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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 30.01.2003
Aktenzeichen: 3 U 4/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 847
1. Werden Ansprüche wegen gesundheitlicher Schäden infolge Einwirkung chemischer Ausdünstungen (hier: Holzschutzmittel) geltend gemacht, so trägt der Geschädigte die Beweislast dafür, dass sein Schaden durch einen objektiven Mangel des Produkts ausgelöst worden ist.

2. Dazu gehört der Nachweis, dass die Giftstoffkonzentration in der Raumluft des mit Holzschutzmittel behandelten Hauses über den vom Bundesgesundheitsamt für zulässig erachteten Grenzwerten lag.


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 4/99

Verkündet am 30. Januar 2003

In dem Rechtsstreit

hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main - 3. Zivilsenat - durch die Richter auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Limburg/Lahn - 1. Zivilkammer - vom 25.11.1998 - 1 O 245/96 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung von jeweils 12.000,00 € abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die jeweilige Sicherheit kann auch durch selbstschuldnerische, unwiderrufliche und unbeschränkte Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen inländischen Kreditinstituts erbracht werden.

Die Beschwer der Kläger beträgt jeweils 20.451,68 € (40.000,00 DM).

Tatbestand:

Die Kläger haben die Feststellung begehrt, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihnen als Gesamtschuldner jeweils Schadensersatz zu leisten für alle Schäden, die den Klägern daraus entstanden sind und entstehen werden, dass sie im Zeitraum September 1976 bis Juni 1989 im Wochenendhause in Braunfels/Lahn regelmäßig toxischen Belastungen durch das Holzschutzmittel Xyladecor ausgesetzt waren. Die Klägerin zu 1) hatte 1976 das oben genannte Wochenendhaus mit einer Größe von 62 qm als Holzhaus errichten lassen. In der Baubeschreibung war vorgesehen, dass die Innenwandflächen mit Xyladecor farblos zweimal gestrichen werden sollten. Dieses Holzschutzmittel enthielt 1976 die Biozide Pentachlorphenol (5 %), Dichlorfloanid (0,55 %) und Lindan (0,40 %). Diese Wirkstoffe waren zusammen mit Harzen und Zusatzstoffen in einem Lösungsmittelgemisch alifatischer und aromatischer Kohlenwasserstoffe gelöst. In dem auf dem Gebinde aufgebrachten Text heißt es unter der Rubrik "Eigenschaften": "Xyladecor dringt gut ins Holz ein, ist wasserabweisend und wirkt feuchtigkeitsregulierend. Nachtrocknung geruchlos". Unter der Rubrik "Hinweise" heißt es u.a.: "Gebinde nach Gebrauch dicht verschließen, angebrochene Gebinde bald aufbrauchen. Bei Verarbeitung im Sprühverfahren, vor allem in geschlossenen Räumen sind dicht schließende Schutzbrille und Atemschutz zu empfehlen. Das Tauchbad mit Xyladecor in Bewegung halten. Ställe und Scheunen erst nach guter Belüftung wieder belegen. Pflanzen nicht benetzen. Bienenhäuser und Holz in Gewächshäusern nicht mit Xyladecor behandeln. Metallteile und Steinzeug vom Schutzmittel säubern. Materialien aus Kunststoff abdecken. Bei der Lagerung und Verarbeitung die gesetzlichen Bestimmungen über die Reinhaltung des Grundwassers und der Luft beachten. Xyladecor enthält brennbare Bestandteile (niedrigste Gefahrenklasse). Bei der Verarbeitung kein offenes Feuer und kein offenes Licht! Nach Abtrocknung ist die Brennbarkeit des Holzes nicht erhöht. Nicht einnehmen! Haut- und Augenkontakt vermeiden! Spritznebel nicht einatmen! Nur bei guter Belüftung verwenden! Nicht zusammen mit Lebens- und Futtermittel lagern! Nur zur Holzschutzbehandlung nach Gebrauchsanweisung "Missbrauch verursacht Gesundheitsschäden! Für Kinder unzugänglich aufbewahren." In einem gesondert hervorgehobenen Kasten heißt es außerdem: "Vorsicht pentachlorphenolhaltig, nicht in Ess- und Trinkgefäße abfüllen!"

Das Institut für Bautechnik in Berlin erteilte dem Holzschutzmittel unter dem 5.3.1976 den Prüfbescheid. Dieser wurde unter dem 28.2.1978 dahin geändert, dass der Anwendungsbereich des Holzschutzmittels auf Innen- und Außenbau beschränkt wurde, jedoch nicht für Holz in Räumen, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt waren (Bl. 275 d.A.). Die Beklagte zu 1), die Herstellerfirma, hatte zu diesem Zeitpunkt bereits mit Ablauf des Jahres 1977 die Produktion von PCP-haltigem Xyladecor eingestellt und das Produkt durch ein PCP-Preisprodukt ersetzt. Die Herstellung, der Verkauf und die Anwendung PCP-haltigen Holzschutzmitteln sind in Deutschland seit dem 23.12.1989 verboten. Der Beklagte zu 2) war bei der Beklagten zu 1) von 1969 bis zum 12.10.1972 Gesamtprokurist und seit dem bis zum 1.4.1987 technischer Geschäftsführer. Er war für die Produktsicherheit zuständig.

