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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 16.03.2005
Aktenzeichen: 3 Ws 1225/04 (StVollz)
Rechtsgebiete: StVollzG


Vorschriften:

StVollzG § 70 I
StVollzG § 70 II
Der Besitz und Benutzung eines einfachen DVD-Players (Abspielgerät ohne Aufzeichnungsspeicherfunktion) gefährdet nicht die Sicherheit und Ordnung der Justizvollzugsanstalt.
3 Ws 1224/04 (StVollz) 3 Ws 1225/04 (StVollz)

Gründe:

Mit Beschluss vom 13. 10. 2004 hat die Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht Gießen die JVA X unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 9. 8. 2004 verpflichtet, den Antrag des Gefangenen vom 3. 8. 2004 auf Genehmigung des Kaufs und der Aushändigung eines DVD-Players inkl. Scart-Kabels unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Hiergegen wendet sich der Leiter der JVA mit der form- und fristgerecht eingelegten und ebenso begründeten Rechtsbeschwerde, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, da die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist ( § 116 Abs. 1 StVollzG ). Sie gibt Anlass zur Klärung der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein DVD-Player einem Gefangenen gemäß § 70 Abs. 1 StVollzG zur Freizeitbeschäftigung überlassen werden kann.

Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Strafvollstreckungskammer ist in dem angefochtenen Beschluss im Ergebnis zu Recht zu der Auffassung gelangt, dass die von der JVA vorgebrachten Versagungsgründe nach § 70 Abs. 2 StVollzG nicht tragen.

Zwar stellt das Landgericht fehlerhaft darauf ab, dass eine konkrete Gefahr in der Person des Gefangenen für die Sicherheit und Ordnung der Anstalt bei Aushändigung des DVD-Players von der JVA dargelegt werden müsse. Nach § 70 Abs. 2 Nr. 2 StVollzG ist jedoch die von einem Gegenstand ausgehende abstrakte Gefahr aufgrund seiner Eignung, in einer die Sicherheit und Ordnung gefährdenden Weise eingesetzt zu werden, als Versagungsgrund ausreichend, sofern dieser Gefahr nicht mit den im Rahmen einer ordnungsgemäßen Aufsicht anzuwendenden Kontrollmitteln der JVA begegnet werden kann ( vgl. BVerfG NStZ 2003, 621; OLG Karlsruhe NStZ 2003, 622; OLG Frankfurt, Beschl. v. 18. 4. 2002, 3 Ws 163/02 (StVollz) ).

Indes geht von dem begehrten DVD-Player keine abstrakte Gefahr aus, die eine Versagung der Aushändigung nach § 70 Abs. 2 Nr. 2 StVollzG rechtfertigen könnte. Soweit sich die Beschwerdeführerin darauf beruft, dass es sich bei der JVA X um eine Anstalt des höchsten Sicherheitsgrades handele, der DVD-Player Versteckmöglichkeiten biete und eine tägliche Kontrolle des Gerätes mit genauer Durchsuchung durch Bedienstete mit speziellen Fachkenntnissen nicht möglich sei, greifen diese Einwände nicht durch. Wie der Senat bereits mit Beschluss vom 6. 3. 1989 ( NStZ 1989, 343 ) hinsichtlich des Besitzes eines CD-Players ausgeführt hat, kann der Nutzung als Versteck für kleinere Gegenstände dadurch begegnet werden, dass das Gerät verplompt bzw. versiegelt und sodann in die üblichen Kontrollen einbezogen wird. Im Gegensatz zu der Spielekonsole Y verfügt ein einfacher DVD-Player nicht über Speichermöglichkeiten, deren missbräuchlicher Nutzung und/oder Manipulation von Schnittstellen begegnet werden müsste ( vgl. dazu OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. 1. 2004, 3 Ws 1384/02 (StVollz) ). Eine Kontrolle erfordert daher keine Spezialkenntnisse der Bediensteten. Der Senat stellt ausdrücklich klar, dass sich die Genehmigungsfähigkeit ausschließlich auf reine Abspielgeräte ohne jede Aufzeichnungs- und Speicherungsmöglichkeit bezieht.

Einem für die JVA nicht mehr zumutbaren Kontrollaufwand kann dadurch begegnet werden, dass Gefangene, die bereits einen CD-Player besitzen, den DVD-Player nur im Austausch gegen diesen erhalten. Eine Benachteiligung des jeweiligen Gefangenen tritt hierdurch nicht ein, da der DVD-Player die Funktion eines CD-Abspielgerätes mit umfasst.

Auch der weitere Vortrag der JVA, der Inhalt der Datenträger könne vor der Aushändigung aus Zeitgründen nicht auf pornografischen oder gewaltverherrlichenden Inhalt sowie verfassungsfeindliche Bezüge überprüft werden, vermag eine Versagung nicht zu begründen. Nach Ansicht des Senats kann dieser Gefahr durch zumutbare mildere Maßnahmen begegnet werden wie den ausschließlichen Bezug von DVDs, die von der FSK ab 18 Jahre freigegeben worden sind, über ein ausgesuchtes Versandhandelsunternehmen, einer Mengenbegrenzung für ihren Besitz und durch ihre - z. B. in der JVA Z mit Erfolg praktizierte - Siegelung ( vgl. hierzu OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. 1. 2005, 3 Ws 1322 - 1323/04 ( StVollz) ). Durch diese Maßnahmen kann zugleich die Gefahr, dass Gefangene unerlaubt gebrannte DVDs mit sicherheitsrelevantem Inhalt von außen erhalten, begrenzt werden. Das verbleibende Risiko ist nicht höher als bei dem Einschmuggeln sonstiger verbotener Gegenstände; dem wird durch Kontrollen - die indes durch eine Siegelung wesentlich erleichtert werden - begegnet werden müssen. Da die Beurteilung der generellen Gefährlichkeit des Besitzes von DVD-Datenträgern überwiegend tatsächlicher Natur ist, erfordert die insoweit abweichende Auffassung des OLG Jena ( NStZ - RR 2003, 222 ) keine Vorlage durch den Senat.

Nach alledem tragen nicht nur die von der JVA vorgebrachten Gründe die Versagung eines DVD-Players nicht, es sind auch keine weiteren Umstände für eine Ablehnung erkennbar. Einfache DVD-Player sind bereits zu einem Preis von deutlich unter 100.- € zu erwerben, so dass nicht zu erwarten steht, dass es durch den Besitz der Geräte - wie von der JVA befürchtet - zu einem sozialen Gefälle zwischen den Gefängnisinsassen kommen wird.

Nach Meinung des Senats ist damit über die Auffassung der Strafvollstreckungskammer hinaus eine Reduzierung des Ermessens der JVA auf Null eingetreten. Durch diesen Rechtsfehler ist die Beschwerdeführerin jedoch nicht beschwert. An einer Abänderung der Entscheidung zugunsten des Antragstellers ist der Senat jedoch gehindert, weil dieser nicht gleichermaßen Rechtsbeschwerde gegen den angefochtenen Beschluss eingelegt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 1 und 4 StVollzG i. V. mit § 467 Abs. 1 StPO.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts ergibt sich aus §§ 52 Abs. 1, 60, 62 GKG.

Ende der Entscheidung

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