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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 07.04.2009
Aktenzeichen: 3 Ws 847/08 (StVollz)
Rechtsgebiete: HessNSG
Vorschriften:
HessNSG § 1 | |
HessNSG § 2 |
Gründe:
A)
Der Antragsteller ist gemäß § 63 StGB untergebracht. Die Maßregel wird in der Klinik für forensische Psychiatrie in O1 (Außenstelle X) vollstreckt. Er befindet sich auf der Station ... im Neubau der Außenstelle X. Ihm ist ein Einzelunterbringungsraum zugewiesen.
Auf der Station ... wie auf allen anderen Stationen des Neubaus durfte bis zum 01.10.2007 in den Patientenzimmern geraucht werden, sofern diese nicht mit Nichtrauchern belegt waren. Im Innenhof (Atrium) des Gebäudes wie im Außengelände der Maßregelvollzugsanstalt war das Rauchen ebenfalls erlaubt.
In Umsetzung des HessNSG wurde mit Wirkung vom 01.10.2007 von der Anstaltsleitung ein generelles Rauchverbot für die Räumlichkeiten der Maßregeleinrichtung ausgesprochen, welches sich auch auf die Patientenzimmer erstreckte. Dieses Verbot wurde unter Berufung auf das Hausrecht auch auf die zum Klinikgelände gehörenden Innenhöfe und sonstigen umschlossenen Freiflächen (Stationsgärten pp) erweitert. Nach den Feststellungen der Kammer hat das Rauchverbot für den Untergebrachten zur Folge, dass ihm das Rauchen faktisch unmöglich ist, weil er sich mangels weitergehender Lockerungen im Klinikgelände aufhalten muss und die Räumlichkeiten lediglich für gemeinschaftliche Hofgänge im Atrium verlassen kann.
Mit seinem form- und fristgerecht eingelegten Antrag auf gerichtliche Entscheidung wendete sich der Untergebrachte gegen dieses Rauchverbot mit dem Ziel, wieder die Möglichkeit zu haben, in seinem Einzelunterbringungsraum sowie im Atrium rauchen zu dürfen. Er erachtete das Rauchverbot als unverhältnismäßig und machte geltend, ihm müsse im Wege der Ausnahmeregelung das Rauchen im gleichen Umfrage gestattet sein wie vor Erlass der Verbotsverfügung.
Der Untergebrachte beantragte, das von der Antragsgegnerin mit Wirkung ab dem 01.10.2007 verfügte Rauchverbot "außer Kraft zu setzen".
Die Maßregelvollzugsanstalt beantragte, den Antrag zurückzuweisen.
Sie vertrat die Ansicht, das Rauchverbot in den Räumlichkeiten der Klinik sei nach § 1 I Nr. 3 HessNSG gerechtfertigt. Ihre Einrichtung sei als Krankenhaus im Sinne dieser Vorschrift anzusehen und nicht mit einer - § 1 I Nr. 1 HessNSG unterfallenden - Justizvollzugsanstalt vergleichbar. § 2 II HessNSG sei für Krankenhäuser nicht anwendbar, da für diese § 2 III HessNSG lex specialis sei. Überdies könnten die Unterbringungsräume in ihrer Einrichtung nicht als Räume, die Wohnzwecken dienten, angesehen werden. Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 2 III HessNSG seien ebenfalls nicht gegeben. Namentlich lägen "sonstige gewichtige Gründe" nicht vor.