Die Kläger haben behauptet, sie hätten das Haus nahezu jedes Wochenende von Freitagabend bis Sonntagabend bewohnt und auch regelmäßig Urlaub darin verbracht. Das neu errichtete Haus sei vom Hersteller mit Xyladecor farblos gestrichen worden. Die wegen dieses Anstrichs auf dem Holz diffundierenden toxischen Inhaltsstoffe seien mit dem konkreten Risiko schwerer Erkrankungen mit sehr unterschiedlich ausgeprägten Symptombildern verbunden gewesen, insbesondere mit dem Risiko einer sich verstärkenden Beeinträchtigung des Zellstoffwechsels, der Nervenfunktionen und der Funktionsfähigkeit einzelner Gehirnbereiche und mit dem Risiko umfangreicher Störungen des körperlichen Wohlbefindens von Gesundheitsschäden vornehmlich im internistisch immologischen, matologischen, neurologischen, psychiatrischen und endokrinologischen Sektor. Es liege deshalb ein Konstruktionsfehler, jedenfalls aber ein Instruktionsfehler vor. Die Beklagten hätten zu keinem Zeitpunkt auf toxische Risiken hingewiesen. Eine chemische Holzschutzmittelbehandlung sei überdies überflüssig, weil die zu bekämpfenden Risiken in unseren Breitengraden jedenfalls in den Innenbereich von Häusern und Wohnungen nicht existierten. Auch hätten die Beklagten ihre Produktbeobachtungspflicht verletzt. Bei ordnungsgemäßer Beobachtung wären alle Holzschutzmittelrisiken jedenfalls seit dem Jahre 1970 bekannt gewesen. Die Beklagten hätten die toxischen Risiken und die Überflüssigkeit einer Holzschutzmittelverwendung in mitteleuropäischen Innenräumen gekannt. Die Kläger haben ferner behauptet, eine fachgerecht durchgeführte Raumluftanalyse im Jahre 1989 habe im streitgegenständlichen Holzhaus eine PCP-Konzentration in der Innenluft des Wohnzimmers von 1.300 NG/m3 ergeben (Bl. 245, 246 d.A.).

Bei der Klägerin zu 1) hätten ab dem Jahre 1978 zunächst geringere, dann stetig zunehmende, allmählich chronisch werdende zunehmende Müdigkeit und eine deutliche Verminderung der Leistungsfähigkeit begonnen. Im Jahre 1981 seien erhöhte Leberwerte nachgewiesen, die mit weiterer Minderung der Leistungsfähigkeit einhergegangen seien. Ende Juni 1982 habe die Klägerin deshalb ihre große und gutgehende Allgemeinmedizinische Praxis aufgeben und ab 1.9.1982 eine weniger belastende Stelle als Betriebsärztin annehmen müssen. Vor Beginn der Nutzung des Wochenendhauses sei sie vital, gesund und niemals ernstlich krank gewesen. Erhöhte Leberwerte seien erstmals am 13.3.1979 aufgetreten. Es sei davon auszugehen, dass sie durch die Holzschutzmittelintoxikation verursacht seien. Als sie Anfang 1981 sehr stark erhöhte Leberwerte gehabt habe und sich seit Wochen gesundheitlich sehr schlecht gefühlt habe (Müdigkeit, Juckreiz am ganzen Körper, Nasenbluten, Schlafstörungen etc.), sei sie zur Untersuchung in die Universitätsklinik Frankfurt und später stationär ins Krankenhaus in Gießen gegangen. Die Menopause sei bei ihr erst im Dezember 1985 eingetreten. Im Jahre 1987 habe sie unter starkem nächtlichen Schwitzen im Rahmen ihrer chronischen Holzschutzmittelintoxikation gelitten, die im März 1987 zu einer Notfallaufnahme in den Universitätskliniken Frankfurt geführt habe. Die erhöhten Leberwerte und die Symptome, unter denen die Klägerin gelitten habe, seien auf die Holzschutzmittelintoxikation zurückzuführen.

Bei dem am 3.11.1967 geborenen Kläger zu 2) seien ab dem 4. Schuljahr 1977/78 Konzentrations- und Merkfähigkeit allmählich und zunehmend schlechter geworden, einhergehend mit einer Verschlechterung der Zeugnisse. Diese Leistungsminderung habe er in aggressiver Weise verarbeitet bei gleichzeitig hoher Intelligenz und hohem potentiellen Leistungsvermögen. Bei der Musterung sei eine schwere Bronchitis mit starker Vergrößerung des Hielus-Lymphknotens festgestellt worden. Diese sei jahrelang akut gewesen. Deswegen befinde sich der Kläger zu 2) noch in ärztlicher Beobachtung. Er habe überdies einen Immundefekt mit rezidivierenden Infekten erlitten. Als Folge der Holzschutzmittelintoxikation leide er unter einer obstruktiven Ventilationsstörung. Auf eine erhebliche Immunschwäche deute auch die zögerliche Heilung einer Knieverletzung hin. Wegen der durch das Holzschutzmittel hervorgerufenen Gesundheitsstörungen habe er erst 1988 das Abitur ablegen können, obwohl er über einen Intelligenzquotienten von 120 verfüge. Aufgrund seiner Lungenerkrankung im April 1989 habe er infolge erheblicher Gewichtsverluste und Verschlechterung des Gesundheitszustandes infolge Mobilisierung des im Fettgewebe eingelagerten PCP sich im Sommersemester 1990 aus gesundheitlichen Gründen beurlauben lassen müssen. Er habe sein Studium wegen der Erkrankung in der vorgeschriebenen Zeit nicht mit dem Vordiplom abschließen können. Sein ständiges Telefonieren und häufiges Ausgehen sei Ausdruck einer zentralen nervösen Störung, hervorgerufen durch die Einwirkung sehr hoher Dosen von PCP. Bis zum Sommer 1985 sei er trotz Internatsbesuchs regelmäßig in das Holzhaus gekommen, anschließend bis Sommer 1988 seltener.

