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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 12.07.2007
Aktenzeichen: 3 U 247/05
Rechtsgebiete: Einigungsvertrag


Vorschriften:

Einigungsvertrag Art. 3
Einigungsvertrag Art. 8
Nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland sind OEB als Rechtspersonen erloschen.
Gründe:

I.

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist die Klärung der Rechts- und Vermögensverhältnisse an dem belletristischen Verlagsunternehmen B. Der Kaufmann A aus 01 hat als sich so bezeichnender Alleingesellschafter der Klägerin dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin Vollmacht erteilt. Wegen des Klagebegehrens, des Widerklagebegehrens und des Sachverhaltes wird in vollem Umfang auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils verwiesen. Das Landgericht hat Klage und Widerklage als unzulässig abgewiesen, weil die Klägerin bereits vor Klageeinreichung nicht mehr existent und damit auch nicht parteifähig im Sinne von § 50 ZPO gewesen sei. Auf die Frage, ob sie nach damaligem Recht der DDR wirksam in eigenen volkseigenen Betrieb überführt worden sei, komme es nicht an, denn jedenfalls sei im Jahre 1955 nach dem Recht der DDR eine Umwandlung der B-GmbH in einen organisationseigenen Betrieb (OEB) erfolgt. Als solcher sei die Klägerin mit der Wiedervereinigung am 3.10.1990 untergegangen, da das Recht der Bundesrepublik Deutschland eine solche Rechtsform nicht kenne und diesbezüglich eine Übergangsregelung im Einigungsvertrag nicht vorgesehen sei. Die Umwandlung der B GmbH in einen OEB sei im Jahre 1955 mit Wissen und Wollen ihrer damaligen Alleingesellschafterin, des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands (kurz: Kulturbund), erfolgt. Das ergebe sich - auch wenn sonstige Unterlagen fehlten - aus der die beabsichtigte Umwandlung betreffenden Korrespondenz des Jahres 1954 und zwar vor allem mit ausreichender Klarheit aus dem Schreiben des Geschäftsführers C der B GmbH an das Druckerei und Verlagskontor vom 14.1.1955 und dem Schreiben des damaligen Präsidenten des Kulturbundes und Kulturministers der DDR, D, an den B vom 23.2.1955. Danach hätten die Verantwortlichen die Gründung des Verlags als GmbH von vornherein nur als Übergangszustand bis zur Bildung der juristischen Formen für volkseigene und organisationseigene Betriebe in der DDR verstanden. Im Januar 1955 sei die Finanzwirtschaft des Verlags bereits den Vorschriften über volkseigene Betriebe angepasst worden und die vom Kulturbund beschlossene Umwandlung in einen OEB sei nur noch zu vollziehen gewesen. Anlass für Zweifel daran, dass das Schreiben des damaligen Präsidenten 'D ohne Einverständnis der zuständigen Gremien des Kulturbundes abgefasst worden sei' bestünden nicht, zumal der Geschäftsführer der B GmbH nach dem Erhalt dieses Schreibens die notwendigen Schritte für die Löschung der B GmbH im Handelsregister B des AG O2 (HRB Nr. ...) und die Eintragung des Verlags im Register C des Magistrats von O3 (HRC ...) veranlasst habe. Er habe mit Schreiben vom 25.3.1955 die Eintragung des Verlags als einen den volkseigenen Betrieben gleichgestellten Betrieb in das Handelsregister der volkseigenen Wirtschaft (Handelsregister C) und ihre Löschung im Handelsregister B beantragt. Der Vollzug sei am 5.4.1955 im Handelsregister C bzw. 20.4.1955 im Handelsregister B erfolgt. Auf die Frage, ob das in der DDR vormals noch geltende Umwandlungsrecht eingehalten gewesen sei, komme es nicht entscheidend an, denn maßgeblich für die Beurteilung der Wirksamkeit des Vorgangs sei das tatsächlich geltende Recht, d.h. die in der DDR damals maßgebliche Zielsetzung der Schaffung einer einheitlichen Leitung von Verlagswesen und Buchhandel unter staatlicher Kontrolle.

