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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 23.03.2007
Aktenzeichen: 3 U 141/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 254 Abs. 1
BGB § 276
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 675
1. Ein Anlageberater, der eine stille Beteiligung an einer Beteiligungsgesellschaft empfiehlt, genügt trotz eingehender mündlicher Erörterung des Ausgabeprospektes seiner Aufklärungs- und Überprüfungspflicht zur Werthaltigkeit der Anlage nicht, wenn der Prospekt keine ausreichenden Angaben zum Anlagekonzept, dessen Struktur, insbesondere zur Gewichtung der einzelnen Anlagebereiche, und der Berater keine weiteren Informationen zur Verfügung stellen kann.

2. Ein Anleger muss sich trotz Unerfahrenheit in Geldangelegenheiten ein Mitverschulden bei der fehlgeschlagenen Kapitalanlage anrechnen lassen, wenn in den von ihm unterschriebenen Zeichnungsscheinen deutliche Hinweise darauf enthalten sind, dass es sich um keine mündelsichere bzw. festverzinsliche Kapitalanlage, sondern um eine Unternehmensbeteiligung mit eventueller Nachschusspflicht handele. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Anleger den Begriff der Nachschusspflicht nicht verstanden und trotzdem nicht weiter nachgefragt hat.


Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen fehlerhafter Anlageberatung vom 08./09.07.1997 in Anspruch, nachdem sich die empfohlene Anlage durch Beteiligung als atypisch stille Gesellschafterin defizitär entwickelt hat. Ein ausführliches Beratungsgespräch fand am 08.07.1997 in der Wohnung von Bekannten des Beklagten, der Zeugen Z statt, zu der die Klägerin durch die Zeugen hinzugezogen worden war. Die Klägerin, die im Begriff war, eine selbständige Tätigkeit (Pflegedienst) aufzunehmen, wollte einen Betrag von 40.000,00 DM, den sie geerbt hatte, auch steuersparend anlegen. Sie arbeitete damals bei der B und verdiente monatlich netto 1.983,67 DM. Zwischen den Parteien ist streitig, ob an dem Beratungsgespräch auch der Zeuge C (damaliger Lebensgefährte der Klägerin) teilgenommen hat und ob der Beklagte zutreffend und in dem notwendigen Umfang über die mit der Anlage als stille Gesellschafterin verbundenen Risiken informiert und beraten hat. Im Rahmen des Gesprächs erstellte der Beklagte eine Berechnung, die er datierte und unterschrieb (Anlage K 1, Bl. 33 d. A.). Die Berechnung erstellte er auf einem Blatt der F, für die er Versicherungen vermittelte. Die Klägerin unterzeichnete am Folgetag, dem 09.07.1997, einen Zeichnungsschein über die Beteiligung als atypisch stille Gesellschafterin bei der D AG über 40.000,00 DM, zuzüglich 5 % Agio mit einer Laufzeit von 10 Jahren sowie über eine monatliche Einlagerate von 285,00 DM zuzüglich 5 % Agio und einer Laufzeit von 144 Monaten (Anlage K 2, Bl. 34 f d. A., Anlage K 4, Bl. 37 f d. A.). Beide Scheine enthielten über dem Unterschriftsfeld Hinweise darauf, dass es sich nicht um eine mündelsichere bzw. festverzinsliche Kapitalanlage, sondern um eine Unternehmensbeteiligung handele und dass bei Beendigung der stillen Gesellschaft zum Ausgleich eines eventuell negativen Auseinandersetzungsguthabens eine Nachschusspflicht bestehe. Mit Schreiben vom 23.07.2001 (Bl. 71 d. A.) kündigte die Klägerin ihre Kapitalanlage fristlos unter Hinweis auf Verfügungen des Aufsichtsamts für das Kreditwesen und Rechtsprechung des OLG Köln, das die Bezeichnung für den Vorläufer des (von ihr gezeichneten) PSP-Sparplans als modifiziertes Schneeballsystem zugelassen hatte und wies darauf hin, dass sie bei Vertragsunterzeichnung nicht auf die Risiken und nicht darüber informiert worden sei, dass schon 1993/1994 die Presse über die Risiken der Beteiligungen an der E berichtet habe.

