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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 13.12.2007
Aktenzeichen: 3 U 170/07
Rechtsgebiete: InsO, ZPO, BGB, KO


Vorschriften:

InsO §§ 129 ff
InsO § 130
InsO § 130 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 143 Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 166 Abs. 1
KO § 30 Nr. 1
KO § 31 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A-GmbH (Insolvenzschuldnerin), über das durch Beschluss des AG Frankfurt (Oder) vom 1.2.2003 - 3.2 IN 753/02 - (Anl. K 1, Bl. 9 f d.A.) das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Hausbank der Insolvenzschuldnerin war die B-Bank. Ein der Insolvenzschuldnerin von der B-Bank gewährter Kredit wurde durch eine im Rahmen eines sog. ...-Bürgschaftsprogramms der Beklagten von dieser - über die C-Bank (...) - gewährte Bürgschaft vom 13.3.2001 (Anl. B 2.1, Bl. 215-221 d.A.) in Höhe von DM 2.276.000,- abgesichert. Nach § Ziff. 1.3 der gemäß Ziff. 7.1 des Bürgschaftsantrags vom 25.1.2001 (Bl. 231 f d.A.) und Ziff. XI der Bürgschaftsurkunde in den Bürgschaftsvertrag einbezogenen Allgemeinen Bestimmungen des ...-Bürgschaftsprogramms (Anl. B 3, Bl. 223-226 d.A.) war an die C-Bank eine Avalprovision von 0,45 % (bis zur Valutierung des Kredits) bzw. von 0,9 % des Bürgschaftsbetrags ab Datum der Bürgschaftszusage für jedes angefangene Halbjahr zu zahlen.

Die Insolvenzschuldnerin hatte sich im Vorfeld der Kreditgewährung durch Vereinbarung vom 25.1.2001 (Anl. B 1, Bl. 214 d.A.) gegenüber der B-Bank verpflichtet, alle im Zusammenhang mit der Ausfallbürgschaft anfallenden und unter Punkt 1.3. der "Allgemeinen Bestimmungen" (des ...-Bürgschaftsprogramms) näher bezifferten Kosten zu begleichen. Auf diese Vereinbarung wies die B-Bank in ihrem Bürgschaftsantrag vom 25.1.2001 (Bl. 231 f d.A.) in der die Zahlung der Bürgschaftsentgelte (Avalprovision) betreffenden Ziff. 7.2 ("Erklärungen der Hausbank") wie folgt hin:

"Wir verpflichten uns, gemäß Nr 7 des Merkblattes/Nr. 1.3 der Allgemeinen Bestimmungen ein einmaliges Antragsentgelt in Höhe von 0,5 % des beantragten Bürgschaftsbetrages (s. Nr. 4.4 dieses Antrages) - maximal 15.000 EUR (oder in DEM entsprechend) - zu zahlen. Wir sind damit einverstanden, dass das Antragsentgelt sowie die weiteren Bürgschaftsentgelte im Lastschriftverfahren vom Konto der A-GmbH - entsprechend der getroffenen Vereinbarung (Anlage) Konto: ... BLZ: ... eingezogen werden."

Die Bilanz der im Jahre 2000 gegründeten Insolvenzschuldnerin wies per 31.12.2001 einen Fehlbetrag von € 1.425.932,14 aus. Spätestens seit dem 11.9.2002 war die Insolvenzschuldnerin zahlungsunfähig, denn ihre kurzfristig flüssigen Mittel deckten nur noch 15,06 % der fälligen Verbindlichkeiten. Am 11.10.2002 deckten die liquiden Mittel nur noch 7,07 % der fälligen Verbindlichkeiten.

Am 30.10.2002 fand eine außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Insolvenzschuldnerin statt, in der ausweislich des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 30.10.2002 (Anl. K 7, Bl. 49-51 d.A.) festgestellt wurde:

Zahlungen [der A-GmbH] sind nur bis zum 30.10.2002 gesichert. Weitere Zahlungen sind abhängig vom Gesellschafterbeschluss, der zum Inhalt die Absicherung der zukünftigen Liquidität (bis 30.06.03) haben muss.