Sie, die Kläger, hätten bis Ende Mai 1989 nichts von einem Ursachenzusammenhang zwischen den Beeinträchtigungen und den Holzschutzmittelausdünstungen gewusst.

Die Kläger haben beantragt,

festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihnen als Gesamtschuldner jeweils Schadensersatz zu leisten für alle Schäden, die den Klägern daraus erwachsen sind und erwachsen werden, dass sie seit September 1976 bis Juni 1989 im Wochenendhaus Uhuweg 5 in Braunfels/Lahn regelmäßig den toxischen Belastungen durch das Holzschutzmittel Xyladecor ausgesetzt waren.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, für die vorgetragenen Symptome seien beliebig viele alternativen Ursachen denkbar. So habe die Klägerin zu 1) im September 1976 kurz vor oder in der Menopause gestanden. Auch habe es eine besondere psychische Belastung durch die soziale Fehlentwicklung des Klägers zu 2) gegeben, mit dessen Erziehung sie wohl überfordert gewesen sei. Die aufgeführten Symptome seien im wesentlichen nicht objektivierbar. Auch bei dem Kläger zu 2) sei es keinesfalls ungewöhnlich, dass er auf die Trennung seiner Eltern mit sozialer Fehlentwicklung und Aggressivität reagiere. Eine phasenweise Verschlechterung von schulischen Leistungen sei nicht ungewöhnlich. Ein Zusammenhang mit der Bronchitis lasse sich nicht herstellen. Xyladecor farblos sei zudem nicht geeignet, das Immunsystem zu beeinflussen. Das Mittel sei auch nicht fehlerhaft konstruiert. Es habe den Zweck, den Schutz des Holzes gegen Pilz und Insektenbefall zu bewirken. Ein alternativer Holzschutz existiere bis heute nicht. In der DIN 68800 sei die Anwendung empfohlen und vorgeschrieben. Die Inhaltsstoffe in Xyladecor seien stets so dosiert, dass eine Beeinträchtigung der Gesundheit bei sachgemäßer Anwendung völlig ausgeschlossen sei. Sie belasteten auch nicht das Gehirn. Arbeitsmedizinische Untersuchungen hätten keine Hinweise auf schädliche Auswirkungen von PCP auf das Nervensystem erbracht. Auch der Zellstoffwechsel werde nicht beeinträchtigt, eine Verletzung der Instruktions- und Produktbeobachtungspflicht komme somit nicht in Betracht. Bis zum Jahre 1977 habe es in der Öffentlichkeit und der Fachwelt keine Diskussion über mögliche Gesundheitsschäden im Zusammenhang mit PCP-haltigen Holzschutzmitteln gegeben. Erstmals auf einem Internistenkongress im April 1987 in Wiesbaden sei über eine angeblich durch PCP in Holzschutzmittel verursachte chronische Intoxikation im Haushalt berichtet worden. Die Beklagten hätten sich dann sogleich an das Bundesgesundheitsministerium gewandt.

In dem Bericht des Unternehmens Bayer gehe es um den Umgang mit dem reinen Wirkstoff PCP und nicht um seine Zubereitung mit 5 %. Das PCP-Verbot sei lediglich aus profilaktischen Gründen erfolgt. Zu Rückrufmaßnahmen habe keinerlei Anlass bestanden, wie auch eine Ad-hoc-Kommission festgestellt habe. Die Feststellungsanträge seien unzulässig. Aus dem Schriftenheft des Bundesgesundheitsamtes 4/1987 (Bl. 493) für das Jahr 1987 sei für den Werkstoff PCP ein Innenraumluftgrenzwert von 60 NG PCP/m3 Raumluft und für Lindan ein Innenraumluftgrenzwert von 4 NG/m3 Raumluft angegeben. Dies habe auch noch 1990 gegolten. Im Haus der Kläger seien 1989 allerdings nur Werte von 1,3 NG PC/m3 Raumluft und 0,048 NG Lindan m3 Raumluft, mithin 1/46 bzw. 1/83 der damals geltenden Innenraumluftgrenzwerte gegeben gewesen. Die Beklagten haben überdies die Einrede der Verjährung erhoben.

