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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 03.02.2004
Aktenzeichen: 3 Ws 1402/03 (StVollz)
Rechtsgebiete: GG, StVollzG
Vorschriften:
GG Art. 20 Abs. 3 | |
StVollzG § 94 | |
StVollzG § 95 | |
StVollzG § 102 |
2. Das Nichterscheinen des Angeklagten in der Hauptverhandlung bzw. des Verurteilten in der Anhörung gem. § 106 Strafvollzug kann deshalb ebenso wenig mit einer Disziplinarmaßnahme geahndet werden wie die Weigerung eines Inhaftierten, sich zu einer Anhörung des Sicherheitsdienstes der Anstalt vorführen zu lassen, die der Klärung dienen soll, ob er sich im Vollzug einer neuerlichen Straftat schuldig gemacht hat.
3. Die rein formale Gehorsamspflicht des Gefangenen (den Weisungen des Anstaltspersonals zu folgen) kann keine selbstständige Rechtsgrundlage für behördliche Anordnungen sein.
3 Ws 1401/03 (StVollz) 3 Ws 1402/03 (StVollz) 3 Ws 1403/03 (StVollz)
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS
Entscheidung vom 03.02.2004
In der Strafvollzugssache
wegen Diziplinarmaßnahme (Freizeitarrest),
hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Rechtsbeschwerde des Leiters der JVA ... gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Gießen vom 23.10.2003 am 3. Februar 2003 einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten Antragstellers als unzulässig verworfen, da eine Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist (§ 116 StVollzG).
Gründe:
Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 2.12.1996 (NStZ-RR 1997. 152) festgestellt, dass es auch Pflichtverletzungen des Gefangenen gibt, welche die Anstaltsleitung allenfalls mit den Mitteln der §§ 94 , 95 StVollzG verhindern, aber nicht gem. § 102 StVollzG sanktionieren darf (vgl. auch Calliess/Müller-Dietz, § 102 Rdnr. 3) und dass die Verletzung von Mitwirkungspflichten, die dem Grundsatz des "nemo tenetur" (Selbstbegünstigungsprinzip als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips) widerstreiten, hierunter fallen. Von daher kann das Nichterscheinen des Angeklagten in der Hauptverhandlung bzw. des Verurteilten in der Anhörung gem. § 106 StVollzG ebenso wenig mit einer Disziplinarmaßnahme geahndet werden, wie die hier in Rede stehende Weigerung des Antragstellers, sich zu einer Anhörung vorführen zu lassen, die der Klärung dienen sollte, ob er sich im Vollzug einer neuerlichen Straftat schuldig gemacht hat. Die rein formale Gehorsamspflicht, auf die sich der Anstaltsleiter beruft, stellt keine selbstständige Rechtsgrundlage für behördliche Anordnungen dar (vgl. auch OLG Celle, NStZ 1994, 205).
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 250.- € festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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