Das Rauchverbot auf den Freiflächen der Anstalt habe auf der Grundlage des Hausrechts erlassen werden dürfen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei beachtet worden. Die Regelung sei zur Erreichung ihres Zwecks, der praktikablen Umsetzung des HessNSG geeignet. Ihre Erforderlichkeit ergebe sich hinsichtlich der Innenhöfe (Atrien) auch daraus, dass hier der Rauch nach oben abziehen könne und in den angrenzenden Fenstern sofort einziehen würde. Hinsichtlich der übrigen Freiflächen sei das Verbot aus sicherheitstechnischen, organisatorischen und medizinischen Gründen erforderlich, darüber hinaus auch aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten geboten im Hinblick auf die Unterschiedlichkeit der Freiflächen der einzelnen Stationen. Überdies stünden dem Herausführen der Patienten zum Rauchen außerhalb des Gebäudes organisatorische und sicherheitsrelevante Probleme entgegen. Das pflegerische Personal werde im Falle der Zulassung des Rauchens außerhalb der Gebäude über ein vertretbares Maß hinaus mit der Abwicklung von Hofgängen beschäftigt.
Mit dem angefochtenen Beschluss hob die Strafvollstreckungskammer das mit Wirkung zum 01.10.2007 angeordnete Rauchverbot insoweit auf, als es dem Antragsteller das Rauchen in seinem Einzelunterbringungsraum und im der Station ... angrenzenden Innenhof (Atrium) der Klinik untersagt. Die Kammer hat also der Sache nach die Maßregelvollzugsanstalt verpflichtet, dem Antragsteller das Rauchen in dem vor Erlass der angefochtenen Verfügung bestehenden Umfang wieder zu gestatten.
Zwar stelle die Maßregelvollzugsanstalt ein Krankenhaus im Sinne des § 1 I Nr. 3 HessNSG dar. Die Maßregelvollzugsanstalt sei aber verpflichtet, gemäß § 2 II HessNSG eine Ausnahme vom gesetzlich angeordneten Rauchverbot zu machen. Bei einem Einzelunterbringungsraum handele es sich um eine Räumlichkeit, die ganz überwiegend Wohnzwecken diene, da die eigentliche therapeutische Arbeit regelmäßig außerhalb dieses Raumes stattfinde, der Untergebrachte sich in seiner freien Zeit in diesen zurückziehen und eine gewisse Privatsphäre genießen könne. Dass die in Einzelräumen Untergebrachten durch Therapeuten und Pflegepersonal auch im Unterbringungsraum aufgesucht und diese dadurch als Nichtraucher den Gefahren des Passivrauchens ausgesetzt würden, stelle eine der Durchsuchung von Einzelhafträumen in Justizvollzugsanstalten vergleichbare Situation dar, welche der Gesetzgeber toleriere.
Auch die weitere Regelung, mit der dem Untergebrachten das Rauchen im Außenbereich untersagt worden sei, sei rechtswidrig. Das von der Maßregelvollzugsanstalt herangezogene Hausrecht biete schon keine geeignete Ermächtigungsgrundlage für das ausgesprochene Verbot. Ferner habe sich die Vollzugsanstalt nach ihrer Argumentation nur deswegen veranlasst gesehen, ein Rauchverbot im Außenbereich auszusprechen, um das Verbot innerhalb der Gebäude zu effektuieren. Da dieses indes keinen Bestand habe, fehle auch eine Grundlage für eine Regelung im Außenbereich. Vielmehr verstieße eine solche gegen den Gesichtspunkt des Bestandsschutzes.
Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und in gleicher Weise begründeten Rechtsbeschwerde verfolgt der Leiter der Maßregelvollzugsanstalt sein erstinstanzliches Begehren weiter. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und führt zum angefochtenen Beschluss aus:
Die Strafvollstreckungskammer habe verkannt, dass § 2 II HessNSG nur für Einzelhafträume, nicht jedoch für Einzelunterbringungsräume gelte. Außerdem dienten sie nicht Wohnzwecken und seien Einzelhafträumen in der JVA nicht vergleichbar. Vor allem würden die Untergebrachten wesentlich häufiger vom therapeutischen und vom Pflegepersonal in ihren Räumen - so zur Ausgabe von Medikamenten, Visiten, Hilfe bei Alltagsverrichtungen, hygienischen Maßnahmen pp- aufgesucht. Auch müssten - bei Einschluss des Untergebrachten - therapeutische Gespräche an der geöffneten Tür und - bei fehlendem Einschluss - wenn nicht genügend Therapieräume vorhanden seien, im Einzelunterbringungsraum geführt werden.