Das zunächst angegangene Landgericht Frankfurt am Main hat das Verfahren durch Beschluss vom 4.6.1996 (Bl. 314 f.) an das Landgericht Limburg/Lahn verwiesen. Letzteres hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen C. die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, eine allein in Betracht kommende deliktische Haftung der Beklagten scheitere daran, dass sie nicht in vorwerfbarer Weise die Gesundheit der Kläger verletzt hätten. Es sei zwar richtig, dass in nicht mehr feststellbarer Menge Xyladecor farblos bei den Anstricharbeiten innen verwendet worden sei; den Beklagten könne aber nach dem damaligen Stand der Wissenschaft und Technik nicht der Vorwurf gemacht werden, pflichtwidrig eine Körperverletzung verursacht zu haben. Die Herstellung und der Vertrieb von PCP seien erst durch Verordnung vom 12.12.1989 verboten worden. Für den davor liegenden Zeitraum hätten die Beklagten lediglich darauf zu achten gehabt, dass die vertriebenen Holzschutzmittel bei bestimmungsgemäßer Verwendung zu keiner Raumluftkonzentration von Schadstoffen führten, die für Menschen gefährlich gewesen seien. Die maximal tolerierbare Wirkstoffkonzentration von Innenräumen an PCP und Lindan sei gemessen an den Grenzwerten in Heft 4/1987 des Bundesgesundheitsamtes nicht überschritten. Davor sei für die wissenschaftliche toxikologische Schädigung durch Holzschutzmittel kein Thema gewesen. Noch im November 1986 habe der Präsident des Bundesgesundheitsamtes mitgeteilt, nach derzeitigem Kenntnisstand seien durch den Aufenthalt in Kindertagesstätten weder akute noch längerfristige Gesundheitsschäden zu befürchten. Auch eine Pressemitteilung vom 28.10.1987 komme zu dem Schluss, dass sich keine Hinweise für Schädigungen durch Holzschutzmittel ergeben hätten. Auch eine Studie bayerischer Stellen referiere, dass 1996 ein kausaler Zusammenhang mit der Exposition gegenüber PCP und anderen Bestandteilen von Holzschutzmitteln trotz umfangreicher Studien auch an besonders empfindlichen Personengruppen wie Schulkindern und Kindergartenkindern bislang wissenschaftlich nicht gesichert sei. Die Beklagten hätten deshalb zum Zeitpunkt der Anwendung ihr Produkt als den Regeln der Technik entsprechend betrachten dürfen. Auch bestehe kein Verstoß gegen die Instruktionspflicht. Die Beklagten hätten keine Verpflichtung zum erweiterten Hinweis auf die toxischen Risiken, der über die Mitteilung auf den Gebinden hinausgehe, gehabt, zumal die Verbraucher nicht darüber im Unklaren hätten sein können, dass Holzschutzmittel, um Wirkung entfalten zu können, giftige Bestandteile enthielten. Bis weit in die achtziger Jahre habe kein naturwissenschaftlich erwiesener konkreter Verdacht bestanden, dass auf den Wirkstoffen PCP und Lindan basierende Holzschutzmittel bei stimmungsgemäßer Anwendung geeignet sein könnten, Gesundheitsschäden hervorzurufen. Praktisch bis zur Beendigung der Nutzung des Holzhauses im Juli 1989 könne den Beklagten nicht vorgeworfen werden, Warnhinweise unterlassen zu haben. Den Unterlagen sei nicht zu entnehmen, dass mit Blick auf den Kenntnisstand der streitgegenständlichen Zeit von 1976 bis 1989 Gesundheitsschäden zu erwarten gewesen seien. Deswegen entfalle auch der Vorwurf, gegen die Verpflichtung zur Produktbeobachtung verstoßen zu haben.

Gegen dieses am 4.12.1998 zugestellte Urteil haben die Kläger am 4.1.1999 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 6.4.1999 an diesem Tag begründet.

Die Kläger verfolgen ihr erstinstanzliches Begehren weiter und führen aus, der Hersteller sei nach der Rechtsprechung auch mit der Beweislast bezüglich der Frage belastet, ob das aus heutiger Sicht fehlerhafte Produkt zur früheren Zeit seines Inverkehrbringens dem Stand der Technik entsprochen habe. Es bestehe eine Beweislastumkehr, die sich auf alle Aspekte der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens erstrecke. Das Landgericht habe gegen § 138 ZPO und Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen, wenn es sich zutraue, die komplizierte Frage nach dem zur Zeit der Herstellung von Xyladecor maßgeblichen Stand von Wissenschaft und Technik aufgrund eigener Sachkunde zu beantworten. Die Kläger hätten auch keinen substantiierten Sachvortrag zu komplizierten chemischen oder toxikologischen Fragen unterbreiten müssen. Der betriebsexterne Stand der toxischen Wissenschaft habe schon zum streitgegenständlichen Zeitpunkt des Inverkehrbringens Rückschlüsse auf die erhebliche Humantoxidität von Xyladecor erlaubt und nahegelegt, dass die zur Tötung von Insekten bestimmten Giftstoffe auch bei Menschen Gesundheitsschäden verursachen könnten. Der externe Wissensstand habe aber immer erheblich hinter dem Wissensstand der Forschungsabteilungen der chemischen Industrie hinterher gehinkt. Die Beklagte zu 1) als Herstellerin habe bereits zur Zeit der Herstellung der streitgegenständlichen Holzschutzmittel deren gesundheitliche Bedenklichkeit bei einer Verwendung in Innenräumen erkennen können.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, jeweils als Gesamtschuldner den Klägern Schadensersatz zu leisten für alle Schäden, die den Klägern daraus erwachsen sind und erwachsen werden, dass sie seit 1976 bis Juni 1989 im Wochen endhaus in Braunfels/Lahn den toxischen Belastungen durch das Holzschutzmittel Xyladecor ausgesetzt waren.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und führen aus, dass in dem Haus der Kläger lediglich eine einzige Raumluftmessung durchgeführt worden sei, wobei das gewonnene Messergebnis nicht verwertbar sei. Für einen Anspruch der Kläger fehle es sowohl an der Kausalität als auch an einem pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten.