Gegen diese Entscheidung haben sowohl die Klägerin als auch die Beklagte Berufung eingelegt. Die Beklagte hat ihre Berufung im Verlauf des Rechtsstreits zurückgenommen, so dass das abgewiesene Widerklagebegehren, nämlich die Feststellung, dass die Beklagte die nach dem Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz) vom 17.6.1990 im Wege formwandelnder Umwandlung des volkseigenen Betriebes B entstandener Rechtsnachfolgerin der Klägerin ist, nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens ist.

Die Klägerin, die ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter verfolgt, rügt folgendes:

Der Tatbestand des angegriffenen Urteils bezeichne es zu Unrecht als streitig, ob der Entwurf eines Statuts für die künftige rechtliche Stellung des B vom 10.1.1961 (Anlage K 100, Bl. 250-253 d.A.) vom Präsidenten des Kulturbundes und vom Hauptdirektor des staatlichen Druckerei- und Verlagskontors unterschrieben worden sei. Denn die Klägerin habe nach anfänglichem Bestreiten der Beklagten umfänglich richtig gestellt, dass hier ein nicht unterschriebener Entwurf vorgelegen habe und die Streitverkündete sei dem nicht mehr entgegengetreten. Die Feststellungen des Landgerichts zum Beschluss des Politbüros der SED zum 31.7.1962 (Anlage K 26) seien dahin zu ergänzen, dass das Eigentum des Kulturbundes nicht in Frage gestellt worden sei. Außerdem sei die SED/PDS nicht Eigentümerin des B gewesen, sondern habe sich nur als solche geriert. Festgestellte Unsicherheiten, ob die von den Investoren übernommene Gesellschaft überhaupt entstanden und Trägerin des Vermögens der Klägerin geworden sei, hätten ausschließlich auf Seiten der Investoren bestanden.

In rechtlicher Hinsicht hält die Klägerin nach wie vor an ihrer Auffassung fest, es sei von fingierter Parteifähigkeit auszugehen. Eine unterschiedliche Beurteilung an Hand der zitierten Rechtsprechung sei nicht veranlasst. Es seien die gleichen Probleme relevant wie im Parallelverfahren vor dem erkennenden Senat (3 U 75/05). Ferner weist sie darauf hin, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müsse auf den vorliegenden Fall das damals geltende DDR-Recht angewendet werden, was das Landgericht nicht beachtet habe. Es habe damals das Umwandlungsrecht der DDR gegolten, zu dem insbesondere die Achte Durchführungsbestimmung zur Verordnung zur Änderung der Besteuerung und zur Senkung des Einkommensteuertarifes (kurz: 8. Durchführungsbestimmung) vom 19.10.1953 (GBl. der DDR 1953, 1055 = Anlage K 109, Bl. 300-302 d.A.) gehört habe, die - in Fortschreibung des Altrechts aus der Vorkriegszeit - enumerativ und abschließend die umwandlungsfähigen Konstellationen definiert habe.