Die jeweils mit 15 % beteiligten Gesellschafter D, E, F und G stimmten einer Erhöhung des Stammkapitals um jeweils € 30.000,- zu, während die jeweils mit 20 % beteiligten Gesellschafter H-AG und K-Gesellschaft (kurz: K-Gesellschaft) keine Zusage erteilten. Die H-AG, ein Enkelunternehmen der Beklagten, betreute das Engagement der Beklagten bei der Insolvenzschuldnerin für die Beklagte. Am 19.11.2002 fand eine weitere außerordentliche Gesellschafterversammlung der Insolvenzschuldnerin statt, an der ausweislich der Anwesenheitsliste (Anl. K 8, Bl. 52 d.A.) alle Gesellschafter teilnahmen bzw. vertreten waren. Nach dem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 19.11.2002 (Anl. K 9, Bl. 53-55 d.A.) waren die Gesellschafter über eine Fortführung der Gesellschaft einig. Die akute Finanzlücke sollte durch eine Erhöhung des Kredits oder der Anteile der Gesellschafter geschlossen werden; ein Beschluss "zur uneingeschränkten Bürgschaft für den Gesamtrahmen der KK-Linie von T€ 1.000" sollte bis zum 22.11.2002 herbeigeführt werden. Eine weitere Gesellschafterversammlung sollte am 26.11.2002 stattfinden.

Mit Schreiben vom 20.11.2002 (Anl. K 4, Bl. 39 d.A.) forderte die H-AG namens der C-Bank die B-Bank als Hausbank der Insolvenzschuldnerin auf, der C-Bank eine für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2002 wegen der für diesen Zeitraum übernommenen Bürgschaft geschuldete Avalprovision in Höhe von € 5.236,65 zu bezahlen. Die B-Bank zahlte den Betrag dieser Aufforderung entsprechend am 28.11.2002 und buchte ihn, wie aus dem Kontoauszug vom 28.11.2002 (Anl. K 3, Bl. 38 d.A.) ersichtlich ist, am gleichen Tag mit dem Betreff "...-Bürgschaftsprogr. Avalprovis. d. H-AG" vom Konto der Insolvenzschuldnerin ab.

In der Folgezeit verweigerte die H-AG die vorfristige Freigabe dringend erforderlicher Mittel. Deshalb war die Insolvenzschuldnerin nicht mehr in der Lage, die betriebsnotwendigen Zahlungen zu erbringen und stellte am 11.12.2002 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erklärte der Kläger durch Schreiben vom 16.12.2003 (Anl. K 10, Bl. 56 f d.A.) gegenüber der C-Bank die Anfechtung der Zahlung und verlangte die Rückerstattung der gezahlten € 5.236,65. Er stellte sich auf den Standpunkt, die H-AG sei eine Tochtergesellschaft der C-Bank. Letztere müsse sich deshalb die Kenntnis der H-AG von der Notlage der Insolvenzschuldnerin und deren drohenden Zahlungsunfähigkeit zurechnen lassen. Auch die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 130 InsO lägen vor. Die Beklagte wies mit Schreiben der "L-Bankengruppe Niederlassung O1" vom 23.12.2003 (Anl. K 11, Bl. 58 f d.A.) die Forderung des Klägers zurück, weil keine Leistung der Insolvenzschuldnerin, sondern eine Zahlung der B-Bank auf eine eigene Verpflichtung vorgelegen habe.

Die C-Bank gehörte zum Konzern der Beklagten; ihr Vermögen ist im Jahre 2003 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Klägerin übergegangen. Auch die H-AG gehörte zum Konzern der Beklagten; sie wurde im Jahre 2004 auf die ebenfalls zum Konzern der Beklagten gehörende L-Beteiligungsholding GmbH verschmolzen.

Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte habe den durch die Zahlung der B-Bank an sie gelangten Betrag von € 5.236,65 zu Lasten der Insolvenzschuldnerin erlangt. Die Beklagte müsse sich die Kenntnis der H-AG über ihre Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit zurechnen lassen, denn die H-AG sei deren Tochterunternehmen und die Beklagte habe die H-AG als mit den Sachverhalten Vertraute für sich auftreten und handeln lassen. Der Beklagten sei auch bekannt gewesen, dass mit ihrer Bürgschaft in Zusammenhang stehende Kosten nach ihrem, von ihr selbst so mit Merkblättern erläuterten Finanzierungsmodell, letztlich vom Kreditnehmer zu zahlen seien.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 5.236,65 nebst 4 % Zinsen seit dem 6.1.2004 zu zahlen

Die Beklagte hat beantrag,

die Klage abzuweisen.

Sie hat bestritten, die € 5.236,65 von der Insolvenzschuldnerin erlangt zu haben. Das der Zahlung zugrunde liegende Vertragsverhältnis - der Bürgschaftsvertrag - habe nämlich nur zwischen ihr und der B-Bank bestanden. Der Beklagten sei nicht bekannt gewesen, dass die Avalprovision vom Konto der Insolvenzschuldnerin abgebucht werden würde.

Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 I Nr.1 ZPO ergänzend Bezug genommen wird, der Klage mit der Begründung stattgegeben, die vom Kläger erklärte Insolvenzanfechtung sei nach § 130 InsO begründet. Die Beklagte habe den Betrag von € 5.236,65 aus dem Vermögen der Insolvenzschuldnerin erlangt, denn die B-Bank als Hausbank der Insolvenzschuldnerin sei bei dem angefochtenen Zahlungsvorgang nur als "Zwischenstation/Zahlstelle" aufgetreten.

Die Beklagte rügt mit ihrer Berufung, mit der sie ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt, das Landgericht habe den Sachverhalt, namentlich die Zahlungsströme, nicht zutreffend gewürdigt. Schuldgrund der Zahlung der B-Bank an die Beklagte sei ausschließlich eine nach § Ziff. 1.3 der Allgemeinen Bestimmungen des ...-Bürgschaftsprogramms der B-Bank selbst obliegende Verpflichtung zur Zahlung einer Avalprovision für die ihr gegenüber übernommene Bürgschaft gewesen. Durch die Zahlung der B-Bank vom 2.12.2002 sei folgerichtig zunächst ihr internes Konto Nr. ... belastet worden. Dass die Insolvenzschuldnerin gegenüber der B-Bank die Erstattung der dieser im Zusammenhang mit der Bürgschaft entstehenden Kosten übernommen habe und der Betrag deshalb - zugunsten des Kontos Nr. ... der B-Bank - schließlich ihrem Konto belastet worden sei, betreffe ausschließlich das Innenverhältnis zwischen der Insolvenzschuldnerin und ihrer Hausbank und sei nicht gegenüber der Beklagten anfechtbar. Ein anfechtungsrechtlicher Durchgriff auf die Beklagte sei nicht gerechtfertigt, denn für die Beklagte sei nicht erkennbar gewesen, dass letztlich eine Leistung der Insolvenzschuldnerin vorgelegen habe. Es sei deshalb eine Rückabwicklung ähnlich der bereicherungsrechtlichen Abwicklung im Dreiecksverhältnis vorzunehmen, so wie das in einem Parallelprozess auch das Landgericht Berlin in einem Urteil vom 29.6.2006 - 9 O 579/05 (Bl. 242-247 d.A.) gesehen habe.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Er meint, anfechtungsrechtlich entscheidend sei, dass die Leistung wirtschaftlich aus dem Vermögen der Insolvenzschuldnerin in das der Beklagten gelangt sei. Dass die B-Bank selbst habe Sonderbelastungen aus dem Bürgschaftsprogramm tragen sollen, sei nie vorgesehen gewesen. Richtiger Anfechtungsgegner sei in einer solchen Konstellation nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Leistungsempfänger. Fremdnützig und damit einen Dritten begünstigend sei eine Leistung nur dann, wenn allein der Dritte hieraus den Vorteil ziehe; da vorliegend aber die Insolvenzschuldnerin auch selbst zahlungspflichtig gewesen sei, habe sie sich selbst begünstigt. Die B-Bank habe nur als Sicherungsgeberin für die Insolvenzschuldnerin fungiert.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

1. Der mit der Klage geltend gemachte Rückerstattungsanspruch nach § 143 I InsO ist begründet, weil der Kläger die am 28.11.2002 über die B-Bank erfolgte Zahlung der Insolvenzschuldnerin berechtigt gemäß § 130 I Nr. 1 InsO angefochten hat.

2. Anfechtbare Rechtshandlung war die innerhalb der letzten drei Monate vor der Stellung des Insolvenzantrags vom 11.12.2002, nämlich am 28.11.2002, erfolgte Zahlung der Insolvenzschuldnerin. Die Insolvenzschuldnerin war im Zeitpunkt dieser Zahlung zahlungsunfähig. Dies ergibt sich aus den Protokollen der außerordentlichen Gesellschafterversammlungen vom 30.10.2002 und 19.11.2002 sowie der Tatsache, dass in der Folgezeit die H-AG die vorfristige Freigabe dringend erforderlicher Mittel verweigerte, und wird von der Beklagten nicht bestritten.

Da die C-Bank bei ihrer - der Zahlung zugrunde liegenden - Zahlungsaufforderung mit Schreiben vom 20.11.2002 durch die H-AG handelte, muss sie sich deren unbestritten damals vorhanden gewesene Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin nach § 166 I BGB zurechnen lassen.

