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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 22.02.2006
Aktenzeichen: 3 Ws 763/05 (StVollz)
Rechtsgebiete: StVollzG


Vorschriften:

StVollzG § 83 II
Der Einkauf vom Eigengeld kann grundsätzlich nur gestattet werden und demzufolge eine Umbuchung vom Eigengeldkonto auf das Hausgeldkonto nur erfolgen, wenn der Gefangene über das Eigengeld verfügen kann. Aus § 83 II 2 StVollzG folgt, dass diese Verfügungsbefugnis nicht besteht, soweit das Eigengeld als Überbrückungsgeld notwendig ist.
3 Ws 762/05 (StVollz) 3 Ws 763/05 (StVollz)

Gründe:

Der Gefangene verbüßt Freiheitsstrafen in der O2. Das Strafende ist auf den 25.2.2009, der gemeinsame 2/3-Zeitpunkt auf den 25.6.2008 notiert. Im März 2005 beantragte der Gefangene, einen Betrag von 53, 10 € von seinem Eigengeldkonto auf sein Hausgeldkonto umzubuchen, um damit (im Gefangeneneinkauf) einkaufen zu können. Zum 24.3. 2005 wiesen das Hausgeldkonto 0,90 €, das Eigengeldkonto 153, 13 € aus. Das Überbrückungsgeld war auf 1.380 € festgesetzt, angespart waren hiervon 480, 30 €.

Mit Bescheid vom 24.3.2005 wies die Anstalt das genannte Begehren im Wesentlichen mit der Begründung zurück, solange das Überbrückungsgeld nicht vollständig angespart sei, könne über das Eigengeld nur dann verfügt werden, wenn es nicht als Überbrückungsgeld notwendig sei. Ansparraten sehe das Gesetz nicht vor. Vielmehr müsse das Überbrückungsgeld möglichst schnell in voller Höhe vorliegen. Da der Gefangene derzeit - unverschuldet - ohne Beschäftigung sei, sei ein weiterer Zufluss nicht zu erwarten.

Den Bescheid vom 24.3.2005 nahm der Gefangene zum Anlass, Dienstaufsichtbeschwerde gegen den Vollzugsabteilungsleiter zu erheben. Die Beschwerde wurde mit Bescheid vom 5.4.2005 zurückgewiesen.

Mit seinem - form- und fristgerechten - Antrag auf gerichtliche Entscheidung wandte sich der Gefangene gegen die Bescheide vom 24.3.2005 und vom 5.4.2005. Durch den angefochtenen Beschluss hat die Kammer den Antrag zurückgewiesen.

Hiergegen - indes wie die Auslegung ergibt, beschränkt auf die Verwerfung des gegen den Bescheid vom 24.3.2005 gerichteten Antrags auf gerichtliche Entscheidung - richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und in gleicher Weise mit der Sachrüge begründete Rechtsbeschwerde des Gefangenen.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil es geboten ist, die Nachprüfung der Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 116 I StVollzG). Es gilt, der Gefahr der Wiederholung des im Nachfolgenden aufgezeigten Rechtsfehlers entgegen zu wirken.

Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Überprüfung auf die in zulässiger Form erhobene Sachrüge führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des - nur noch - angefochtenen Bescheides der Anstalt vom 24.3.2005 sowie zur Verpflichtung der Vollzugsbehörde, den Antragsteller erneut zu bescheiden (§§ 119 IV, 115 IV StVollzG).