Der Senat hat gemäß den Beweisbeschlüssen vom 23.12.1999 (Bl. 633, 634 d.A. und vom 14.3.2000 (Bl. 700, 701 d.A.) Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen F. und durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dr. B.. Der Sachverständige hat sein Gutachten gemäß dem Beschluss des Senats vom 29.8.2002 (Bl. 884 d.A.) schriftlich ergänzt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Verhandlungsprotokoll vom 22.2.2000 (Bl. 690 bis 695), das Gutachten des Sachverständigen Dr. B. vom 22.8.2001 (Bl. 807 bis 809 d.A.) und die schriftliche Gutachtenergänzung vom 17.10.2002 (Bl. 885 bis 887 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kläger ist statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

Die erhobene Feststellungsklage ist zulässig. Abzustellen ist dabei auf die Klageerhebung im Mai 1992. Die Kläger haben die Feststellungsklage zur Unterbrechung der Verjährung erhoben, was grundsätzlich die Notwendigkeit alsbaldiger Feststellung rechtfertigt (Baumbach-Lauterbach, Rdz. 38 zu § 256). Eine Feststellungsklage ist, auch wenn teilweise Klage auf Leistung möglich ist, insgesamt zulässig, wenn sich ein anspruchsbegründender Sachverhalt, insbesondere der Schaden, noch in der Entwicklung befindet. Dann muss nicht ein Teil des Schadens bereits beziffert werden, auch wenn es einen nicht unbeträchtlichen Teil der Schadenspositionen betrifft (BGH NJW-RR 1988, S. 445). Das Feststellungsinteresse besteht bereits dann, wenn künftige Schadensfolgen auch nur entfernt möglich sind, mag ihre Art, ihr Umfang oder sogar ihr Eintritt noch ungewiss sein. In solchen Fällen ist grundsätzlich auch dem Kläger eine Aufspaltung in eine bezifferte Leistungsklage und eine unbezifferte Feststellungsklage nicht ohne weiteres zumutbar, die Feststellungsklage ist dann vielmehr insgesamt zulässig (BGH a.a.O.). Einen solchen noch in der Entwicklung sich befindenden Sachverhalt haben die Kläger - wenn auch teilweise lückenhaft- geschildert. Die Feststellungsklage ist daher als zulässig zu erachten.

Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Grundsätzlich kommen gegen beide Beklagten allenfalls deliktische Ansprüche nach §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB, 230 StGB a.F. bzw. §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 230 StGB a.F. und § 847 BGB in Betracht. Andere Anspruchsgrundlagen bestehen nicht. Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung kommen nicht in Betracht, weil die Kläger nicht Verwender des von der Beklagten zu 1) hergestellten und vertriebenen Holzschutzmittels gewesen sind, denn die Klägerin zu 1) hatte das Holzhaus fertig gekauft. Der Anstrich war von dem Verkäufer und Hersteller vorgenommen worden, was sich aus der Aussage des Zeugen C. vor dem Landgericht ergibt (Bl. 436 f.). Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz scheitern daran, dass dieses erst zum 1.1.1990 in Kraft getreten ist (§ 19 Produkthaftungsgesetz) und gemäß § 16 nicht auf Produkte anwendbar ist, die vor seinem Inkrafttreten in den Verkehr gebracht worden sind.

Die von den Beklagten erhobene Verjährungseinrede greift nicht durch. Die Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB beginnt mit der Kenntnis des Verletzten von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen. Diese Kenntnis muss so weit gehen, dass der Geschädigte in der Lage ist, eine Schadensersatzklage erfolgversprechend, wenn auch nicht risikolos, zu begründen. Ein erster Verdacht hat sich bei der Klägerin zu 1) aufgrund eines Beitrages in der Zeitschrift "Therapiewoche" ergeben, welche unstreitig am 16.5.1989 erschienen ist. Dass sie damit bereits ausreichende Kenntnis von dem Schädiger hatte, kann nicht angenommen werden. Denn die Klägerin hat danach unter dem 6.6.1989 eine Anfrage bei der Beklagten vorgenommen und um Zusendung des Datenblattes bezüglich des Produktes Xyladecor farblos gebeten. Daneben ist unklar, ob die Klagen n die angegebene Zeitschrift bereits am Erscheinungsdatum gelesen hat. Zum Zeitpunkt der am 22.5.1992 eingereichten Klage war demnach noch keine Verjährung eingetreten. Gesichtspunkte, die auf eine frühere positive Kenntnis der Klägerin zu 1) hinweisen würden, haben die Beklagten nicht bewiesen.

