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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 18.01.2008
Aktenzeichen: 4 U 114/07
Rechtsgebiete: StVG


Vorschriften:

StVG § 17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz des an seinem Fahrzeug bei einem Unfall mit dem vom Beklagten zu 3) gefahrenen Lastkraftwagen am ...2006 entstandenen Sachschaden in Höhe von 8.715,87 €.

Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen, weil die Beweisaufnahme den Vortrag des Klägers über den Hergang des Unfalls nicht bestätigt habe. Es hat unter anderem ausgeführt, dem Zeugen Z1 könne nicht gefolgt werden, weil nicht nachvollziehbar sei, dass der angeblich unfallverursachende LKW nicht zu sehen gewesen sein soll, "wenn er auf den PKW des Klägers hinein gefahren sein soll".

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen Klageantrag in vollem Umfang weiter verfolgt.

Der Kläger greift die Beweisbewürdigung des Landgerichts an. Er vertritt die Auffassung, das Landgericht beurteile es zu Unrecht als nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge Z1 den unfallverursachenden LKW vor dem Zusammenstoß nicht gesehen habe. Er habe als Beifahrer weder über die Außen- noch die Innenspiegel den heranfahrenden LKW erblicken können. Auch bestehe entgegen dem Landgericht kein Widerspruch zum Vortrag des Berufungsklägers. Sowohl der Berufungskläger als auch der Zeuge Z1 hätten den Unfallzeitpunkt "im Zusammenhang mit dem Anfahren" beschrieben. Der Zeuge Z1 habe wörtlich gesagt "wir waren im Begriff loszufahren". Jedenfalls könne die minimal abweichende Wahrnehmung des Klägers von der des Zeugen Z1 nicht dazu führen, dass dessen glaubhafte Aussage erschüttert werde. Schließlich ziehe das Landgericht aus den Schadensspuren am PKW des Klägers und am LKW des Beklagten zu 3) Schlüsse ohne über die notwendige Sachkunde zu verfügen, um aus der Kopie der vorgelegten Schadensbilder den Hergang rekonstruieren zu können.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil. Wegen der Begründung wird auf den Schriftsatz vom 20.08.2007 verwiesen.

Das Berufungsgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung gemeinsam mit den Parteivertretern die Farbbilder aus dem Gutachten des Sachverständigen SV1 über die Schäden an dem Fahrzeug des Klägers in Augenschein genommen.

Das Berufungsgericht hat ferner aufgrund des Beweisbeschlusses vom selben Tage im Termin vom 14.12.2007 Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Z2. Es hat ferner den Beklagten zu 3) persönlich angehört. Wegen des Inhalts der Aussagen und Bekundungen wird auf das Protokoll der Sitzung der Sitzung vom 14.12.2007 verwiesen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Berufung rügt zwar zu Recht, dass Zweifel an der Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen durch das Landgericht bestehen. Denn es war nachvollziehbar, dass der Zeuge Z1 von seinem Platz aus bei schrägstehendem Klägerfahrzeug den linksseitlich stehenden LKW des Beklagten zu 3) nicht sehen konnte. Die aufgrund dessen nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO und § 398 Abs. 1 ZPO erneut durchgeführte Beweisaufnahme führt jedoch nach Überzeugung des Berufungsgerichts zu demselben Beweisergebnis.

Aufgrund der Beweisaufnahme sieht das Berufungsgericht den Vortrag über den Unfallhergang durch die Beklagten als erwiesen an. Danach hat zuerst der Beklagte zu 3) mit dem LKW zwar auf der geradeaus führenden Spur aber mit leichter Schrägstellung nach rechts vor beiden Ampeln gestanden. Der Kläger hat sich erst danach von hinten mit seinem Fahrzeug genähert, ist an dem LKW rechts vorbeigefahren und von diesem, als er schräg in die Abzweigung zur ...straße einbog, getroffen worden. Aus diesem Hergang ergibt sich, dass den Kläger die alleinige Verantwortlichkeit für den Unfall im Sinne des § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG trifft. Denn er kann an dem sich auf der Geradeausfahrbahn befindlichen langen Sattelzug des Beklagten zu 3) nur unter Benutzung des rechts davon befindlichen Fahrradweges oder der durch einer durchgezogene Linie abgetrennten Rechtsabbiegerspur gelangt sein. Er hat damit die Herbeiführung des Unfalls durch ein grob verkehrswidriges Verhalten ganz überwiegend allein verschuldet.

