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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 19.08.2005
Aktenzeichen: 3 VAs 36/05
Rechtsgebiete: EGGVG, StPO
Vorschriften:
EGGVG § 23 | |
StPO § 147 V 2 | |
StPO § 161 a III 2 | |
StPO § 161 a III 3 | |
StPO § 161 a III 4 |
Entscheidung wurde am 27.10.2005 korrigiert: die Metaangabe Schlagworte wurde durch Stichworte ersetzt
2. Auch bei einer willkürlichen Verweigerung der Akteneinsicht vor Abschluss der Ermittlungen gegenüber einem nicht inhaftierten Gefangenen kommt nur (noch) Rechtsschutz in analoger Anwendung des § 161 a III StPO in Betracht.
Gründe:
Gegen den Antragsteller ist ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Gießen anhängig, in dessen Verlauf - seinem Vorbringen zufolge - bisher nur partielle Akteneinsicht gewährt worden ist.
Mit Antrag vom 3.8.2005 strebt der Antragsteller eine Verpflichtung der Staatsanwaltschaft Gießen zur Gewährung uneingeschränkter Akteneinsicht an.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist wegen der Subsidiarität dieses Rechtsbehelfes (§ 23 III EGVG) unzulässig.
Der Rechtsweg nach § 23 ff. EGGVG ist nur eröffnet, wenn keine andere Möglichkeit besteht, eine gesetzliche Entscheidung zu erlangen (§ 23 Abs. 3 EGGVG). Ziel der Regelung dieser Vorschriften ist es, in Erfüllung der Rechtsschutzgarantie des Artikel 19 Abs. 4 GG die Entscheidungskompetenz der ordentlichen Gerichte aus Gründen der Sachnähe zu erweitern (vgl. Kammergericht Berlin, Beschluss vom 17.9.2001 - 1 Zs 1696/01 zitiert nach Juris). Demzufolge ist die Nachprüfung von Maßnahmen der Justizbehörden nach diesen Bestimmungen verwehrt, wenn die Kompetenz hierfür den ordentlichen Gerichten bereits aufgrund anderweitiger gesetzlicher Bestimmungen zugewiesen ist. Eine solche Zuweisung ist im vorliegenden Fall gegeben.
Mit der am 1. November 2000 in Kraft getretenen Neufassung des § 147 StPO hat der Gesetzgeber die Zuständigkeit für die Gewährung von Akteneinsicht neu geregelt und gegen die Versagung der Akteneinsicht durch die Staatsanwaltschaft in den in § 147 Abs. 5 S. 2 StPO genannten Fällen den Rechtsbehelf des Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach Maßgabe des § 161 a Abs. 3 S. 2-4 StPO vorgesehen. Über diesen hat das Landgericht zu entscheiden, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat (§ 161a Abs. 3 S. 2 StPO). Diese gesetzliche Neuregelung soll - auch in den Fällen, in denen die Anfechtung entsprechender Entscheidungen der Staatsanwaltschaft schon nach bisherigem Recht möglich war - einheitlich den Rechtsweg nach § 161 a Abs. 3 S. 2-4 StPO eröffnen (vgl. Bundestagsdrucksache 13/9718, Seite 37, 38; Kammergericht Berlin, Beschluss vom 17.9.2001, - 4 VAs 24/01 -, zitiert nach Juris). Im übrigen stehen dem Beschuldigten gegen ablehnende Verfügungen der Staatsanwaltschaft im Vorverfahren außer Gegenvorstellung bzw. Dienstaufsichtsbeschwerde keine Rechtsmittel zur Verfügung (vgl. HK, 3. Auflage, § 147 Rdz. 25; Laufhütte in KK, 5. Auflage, § 147 Rdz. 24; Meyer-Goßner, 48. Auflage § 147 Rdz. 40).
Auch ein Antrag nach § 23 ff. EGGVG ist nicht zulässig, denn aus § 147 Abs. 5 S. 2 StPO folgt nun, dass in den übrigen Fällen ein Rechtsbehelf nicht gegeben ist. Der hierzu früher geführte Streit über die Anwendung der §§ 23 ff. EGGVG hat sich damit erledigt (Laufhütte a. a. O. Rdz. 25; Meyer-Goßner a. a. O.).
Bei einer willkürlichen Verweigerung der Akteneinsicht ( vgl. OLG Frankfurt, NStZ-RR 1996, 40 ) hiervon eine Ausnahme zu machen, kommt vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil sich der Antragsschrift weder entnehmen lässt, dass der Antragsteller diese Rechtsverletzung geltend macht noch auf welche Tatsachen die Willkür gründen soll. Im übrigen könnte nach der Neuregelung des § 147 StPO Rechtsschutz in diesen Fällen nur (noch) in analoger Anwendung des § 161 a III StPO gewährt werden. Dies ergibt sich für den Senat aus den vom Bundesgerichtshof zur Frage des Rechtsschutzes im Rahmen einer Anordnung nach § 98 II StPO entwickelten Leitsätze (BGHSt 44, 265 ff., 45, 183 ff.). Danach sind im Interesse einer für die Betroffenen klaren Rechtswegszuweisung und dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes die bei dieser Frage auftretenden Probleme bei einem Gericht zu konzentrieren. Hierbei bietet sich vorliegend das gem. § 147 V 2 i.V.m. § 161 a III StPO zuständige Gericht an, da es die größte Nähe zum Sachverhalt hat und ohnehin bereits zur Entscheidung über die dort genannten Fallkonstellationen berufen ist.
Der Hilfsantrag, "über die Anträge gem. § 23 Abs. 1 EGGVG vom 03.06.2005, 05.06.2005 und 26.06.2005 zu entscheiden" ist ebenfalls unzulässig.
Gem. § 24 EGGVG muss der Antragsteller einen Justizverwaltungsakt und substantiiert einen Sachverhalt dartun, aus dem sich im Wege der Schlüssigkeitsprüfung seine Rechtsverletzung durch die angefochtene oder unterlassene ( = begehrte ) Maßnahme feststellen lässt ( vgl. KK-Schoreit, StPO, 5. Aufl., Rdnr. 1 zu § 24 EGGVG m.w.N. ).
Diese Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen, ist dem Senat jedoch verwehrt, da der Antragsteller keinerlei Ausführungen zum Inhalt der betreffenden Anträge gemacht hat, und der Vortrag damit aus sich heraus nicht verständlich ist. Es ist nicht Aufgabe des Senats, sich durch Beiziehung von Akten die entsprechenden Anträge zu beschaffen bzw. sie sich aus einem Konvolut von Anlagen, auf die insoweit auch nicht Bezug genommen wird, für die Schlüssigkeitsprüfung gleichsam "herauszusuchen".
Einer Vorlage des Antrages vom 3.5.2005 an das Amtsgericht Gießen bedarf es nicht, zumal der Antragsteller dies - wie er vorträgt - bereits am Tage der Antragstellung getan hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 30 I EGGVG, 130 KostO. Die Festsetzung des Geschäftswertes findet ihre Grundlage in §§ 30 I EGGVG, 30 KostO.
Ende der Entscheidung
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