Das Recht der organisationseigenen Betriebe sei dem GmbH-Recht des Deutschen Reichs gefolgt. Die Vorschriften der Organisation der volkseigenen Wirtschaft seien auf organisationseigene Betriebe (OEB) unter der Voraussetzung anzuwenden gewesen, dass der Charakter des Organisationseigentums mit seinen besonderen Privilegien und seinem besonderen Eigentumsschutz zu wahren gewesen sei. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts hätten OEB nicht erst seit 1952, sondern bereits seit der Nachkriegszeit bestanden. Es sei möglich, jedoch nicht verpflichtend gewesen, diese ins Handelsregister C einzutragen, wobei die Registereinragung deklaratorisch gewirkt habe. Das sozialistische Eigentum sei nach der Verfassung der DDR besonders geschützt gewesen. Das Recht der DDR habe das sozialistische Eigentum nicht aus der Zivilrechtsordnung herausgelöst. Es sei grundsätzlich dem zivilrechtlichen Eigentumsbegriff unterfallen und den Regelungen des ZGB. Verfügungen Dritter über fremdes Eigentum seien in der DDR ausgeschlossen gewesen. Auch privatrechtlich organisierte Körperschaften hätten Rechtsträger von Grundstücken sein können. Das Landgericht habe die parallel erfolgten "Umwandlungsverfahren" (I, H, G) unzutreffend gewürdigt. Ferner sei der Rückschluss von dem mit dem Profilierungsbeschluss des Politbüros vom 31.7.1962 verfolgten Zielen auf die Intentionen, die der Umtragung des Verlages im Jahre 1955 zugrunde gelegen hätten, unzulässig.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der angegriffenen Entscheidung des LG Frankfurt am Main vom 20.7.2005 (2/06 O 337/04) nach den erstinstanzlich gestellten Anträgen zu erkennen, nämlich

1. festzustellen, dass die Klägerin identisch ist mit der am 16.8.1945 vor dem Notar E in O4 (Urkunde Nr. ...) gegründeten B Verlag GmbH, eingetragen am 20.10.1945 in HRB Nr. .. Nz beim AG O5, umgetragen am 3.3.1949 nach HRB Nr. ... beim AG O2, umgetragen am 5.4.1955 nach HRC Nr. ... (Register der volkseigenen Wirtschaft beim Magistrat von O3, gelöscht in HRB Nr. ... am 19.4.1955, und fortexistiert.

2. festzustellen, dass die Beklagte nicht die Rechts- und/oder Vermögensnachfolgerin der Klägerin oder eines im Wege der Rechts- und/oder Vermögensnachfolge nach der Klägerin entstandenen organisationseigenen Betriebs (OEB) B oder eines anderen Rechts- und/oder Vermögensnachfolgers nach der Klägerin oder nach einem OEB B ist.

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser außerhalb der nachfolgenden Anträge zu 6 und zu 8 seit dem 1.7.1990

- hilfsweise seit dem 20.2.1992, hilfsweise seit dem 6.8.1992 - daraus entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Beklagte sich der Rechts- und/oder Vermögensnachfolge der Klägerin oder eines im Wege der Rechts- und/oder Vermögensnachfolge nach der Klägerin entstandenen OEB B-Verlag oder eines anderen Rechts- und/oder Vermögensnachfolgers der Klägerin oder nach einem OEB B-Verlag berühmt.

4. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgelds bis zu € 250.000,-, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, Werke von F, insbesondere den Titel "..." (ISBN ...) zu nutzen, insbesondere durch Herstellung oder durch Vervielfältigung oder durch Verbreitung.

5. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über die Nutzungshandlungen, die sie seit dem 1.7.1990

- hilfsweise seit dem 20.2.1992 - hilfsweise seit dem 6.8.1992 -

hinsichtlich der Werke F, insbesondere hinsichtlich des Titels " ..." (ISBN ...) vorgenommen hat, und zwar - bei Vorlage der geschlossenen Verträge und der weiteren, für die Überprüfung der Angaben erforderlichen Urkunden - unter Angabe der getroffenen Verfügungen am Werk F unter Angabe des Namens und der Anschriften der Begünstigten, sowie des Inhalts, der Dauer und des Umfangs der einzelnen Verfügungen, der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten, des erzielten Umsatzes und des erzielten Gewinns.

6. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus der Nutzung von Werken F durch die Beklagte seit dem 1.7.1990

- hilfsweise seit dem 20.2.1992, hilfsweise seit dem 6.8.1992 - entstanden ist und noch entstehen wird.

7. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,--, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, von Ordnungshaft oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten es zu unterlassen, die Bezeichnung B sowie das Wort-Bild-Zeichen nach näherer Maßgabe der Anlage K 0 zu nutzen.

8. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser daraus entstanden ist und noch entstehen wird, dass die Beklagte seit dem 1.7.1990

- hilfsweise seit dem 20.2.1992, hilfsweise seit dem 6.8.1992 - die Bezeichnung B sowie das Wort-Bild-Zeichen nach näherer Maßgabe der Anlage K 0 nutzt.

Die Beklagte und ihre Streithelferin zu 1) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil.

II.

Die Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

Soweit die Klägerin unzutreffende Sacherfassung des Landgerichts rügt, welches zu Unrecht Unbestrittenes als streitig behandelt haben soll, ist die Relevanz für den im Berufungsverfahren noch zu beurteilenden Teil des Rechtsstreits nicht zu erkennen. Im übrigen hatte die Beklagte bzw. ihre Streithelferin zu 1) den Sachvortrag betreffend den Entwurf eines Statuts für die künftige rechtliche Stellung des B vom 10.1.1961 (Anlage K 100, Bl. 250-253 d.A.) streitig gestellt. Auf den Schriftsatz vom 30.1.2006 (dort S. 3, Nr. 2.1, Bl. 539 d.A.) wird verwiesen. Soweit die Klägerin ergänzt wissen will, dass durch die Profilierung im Jahre 1964 das Eigentum des Kulturbundes nicht in Frage gestellt worden sei, ist die Relevanz ebenfalls nicht zu erkennen. Die übrigen Beanstandungen bezüglich angeblich unzutreffender Sachverhaltserfassung bedürfen keiner näheren Betrachtung, weil sie die im Berufungsverfahren nicht mehr streitgegenständliche Widerklage betreffen.

Mit dem Landgericht ist der Senat der Auffassung, dass die Klage (und die Widerklage) unzulässig sind, weil die Klägerin bereits vor Klageeinreichung nicht mehr existent gewesen ist und damit auch nicht parteifähig gemäß § 50 ZPO.

Da hier u.a. die Frage der Existenz der Klägerin Gegenstand des Rechtsstreits ist, könnte deren Parteifähigkeit zwar fingiert sein, was grundsätzlich möglich ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 50 Rdz. 4 a und b). Diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor, denn die Besonderheit liegt hier darin, dass es sich nicht um eine wegen Vermögenslosigkeit gelöschte Kapitalgesellschaft handelt, sondern um eine GmbH, die nach dem damaligen Recht der DDR in einen organisationseigenen Betrieb (OEB) umgewandelt worden ist und mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 3.10.1990 nach den Regelungen des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (kurz: Einigungsvertrag) ersatzlos unterging.

Damit lässt sich die vorliegende Fallgestaltung mit den von Rechtsprechung und Literatur behandelten Fällen zur Fiktion der Parteifähigkeit nicht vergleichen. In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30.9.1965 (LM § 21 BGB Nr. 2 = WM 1965, 1132) ging es um die Feststellungsklage eines im Jahre 1979 gegründeten Vereins, der im Jahre 1896 die Korporationsrechte verliehen bekam und für den die Rechtsfähigkeit auch ohne Eintragung ins Handelsregister nicht zweifelhaft war. In diesem Rechtsstreit war deshalb die Frage der Existenz des Klägers und die Frage seiner Parteifähigkeit nicht problematisch. Bezüglich der Frage, ob eine juristische Person nicht besteht und ob diese von der möglicherweise nicht mehr bestehenden Rechtsperson und für sie geklärt werden kann, hat der Bundesgerichtshof in dem genannten Urteil früher ergangene Entscheidungen herangezogen. Diese (BGHZ 28, 355 = NJW 1959, 194 und WM 1959, 80 = NJW 1959, 379) betrafen aber nur den Fall der angenommenen Parteifähigkeit einer vermögenslos gewordenen juristischen Person, die in diesen Fällen ernsthaft ein Recht in Anspruch genommen hatte. Eine vergleichbare Fallgestaltung liegt hier nicht vor.

