Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 26.07.2006
Aktenzeichen: 3 Ws 540/06 (StVollz)
Rechtsgebiete: StVollzG


Vorschriften:

StVollzG § 19
StVollzG § 70
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
3 Ws 539/06 (StVollz) 3 Ws 540/06 (StVollz)

Gründe:

I.

Der Antragsteller, der über ein Fernsehgerät mit einer Bildschirmdiagonalen von 45 cm verfügt hatte, beantragte wegen Funktionsstörungen dieses Geräts die Genehmigung des Kaufs eines Fernsehgeräts mit einer Bildschirmdiagonalen von 48 cm. Zur Begründung führte er unter anderem aus, daß Geräte mit einer Bildschirmdiagonalen von 45 cm nicht mehr gebaut würden, er Probleme mit seinen Augen habe und sich eine Brille finanziell nicht leisten könne und darüber hinaus bereit sei, zusätzlich zu dem Altgerät seine - genehmigte - Spielkonsole (Sony Playstation I) aus dem Haftraum herauszugeben.

Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag unter Berufung auf die seinerzeitige Erlaßlage ab; in der Vollzugsanstalt seien insoweit nur Geräte mit einer Bildschirmdiagonalen von maximal 40 cm (ausweislich der Stellungnahme der Anstalt sogar nur von 37 cm oder 15 Zoll) zugelassen.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat die Strafvollstreckungskammer den Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung (§ 109 StVollzG) zurückgewiesen. Die grundsätzliche Beschränkung der Größe von Fernsehgeräten in Justizvollzugsanstalten auf eine Bildschirmdiagonale von 40 cm bzw. 37 cm begegne keinen Bedenken. Insbesondere sei die Begrenzung des "angemessenen Umfangs" im Sinne der §§ 69 Abs. 2, 70 Abs. 1 StVollzG durch Festlegung einer maximalen Bildschirmdiagonale nicht zu beanstanden. Im übrigen stelle die Beschränkung der Bildschirmgröße auch eine Wertgrenze dar, so daß Geräte mit einer Bildschirmdiagonale von 51 cm und mehr auch aus Gleichbehandlungsgrundsätzen nicht zugelassen werden müßten.

Nachdem der Antragsteller hiergegen form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt hatte, ist ihm am 16.06.2006 aufgrund einer geänderten Erlaßlage ein Fernsehgerät wie beantragt genehmigt und ausgehändigt worden.

II.

Das Verfahren ist in der Hauptsache erledigt, nachdem dem Antragsteller das beantragte Fernsehgerät am 16.06.2006 genehmigt und ausgehändigt worden ist.

Damit ist gemäß § 121 Abs. 2 Satz 2 StVollzG nur noch über die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen zu entscheiden (ständige Rechtsprechung des Senats, z. B. Beschluß vom 10.10.2003 - 3 Ws 921/03 [StVollz] - ; Beschluß vom 10.03.2004 - 3 Ws 115/04 [StVollz] - ; Beschluß vom 20.07.2006 - 3 Ws 395/06 [StVollz] - ; vgl. Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 10. A., § 121 RN 2 m. w. N.).

Es entspricht billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Antragstellers der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Denn ohne das erledigende Ereignis hätte die Rechtsbeschwerde des Gefangenen aller Voraussicht nach Erfolg gehabt.

Die Rechtsbeschwerde war zulässig. Auch die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG waren vorliegend erfüllt, weil die Nachprüfung der Entscheidung sowohl zur Fortbildung des Rechts als auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten gewesen wäre. Zum einen hätte die Frage, nach welchen Gesichtspunkten der "angemessene Umfang" im Sinne der §§ 69 Abs. 2, 70 StVollzG hinsichtlich der Größe eines Fernsehgeräts zu beurteilen ist, abschließend geklärt werden können, zum anderen wäre auch der Gefahr des im Nachfolgenden aufgezeigten Rechtsfehlers entgegenzuwirken gewesen.

Die Rechtsbeschwerde hätte voraussichtlich auch in der Sache Erfolg gehabt.

Nach der inzwischen wohl überwiegenden Rechtsprechung kann es zwar für die Frage der Zulässigkeit eines Gegenstands - hier: eines Fernsehgeräts - im Sinne des § 70 Abs. 1 und 2 StVollzG, bei der auch die Übersichtlichkeit des Haftraums (§ 19 Abs. 2 StVollzG) zu berücksichtigen ist, auch auf die Größe des Gegenstands ankommen, insbesondere dann, wenn sich mehrere Gegenstände des Gefangenen in der Zelle befinden. Bei der Größe eines Fernsehgeräts ist hiernach aber die Bildschirmdiagonale kein geeigneter Maßstab; ausschlaggebend sind vielmehr die Außenmaße des Fernsehgerätes (OLG Rostock, Beschluß vom 23.06.2004 - I Vollz (Ws) 20/03 - ; OLG Koblenz, Beschluß vom 21.07.2005 - 1 Ws 331/05 - ; beide zit. nach juris; vgl. Senat, Beschluß vom 15.05.2006 - 3 Ws 236/06 [StVollz] - ). Dieser Auffassung hat sich im übrigen inzwischen auch das Hessische Ministerium der Justiz durch Abänderung des entsprechenden Erlasses angeschlossen. Soweit die Kammer unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats (Beschluß vom 10.11.2004 - 3 Ws 978/04 - ) ausgeführt hat, es sei nicht zu beanstanden, wenn Geräte, die eine Bildschirmdiagonale von 51 cm und mehr aufwiesen und einen dem Kaufpreis entsprechenden Wert verkörperten, aus Gleichbehandlungsgründen nicht zugelassen würden, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Zum einen geht es vorliegend gerade nicht um ein Fernsehgerät mit einer Bildschirmdiagonale von 51 cm und mehr. Zum anderen wäre die Kammer insoweit gehalten gewesen, zu überprüfen, ob angesichts des seit der Senatsentscheidung eingetretenen Preisverfalls für Röhren- und zunehmend auch für Flachbildschirmgeräte noch von einer nennenswerten Preisdifferenz für Fernsehgeräte in den jeweiligen Größen auszugehen ist. Schon aus diesem Grund wäre die Rechtsbeschwerde voraussichtlich erfolgreich gewesen.

Darüber hinaus sind das Maß der Angemessenheit (§ 70 Abs. 1 StVollzG) sowie die Frage, ob durch einen Gegenstand die Sicherheit und Ordnung der Anstalt gefährdet würde (§ 70 Abs. 2 Nr. 2 StVollzG), grundsätzlich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der Größe des Haftraums und dessen Übersichtlichkeit und Durchsuchbarkeit zu beurteilen (Senat, Beschluß vom 07.02.2006 - 3 Ws 806/05 [StVollz] - ; OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2004, 189; OLG Rostock, Beschluß vom 23.06.2004 - I Vollz (Ws) 20/03 - ; OLG Koblenz, Beschluß vom 21.07.2005 - 1 Ws 331/05 - ; beide zit. nach juris). Auch diesen Anforderungen wird der angefochtene Beschluß, der eine an der Größe des Haftraumes orientierte Einzelfallprüfung ausdrücklich als "nicht sinnvoll" erachtet, nicht gerecht. Zudem hat auch die Antragsgegnerin es vorliegend ermessensfehlerhaft unterlassen, die erforderliche Prüfung im Einzelfall vorzunehmen, sondern allein auf die (seinerzeitige) Erlaßlage abgestellt, so daß die Rechtsbeschwerde auch insoweit erfolgreich gewesen wäre.

Ende der Entscheidung

Zurück