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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 26.11.2002
Aktenzeichen: 3 U 52/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 97
ZPO § 540 Abs.1 Nr.1
ZPO § 543 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
BGB §§ 598 ff.
BGB § 599
BGB § 603
Zu den Schutz- und Verkehrssicherungspflichten eines Baumarktes, der seinen Kunden zum Transport der gekauften Waren unentgeltlich Anhänger zur Verfügung stellt.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 52/02

Verkündet am 26.11.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richterin ........ aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13.02.2002 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger und Berufungskläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer beträgt 6669 Euro.

Auf den Tatbestand des Urteils der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 13.2.2002 wird gem. § 540 Abs.1 Nr.1 ZPO Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die in zulässiger Form eingelegte und innerhalb verlängerter Frist begründete Berufung ist in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Dem Kläger stehen unter keinem rechtlichen Aspekt, weder aus eigenem Recht, noch aus abgetretenem Recht Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte zu.

Vertragliche Beziehungen sind zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht begründet worden, da Kaufvertragspartner und Entleiher des PKW-Anhängers nicht der Kläger sondern der Zeuge S. wurde.

Auch ein Anspruch im Wege der Drittschadensliquidation ist nicht gegeben, da der Kläger einen eigenen Schaden und nicht den Schaden eines Dritten geltend macht. Es handelt sich bei der Konstellation außerdem nicht um eine solche, bei der die Gefahr nicht typischerweise in Person des Vertragspartners, des Herrn S. eintritt. Vielmehr hätte der Schaden auch typischerweise bei S. eintreten können, wenn er nämlich den Leihanhänger an das eigene Fahrzeug angekoppelt hätte. Dem Kläger stehen auch keine Ansprüche aus Abtretung von Schadenersatzansprüchen des Herrn S. zu, denn S. erlitt keinen Schaden, hinsichtlich dessen er Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte an den Kläger hätte abtreten können. Die Abtretung geht vielmehr ins Leere.

In Betracht kommen allerdings Ansprüche aus positiver Forderungsverletzung des Kauf- bzw. Leihvertrages zwischen S. und der Beklagten, da es sich insoweit um Verträge mit Schutzwirkung für Dritte handeln und der Kläger in den Schutzbereich mit einbezogen gewesen sein könnte. Die Gefahren die von dem Leihanhänger ausgingen, konnten sich zum einen zum Nachteil für Herrn S. auswirken, zum anderen aber auch für Dritte, hier des Klägers. Es fehlt aber an der Verletzung von Schutzpflichten durch die Beklagte.

Solche hatte die Beklagte insbesondere nicht aus dem Kaufvertrag über den Estrichbeton mit S. Grundsätzlich ist der Verkäufer eines Gegenstandes nicht verpflichtet, dem Käufer Warnungen und / oder eine Aufklärung über Umstände zu geben, die zu Schäden für ihn oder andere führen können. Eine Ausnahme hiervon ist nur anzunehmen, wenn von der verkauften Sachen Gefahren ausgehen, die dem Käufer oder Personen aus seinem Umfeld unbekannt sind oder der Käufer für den Verkäufer ersichtlich auf dessen Sachkunde vertraut (Palandt/Putzo, 61. Auflage, § 433 Rn. 17). Von dem Estrichbeton als solchem gehen keinerlei Gefahren aus. Eine Warnungspflicht der Beklagten scheidet insoweit aus.