Die Überzeugung vom Hergang des Unfalles beruht auf den Bekundungen des Beklagten zu 3) bei seiner Parteianhörung und der Kenntnis von der Unfallörtlichkeit, wie sie auf dem Lichtbild Bl. 43 d. A. dokumentiert ist. Der Beklagte zu 3) hat in persönlich überzeugender Weise wie auch in der Sache glaubhaft angegeben, dass er durch leichte Schrägstellung begonnen habe, sich in die schräg abbiegende Spur in die ...straße einzuordnen. Das Gericht ist auch überzeugt, dass seine Behauptung zutrifft, dass vor ihm nur ein rotes Fahrzeug gestanden habe und nicht bereits der A des Klägers. Daraus ergibt sich zwanglos, dass seine gesamte Unfalldarstellung zutreffend sein muss. Denn in diesem Fall kann der Kläger mit seinem Fahrzeug nur später unter Benutzung des rechtsliegenden Fahrradweges an dem LKW vorbei nach vorne bis zum Führerhaus gelangt sein, wo es zum Zusammenstoß kam. Neben dem persönlich glaubwürdigen Eindruck von dem Beklagten zu 3) spricht dafür auch eine Wahrscheinlichkeit nach der Lebenserfahrung. Ein anderer Verlauf, nämlich so wie vom Kläger geschildert, wäre nur dann vorstellbar, wenn der Beklagte zu 3) sich in gerader Stellung zunächst hinter der Ampel auf der geradeaus Spur eingeordnet und dann - etwa weil er festgestellt hat, dass er in die falsche Richtung fährt - seine Richtung plötzlich geändert hätte. Dieses ungewöhnliche Verhalten wäre denkbar, wenn sich der aus ... stammende Beklagte zu 3) in der Innenstadt von O1 noch nicht auskannte und festgestellt hat, dass er die falsche Fahrbahn genommen hat. Der Beklagte zu 3) hat jedoch für das Gericht glaubhaft bekundet, dass er zu dieser Zeit mehrfach am Tag mit seinem LKW zu einem Hochhausneubau an der ... fuhr. Der Abzweig zur ...straße führt über das Endstück der ...straße unmittelbar zur ....

Dem gegenüber vermochte die Aussage des Zeugen Z1 das Gericht nicht zu überzeugen. Er hat zwar die Darstellung des Klägers vom Unfallhergang bestätigt. Er kann nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht als glaubwürdig angesehen werden. Der Zeuge gab auch unter Berücksichtigung der Vermittlung durch die Dolmetscherin, keine eigene erlebnishafte Schilderung des Herganges. Er machte vielmehr den Eindruck, dass er pflichtgemäß zu Gunsten des Klägers schematisch eine Aussage "abliefert". Diese Bedenken gegenüber der Glaubwürdigkeit des Zeugen nach dem persönlichen Eindruck wurden weiter verstärkt durch gewisse Schilderungen zu Einzelheiten, die im Widerspruch zu den objektiven Umständen oder dem Parteivortrag stehen, und deshalb auch die Glaubhaftigkeit der Bekundung erschüttern. Zum einen hat der Zeuge auch vor dem Berufungsgericht keine eindeutige Aussage dazu gemacht, ob das Fahrzeug des Klägers zum Zeitpunkt des Zusammenstosses bereits losgefahren war. Er hat einerseits gesagt, dass nur das Fahrzeug vor ihnen losgefahren sei, sie aber noch gestanden hätten, andererseits aber auch, dass sie nach dem Zusammenstoß angehalten hätten und zu diesem Zeitpunkt doch bereits schon "zwei Schritte" gefahren gewesen waren. Dieser Bekundung kommt aber erhebliche Bedeutung zu, weil nach dem Schadensbild am Fahrzeug des Klägers, dessen ungefähres Verursachungsgeschehen das Gericht nach Einsicht in die Originallichtbilder auch aus eigener Sachkunde beurteilen kann, das klägerische Fahrzeug sich beim Auftreffen des Führerhauses des LKW in nicht unerheblicher Vorwärtsbewegung befunden haben muss. Dies ergibt sich aus dem Verlauf der roten Streifen, die von kurz vor dem linken Hinterrad an der Karosserie entlang bis zur hinteren linken Ecke zu sehen sind. Damit ist nicht zu vereinbaren, dass das Klägerfahrzeug erst "im Begriff war" loszufahren. Hinzu kommt, dass der Zeuge erstmalig bekundet hat, dass beide Fahrzeuge sofort am Ort des Geschehens in der Abbiegerspur in einer bestimmten Stellung zueinander stehen geblieben seien. Dem gegenüber hatte der Beklagte zu 3) bereits bei seiner Anhörung in erster Instanz bekundet, dass das Klägerfahrzeug an ihm rechts vorbei geschrammt sei und erst auf der gegenüberliegenden Straßenseite angehalten habe. Es ist auffällig, dass dies jedenfalls bis zum Termin vor dem Berufungsgericht von der Klägerseite nicht in Abrede gestellt worden war.

Dem entsprechend vermochte das Berufungsgericht der Darstellung des Zeugen Z1 nicht zu glauben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Einheitlichkeit der Rechtsprechung einer Entscheidung des Revisionsgerichts (berichtigt: Die Redaktion) erfordern. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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