Die Klägerin leitete mit Schriftsatz vom 29.12.2004 ein außergerichtliches Güteverfahren ein, welches der Beklagte mit Schreiben vom 12.01.2005 ablehnte, so dass die Klägerin am 24.01.2005 die Bescheinigung vom 18.01.2005 über das Scheitern des Güteversuchs erhielt (Bl. 53 d. A.).

Die Klägerin hat ihren Schaden unter Abzug der Auszahlungen unter Vorlage der entsprechenden Kontoauszüge der Anlagegesellschaft mit 40.063,75 DM = 20.484,27 € errechnet. Die Beklagte hat die Berechnung nicht angegriffen, jedoch die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe in dem Besprechungstermin am 08.07.1997 erklärt, dass sie ihr Geld sicher anlegen wolle und der Beklagte habe die vorgeschlagene Beteiligung bei der E als sichere Anlage in Immobilien im Osten und im Westen bezeichnet, zu der es schon viele Anleger gebe. Der Beklagte habe nicht über die Risiken, insbesondere die unsichere Wertentwicklung und auch nicht über die Gesellschaftsform der atypisch stillen Gesellschaft und deren Risiken, zum Beispiel die Nachschusspflicht, informiert. Er habe vielmehr erklärt, es handele sich um eine stabile, inflationssichere und steuersparende Geldanlage. Den Immissionsprospekt habe sie anlässlich des Beratungsgesprächs nicht erhalten, sondern später zugeschickt bekommen. Auf die negativen Presseberichte sei nicht hingewiesen worden.

Der Beklagte hat behauptet, er habe die Zeugen Z und die Klägerin zunächst über die Vorteile einer Anlage in Immobilien und Immobilienfonds und über die Unternehmensbeteiligungen in Form von atypisch stillen Gesellschaften bei der E informiert und dabei ausdrücklich auf die Risiken der Beteiligung hingewiesen. Er habe nicht nur Worte wie Totalverlust und Nachschusspflicht verwendet, sondern auch konkret erläutert, dass eventuell weder Entnahmen noch die Auszahlung des berechneten Auszahlungsbetrages sichergestellt seien. Er habe auch erklärt, dass das gesamte Kapital verlorengehe, wenn die angestrebte Gewinnphase nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werde. Er habe auch darauf hingewiesen, dass eine Pflicht zum Verlustausgleich in Form von weiteren Einzahlungen entsprechend dem Beteiligungsverhältnis bestehen könne. Er habe dabei den Immissionsprospekt zum persönlichen Sachwertplan zugrunde gelegt und erläutert, sei insbesondere den Abschnitt über "Chancen und Risiken ihrer Beteiligung im Überblick" und die Risikobelehrung durchgegangen. Er habe auch auf die negative Presse hingewiesen.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch persönliche Anhörung beider Parteien sowie Vernehmung der Zeugen Z und C die Klage durch Urteil vom 28.04.2006 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass nach Überzeugung des Gerichts der Beklagte seinen Beratungspflichten als Anlageberater in vollem Umfang genügt habe. Seine überzeugende, in plastischen Worten gegebene Darstellung sei durch den Zeugen Z bestätigt worden. Dem stehe die Aussage des Zeugen C nicht entgegen, weil er seinen eigenen Angaben zufolge bei dem Beratungsgespräch am 08.07.1997 nicht dabei gewesen sei. Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird im Übrigen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung, mit der sie rügt, dass das Landgericht von einem falschen Sachverhalt ausgegangen sei und auch das Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme unzutreffend gewürdigt habe.

Bei der Bezeichnung Immobilienfonds der E, welcher im unstreitigen Tatbestand aufgeführt sei, handele es sich um eine falsche Bezeichnung des Beklagten und deshalb um dessen falsche Beratung, weil es sich bei der Anlage nicht um einen Immobilienfonds gehandelt habe. Die E investiere vielmehr in alle möglichen Anlagen, auch in hoch risikohafte Papiere.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts habe es sich bei der vorgelegten Berechnung des Beklagten, die anlässlich der Besprechung erstellt worden sei, nicht um ein Berechnungsbeispiel gehandelt, sondern um die konkrete Berechnung der Gewinnaussichten, die Grundlage ihrer Anlageentscheidung gewesen sei. Das sei auch bereits in erster Instanz mit Schriftsatz vom 27.10.2005 (Bl. 94 d. A.) geltend gemacht worden. Durch die Berechnung sei der konkrete Verlauf der Anlage vorgetäuscht worden.