Hinsichtlich der Zurverfügungstellung des Anhängers für Baumarktkunden treffen die Beklagte allerdings nebenvertragliche Schutzpflichten. Da dem Zeugen S. der Anhänger unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde, handelt es sich hierbei um einen Leihvertrag. Den Verleiher einer Sache können im Einzelfall Schutzpflichten treffen und er kann verpflichtet sein, den Entleiher in Bezug auf bestimmte von der Sache ausgehende Gefahren oder bei wesentlichen Vorkommnissen zu warnen und über sie aufzuklären. Es besteht auch eine Verkehrssicherungspflicht, da der Verleiher dem Vertragspartner den Verkehr mit der Sache eröffnet. Ein Schadenersatzanspruch aus pVV, auch gegenüber Dritten, die in den Schutzbereich einbezogen sind, ist allerdings nur bei schuldhafter Verletzung von Nebenpflichten gegeben. Bei Verletzung von Schutz- und Verkehrssicherungspflichten, die dem Entleiher Schäden an seinen Rechtsgütern zufügen, gilt nicht § 599 BGB, die Beschränkung der Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, so dass schon für leichte Fahrlässigkeit gehaftet wird (vgl. Palandt-Putzo, § 599 Rn. 2 m.w.N.). Demnach würde die Beklagte zwar auch für leichte Fahrlässigkeit einstehen müssen, eine solche ist ihr aber nicht vorzuwerfen.

Aufgrund des Leihvertrages war die Beklagte verpflichtet, dem Entleiher den Gebrauch der Sache unentgeltlich zu gestatten. Dementsprechend war die Beklagte verpflichtet, den Anhänger in technisch einwandfreiem Zustand zur Verfügung zu stellen. Der Zeuge S. hingegen war gem. § 603 BGB verpflichtet, von dem Anhänger nur vertragsgemäßen und keinen vertragswidrigen Gebrauch zu machen. Er hat mit seiner Unterschrift bestätigt, die Betriebsanleitung erhalten zu haben. Er hatte also die Möglichkeit, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen. Aus dieser ergab sich die zulässige Zulademenge.

Derjenige, der am Straßenverkehr teilnehmen will, hat sich vor Fahrtantritt über die Betriebssicherheit seines Fahrzeugs und auch den Anhängers zu vergewissern. Dieser eigenen Pflicht wurden der Kläger sowie auch Herr S. durch die Entleihungsmöglichkeiten bei der Beklagten und das Helfen beim Ankuppeln und Aufladen nicht enthoben. Vielmehr hatten S. und der Kläger gegenüber den Mitarbeitern des Baumarktes die besseren Erkenntnismöglichkeiten durch Blick in den Fahrzeugschein und die Betriebserlaubnis. Bei Aushändigung des Anhängers war dieser betriebssicher, er wurde allerdings in betriebswidriger und vertragswidriger Weise durch den Kläger benutzt, nämlich erheblich überladen. Hierfür trifft nicht die Beklagte die Verantwortung, sondern S..

Auch die Verletzung von Hinweis-, Warn- oder Obhutspflichten aufgrund besserer Erkenntnismöglichkeiten der Beklagten oder der Gefährlichkeit des Anhängers als solchem ist nicht gegeben. Zwar haben hier Mitarbeiter der Beklagten den Anhänger angekuppelt und auch beladen. Es ist aber nach der Beweisaufnahme nicht davon auszugehen, dass diese Mitarbeiter Kenntnis davon hatten, wie schwer die Lademenge sein würde und welches zulässige Gesamtgewicht der Anhänger hatte. Diese Kenntnis hatten vielmehr aufgrund der Betriebserlaubnis, die ihnen schon vorlag, die Kunden, die auch entscheiden konnten, wie viel Estrichbeton sie einladen und anschließend transportierten.

Auch deliktrechtliche Ansprüche aufgrund Verletzung der Verkehrssicherungspflicht sind nicht gegeben. Der Verkehr, den die Beklagte mit dem Anhänger ermöglichte, war unter Beachtung der Betriebserlaubnis sicher, so dass ein Verstoß wegen Verkehrssicherungspflichten bei Übergabe des Anhängers nicht ersichtlich ist. Während der Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr oblag der Fahrerin bzw. dem Halter des Zugfahrzeugs die alleinige Sachherrschaft und Überprüfungsmöglichkeit.

Nach alledem kann die Berufung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91,97 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gemäß § 543 Abs. 2 ZPO war die Revision nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.

Ende der Entscheidung

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