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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 04.03.2008
Aktenzeichen: 3 WF 43/08
Rechtsgebiete: RVG, ZPO


Vorschriften:

RVG § 45
RVG § 48
ZPO § 119
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht der Antragstellerin die beantragte Erstreckung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das zwischen den Parteien anhängige Scheidungsverfahren auf den Abschluss der notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung vom 12.11.2007 insoweit versagt, als in der Scheidungsfolgenvereinbarung die Vermögensauseinandersetzung der Parteien und damit ein nicht unter § 48 Abs. 3 RVG fallender Gegenstand geregelt worden ist. Der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat das Amtsgericht nicht abgeholfen und sie dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO) und form- und fristgerecht eingelegt (§§ 127 Abs. 3 S. 2, 569 ZPO).

Sie ist auch begründet und führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

Die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erstreckt sich nach höchstrichterlicher Rechtssprechung und inzwischen wohl überwiegender Meinung auch auf die Mitwirkung des Rechtsanwalts an einem außergerichtlichen Vergleich über den Prozessgegenstand (BGH MDR 1988, 210 = NJW 1988, 494; Philippi in Zöller, ZPO, Kommentar, § 119 ZPO, Rdnr. 25 m. w. N.; andere Ansicht Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Kommentar, § 119 ZPO, Rdnr. 46 m. w. N.). Dieser auch vom Amtsgericht im angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung schließt sich auch das Beschwerdegericht an. Nach § 45 Abs. 1 RVG erhält der im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt die gesetzliche Vergütung, soweit in Abschnitt 8 des RVG nichts anderes bestimmt ist. Diese gesetzliche Vergütung umfasst gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 RVG i. V. m. Nr. 1000 VV RVG auch gegebenenfalls anfallende Einigungsgebühren für die Mitwirkung bei außergerichtlichen Verhandlungen. Dass für den im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt etwas anderes gelten soll, lässt sich dem 8. Abschnitt des RVG nicht entnehmen. Vielmehr verbietet das Gebot der Waffengleichheit eine solche Einschränkung zu Lasten der kostenarmen Partei.

Damit ist noch nichts über die Frage einer Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf außergerichtliche Mehrvergleiche gesagt, deren Gegenstand über den Prozessgegenstand oder die in § 48 Abs. 3 RVG genannten Scheidungsfolgesachen hinausgeht. Auch insoweit erachtet das Beschwerdegericht jedoch eine Gleichbehandlung von Prozessvergleichen und außergerichtlichen Vergleichen für geboten. Für gerichtliche Mehrvergleiche ist anerkannt, dass der kostenarmen Partei für den Abschluss eines solchen Vergleichs Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist, wenn sie vorab, das heißt vor Abschluss des Vergleichs, beantragt wird (Philippi in Zöller, § 119 ZPO, Rdnr. 25; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 119 ZPO, Rdnr. 46; OLG Koblenz, FamRZ 2001, 1394; LAG Hamm, Beschluss vom 12.07.2005, 4 Ta 435/05, zitiert nach Juris; LAG Köln, AGS 2007, 318). Wenn man aber - wie dargestellt - sowohl die Mitwirkung des im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts an einem gerichtlichen Vergleich über den Prozessgegenstand als auch seine Mitwirkung an einem außergerichtlichen Vergleich über den Prozessgegenstand als von der Beiordnung umfasst ansieht, ist nicht ersichtlich, weshalb bei Mehrvergleichen zwischen Prozessvergleichen und außergerichtlichen Vergleichen unterschieden werden sollte. Die angestrebte Waffengleichheit zwischen der kostenarmen und der nicht auf Prozesskostenhilfe angewiesenen Partei gebietet auch insoweit eine Gleichbehandlung. Es darf der kostenarmen Partei nicht verwehrt werden, in die außergerichtliche Streitbeilegung auch solche zwischen den Parteien streitige Fragen einzubeziehen, die noch nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sind. Die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf den Mehrvergleich muss lediglich vor Abschluss des Vergleichs beantragt werden (so im Ergebnis wohl auch OLG Schleswig, AGS 2002, 176).

Das hat die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 29.10.2007 getan. Der dortige Prozesskostenhilfeantrag bezieht sich ausdrücklich auch auf die beabsichtigte vergleichsweise Auseinandersetzung des Wohnungseigentums der Parteien. Die Erfolgsaussicht der diesbezüglichen Rechtsverfolgung ergibt sich aus der später getroffenen Scheidungsfolgenvereinbarung.

Die Kostenregelung folgt aus §§ 1 GKG, 127 Abs. 4 ZPO.

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