Unstreitig habe die Klägerin eine Geldanlage ohne Risiko vornehmen wollen; daher habe der Beklagte bereits gegen die Pflicht zu einer anlegergerechten Beratung verstoßen. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass überhaupt jemand eine Anlage vornehme, nachdem - wie der Beklagte behaupte - eine Stunde über die Risiken und den Totalverlust und Nachschusspflichten gesprochen worden sei. Die Risikoaufklärung habe tatsächlich nicht stattgefunden, der Zeuge C habe sie ebenfalls nicht bestätigt. Der Zeuge C habe ausdrücklich bestätigt, bei dem Gespräch in Anwesenheit der Eheleute Z dabei gewesen zu sein.

Die Angaben des Zeugen Z stützten die Darstellung des Beklagten deshalb nicht, weil Widersprüche vorhanden seien und der Zeuge gerade nicht bestätigt habe, dass die Beratung anhand des Immissionsprospekts erfolgt sei. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge gerade im Hinblick auf die Erörterung der Risiken die Anlage abgeschlossen habe. Zur Beratung habe der Zeuge Z lediglich bestätigt, dass ein Prospekt mit Bildern auf der Titelseite vorgelegen habe, wobei es sich einen Werbeprospekt zu den Immobilien der E ohne Hinweise auf Risiken gehandelt habe. Auch der Zeuge C habe lediglich das Vorhandensein dieses Prospekts bestätigt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Gießen vom 28.04.2006 (4 O 334/05) abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 20.484,27 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.08.2005 Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte der Klägerin an den Beteiligungsverhältnissen bei der A AG, ...straße ..., O1 mit den Vertragsnummern ... zu zahlen,

hilfsweise,

den Beklagten zur Zahlung von 20.484,27 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.08.2005 und zur Übernahme der Rechte der Klägerin an den Beteiligungsverhältnissen der A AG, ...straße ..., O1 mit den Vertragsnummer ... zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die Berufung der Klägerin hat überwiegend Erfolg. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Schadenersatz gegen den Beklagten wegen Verletzung des am 8./9.7.1997 aus Anlass der Anlage ihres ererbten Kapitals zwischen den Parteien zustande gekommenen Beratungsvertrages zu; sie muss sich allerdings ein Mitverschulden von 20% anrechnen lassen.

1. Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen.

a) Bei einer Anlageberatung kommt ein Beratungsvertrag dadurch zustande, dass der Interessent deutlich erkennen lässt, er wolle wegen einer Anlageentscheidung die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Beraters/Vermittlers in Anspruch nehmen und dieser mit der gewünschten Tätigkeit beginnt, wobei lediglich ein Auskunftsvertrag zustande kommt, wenn der Vertragspartner des Interessenten lediglich als Vermittler auftritt, indem er seine Einbindung in das Vertriebssystem einer Kapitalanlagegesellschaft offenlegt bzw. erkennbar auf der Anbieterseite steht (Palandt/Sprau, BGB, § 675 Rn 42, § 280 Rn 52 m.N.). Letzteres ist nicht der Fall, wenn er als neutraler Berater in Erscheinung tritt. Dies trifft auf den vorliegenden Fall deshalb zu, weil der Beklagte unstreitig als Vermittler von Versicherungen tätig gewesen ist und von den der Klägerin bekannten Zeugen Z als Berater für Kapitalanlagen vermittelt und als solcher in deren Wohnung aufgetreten ist. Der Beklagte hat überdies seine Distanz bzw. Unabhängigkeit von der Vertriebsorganisation der "E", deren Beteiligung Gegenstand des Beratungsgesprächs gewesen ist, erkennbar dadurch zum Ausdruck gebracht hat, dass er eine Berechnung über die Entwicklung der empfohlenen Anlage auf einem durch Aufdruck der F gekennzeichneten Notizblatt gefertigt hat. Die Rolle des Beklagten als neutraler Berater ist auch dadurch zum Ausdruck gekommen, dass er eigenen Angaben zufolge auch andere Anlagemöglichkeiten, z.B. in Lebensversicherungen sowie einen von der Klägerin nachgefragten Bausparvertrag erörtert habe. Auf Grund dieses Auftretens des Beklagten im Rahmen einer privaten Zusammenkunft in den Wohnräumen der Zeugen Z, bei der unstreitig ein mehrstündiges Gespräch über Kapitalanlagen, insbesondere die Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter bei der E geführt wurde, ist zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag über eine Kapitalanlage der Klägerin zustande gekommen.