Zum Außenbereich sei die Argumentation der Strafvollstreckungskammer schon deswegen in Ansatz verfehlt, weil im Innenbereich ein völliges Rauchverbot sehr wohl zulässig sei. Die Argumentation mit dem Bestandsschutz gehe fehl, da dieser durch das HessNSG hinfällig geworden sei. Darüber hinaus sprächen schützenswerte Interessen der Sicherheit und Ordnung für ein Rauchverbot auch außerhalb der Räumlichkeiten. Ein massives Sicherheitsrisiko bestehe nämlich darin, dass nach intensivem Rauchgenuss im Freien Entzugserscheinungen im Innenbereich auftreten würden.
B)
Die Rechtsbeschwerde erfüllt die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 I i.V. mit § 138 III StVollzG, ist aber in der Sache nicht begründet. Die Kammer hat im Ergebnis zu Recht die Maßregelvollzugsanstalt verpflichtet, dem Antragsteller im dargestellten Umfange das Rauchen zu gestatten.
I.
Der Untergebrachte hat Anspruch darauf, dass ihm in seinem Einzelnterbringungsraum das Rauchen gestattet wird. Denn dieser Raum ist vom generellen Rauchverbot (§ 1 I HessNSG) ausgenommen (§ 2 II HessNSG), so dass dem von der Maßregelvollzugsanstalt angeordneten Rauchverbot für diesen Raum die Ermächtigungsgrundlage fehlt.
Es kann dahinstehen, ob § 2 II HessNSG auch für Krankenhäuser gilt, oder ob § 2 III HessNSG lex specialis für diese Einrichtung ist, das Gesetz also in Krankenhäusern weder die Einrichtung von Raucherräumen (§ 2 I HessNSG) ermöglicht, noch das Rauchen in Einzelzimmern gestattet, sondern nur in den eng begrenzten Fällen des § 2 III HessNSG eine Raucherlaubnis vorsieht. Denn bei der Antragsgegnerin als Maßregelvollzugsanstalt handelt es sich nicht um ein Krankenhaus im Sinne des § 1 I Nr. 3 HessNSG, sondern um eine Behörde beziehungsweise (sonstige) öffentliche Einrichtung im Sinne des § 1 Nr. 1 HessNSG .
Der Wortlaut der beiden Bestimmungen lässt eine eindeutige Einordnung der Maßregelvollzugsanstalt nicht zu. Sie erfüllt die vier Merkmale für eine Krankenhaus des in § 1 I Nr. 3 HessNSG in Bezug genommenen § 107 SGBV, stellt aber zugleich auch eine Einrichtung i.S. des § 1 I Nr. 1 HessNSG dar, wie die Verwendung dieses Begriffs für die Anstalt im HessMaßregelVollzG (z.B. § 2, 5 I) erhellt.
Die historische Auslegung spricht dafür, Anstalten des Maßregelvollzugs nicht als Krankenhäuser anzusehen, sondern sie den Einrichtungen des Justizvollzugs, die eindeutig unter die Regelung des § 1 I Nr. 1 HessNSG fallen, gleichzustellen.