3. Passivlegitimiert für den Rückerstattungsanspruch ist unter der - unter den Parteien allerdings umstrittenen - Voraussetzung, dass Zahlungsempfängerin die C-Bank war, die Beklagte, da das Vermögen und damit auch die Verbindlichkeiten der C-Bank unstreitig im Jahre 2003 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Klägerin übergegangen ist.

4. Entscheidend ist somit, ob es sich bei der Zahlung Insolvenzschuldnerin an die B-Bank und der am selben Tage erfolgenden Zahlung der B-Bank an die Klägerin im Sinne des Anfechtungsrechts der §§ 129 ff, InsO um eine einheitliche, vom Insolvenzverwalter unmittelbar gegenüber der Beklagten als Empfängerin anfechtbare Rechtshandlung der Insolvenzschuldnerin gehandelt hat. Das ist vom Landgericht im Ergebnis zu Recht bejaht worden.

a) Gegen wen sich im Falle mehrerer an einem Zahlungsvorgang beteiligter Personen die Insolvenzanfechtung zu richten hat, entscheidet sich nach der Rechtsprechung danach, zwischen welchen Beteiligten eine Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinn erfolgt ist. So heißt es in einem - noch zu § 30 Nr. 1 KO ergangenen - Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16.9.1999 - IX ZR 204/98 - (BGHZ 142, 284 = NJW 1999, 3636 = NZI 1999, 448) unter Ziff. II.2.a der Entscheidungsgründe:

Hat der Gemeinschuldner eine Zwischenperson eingeschaltet, die für ihn im Wege einer einheitlichen Handlung eine Zuwendung an einen Dritten bewirkt und damit zugleich unmittelbar das den Insolvenzgläubigern haftende Vermögen vermindert hat, so richtet sich die Anfechtung allein gegen den Dritten als Empfänger, wenn es sich für diesen erkennbar um eine Leistung des Gemeinschuldners handelte. Dies ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Fällen der Anweisung des Gemeinschuldners an einen anderen, seine Gläubiger zu befriedigen, anerkannt (vgl. BGHZ 38, 44 [46] = NJW 1962, 2297 = LM § 30 KO Nr. 13; BGH, ZIP 1982, 76 [77]). Die Zuordnungskriterien entsprechen denen des Leistungsbegriffs im bereicherungsrechtlichen Sinne (vgl. dazu BGHZ 40, 272 [277] = NJW 1964, 399 = LM § 951 BGB Nr. 18; BGHZ 61, 289 [292] = NJW 1974, 39 = LM § 812 BGB Nr. 102; BGHZ 87, 246 [249] = NJW 1983, 2501; BGHZ 89, 376 [378] = NJW 1984, 1348 = LM § 812 BGB Nr. 168).

Das Vorlegen einer solchen einheitlichen Handlung wurde bejaht für den Fall einer Verrechnungsabrede, nach der sich ein Schuldner des Gemeinschuldners (Käufer) verpflichtete, einen gegenüber dem Gemeinschuldner geschuldeten Kaufpreis nach Maßgabe eines ihm vom Gemeinschuldner vorgegebenen Zahlungsplans an dessen Gläubiger auszuzahlen, denn eigene Ansprüche der Gläubiger gegen den Käufer sollten durch die vertragliche Regelung nicht begründet werden.

Diese Rechtsprechung wurde auch nach Inkrafttreten der InsO für die Insolvenzanfechtung beibehalten und ausdrücklich in dem den Einzug von Sozialkassenbeiträgen betreffenden Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.02.2004 - IX ZR 70/03 (NJW 2004, 2163 = NZI 2004, 379 = WM 2004, 899 = ZIP 2004, 862) unter Ziff. II.2.b der Entscheidungsgründe bestätigt, nach dem es zutreffend ist, die anfechtungsrechtliche Interessenabwägung im Einklang mit den als Wertungsparallelen herangezogen bereicherungsrechtlichen Lösungen vorzunehmen.

Zu der Konstellation von Zahlungen per Lastschrift vom Bankkonto des Gemeinschuldners im Wege des Abbuchungsauftrags- oder des Einzugsermächtigungsverfahrens hat der Bundesgerichtshof in einem - ebenfalls noch zu §§ 30 Nr. 1, 31 Nr. 1 KO ergangenen -Urteil vom 19.12.2002 - IX ZR 377/99 - (BGH NJW-RR 2003, 837 = NZI 2003, 253) entschieden, dass dies (auch) Rechtshandlungen des Gemeinschuldners sein können. Der Bundesgerichtshof führt unter Ziff. II.1 aus, Zahlungen mittels Lastschrift seien jedenfalls bei Einhaltung der vereinbarten und üblichen Regeln des Abbuchungsauftrags- bzw. des Einzugsermächtigungsverfahrens als einheitliche Rechtshandlungen und Leistungen des Gemeinschuldners an den abbuchenden oder einziehenden Gläubiger anzusehen, bei denen der Schuldner sich seines abbuchenden Kreditinstituts nur als Zahlstelle bediene. Die Frage, welche Auswirkungen es hat, wenn die Schuldnerbank ihre Rolle als reine "Zahlungs- und Verrechnungsstelle" verlässt oder sonstige Abweichungen von dem üblichen Lastschriftverfahren gegeben sind, hat der Bundesgerichtshof hier allerdings offen gelassen.