b) Aufgrund dessen schuldete der Beklagte der Klägerin eine anlegergerechte und objektgerechte Beratung (Palandt a.a.O., § 280 Rn 48 f).

aa) Ein Berater handelt nur dann anlegergerecht, wenn er das Anlageziel des Kunden, zum Beispiel den Wunsch nach einer sicheren Geldanlage oder dessen Bereitschaft zur Übernahme eines Risikos, und sein einschlägiges Fachwissen abklärt (Palandt / Heinrichs, BGB, § 280 Rn 48). Eine Aufklärungspflicht besteht bereits dann, wenn der Kunde zwar als risikobewusst, die empfohlene Anlage aber bereits als spekulativ einzustufen ist. Gegenüber einem konservativen Anleger ohne Fachwissen darf der Berater nur Anlagen empfehlen, bei denen alle Risiken weitgehend ausgeschlossen sind (OLG Nürnberg ZIP 98, 380). Gegen diese Pflicht hat der Beklagte vorliegend verstoßen. Es musste ihm auf Grund der Äußerungen und des Auftretens der Klägerin bewusst sein, dass es sich bei der Klägerin um eine Anlegerin ohne jedes Fachwissen gehandelt hat, die ihr nicht allzu großes ererbtes Kapital anlegen wollte und von einer sicheren Anlage gerade auch wegen der beabsichtigten selbständigen Tätigkeit ausging. Dies war dem Beklagten auch daraus ersichtlich, dass sie nach einer Anlage in einen Bausparvertrag fragte, welche er ihr aber nicht empfahl, weil sie auf Befragen eine Bau- oder Renovierungsabsicht verneinte. Es kam hinzu, dass das Einkommen der Klägerin von unter 2000 DM monatlich sie nicht in die Lage versetzte, größere Risiken einzugehen. Selbst wenn dem Beklagten diese Information im Verlaufe des mehrstündigen Beratungsgesprächs nicht zugänglich gemacht worden sein sollte, war es seine Pflicht, insoweit eine Abklärung des Anlagehorizonts der Klägerin herbeizuführen. Dem Beklagten musste jedenfalls als erfahrener Vermittler von Versicherungen aufgefallen sein, dass die Klägerin auf Grund unzureichender Kenntnisse nur sehr eingeschränkt in der Lage gewesen ist, Erläuterungen über nicht konservative Anlagemöglichkeiten und insbesondere die damit verbundenen Risiken zu verstehen, wie dies noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter des Senats zu Tage getreten ist. Angesichts dieser Umstände stellte die - unstreitige - Empfehlung einer Anlage durch Beteiligung als stille Gesellschafterin im Hinblick auf die damit verbundenen Risiken sowie deren eingeschränkte Verkäuflichkeit bereits eine Pflichtverletzung des Beratungsvertrages dar.

bb) Auch eine objektgerechte Beratung der Klägerin durch den Beklagten kann entgegen der Feststellung in dem angefochtenen Urteil nicht als erwiesen angesehen werden. Zwar obliegt der Klägerin nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die Beweislast für die Verletzung einer Beratungspflicht bei der Anlageberatung, der sie aber dadurch nachkommt, dass sie die der anderen Partei obliegende substantiierte Gegendarstellung, wie im Einzelnen aufgeklärt und beraten worden sein soll, widerlegt. Vorliegend fehlt aber bereits die hinreichende Darstellung einer der Vertragspflicht genügenden objektgerechten Beratung durch den Beklagten.