Den jeweiligen Landesgesetzen zum Nichtraucherschutz ging der Beschluss der Ministerkonferenz der Länder zum Nichtraucherschutz (sog. Nichtrauchergipfel) vom 23.02.2007 voraus. Dieser sah vor, dass der Nichtraucherschutz in Einrichtungen des Gesundheitswesens (u.a. Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, Einrichtungen der Behindertenhilfe sowie Hospizen) sichergestellt werden müsse (Ziff. 3 (1) b)). Für Verwaltungseinrichtungen der Länder einschließlich u.a. Behörden und Anstalten sollte gleiches gelten (Ziff. 3 (1) c)). Ausnahmen aus "konzeptionellen und therapeutischen Gründen" sollten von diesen in Ziff. 3 (1) b) genannten Einrichtungen des Gesundheitswesens (einschließlich Krankenhäusern) nur für Alten- und Pflegeheime, Einrichtungen der Behindertenhilfe und Hospize gemacht werden (Ziff. 3 (2) c-d); umfassende Ausnahmen waren hingegen sowohl für den Justiz- als auch den Maßregelvollzug vorgesehen (Ziff. 3 (2) a) und b). Diese Absichtserklärung lässt nur den Schluss zu, dass jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt die Länder und damit auch Hessen die Einrichtungen des Maßregelvollzugs nicht als Krankenhäuser angesehen haben. Denn für diese waren gerade keine Ausnahmen vom Rauchverbot vorgesehen, wohl aber für Justiz- und Maßregelvollzug. Ferner ist der Schluss gerechtfertigt, dass Justiz- und Maßregelvollzug, was die Ausnahmeregelungen anbelangt - soweit konzeptionelle und behandlerische Gründe das gebieten - gleichbehandelt werden sollten. Entsprechend wurde dieser Beschluss dann auch beispielweise in Sachsen-Anhalt (§ 4 Nr. 3, 4. des dortigen NSG) und Rheinland-Pfalz (§ 2 II NSG vom 5.10.2007) und besonders deutlich im Saarland umgesetzt. Das saarländische NSG vom 2.11.2007 stellt bezüglich des generellen Rauchverbots in § 2 I Nr.1 "Einrichtungen des Justiz- und Maßregelvollzugs" Behörden und sonstigen Einrichtungen des Landes ausdrücklich gleich und trifft in § 3 I Nr. 1 für beide Einrichtungen eine gleichartige Ausnahmeregelung. Das HessNSG verzichtet demgegenüber darauf, spezifische Regelungen für Justiz- wie Maßregelvollzug zu treffen. Dies lässt zum einen darauf schließen, dass der Gesetzgeber deren begriffliche Einordnung für unproblematisch hielt, zum anderen darauf, dass er den aufgezeigten Vorgaben im Nichtrauchergipfelbeschluss folgen, also gleichbehandelnd sowohl die Einrichtungen des Justiz- wie des Maßregelvollzugs unter § 1 I Nr. 1 HessNSG fassen wollte.
Auch systematische Gründe sprechen dafür, den Maßregelvollzug unter § 1 I Nr. 1 HessNSG fallen zu lassen. Zwar richtet sich gem. § 136 StVollzG die Behandlung in der Maßregelvollzugsanstalt nach ärztlichen Gesichtspunkten. Das nimmt ihr indes nicht den Charakter eines hoheitlichen Verwaltungsaktes, bei dem lediglich die richterliche Überprüfbarkeit wegen des weiten ärztlichen Ermessens eingeschränkt ist (vgl. Kammeier, Maßregelvollzugsrecht, 2. Aufl. Rn A 129). Das geltende Recht hat sich im Hinblick auf die spezifisch ärztliche Aufgabe, die sich mit der Behandlung Untergebrachter stellt, zwar für die Einbeziehung in die allgemeine psychiatrische Versorgung entschieden (vgl. BT-Dr. 7/42000, S. 281ff). Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich um strafrechtlich angeordneten Freiheitsentzug mit einer Fülle von Grundrechtseingriffen und damit insgesamt um hoheitliche Tätigkeit handelt (vgl. Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., Rn 2). Aus diesem Grunde darf die Maßregel nur in öffentlichen Einrichtungen vollzogen werden (Callies/Müller-Dietz aaO) und handelt es sich bei den psychiatrischen Krankenhäusern, die als Maßregelvollzugsanstalten dienen, um Behörden, genauer um untere Verwaltungsbehörden (Anstalten) des Staates (Kammeier, Rn A 126; Volckart/Grünebaum, Maßregelvollzug, 6. Aufl., S. 213). Aus diesem Grunde sind die Rechtsbeziehungen zwischen Untergebrachtem und Maßregelvollzugsanstalt auch ausschließlich öffentlich-rechtlicher Natur.