Damit war im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung zu klären, ob die Klägerin noch existiert und damit parteifähig ist. Das ist nicht der Fall.

Wenn im Jahre 1955 eine Umwandlung der B in einen organisationseigenen Betrieb (OEB) nach dem Recht der damaligen DDR stattgefunden hat, dann ist die Klägerin als OEB mit der Wiedervereinigung untergegangen. Nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990 sind OEB nämlich als Rechtspersonen erloschen, weil ab diesem Tag gemäß Art. 8 des Einigungsvertrages in den in Art. 3 genannten (neuen) Bundesländern Bundesrecht in Kraft trat, soweit nichts anderes bestimmt ist. Das Recht der Bundesrepublik Deutschland kennt indessen nicht die Rechtsform des organisationseigenen Betriebes und eine Übergangsregelung ist im Einigungsvertrag nicht vorhanden.

Bei den OEB handelte es sich um selbständige Wirtschaftseinheiten, denen Rechtsfähigkeit verliehen war und die somit juristische Personen nach dem Recht der ehemaligen DDR darstellten. Ihre Eintragung in das Register der volkseigenen Wirtschaft war möglich. Da eigene gesetzliche Bestimmungen fehlten, wurden auf sie die für die volkseigenen Wirtschaftsunternehmen geltenden Regelungen entsprechend angewendet. OEB standen im Eigentum gesellschaftlicher Organisationen wie der Parteien und anderer Massenorganisationen, zu denen auch der Kulturbund der ehemaligen DDR gehörte. Das Eigentum gesellschaftlicher Organisationen bildete eine Form des in Art. 10 der Verfassung der DDR verankerten und beispielsweise in § 18 des Zivilgesetzbuchs der DDR 1975 näher geregelten sozialistischen Eigentums.

Die Rüge der Berufung, das Landgericht habe bei der Beurteilung des Falles das geschriebene Umwandlungsrecht, niedergelegt in der 8. Durchführungsbestimmung vom 19.10.1953 (GBl. der DDR 1953, 1055) übersehen, welches eine Fortschreibung des kraft DDR-Rechts fortgeltenden Umwandlungsgesetzes von 1934 darstelle, greift nicht durch, denn die Umwandlung einer GmbH in einen OEB wird von der 8. Durchführungsbestimmung nicht erfasst. In § 1 der 8. Durchführungsbestimmung ist die Möglichkeit der Umwandlung von Kapitalgesellschaften unter Ausschluss der Liquidation geregelt und dabei sind namentlich die Aktiengesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf Aktien und die GmbH aufgeführt, die unter Ausschluss der Liquidation in eine offene Handelsgesellschaft, eine Kommanditgesellschaft, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder ein Einzelunternehmen umgewandelt werden können. Dass durch diese Regelung die - hier nicht erwähnte - Umwandlung einer GmbH in einen OEB ausgeschlossen sein sollte, ist nicht ersichtlich. Auch aus dem Umwandlungsgesetz von 1934 kann sich ein derartiger Ausschluss nicht ergeben. Selbst wenn das Umwandlungsgesetz von 1934 kraft DDR-Rechts fortgalt, existierte jedenfalls bei seinem Erlass die DDR noch nicht, geschweige denn die Rechtsfigur des OEB. Das Fehlen von Umwandlungsvorschriften bedeutet nicht, dass eine Umwandlung ohne geordnetes Liquidationsverfahren nicht möglich gewesen wäre. Auch wenn das Recht der OEB dem GmbH-Recht des Deutschen Reichs folgte, ergibt sich daraus nicht, dass die vorliegende Umwandlung einer GmbH in eine OEB ausgeschlossen gewesen wäre. Dass die Aufnahme der OEB in das Handelsregister C nicht zwingend war, widerspricht dem ebenfalls nicht.