Erforderlich für einen Erfolg der Feststellungsklage war es somit, dass die Kläger die behaupteten Gesundheitsschäden ursächlich durch das von der Beklagten zu 1) hergestellte Holzschutzmittel erlitten haben. Die Beweislast hierfür oblag den Klägern (Palandt-Thomas, 62. Aufl., Rdz. 219 zu § 823). Eine Abweichung von diesem Beweislastgrundsatz kommt nicht in Betracht. Der Gesetzgeber hat auch bei der Einführung des Produkthaftungsgesetzes durch dessen § 1 Abs. 4 Satz 1 noch einmal unmissverständlich unterstrichen, dass der Geschädigte die Beweislast für den Fehler eines Produktes, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt. Auch aus der von den Klägern herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (VersR 1996, S. 1116) ergibt sich nichts anders. Der Bundesgerichtshof hat darin ausgeführt, dass der Geschädigte nicht nur von dem Beweis des Verschuldens, sondern auch von dem Beweis der objektiven Pflichtwidrigkeit des Herstellers entlastet ist, wenn er nachgewiesen hat, dass sein Schaden durch einen objektiven Mangel des Produktes ausgelöst worden ist. Wenn der Geschädigte diesen Beweis geführt hat, ist der Produzent "näher daran", den Sachverhalt aufzuklären und die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen, weil er die Produktionssphäre überblickt und den Herstellungsprozess organisiert.

Die Kläger haben indessen ihre Behauptung nicht beweisen können, sie seien seit September 1976 bis Juni 1989 regelmäßig gesundheitsbeeinträchtigenden diffundierenden toxischen Inhaltsstoffen von Xyladecor während ihrer Aufenthalte im Wochenendhaus ausgesetzt gewesen, insbesondere einer PGP-Konzentration in der Innenraumluft des Wohnzimmers von mindestens 1.200 NG/m3.

Der Zeuge F. hat in seiner Vernehmung bestätigt, als Verantwortlicher am 21.9.1989 die Messungen in dem Wochenendhaus der Kläger vorgenommen zu haben, die im Protokoll vom gleichen Tage festgehalten sind (Bl. 694, 695 d.A.) und deren Auswertung (Bl. 245, 246 d.A.) ergab, dass die Raumluft im Wohnzimmer einen Gehalt von 1.300 NG/m3 PCP und 48 NG/m3 HCH enthielt.

Der Sachverständige Dr. B., der bei seiner Begutachtung die vorgenannten Unterlagen und die Angaben des Zeugen F. berücksichtigt hat, ist indessen zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Abschätzung, geschweige denn eine Berechnung der PCP-Luftkonzentration nicht möglich ist. Es bedürfe nämlich einer Fülle von Vorinformationen über Art des angewandten Mittels aufgebrachte Menge Zeitpunkt der Aufbringung eventuelle Nachbehandlungen Konzentration im Material (Holz) emittierende Holzoberfläche/Raumvolumen durchschnittliche Luftwechsel rate eventuell vorhandene Senken/Sekundäremittenten Art und Häufigkeit der Reinigung andere Emittenten. Außerdem sei für die Beurteilung einer aktuellen Konzentration die Raum- und Wandtemperatur sowie die relative Luftfeuchte von Bedeutung. Selbst bei Vorliegen aller genannten Daten erhalte man bestenfalls eine Schätzung. Im vorliegenden Fall hätten die Informationen vorgelegen, dass das Holz wohl mit Xyladecor behandelt worden sei und die Ergebnisse der Messung aus dem Jahre 1989. Die Frage, ob man diese Messergebnisse als repräsentativ für den Gesamtzeitraum seit dem Hausbau ansehen könne, sei kaum zu bejahen. Es handele sich um eine Einzelmessung bei einer bemerkenswert hohen Luftfeuchte von 75 %. Hohe Luftfeuchte begünstige die Emission von organischen Stoffen aus Holz, so dass von einem eher erhöhten Messwert auszugehen sei. Bei der beschriebenen Probeentnahme sei außerdem mit einer über den Schwebstoffgehalt in der Luft hinausgehenden Menge Staub in der Probe zu rechnen. Hausstaub verhalte sich aufgrund seiner großen relativen Fläche wie ein Sammler für organische Substanzen wie PCP oder HCH, so dass aus diesem Grunde zusätzlich erhöhte Messwerte aufträten. Aus diesen Gründen sei auch der scheinbar logische Schluss, die Konzentration müsse in den Jahren davor durchschnittlich gleich oder höher gelegen haben, nicht erlaubt.