Was die Rechtstellung des Untergebrachten, insbesondere seinen Grundrechtsschutz anbelangt, sind deshalb Unterschiede zu einem Strafgefangenen oder einem Sicherungsverwahrten, namentlich seine Schlechterstellung gegenüber diesem Personenkreis nicht angezeigt. Dies gilt umso mehr, als der Untergebrachte - worauf die Kammer in anderem Zusammenhang zu Recht hinweist - ein Sonderopfer erbringt. Während die Strafvollstreckung an die Schuld des Strafgefangenen anknüpft und durch diese in ihrer Dauer begrenzt ist, dient die Unterbringung nach § 63 StGB dem Schutz der Allgemeinheit (BGH, NStZ 2002, 533), ist von der Schuld unabhängig, kann sogar deutlich über das schuldangemessene Maß der Freiheitsentziehung hinausgehen und notfalls lediglich einen bloßen Sicherungszweck verfolgen (BGH aaO, noch pointierter BGH, MDR 1978: § 63 StGB dient "in erster Linie dem Schutz der Öffentlichkeit vor weiter zu erwartenden Rechtsgutverletzungen, nicht der Heilung dieser Personen von ihrem Leiden, so sehr diese als Nebenzweck auch erwünscht sein mag"). Daraus folgt, dass die durch den Vollzug der Maßregel verursachten Eingriffe in die (Grund-)Rechtsstellung des Untergebrachten auf das geringst mögliche Maß zurückgeführt werden müssen, namentlich möglichst nicht gravierender sein dürfen als im Strafvollzug.
Angesichts der vorstehenden Erwägungen kann auch aus der Begründung zum Entwurf des HessNSG vom 26.6.2007 der Landesregierung (Dr. 16/7488) nicht abgeleitet werden, dass die Einrichtungen des Maßregelvollzugs als Krankenhäuser i.S. des § 1 I Nr. 3 HessNSG angesehen werden müssten. Zwar erwähnt diese in der Begründung zu § 1 Nr. 1 HessNSG nur die Justizvollzugsanstalten. In der Begründung zu § 1 Nr. 3 HessNSG werden indes die Einrichtungen des Maßregelvollzugs ebenfalls nicht genannt. Vielmehr werden lediglich in der Begründung zu § 2 III HessNSG auch Patienten erwähnt, die "in der Forensik untergebracht sind." Wenn der Gesetzgeber tatsächlich entgegen den vorstehenden Erwägungen die Einrichtungen des Maßregelvollzugs als Krankenhäuser hätte ansehen wollen, statt sie - wie es auch aus konzeptionellen Gründen (vgl. Nr. 3 (2) des Beschlusses vom 23.2.2007) geboten ist - bezüglich des Nichtraucherschutzes mit denjenigen des Strafvollzugs gleich zu behandeln, hätte nichts näher gelegen, als sie - wie die Justizvollzugsanstalten - wenigstens in der Begründung zum HessNSG an entsprechender Stelle (nämlich zu § 1 Nr. 3 HessNSG) aufzuführen, wenn sie schon im Unterschied zu den Regelungen in anderen Ländern im Gesetz selbst nicht gesondert erwähnt werden. Da dies nicht geschehen ist, kann ihre Nichterwähnung in der Begründung zu § 1 Nr. 1 HessNSG und ihre - systemwidrige - Erwähnung in der Begründung zu § 2 III HessNSG nur als gesetzgeberisches Versehen gewertet werden.