Der Einkauf vom Eigengeld kann grundsätzlich nur gestattet werden und demzufolge eine Umbuchung vom Eigengeldkonto auf das Hausgeldkonto nur erfolgen, wenn der Gefangene über das Eigengeld verfügen kann. Aus § 83 II 2 StVollzG folgt, wie die Kammer zutreffend ausgeführt hat, dass diese Verfügungsbefugnis nicht besteht, soweit das Eigengeld als Überbrückungsgeld notwendig ist (vgl. Senat, ZfStrVo 1986, 380, 381; OLG Hamm, ZfStrVo 1981, 251; OLG Karlsruhe, ZfStrVo 1981, 381; OLG Hamburg, NStZ 1981, 39 und OLG Zweibrücken, NStZ 1984, 479). Dabei ist jedoch zu beachten, dass das festgesetzte Überbrückungsgeldsoll erst zum Ende der voraussichtlichen Haftzeit erreicht werden muss. Zwar wird das Überbrückungsgeld aus den Bezügen des Gefangenen gebildet (§ 51 I StVollzG). Indes ist grundsätzlich mit einer Beschäftigung des Gefangenen und fortlaufenden Geldeingängen für das Überbrückungsgeld zu rechnen (OLG Zweibrücken aaO). Die Heranziehung von Eigengeld ist daher nur notwendig i.S. des § 83 II 2 StVollzG, soweit bei planmäßiger Aufstockung des Überbrückungsgeldes das Erreichen des Solls bei Vollzugsende nicht gewährleistet ist (vgl. Senat aaO, OLG Hamm, aaO; OLG München, ZfStrVo 1980, 122). Deshalb trifft die von der Kammer geteilte Auffassung der Vollzugsbehörde, das Überbrückungsgeld sei mit allen verfügbaren Bezügen so schnell wie möglich anzusparen, gerade nicht zu (Senat aaO; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 10. Aufl., § 51 Rn 3; Lückemann, in: Arloth/Lückemann, StVollzG, § 51 Rn 5;- jew. mzwRsprN). Vielmehr sind im Wege einer Ermessensentscheidung auch niedrigere Sparraten festzusetzen (vgl. OLG Hamburg, ZfStrVo 2003, 113), bzw. Teile des Eigengeldes freizugeben. Von diesem Ermessen hat die Anstalt schon auf Grund ihres unzutreffenden rechtlichen Ansatzes nicht rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht.

Bei der Bestimmung der Höhe des als Überbrückungsgeld notwendigen Eigengeldes ist allerdings zu beachten, dass die konkrete Gefahr, dass der Gefangene künftig keiner Beschäftigung nachgehen, mithin auch keine Bezüge erhalten kann, in die Ermessensentscheidung mit einfließen darf (vgl. OLG Celle, OLG Zweibrücken, ZfStrVo 1983, 383). Eine derartige Gefahr hat die Anstalt indes nicht dargelegt. Die Tatsache, dass der Gefangene zum Zeitpunkt der Entscheidung der Anstalt über sein Begehren unverschuldet ohne Arbeit war, besagt nicht, dass er dies auch während der verbleibenden, recht erheblichen Haftzeit bleiben wird. Es kommt auch nicht darauf an, ob sicher zu erwarten ist, dass das notwendige Überbrückungsgeld zum Zeitpunkt der Entlassung zur Verfügung stehen wird, sondern ob dies voraussichtlich der Fall sein wird (OLG Zweibrücken aaO). Die Anstalt hätte daher zur fehlerfreien Ermessensausübung Tatsachen darlegen müssen, aus denen - über allgemeine Befürchtungen hinaus - sich ein konkreter Anlass ergibt, ernsthaft daran zu zweifeln, dass der Antragsteller in der verbleibenden Haftzeit Arbeit und Bezüge erhält, die dazu ausreichen, das volle Überbrückungsgeld anzusparen. Hierzu verhält sich indes weder der angefochtene Bescheid, noch das Vorbringen der Anstalt vor der Strafvollstreckungskammer.

Der aufgezeigte Ermessenfehler der Vollzugsbehörde zwingt zur Aufhebung ihres Bescheides und der auf ihn bezogenen Entscheidung der Kammer. Mangels einer Reduzierung des Ermessens auf Null war die Vollzugsbehörde zu einer Neubescheidung des Gefangenen zu verpflichten.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung basiert auf § 121 II 1, IV StVollzG i.V. mit § 473 III, IV StPO.

Die Festsetzung der Gegenstandswerte beruht auf §§ 60, 65, 63 III, 52 I, III GKG.

Ende der Entscheidung

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