Soweit die Kläger in ihrer Stellungnahme zum Ergebnis des Gutachtens Fragen aufgeworfen haben, die sich mit Rückschlüssen auf die Raumluftbelastung anhand der Halbwertzeit für PCP im Holz, bzw. anhand deiner Holzprobe aus dem Jahre 1986 mit einer Konzentration von 42,8 mg PCP/kg Holz befassen, hat der Sachverständige jeweils ausgeführt, dass die Berechnung eines Luftkonzentrationswertes auch bei Kenntnis der wahren PCP-Konzentration im Holz nicht möglich wäre. Die Frage, ob die bei der Messung in Jahre 1989 ermittelte hohe Luftfeuchte von 75 % typisch für ein Wochenendhaus dieser Herstellungsart in regenreicher Umgebung sei, hat der Sachverständige nicht bestätigt. Er hat ausgeführt, die relative Luftfeuchte in Wohn-und Aufenthaltsräumen liege nach seinen Erfahrungen und Messungen im Jahresmittel bei 40 bis 50 %. Die DIN-Empfehlung liege bei 50 % Luftfeuchte bei 21 ° Celsius und bei einem Minimalwert von 30° bei 20° Celsius. Selbst der letztgenannte Wert lasse sich in der Heizperiode nicht immer einhalten. An feuchtwarmen Sommertagen seien hohe feuchte Werte von mehr als 70 % auch in Innenräumen möglich. Auf die Frage, ob Schätzungen von PCP-Belastungen im streitgegenständlichen Zeitraum durch Feststellungen von erhöhten PCP-Werten im Blut der Kläger beeinflusst werden könnten, hat der Sachverständige ausgeführt, solchen Feststellungen sei gegenüber Material und Luftmessungen das höhere Gewicht beizumessen; eine Bewertung solcher Daten stehe ihm aber als Chemiker nicht zu. Der Sachverständige ist damit überzeugend und widerspruchsfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Ermittlung der Schadstoffkonzentration im streitgegenständlichen Zeitraum auch nicht annähernd möglich ist. Auch die Kläger haben diese ihnen nachteiligen Feststellungen nicht angegriffen.

Ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 26.11.2002 vermögen weder eine andere Bewertung der Sach- und Rechtslage, noch eine weitere Beweiserhebung zu rechtfertigen. Soweit sie angeben, es sei eine Holzprobe mit einer Dicke von mehr als 2 mm entnommen worden, so dass eine Rückrechnung der Belastungswerte bis zum Jahre 1976 möglich sei (Beweis: Sachverständigengutachten), und in diesem Zusammenhang angeben, die Sanierung des Hauses habe in der Weise stattgefunden, wie sie von dem Sachverständigen unterstellt worden sei (Beweis: Zeugnis F.), ist eine Klärung dieser Punkte für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich. Denn der Sachverständige hat - wie bereits ausgeführt und von dem Klägern nicht angegriffen - eindeutig festgestellt, dass selbst bei genau feststehendem Wert der PCP-Konzentration im Holz eine Berechnung des Luftkonzentrationswertes nicht möglich ist. Auf diesen Wert kommt es aber für die Beweisführung der Kläger entscheidend an.

Auch die Behauptungen, am 26.7.1989 habe die PCP-Belastung im Serum der Klägerin 26,9 Microgramm pro Liter betragen, so dass sie während der Dauer der Nutzung des Hauses deutlich darüber gelegen haben müsse (Beweis: Sachverständigengutachten) und beim Kläger zu 2) habe die PCP-Belastung deutlich höher gelegen, weil er sich seinerzeit ständig im Hause aufgehalten habe (Beweis: Sachverständigengutachten), rechtfertigen keine weiteren Beweiserhebungen. Die Behauptungen knüpfen zunächst pauschal an die oben zitierte Feststellung des Sachverständigen an, die Feststellung von erhöhten PCP-Werten im Blut sei gegenüber Material und Luftmessungen von höherem Gewicht. Die Kläger haben indessen nicht einmal vorgetragen, dass aus der PCP-Belastung des Serums Rückschlüsse auf die im streitigen Zeitraum vorhandene Luftkonzentration gezogen werden können, insbesondere, dass dies auf eine gesundheitsschädliche Belastung schließen lasse. Es kommt hinzu, dass der Sachverständige Dr. B. in seiner ergänzenden Stellungnahme zwar ausführt, den Messungen der inneren Belastung (Urin oder Blut) sei das höhere Gewicht beizumessen, weil dabei festgestellt werde, was beim Menschen tatsächlich ankomme; dies aber ungeachtet des Aufnahmeweges (Lunge, Magen/Darm, Haut) und der Material- und Luftkonzentration. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass der Wert des PCP im Serum die Summe sämtlicher Umwelteinflüsse darstellt, denen die Kläger ausgesetzt waren/sind. Da sich die Kläger, wie sie selbst ausführen, hauptsächlich an Wochenenden und in den Ferien im Wochenendhaus aufgehalten haben, sind schon aus diesem Grund keine zwingenden Rückschlüsse möglich. Einschränkend ist ferner zu beachten, dass hier im wesentlichen eine Aufnahme der Schadstoffe über die Haut infolge der herrschenden Luftkonzentration im Räume steht, während Lindan und PCP auch durch Nahrungsaufnahme in den menschlichen Körper gelangen können. All dies zeigt, dass tragfähige Rückschlüsse auf die im streitigen Zeitraum herrschende Schadstoffkonzentration im Wochenendhaus der Kläger nicht möglich sind. Eine Haftung der Beklagten würde damit auch dann ausscheiden, wenn den Klägern der Beweis ihrer Behauptung gelingen würde, dass die geschilderten und dokumentierten Erkrankungen auf die streitgegenständlichen Holzschutzmittelbelastungen zurückzuführen seien. Das zum Zwecke dieser Feststellung beantragte Sachverständigengutachten ist ebenfalls nicht einzuholen.

Dem in der letzte n mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des Klägervertreters auf Schriftsatznachlass war nicht zu entsprechen.