Sinn und Zweck des HessNSG steht seiner soeben getroffenen Auslegung nicht entgegen. Zwar sollte durch das Gesetz, worauf der Leiter der Maßregelvollzuganstalt zu Recht hinweist, der Schutz der Nichtraucher vor den Gefahren des Passivrauchens dadurch gewährleistet werden, dass Rauchen als gesundheitsschädliches Verhalten gesonderten Räumen zugeordnet wird. Ferner soll nachvollzogen werden, dass Nichtrauchen die gesellschaftliche Norm darstellt (Begründung des Gesetzesentwurfs aaO unter "Allgemeines" a.E.). Der Gesetzgeber hat aber das Rauchverbot auf geschlossene Räume beschränkt und zahlreiche Ausnahmen zugelassen. Dem liegt die gesetzgeberische Einschätzung zu Grunde, dass die Gefahren des Passivrauchens nicht so schwerwiegend sind, dass ihnen in jeder Hinsicht der Vorrang vor der Verhaltensfreiheit der Raucher (Art 2 I GG) gebührt. An diese Einschätzung ist der Gesetzgeber gebunden und muss das Konzept folgerichtig weiterverfolgen (BVerfG, NJW 2008, 2114 Rn 135). Konzeptionelle Gründe zwingen aber - wie dargelegt - gerade zu einer Gleichbehandlung von Straf- und Maßregelvollzug.
Bei dem Einzelzimmer handelt es sich um eine Räumlichkeit, die Wohnzwecken dient und dem Untergebrachten zur ausschließlichen Nutzung überlassen ist.
Der Gesetzgeber hat den Begriff "zu Wohnzwecken dienen" weit gefasst, wie die Begründung zum Entwurf des HessNSG (aaO "Räume, die im weiteren Sinne [Hervorhebung vom Senat] Wohnzwecken dienen") zeigt. Auch die dort gegebenen Beispiele - Einzelwohnräume in "Heimen" und vor allem "Einzelunterbringungsräume in den Justizvollzugsanstalten" - sprechen für eine extensive Auslegung. Da die Einzelräume den Untergebrachten zur alleinigen Benutzung während der Nacht und in der Freizeit überlassen sind, dienen sie jedenfalls ganz überwiegend Wohnzwecken. Zumindest insoweit sind sie den ausdrücklich genannten Einzelunterbringungsräumen in der JVA vergleichbar. Zwar mögen gewisse Unterschiede zwischen der Nutzung in den übrigen Zeiten bestehen, namentlich ein häufigeres Aufsuchen der Untergebrachten durch das Pflegepersonal erfolgen, wie die Anstalt in der Rechtsbeschwerdebegründung erneut hervorhebt. Eine verstärkte Frequentierung von einzelnen Wohnräumen durch Bedienstete zu behandlerischen oder pflegerischen Zwecken findet sich aber auch bei privaten Räumen außerhalb staatlicher Einrichtungen und gleichermaßen in den Heimen, etwa bei Bettlägerigkeit des Bewohners, ohne dass sich der Wohncharakter ändert. Gleiches gilt für "häufigeres Umziehen". Jedenfalls gebieten die oben aufgeführten Erwägungen eine Gleichbehandlung zwischen Gefangenen und Untergebrachten und der - auch im Maßregelvollzugs geltende Angleichungsgrundsatz (vgl. Volckart/Grünbaum, S. 53) eine Gleichstellung des Einzelunterbringungsraums mit privat genutzten Wohnräumen außerhalb der Anstalt.
II.
Der Untergebrachte hat ferner Anspruch darauf, dass ihm das Rauchen außerhalb des Gebäudes im Atrium gestattet bleibt.
Nach den getroffenen Feststellungen war dem Untergebrachten vor Ausspruch des generellen Rauchverbots das Rauchen im Atrium gestattet.
Das HessNSG bietet keine Rechtsgrundlage für das nunmehrige Verbot. Es untersagt nach dem klaren Wortlaut des § 1 I HessNSG nur das Rauchen in Gebäuden und sonstigen umschlossenen Räumen, nimmt also die gesundheitlichen Folgen, die durch Passivrauchen im Freien entstehen könnten, weiterhin hin. Das stellt die Gesetzesbegründung zu § 1 I HessNSG ausdrücklich klar, indem sie formuliert: "Das Rauchverbot gilt grundsätzlich nur in geschlossenen Räumen, da in offenen Gebäuden die Möglichkeit besteht, dass der Rauch abzieht, was die Gefahren des Passivrauchens verringert" (Hervorhebung vom Senat).