b. Nach den Kriterien dieser Rechtsprechung ist vorliegend bei den Zahlungen einerseits der Insolvenzschuldnerin an die B-Bank und andererseits der B-Bank an die Beklagte von einer einheitlichen Rechtshandlung auszugehen, bei der nach den Kriterien des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs bei Drittbeziehungen (vgl. Palandt-Sprau, BGB, § 812 Rn. 46) die Insolvenzschuldnerin als Leistende und die C-Bank Empfängerin zu betrachten ist.

Aus der Vertragsdokumentation ergibt sich zwar, dass die eigentliche Schuldnerin der Bürgschaftsentgelte (Avalprovision) im Verhältnis zur Deutschen Ausgleichbank die B-Bank war, weil sie im Bürgschaftsantrag vom 25.1.2001 als Antragstellerin auftrat und sich in Ziff. 7.2 des Antrags selbst zur Zahlung sowohl des Antragsentgelts als auch der weiteren Bürgschaftsentgelte verpflichtete. In Ziff. 7.2. des Antrags setzte die B-Bank die Deutsche Ausgleichbank aber zugleich darüber in Kenntnis, dass sie mit der Insolvenzschuldnerin die als Anlage beigefügte Vereinbarung vom selben Tag getroffen hatte, nach der die Insolvenzschuldnerin sich verpflichtete, der B-Bank alle ihr im Hinblick auf die Bürgschaftsentgelte (Avalprovision) entstehenden Kosten zu erstatten und sowohl das Antragsentgelt als auch künftige Bürgschaftsentgelte direkt vom Konto der Insolvenzschuldnerin bei der B-Bank einzuziehen. Außerdem erklärte die B-Bank in Ziff. 7.2. des Bürgschaftsantrags auch ihrerseits, das Antragsentgelt und die weiteren Bürgschaftsentgelte seien im Lastschriftverfahren direkt vom Konto der Insolvenzschuldnerin bei der B-Bank einzuziehen. Damit war unter den Beteiligten geklärt, dass die Insolvenzschuldnerin die Bürgschaftsentgelte (Avalprovision) an die Deutschen Ausgleichbank zahlen und somit eine Leistung in diesem Verhältnis erfolgen würde.

Die in dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2002 - IX ZR 377/99 - (aaO.) offen gelassene Frage, welche Auswirkungen es hat, wenn die Schuldnerbank ihre Rolle als reine "Zahlungs- und Verrechnungsstelle" verlässt oder sonstige Abweichungen von dem üblichen Lastschriftverfahren gegeben sind, ist nach Auffassung des Senats dahin zu beantworten, dass jedenfalls in einer Konstellation wie sie vorliegend zu beurteilen ist, d.h. wenn aufgrund einer auf einem unter allen Beteiligten unstreitigen Sachverhalt beruhenden abrechnungstechnischen Korrekturberechnung eine Nachforderung geltend gemacht wird, im Zweifel keine anderen Regelungen dafür gelten sollen, wer als Leistender und wer als Empfänger zu betrachten ist, auch vorliegend der B-Bank eine rechnerische Überprüfung ermöglicht werden sollte und deshalb von der Einziehung im Lastschriftverfahren abgesehen wurde.

Dem steht die Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 29.6.2006 - 9 O 579/05 -, auf welche die Beklagte sich für das gegenteilige Ergebnis beruft, nicht entgegen, denn in dem dort zu entscheidenden Sachverhalt war der Zahlungsfluss so geregelt, dass Überweisungen von dem Insolvenzschuldner an seine Bank erfolgten und die C-Bank hiervon getrennt einen Lastschrifteinzug bei der Bank vornahm.

Hinsichtlich der Zinsnebenforderung ist die Entscheidung des Landgerichts nicht angegriffen worden.

Da die Berufung der Beklagten damit erfolglos bleibt, hat sie die Kosten des Rechtsmittels zu tragen (§ 97 I ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 II Nr. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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