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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 20.02.2006
Aktenzeichen: 3 Ws 130/06
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 459 a
StPO § 459 h
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Das Amtsgericht München verhängte am 28.08.2000 gegen den Verurteilten unter anderem wegen Diebstahls in mehreren Fällen eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Die Strafe wurde in der Justizvollzugsanstalt O1 verbüßt.

Mit Schreiben vom 19.07.2004 stellte die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht München I dem Verurteilten Verfahrenskosten in Höhe von 876,27 € in Rechnung. Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 30.05.2005 pfändete die Staatsanwaltschaft wegen dieser Ansprüche Forderungen des Verurteilten gegen den A als Drittschuldner auf Auszahlung des Eigengeldes (§ 52 StVollzG). Nachdem der Verurteilte am 02.06.2005 um Bewilligung von Ratenzahlung mit monatlichen Raten in Höhe von 10,00 € nachgesucht hatte, der Leiter des A der Staatsanwaltschaft am 22.06.2005 aber mitgeteilt hatte, daß der Verurteilte über monatlich pfändbare Beträge in Höhe von ca. 120,00 € bis 150,00 € verfügt, bewilligte die Staatsanwaltschaft dem Verurteilten mit Verfügung vom 12.07.2005 Ratenzahlung mit monatlichen Raten in Höhe von 120,00 €. Der hiergegen gerichteten Erinnerung des Verurteilten half die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 11.08.2005 nicht ab. Nachdem der Verurteilte sich mit Schreiben vom 29.08.2005 zur Zahlung monatlicher Raten in Höhe von 25,00 € bereit erklärt hatte, wertete die Staatsanwaltschaft die Eingaben des Verurteilten im Hinblick auf die Ratenzahlungsbewilligung als Einwendungen gemäß §§ 459a, 459h StPO und übersandte die Akten an das Landgericht Darmstadt.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat die Strafvollstreckungskammer den Antrag des Verurteilten auf Herabsetzung der monatlich zu zahlenden Rate in Höhe von 120,00 € zurückgewiesen.

II.

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten ist zulässig und hat auch in der Sache - zumindest vorläufig - Erfolg.

Der angefochtene Beschluß war aufzuheben, weil die Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht Darmstadt zur Entscheidung in der Sache unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt sachlich, örtlich oder funktional zuständig war.

Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft und der Strafvollstreckungskammer handelt es sich bei der Entscheidung über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen im Hinblick auf die von dem Verurteilten allein zu zahlenden Verfahrenskosten bzw. eine Herabsetzung der insoweit monatlich zu zahlenden Raten nicht um Einwendungen über eine Entscheidung der Vollstreckungsbehörde nach §§ 459a, 459h StPO, da der Verurteilte hier nicht zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Zwar kann die Vollstreckungsbehörde gemäß § 459a Abs. 1 iVm. Abs. 4 Satz 2 StPO grundsätzlich Zahlungserleichterungen auch allein hinsichtlich der Kosten des Verfahrens gewähren. Die hiernach vorgesehene Möglichkeit der Bewilligung von Ratenzahlungen setzt aber voraus, daß zumindest auch auf eine Geldstrafe und nicht nur - wie hier - auf eine Freiheitsstrafe erkannt wurde (Meyer-Goßner, StPO, 48. A., § 459a RN 8; KK-Fischer, StPO, 5. A., § 459a RN 8; LR-Wendisch, StPO, 25. A., § 459a RN 18). Dies folgt nicht nur aus der Gesetzessystematik, nach der § 459a StPO ausdrücklich die Bewilligung von Zahlungserleichterungen bei Geldstrafen (§ 42 StGB) regelt, sondern auch aus Sinn und Zweck der Vorschrift des § 459a Abs. 4 StPO, die grundsätzlich eine einheitliche Entscheidung über die zu bewilligenden Zahlungserleichterungen hinsichtlich der Geldstrafe und der Verfahrenskosten bezweckt (LR-Wendisch, StPO, 25. A., § 459a RN 15 m. w. N.).

Die Entscheidung über die Bewilligung von Ratenzahlung und die Höhe der festzusetzenden Raten richtet sich damit - ebenso wie die Zuständigkeit für die Entscheidung über hiergegen gerichtete Rechtsmittel - allein nach den kostenrechtlichen Vorschriften für die Beitreibung der Verfahrenskosten (vgl. etwa §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 8 Abs. 1 JBeitrO, die auch Einwendungen erfassen, die außerhalb der Kostenvorschriften liegen, also auch die Stundung [vgl. BGH NJW 1992, 1458; Lappe/Steinbild, JBeitrO, § 8 Anm. 3 b]). Hiernach besteht weder sachlich-funktional noch örtlich eine Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht Darmstadt.

Eine Entscheidung des Senats in der Sache kommt nicht in Betracht, weil der Senat im vorliegenden Fall nicht dem sachlich-funktional und örtlich zuständigen Gericht als Beschwerdegericht übergeordnet ist (vgl. Senat, NStZ-RR 2005, 30, 31; Beschluß vom 17.01.2000 - 3 Ws 60/00 - ; Beschluß vom 22.03.2003 - 3 Ws 1201/03 -). Dasselbe gilt hinsichtlich der Verweisung an das zuständige Gericht (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 48. A., § 309 RN 6 m. w. N.).

III.

Soweit der Verurteilte in diesem Verfahren sinngemäß die Beiordnung eines Pflichtverteidigers beantragt hat, war der Antrag als unbegründet zurückzuweisen, weil die gesetzlichen Voraussetzung für die Beiordnung eines Pflichtverteidigers im Vollstreckungsverfahren (entsprechend § 140 Abs. 1 und 2 StPO) nicht vorliegen, insbesondere auch keine die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheinen lassende Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage (§ 140 Abs. 2 StPO) gegeben ist. Auf die (fehlende) finanzielle Leistungsfähigkeit des Verurteilten kommt es für die Bestellung eines Pflichtverteidigers nicht an.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung der §§ 467 Abs. 1, 473 Abs. 3 StPO.

Ende der Entscheidung

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