Da die ursprünglich dem Untergebrachten erteilte Gestattung rechtmäßig war und das HessNSG für das Rauchen außerhalb geschlossener Räumlichkeiten eine Änderung der Rechtslage nicht bewirkt hat, eine fortdauernde Gestattung mithin weiterhin rechtmäßig wäre, kann ihm das einmal eingeräumte Recht - auch unter Berufung auf das Hausrecht des Anstaltsleiters, das überdies bereits bei der erfolgten Gestattung Bestand hatte - nur unter dem Gesichtspunkt des Widerrufs rechtmäßiger Verwaltungsakte versagt werden. Die vom Anstaltsleiter gegebene Begründung für den Widerruf trägt diesen nicht.
Bei rechtmäßigen Verwaltungsakten gilt der Grundsatz der Unwiderrufbarkeit (vgl. OLG Karlsruhe, MDR 1993, 114; Ullenbruch, in: Schwind/Böhm, StVollzG, 3. Aufl. § 14 Rn 12; Lesting, in: AK-StVollzG, 5. Aufl., § 14 Rn. 10) und im besonderen Maße das Gebot des Vertrauensschutzes. Letztgenanntes ist entgegen der Auffassung des Anstaltsleiters durch das HessNSG nicht "hinfällig" geworden, da dieses eine Änderung der Rechtslage für das Rauchen außerhalb geschlossener Räume gerade nicht gebracht hat.
Vielmehr darf angesichts der Vielzahl vollzugsbedingter Beschränkungen der Untergebrachte im besonderen Maße auf den Bestand der Rechtsposition vertrauen, solange er mit dieser verantwortungsbewusst umgegangen ist und in seiner Person keine Ausschlussgründe verwirklicht hat (vgl. BVerfG, ZfStrVo 1995, 50; Senat, ZfStrVo 2001,248) und kein überragenden Interesse der Sicherheit und Ordnung dem Fortbestand der Erlaubnis entgegensteht (vgl. BVerfG, NJW 2004, 2960). So liegt der Fall hier.
Personenbezogene Gründe für einen Widerruf macht der Anstaltsleiter nicht geltend. Soweit er sich auf eine Gefährdung der Sicherheit der Anstalt beruft, verfängt seine Argumentation schon deswegen nicht, weil sie auf der Zulässigkeit eines völligen Rauchverbots auf der Grundlage des HessNSG für die Innenräume basiert, das - wie oben und im Senatsbeschluss vom heutigen Tage im Verfahren 3 Ws 841/08 dargelegt - nicht besteht. Dies gilt namentlich für die geltend gemachte Gefahr von Entzugserscheinungen und die Notwendigkeit des Aushändigens von Rauchutensilien bei jedem Verlassen des Gebäudes. Soweit geltend gemacht wird, durch das Rauchen im Atrium und auf den gebäudenahen Freiflächen bestehe die Gefahr, dass der Rauch durch die angrenzenden Fenster ins Gebäude einziehen werde, ist darauf zu verweisen, dass der Gesetzgeber durch die Beschränkung des Rauchverbots auf geschlossene Räume diese Gefahr des Passivrauchens weiterhin in Kauf genommen hat. Da kein Recht des Anstaltsleiters besteht, dem Untergebrachten den Schutz vor Selbstgefährdungen aufzudrängen (BVerfG, NJW 2008, 2409, 2414 Rn 126), kann auch nicht geltend gemacht werden, der Tabakkonsum mache eine höhere Dosierung von Medikamenten notwendig. Die Gefahr eines Rückfalls tabakentwöhnter Untergebrachter durch den Anblick weiterhin rauchender Mitinsassen schließlich nimmt das HessNSG hin. Es schützt nur vor Gefahren des Passivrauchens und dies - mit Blick auf die Ausnahmeregelungen - auch nur eingeschränkt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 138 III, 121 III StVollzG, 473 I StPO.
Ende der Entscheidung
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