könnte.

III)

Nimmt man die von der Berufung nicht mehr verfolgten Kostenpositionen "BMA-Kosten selbst verschuldet" und "Einzelkosten" hinzu, sind die Nebenkostenabrechnungen für 2002 bis 2004 um folgende Positionen zu bereinigen:

 2002 2003 2004
Strom 1.056,62 € 1.036,82 € 1.106,69 €
Verwaltung 4.689,60 € 5.512,14 € 4.188,48 €
Hausmeister 4.175,46 € 4.028,99 € 4.080,35 €
Brandmelder 2.186,18 € 2.522,73 € 2.145,38 €
BMA s.v. 309,52 € 562,00 €  
Wartung F-Center   509,32 €
Einzelkosten  314,21 €  
Gesamt 12.417,38 € 13.976,89 € 12.030,22 €
+ 16 % MWSt 14.404,16 € 16.213,19 € 13.955,06 €
Abgerechnet sind 13.572,36 € 18.343,07 € 11.574,37 €

Es ergibt sich somit für die Jahre 2002 und 2004 eine Überzahlung. Für das Kalenderjahr 2003 verbleibt eine Nachzahlung von 2.129,88 €. Diesen Betrag hat die Beklagte an die Klägerin nachzuzahlen.

IV) Die für das Jahr 2003 verbleibende Nachzahlung entfällt auch nicht auf Grund der von der Beklagten in der Berufungserwiderung monierten Kostenpositionen A -Abrechnung, Heizungswartung, und Niederschlagswasser.

1) Niederschlagswasser ist Abwasser, das die Gemeinde nicht proportional zum Wasserverbrauch, sondern nach Maßgabe der jeweils versiegelten Grundstücksfläche abrechnet. Seine Kosten sind in der wirksam vereinbarten Umlage der Kanalgebühren (Ziff. 4.4 S. 1, 2. Halbs) enthalten.

2) Zutreffend ist, dass in § 4.2 des Mietvertrages nicht die anteilige Umlage der der Gesamtkosten der Heizung und des Warmwassers auf die Mieter vorgesehen ist, sondern die direkte Abrechnung zwischen den Mietern und den Versorgungsunternehmen. Darauf kann sich die Beklagte jedoch nicht berufen.Zum einen hat die Beklagte während der Abrechnungszeiträume die nicht der Vereinbarung entsprechende Handhabung tatsächlich hingenommen und damit konkludent einer entsprechenden Änderung der Vereinbarung zugestimmt. Im Übrigen entspricht die tatsächlich praktizierte Heizkostenumlage der Heizkostenverordnung, deren Vorschriften gemäß § 2 der VO außer bei vom Vermieter selbst mitbewohnten Zweifamilienhäusern rechtsgeschäftlichen Bestimmungen vorgeht.

3) Kosten der Heizungswartung sind in der Abrechnung 2003 nicht umgelegt.

4) Dass die Heiz- und Warmwasserkosten des Jahres 2002 auf einer Schätzung beruhen, ist unerheblich. Dass bei Geräteausfall eine Schätzung zulässig ist, ergibt sich aus § 9a der HeizkostenVO. Die Angriffe der Beklagten gegen die Schätzung sind pauschal und nicht geeignet, die Abrechnung in Frage zu stellen.

V) Der Ausspruch über die Zinsen folgt aus §§ 288, 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB i.V.m. Ziff. 4.10 des Mietvertrages, die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 Ziff. 1, 708 Ziff. 10, 711, 3 ZPO.

VI) Im Hinblick auf die Behandlung der Verwaltungskosten hat der Senat zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zugelassen.

Ende der Entscheidung

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