Soweit die Berufung darauf verweist, die Vorschriften über die Organisation der volkseigenen Wirtschaft seien auf OEB unter dem Vorbehalt anzuwenden gewesen, dass der Charakter des Organisationseigentums, nämlich seiner besonderen Privilegien und sein besonderer Eigentumsschutz zu wahren war, ist darauf zu verweisen, dass ein Eigentumsverlust des Kulturbundes durch die Umwandlung nicht stattgefunden hat. Der Schutz des Volkseigentums und der anderen sozialistischen Eigentumsformen bestand nach dem bis zum 31.12.1975 gültigen BGB darin, dass u.a. Gutglaubenserwerb, Erwerb durch Ersetzung, Verbindung, Vermischung, Fund u.ä. ausgeschlossen waren (vgl. Mampel, Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, 2. Aufl. 1982, Art. 10, Rdz. 6). Auch waren beispielsweise Aufrechnung, Zurückbehaltungsrechte, Verjährungseinreden etc. nicht möglich (a.a.O.). Um Rechte aus solchen Konstellationen geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht. Der Hinweis der Berufung, Verfügungen Dritter über fremdes Eigentum seien in der DDR ausgeschlossen gewesen, ist nicht relevant, weil es eine solche Verfügung eines Dritten nicht gab. Die Umwandlung der GmbH in eine OEB erfolgte, wie bereits vom Landgericht erwähnt, durch autonomen Beschluss des Kulturbundes.

Der Hinweis der Berufung, auch privatrechtlich organisierte Körperschaften hätten Rechtsträger von Grundstücken sein können, ist unter diesen Voraussetzungen ebenfalls nicht relevant. Rechtsträger volkseigener Grundstücke jedenfalls konnten nur volkseigene Betriebe, Kombinate, staatliche Organe und staatliche Einrichtungen sowie sozialistische Genossenschaften und gesellschaftliche Organisationen sein (Mampel, a.a.O., Art. 15, Rdz. 6). Rechtsträger volkseigener Grundstücke konnten darüber hinaus nur juristische Personen sein, weil natürliche Personen nach dem Wesen des sozialistischen Eigentums hiervon ausgeschlossen waren (Mampel a.a.O.). Die Aussage, auch privatrechtlich organisierte Körperschaften hätten Rechtsträger von Grundstücken sein können, ist also in dieser Allgemeinheit nicht haltbar.

Die Berufung rügt ferner, das Landgericht habe die aufgeführten Parallelverfahren (I, H, G) nicht oder nicht hinreichend gewürdigt. Eine gewollte Neuorganisation durch Gründung eines OEB, Auflösung der GmbH, Vermögensübertragung, Neubestimmung des Eigentumsinhalts als "sozialistisches Eigentum" und Beendigung der GmbH sei möglich und nach Maßgabe des einschlägigen Rechts durchzuführen gewesen. Eine solche Umorganisation der Klägerin habe indessen - anders als im Falle der G-GmbH - nicht stattgefunden.

Auch hier ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Umwandlungsrecht der Kapitalgesellschaften nicht galt. Die von der Berufung für erforderlich gehaltene Umorganisation der Klägerin zwecks Umwandlung in einen OEB war nicht notwendig, da bereits vorhanden. Dies ergibt sich aus dem Schreiben des Geschäftsführers C des B vom 14.1.1955 (Anlage K 21). Danach entsprach die Gründung des Verlages in Form einer GmbH von Anbeginn an nur einem Übergangszustand bis zur Bildung der juristischen Formen für volkseigene und organisationseigene Betriebe in der DDR. Im Zeitpunkt der Abfassung des Schreibens vom 14.1.1955 war die Finanzwirtschaft des B GmbH bereits den Vorschriften für volkseigene Betriebe angepasst worden. Lediglich die formelle Umtragung von Handelsregister B in das Handelsregister C war aus Gründen von Handelsbeziehungen mit westdeutschen Unternehmen und der Anmeldung von schutzrechten in der Bundesrepublik Deutschland und anderen westlichen Ländern noch nicht vorgenommen worden. Tatsächlich wurde - wie sich aus diesem Schreiben eindeutig ergibt - bereits zu diesem Zeitpunkt der Verlag zumindest faktisch als organisationseigener Betrieb geführt.