Zur objektgerechten Beratung gehört die Aufklärung über alle Umstände und Risiken, die für die Anlageentscheidung der Klägerin von Bedeutung sein konnten (BGH III ZR 44/06, NSW BGB § 676, zit. nach JURIS). Der Berater darf sich dabei nicht nur auf den Prospekt und die Angaben der kapitalsuchenden Gesellschaft verlassen (BGH ZIP 2003,1928).

(1) Der Beklagte hat bereits unrichtige Angaben über den Inhalt der Kapitalanlage durch stille Beteiligung gemacht, indem er zumindest den Eindruck erweckt hat, es handle sich um einen Immobilienfonds. Abgesehen davon, dass eine solche Darstellung unrichtig ist und deshalb eine Pflichtverletzung darstellt - der Beklagte räumt dies selbst ein, bestreitet aber die ihm zugeschriebene Angabe - hat der Hinweis auf Immobilien bei Laien zumindest zum Zeitpunkt der Beratung (1997), bevor die Probleme mit sog. Schrottimmobilien auch in der allgemeinen Presse bekannt geworden sind, den Eindruck von Solidität vermittelt. Die Bezeichnung oder wenigstens schwerpunktmäßige Darstellung der Anlagegesellschaft als Immobilienfonds haben alle am Beratungsgespräch vom 8.7.1997 interessierten Personen übereinstimmend bestätigt. Diese Bezeichnung hat auch Eingang in den unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Urteils gefunden (S. 3), ohne dass daraus Konsequenzen gezogen worden wären. Die Klägerin hat ihr dahingehendes Verständnis bei ihrer persönlichen Anhörung vor dem Landgericht bestätigt (Bl. 145 d.A.), ebenso der Zeuge C (Bl. 150 f d.A.), auch der Zeuge Z hat ausgesagt, der Beklagte habe angegeben, es gehe bei der Geschäftsbeteiligung hauptsächlich um Immobilien (Bl. 155 d.A.), dagegen hat dessen damalige Ehefrau, die Zeugin Z, insoweit keinerlei Angaben machen können, weil sie kein Interesse an dem Gespräch hatte.

(2) Es genügte für eine objektgerechte Beratung auch nicht, wenn der Beklagte im Einzelnen den Anlageprospekt einschließlich der Risikohinweise durchgegangen sein will, was im übrigen zwischen den Parteien streitig ist. Vielmehr war Voraussetzung für eine sachgerechte Beratung die Bewertung und Überprüfung des Anlagekonzepts mindestens nach Plausibilität - was bereits ein Anlagevermittler zu leisten hat - und vorliegend auch nach Bonität und Sicherheit der Anlage, wobei es jedoch genügt hätte, darauf hinzuweisen, dass der Beklagte zu einer eigenen Bonitätsprüfung nicht in der Lage sei bzw. überhaupt nicht über die notwendige Sachkunde verfüge (Palandt a.a.O., § 280 Rn 49). Eine solche Aufklärung hat der Beklagte selbst nicht einmal behauptet. Seine in der mündlichen Verhandlung gegebene Erläuterung, es habe eine Überprüfung des von ihm empfohlenen Anlagekonzepts durch eine Firma G AG, eine Nachfolgerin der Firma H GmbH gegeben, über die er wiederum auf die Anlagevermittlung der E aufmerksam geworden sei, erfüllt nach der eigenen Darstellung des Beklagten nicht die Anforderungen an eine (neutrale) Überprüfung. Denn bei den genannten Firmen handelte es sich nach seinen Angaben selbst um Teile des Firmensystems der E, wie sich daraus erhellt, dass der Beklagte sich zur Herkunft seiner Informationen auf einen Herrn Y bezogen hat, der bei der H bzw. G GmbH tätig, gleichzeitig aber Geschäftsführer bei der E gewesen sei.