Das Ergebnis des Gutachtens und des Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen Dr. B. lagen bereits vor, und den Parteien war vor dem Verhandlungstermin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden, von der diese auch Gebrauch gemacht haben. Aus der Würdigung des Beweisergebnisses, welches der Senat in der mündlichen Verhandlung bekannt gab, ergab sich kein neuer tatsächlicher oder rechtlicher Gesichtspunkt, zu dem Gelegenheit zur schriftsätzlichen Stellungnahme hätte gewährt werden müssen.

Auch dem im Schriftsatz des Klägervertreters vom 28.01.2003 gestellten Antrag auf Wiedereintritt in die mündlichen Verhandlung war nicht nachzukommen.

Soweit die Kläger in dem genannten Schriftsatz auf die rechtliche Bedeutungslosigkeit der medizinischen Kausalität für die Frage der Eigentumsverletzung in Form einer Minderung des Hauswertes abstellen, ist darauf zu verweisen, dass eine Eigentumsverletzung in der dargelegten Form vom Klageantrag nicht umfasst ist. Dieser bezieht sich auf Schäden, die daraus herrühren, dass die Kläger den behaupteten toxischen Belastungen ausgesetzt waren, also gesundheitliche Beeinträchtigungen. Eine Auslegung dahin, dass auch Eigentumsverletzungen im obigen Sinne davon erfasst sein sollen, ist nicht möglich.

Die Ausführungen der Kläger zum haftungsrechtlichen Zusammenhang zwischen den PCP-Belastungen und den erlittenen Gesundheitsschäden (S. 3 u. 4 des Schriftsatzes vom 28.01.2003) rechtfertigen ebenfalls nicht den Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung. Die Schlussfolgerung der Kläger, aufgrund des Vergleichs der Blutwerte bestünden keine vernünftigen Zweifel daran, dass Quelle der beim Kläger zu 2) festgestellten Belastungen das im Haus verwendete Holzschutzmittel sei, begründet, - selbst wenn sie zutrifft - keine Haftung der Beklagten. Denn Anknüpfungspunkt für ein schadenskausales und schuldhaftes Verhalten der Beklagten kann nur die Frage sein, ob die Grenzwerte der nach damaligem Wissensstand zulässigen Raumluftkonzentration überschritten waren oder nicht. Da sich die Raumluftkonzentration für den streitgegenständlichen Zeitraum aber - wie bereits ausgeführt - nicht mehr ermitteln lässt, fehlt es nach wie vor an einem Anknüpfungspunkt für die Haftung der Beklagten.

Dem Antrag auf mündliche Anhörung des Sachverständigen Dr. B. war nicht zu entsprechen, weil er nicht rechtzeitig gestellt ist. Das Gutachten des Sachverständigen vom 22.08.2001 wurde den Parteien am 29.082001 übersandt. Mit Schriftsatz vom 27.09.2001 beantragte der Klägervertreter daraufhin die Einholung einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme (hilfsweise persönliche Anhörung) des Sachverständigen. Der Senat hat daraufhin Verhandlungstermin auf den 24.10.2002 bestimmt und den Sachverständigen zu diesem Termin geladen. Nachdem der Sachverständige unter dem 15.08.2002 mitgeteilt hatte, er sei zum Termin verhindert, hat sich der Klägervertreter damit einverstanden erklärt, dass der Sachverständige vorab schriftlich Stellung nimmt, die Beklagten haben sich dem angeschlossen. Der Senat hat sodann eine ergänzende schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen zu den Fragen der Kläger eingeholt. Da diese erst drei Tage vor dem Verhandlungstermin einging, hat der Senat den Verhandlungstermin auf den 12.12.2002 verlegt und den Parteien eine Stellungnahmefrist bis zum 12.11.2002 eingeräumt. Der Klägervertreter hat - nachdem ihm die Frist zur Stellungnahme bis zum 26.11.2002 verlängert worden war - mit einem an diesem Tage eingegangenen Schriftsatz Stellung bezogen, ohne einen Antrag auf mündliche Erläuterung zu stellen. Auch nachdem der Senat - wie vom Klägervertreter vorab erbeten - das Ergebnis des Gutachtens und der ergänzenden Stellungnahme aus seiner Sicht gewürdigt hatte, stellte er einen solchen Antrag nicht. Der nunmehr erst nach der mündlichen Verhandlung über das Beweisergebnis gestellte Erläuterungsantrag ist verspätet (Baumbach-Lauterbach, 61. Aufl., Rz. 13 a.E. zu § 411) und rechtfertigt auch nicht den Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung.

Soweit die Kläger unter Ziffer 4.4 des genannten Schriftsatzes weitere Beweisanträge stellen, sieht der Senat ebenfalls keine Veranlassung, dem nachzugehen. Auch wenn ein Kausalzusammenhang zwischen der Belastung des Hauses und der Erkrankung der Kläger mittels Sachverständigengutachten bewiesen werden könnte und wenn dies auch ohne Kenntnis der genauen Raumluftwerte möglich wäre, fehlte es an einem Anknüpfungspunkt für eine Haftung der Beklagten, die - wie bereits erwähnt- allein an der Frage des Überschreitens der zulässigen Raumluftkonzentralionswerte zu messen ist, die für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr feststellbar ist.

Die Kosten der nach alle dem erfolglosen Berufung tragen gemäß §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 die Kläger.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf §§ 708 Ziff. 10, 711, 108 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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