Der von der Berufung angeführte Beispielsfall der G ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, weil dort die Umorganisation auf Anordnung erfolgte. Einer derartigen Anordnung bedurfte es im vorliegenden fall nicht. Die Entscheidung, den B-Verlag auch von Rechts wegen in einen OEB umzuwandeln, erfolgte durch autonomen Beschluss des Kulturbundes als Alleingesellschafter, was bereits das Landgericht ausgeführt hat. Hierauf nimmt der Senat Bezug.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn man ergänzend das Schreiben des Justizministeriums der DDR aus dem Jahre 1952 an die SED heranzieht. Darin heißt es (zitiert nach S. 4 der Verfügung des AG Charlottenburg vom 26.6.1998, Anlage K 74a):

"Heute kann ich Euch mitteilen, dass die seinerzeit in Aussicht genommene Verordnung, aus der sich für Euch die Lösung der bisherigen Schwierigkeiten ergibt, in der Zwischenzeit erlassen worden ist. Es handelt sich um die 4. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über Maßnahmen zur Einführung des Prinzips der wirtschaftlichen Rechnungsführung - Register der volkseigenen Wirtschaft - vom 4. April 1952, die im Gesetzblatt Nr. 45, S. 290 veröffentlicht ist. Die im Hinblick auf Euren Fall in die Verordnung besonders hereingenommene Vorschrift findet sich in § 2 II, wonach für "gleichgestellte Unternehmen" die Eintragung in das neue Register der volkseigenen Wirtschaft durch das Ministerium der Justiz angeordnet werden kann. Dadurch ist die Möglichkeit gegeben, dass die bisherigen GmbHs in den Parteibetrieben verschwinden."

Die in diesem Schreiben aufgezeigte Möglichkeit, bisherige GmbHs in Parteibetrieben "verschwinden" zu lassen, bestand somit in einer entsprechenden Anordnung des Ministeriums der Justiz zur Eintragung ins neue Register. Eine solche Anordnung gab es indessen im vorliegenden Fall - wie bereits erwähnt - nicht. Es gab auch keine eindeutige gesetzliche Regelung für eine Umorganisation, die hier einzuhalten gewesen wäre. Die strukturellen Voraussetzungen lagen - wie aus dem bereits erwähnten schreiben des Geschäftsführers C ersichtlich - bereits vor. Dass die staatlichen Stellen von einer wirksamen Umwandlung des B-Verlages in einen OEB ausgegangen sind, ergibt sich letztlich aus der Tatsache, dass der Verlag nach seiner Eintragung im Handelsregister C zum Rechtsträger des volkseigenen Grundstücks ... Straße .. bestellt wurde, was nach damaligem Rechtsverständnis bei einer privatrechtlich ausgestalteten Gesellschaft nicht möglich gewesen wäre. Soweit darauf verwiesen wird, auch privatrechtlich organisierte Körperschaften hätten Rechtsträger von Grundstücken sein können, ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen.

Auch der Verfahrensgang in den Parallelverfahren H GmbH und I GmbH rechtfertigt keine andere Bewertung der Sach- und Rechtslage.

Beim Verlag H GmbH werden die Umstände, die der Umtragung im Handelsregister zugrunde lagen, nicht mitgeteilt. Soweit zusätzlich auf die Mitteilung des Rates des Stadtbezirks O4 vom 10.2.1954 abgestellt wird, der auf Erfordernisse des GmbH-Gesetzes hinweist, lag diese Mitteilung zeitlich vor der Handelsregistereintragung, so dass dies kein tragfähiges Indiz für die Annahme darstellt, der Verlag H GmbH sei als verschleierte GmbH weiter geführt worden.