(3) Den Beklagten entlastet insoweit nicht, dass das Landgericht auf Grund des schriftlichen Empfangsbekenntnisses der Klägerin zutreffend davon ausgegangen ist, ihr sei der Emissionsprospekt anlässlich der Beratung ausgehändigt worden. Denn auch wenn in dem Prospekt ausführliche Darstellungen über Risiken enthalten gewesen sind, fehlten darin bereits Aussagen zum eigentlichen Anlagekonzept, dessen Struktur, insbesondere zur Gewichtung der einzelnen Anlagebereiche und deren Bennennung, nämlich in welche Objekte oder Papiere investiert werde, so dass trotz der sehr umfangreichen Ausführungen die Werthaltigkeit der stillen Beteiligung nicht erkennbar wird. Die vom Beklagten als Berater zu fordernde Überprüfung und Bewertung - nicht einmal eine ausreichende Aufklärung - war durch die Prospektangaben nicht gewährleistet. Selbst wenn demnach der Beklagte den Inhalt des Ausgabeprospekts im Einzelnen mündlich durchgegangen ist, konnten die darin enthaltenen Informationen nicht den an seine Beratung zu stellenden Anforderungen genügen. Die im Prospekt enthaltenen Risikohinweise konnten allenfalls ein Mitverschulden der Klägerin begründen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 8.11.2006, 7 U 247/05, zit. nach JURIS), wenn der Prospekt rechtzeitig vorgelegt worden war. Das war vorliegend durch Übergabe eines umfangreichen Werks von 126 Seiten am Tag des Vertragsschlusses bzw. an dessen Vortag nicht geschehen. In dieser kurzen Zeit war bereits eine ausreichende Kenntnisnahme bzw. Verständnis eines durchschnittlichen Anlegers nicht erreichbar. Dies gilt in besonderem Maße - für den Beklagten erkennbar - bezüglich der Klägerin. Es liegt nach dem persönlichen Eindruck beider Parteien auf der Hand, dass die Klägerin durch ihre Ausbildung als Pflegekraft mit finanziellen Dingen zumindest bis dato wenig in Berührung gekommen und daher in Kapitalangelegenheiten weitgehend uninformiert gewesen ist, was noch in der mündlichen Verhandlung dadurch zum Ausdruck gekommen ist, dass es ihr schwerfiel, beispielsweise die Frage der Steuerersparnis im Zusammenhang mit der Kapitalanlage darzustellen. Die Klägerin konnte deshalb erkennbar nicht in der Lage sein, anhand der Unterlagen innerhalb eines Tages die Risiken der empfohlenen Kapitalanlage zu verstehen, zur Werthaltigkeit fehlten ohnehin ausreichende Angaben.

(4) Auf die Behauptung des Beklagten, er habe negative Presseberichte über die E bei dem Beratungsgespräch vorliegen gehabt und auch erörtert, welche die Klägerin ggf. zu widerlegen hätte, kommt es infolge dessen nicht an. Die Pflichtverletzung liegt in der falschen Bezeichnung der Beteiligung an einem Immobilienfonds, sowie unzureichender anleger- und anlagegerechter Beratung.

c) Die Verletzung der Beratungspflicht durch den Beklagten ist auch als schuldhaft zu bewerten, weil es seine Pflicht als Berater gewesen ist, sich eingehend über den Anlagezweck und -wunsch der Klägerin zu informieren und seine Beratung danach auszurichten. Dies galt jedenfalls dann, wenn er wie geschehen beabsichtigte, nicht nur dem Zeugen Z (DM 10.000,-), dessen Angaben zufolge es nur um ihn (seine Beratung) ging, bestätigt durch die Darstellung der Klägerin, sie habe bei dem Gespräch mehr dabei gesessen, sondern auch der Klägerin eine im übrigen ungleich größere Kapitalanlage ( DM 40.000,- plus Ratenvertrag) zu vermitteln. Er ist nach den dargestellten Umständen bei der Beratung mindestens fahrlässig nicht in ausreichendem Maße auf die Interessen der Klägerin eingegangen. Das Verschulden des Auskunftsverpflichteten wird im übrigen vermutet (BGH III ZR 44/06); der Beklagte hat diese Vermutung nicht widerlegt.

d) Die Rechtsfolge der Pflichtverletzung des Beklagten aus dem bestehenden Beratungsvertrag ist der Anspruch der Klägerin auf Ersatz des negativen Interesses. Es ergibt sich daraus, dass sich der Kunde bei Verletzung der Beratungspflicht auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen kann, dass er nämlich im Falle der anleger- und objektgerechten Beratung die empfohlene Kapitalanlage nicht getätigt hätte und deshalb im Nachhinein so zu stellen ist, als sei dies auch nicht geschehen. Dem entspricht der von der Klägerin gestellte Antrag auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich erhaltener Erstattungen durch die Anlagegesellschaft, Zug um Zug gegen Abtretung der gezeichneten Anteile. Dabei bleiben steuerliche Konsequenzen außer Betracht (vgl. S. 5 des von der Klägerin vorgelegten Urteils des Senats vom 15.7.2004, Bl. 26 ff d.A.).

2. Die Beklagte muss sich aber ein Mitverschulden in dem tenorierten Umfang anrechnen lassen, weil sie auf Grund der deutlichen Hinweise in den beiden von ihr unterschriebenen "Zeichnungsscheinen des stillen Gesellschafters" erkennen konnte, dass die Anlage entgegen der von dem Beklagten dargestellten Sicherheit der Anlage, wie sie sie verstanden hatte, Risiken enthielt, wegen derer sie Nachfragen und Erläuterungen nachfordern musste, auch und gerade sofern sie sie nicht verstanden hatte. Die gleich lautenden und in den tabellenartig aufgebauten Zeichnungsscheinen innerhalb einer gesonderten waagerechten Spalte aufgeführten Hinweise enthalten die Angabe, dass es sich um keine mündelsichere bzw. festverzinsliche Kapitalanlage, sondern um eine Unternehmensbeteiligung handle, dass eventuell eine Nachschusspflicht bestehe und dass im Falle der Stornierung oder fristlosen Kündigung der stille Gesellschafter anteilig mit Vertriebs- und sonstigen Verwaltungsaufwendungen belastet werde und überdies das Agio verfalle und nicht zurückerstattet werde. Diese Hinweise geben zwar keine ausdrückliche Auskunft über das Risiko eines Totalverlustes der Anlage, welches allerdings logisch der Nachschusspflicht vorausgeht. Diese fehlende Klarstellung nimmt zwar der Belehrung die notwendige Deutlichkeit. Es fehlen insbesondere auch Hinweise zum eigentlichen Inhalt der Anlage, die lediglich als atypisch stille Gesellschaftsbeteiligung an der D-Aktiengesellschaft bezeichnet ist, so dass eine konkrete Vorstellung von einem Risiko nicht gebildet werden kann. Die Klägerin hat auch bei ihrer persönlichen Anhörung glaubhaft dargetan, dass ihr damals der Begriff Nachschusspflicht im Gegensatz zu heute (nach weiteren Erläuterungen) nicht klar gewesen sei. Gerade aber auch dann musste ihr selbst im Hinblick auf die für ihre finanziellen Verhältnisse sehr weitgehende Verpflichtung naheliegend erscheinen, Unklarheiten, die in Verbindung mit Risiken entstehen konnten, von sich möglichst zu beseitigen durch Nachfragen oder anderweitige Erkundigung vor Unterschrift. Ihr Mitverschuldensanteil an der fehlgeschlagenen Anlage ist jedoch gegenüber dem Beklagten nur mit 20 % zu bewerten. Dies beruht auf der Erwägung, dass die Klägerin trotz ihrer damaligen Pläne zu einer selbständigen Tätigkeit in finanziellen Dingen offensichtlichen unerfahren und von ihrer Ausbildung her nur eingeschränkt in der Lage gewesen ist, die komplexen Darstellungen eines 126-seitigen Prospekts zu verstehen und deshalb ausführliche Erläuterungen über 2 Stunden nicht unbedingt zur Klärung beitragen konnten. Vielmehr dürfte die Fülle von Informationen während des Beratungsgesprächs auf einem für die Klägerin unbekannten Gebiet eine anlegergerechte Beratung eher erschwert als gefördert haben. Diese Umstände, die auch noch im Termin vom 2.3.2007 zutage getreten sind, waren für den Beklagten als erfahrenem Versicherungsvermittler auch erkennbar, der seinen Angaben zufolge seinerseits zusätzlich 1/2 Jahr lang geschult worden war. Insoweit besteht ein deutlicher Unterschied im Sachverhalt gegenüber dem vom Senat entschiedenen und bereits zitierten Fall (Bl. 26 ff d.A.), in dem der Senat ein Mitverschulden von 1/3 angenommen hat.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind vorliegend nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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