Soweit die Berufung auf die I GmbH verweist, werden ebenfalls nicht die Umstände mitgeteilt, die der Umtragung im Handelsregister zugrunde lagen. Hier ist ergänzend darauf zu verweisen, dass zwischen der Eintragung im Handelsregister C am 8.6.1953 und der Löschung der Eintragung im Handelsregister B am 26.9.1955 ein Zeitraum von mehr als 2 Jahren lag.

Soweit die Klägerin auf die Entwicklung des Verlages K GmbH abstellt, fehlt es an einer Vergleichbarkeit der Fallgestaltungen. Die Klägerin trägt nämlich selbst vor, dass ihre Eigentümerin und Alleingesellschafterin eine gesellschaftliche Organisation war, nämlich eine Massenorganisation, während die Geschäftsanteile an der K GmbH sich sämtlich in der Hand von Privateigentümern befanden. Den Rückschluss des Landgerichts vom Profilierungsbeschluss des Politbüros vom 31.7.1962 (Anlage K 26) und den damit verfolgten Zielen (einheitlich politisch-ideologische und ökonomische staatliche Leitung des Verlagswesens und des Groß- und Einzelbuchhandels) auf die Intentionen, die der Umtragung des Verlages im Jahre 1955 zugrunde lagen, hält der Senat in Übereinstimmung mit dem Landgericht für möglich. Denn bereits mit der Umtragung erhielt der B GmbH ein übergeordnetes Verwaltungsorgan, nämlich das Druckerei- und Verlagskontor in O4 nach Maßgabe des neu geschaffenen DDR-Rechts. Damit war praktisch der Anfangsbaustein für den späteren Beschluss vom 31.7.1962 gelegt.

Soweit schließlich angemerkt wird, wenn tatsächlich eine Umwandlung in der vorgesehenen Art und Weise, nämlich durch Entschluss einer natürlichen Person, für möglich gehalten worden wäre, sei dies rechtswidrig gewesen und auch in der DDR trotz des Handelns staatlicher Stellen - als Gesetzesverstoß nicht nachträglich in geltendes Recht zu verwandeln gewesen, vermag auch dies eine abweichende Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Auch hier ist erneut darauf zu verweisen, dass das Fehlen von Umwandlungsvorschriften nicht bedeutet, dass eine Umwandlung ohne geordnetes Liquidationsverfahren nicht möglich gewesen wäre und dass nicht festzustellen ist, dass eindeutige gesetzliche Regelungen zur Umwandlung einer GmbH in einen OEB - gegen welche die staatlichen Stellen hätten verstoßen können - existiert hätten. Die Entschließung zur Umwandlung gründete sich außerdem auf einen autonomen Beschluss des Alleingesellschafters, war also nicht etwa durch - gesetzwidrige - Anordnung oder Verordnung erzwungen oder gar durch rechtswidriges Gesetz vorgeschrieben. Auch wenn die Klägerin auf strikte Gesetzesbindung in der DDR hinweist, vermag sie andererseits doch nicht aufzuzeigen, dass irgendeine staatliche Stelle im nachhinein Zweifel an der Rechtswirksamkeit der Umwandlung in einen OEB gehabt hätte.

Die Kostenentscheidung unter Einschluss der zurückgenommenen Berufung der Beklagten resultiert aus §§ 97 Abs. 1, 101, 516 Abs. 3 ZPO, wobei der Senat hinsichtlich der Kostentragungspflicht des Herrn A dem Landgericht folgt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils ist §§ 708 Ziffer 10, 711, 108 ZPO entnommen.

Die Revision war zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat.

Ende der Entscheidung

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