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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 14.03.2007
Aktenzeichen: 4 U 143/06
Rechtsgebiete: BGB, BNotO


Vorschriften:

BGB § 198
BGB § 249
BGB § 852 Abs. 1
BNotO § 19 Abs. 1
1. Werden bei der Beurkundung eines Vertrages im Rahmen einer einheitlichen Amtshandlung mehrere Amtspflichten verletzt und stellt sich der Ersatzanspruch hinsichtlich Kausalverlauf und Schaden als identisch dar, bedarf es verjährungsrechtlich gleichwohl der genauen Differenzierung zwischen den unter Umständen verschiedenen Zeitpunkten der Kenntniserlangung von den unterschiedlichen Amtspflichtverletzungen. Insoweit gilt nichts anderes als in den Fällen, in denen mehrere selbstständige Handlungen jeweils unterschiedliche Schäden zur Folge hatten (vgl. dazu BGH NJW 1993, 650).

2. Besteht die Amtspflichtverletzung in der Beurkundung eines materiell unwirksamen Vertrages, verfügt der Geschädigte über die zum Inlaufsetzen der Verjährungsfrist notwendige Kenntnis, wenn er weiß, dass der Notar einen unwirksamen Vertrag beurkundet hat. Kennt der Geschädigte die normative Tatsache "Nichtigkeit des Vertrages", kommt es nicht darauf an, ob er diese Kenntnis auf der Grundlage einer rechtlich zutreffenden Argumentation erlangt hat.


Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten, Witwe und Rechtsnachfolgerin des während des Rechtsstreits verstorbenen Notars N1, Schadensersatz wegen notarieller Amtspflichtverletzung.

Das Schadensersatzverlangen knüpft an einen vom ursprünglich beklagten Notar entworfenen und am 30.08.1995 beurkundeten Erbbauvertrag zwischen der Klägerin als Erbbauberechtigter und dem seinerzeitigen Grundstückseigentümer A an. Der Vertrag bezog sich auf das Gelände um die ... und umfasste eine Gesamtfläche von mehr als 100 ha (1.047.000 qm).

In dem Vertrag wurde der Klägerin unter anderem das Recht eingeräumt, die auf den vom Erbbaurecht erfassten Grundstücken liegenden Gebäude umzubauen und im Rahmen der Zwecksetzung der Klägerin weitere, nach Zahl und Ort nicht näher konkretisierte Gebäude zu errichten.

Mit notarieller Urkunde des verstorbenen Notars vom 22.11.1996 wurde der Vertrag teilweise berichtigt und in § 13 und § 21 ergänzt.

Wegen der Einzelheiten der notariellen Urkunden vom 30.08.1995 und 22.11.1996 wird auf ihre Ablichtungen, Bd. I Bl. 7 ff; 39 ff GA verwiesen.

Im Dezember 1996 wurde das Erbbaurecht im Grundbuch eingetragen. Schon zu jener Zeit zeigten sich Schwierigkeiten bei der Abwicklung des Vertragsverhältnisses. Die Klägerin erhielt keine Darlehen zur Finanzierung der geplanten Bauprojekte, weil es an der für eine grundbuchliche Absicherung notwendigen Stillhalteerklärung des Grundstückseigentümers fehlte und der beurkundete Vertrag keine Verpflichtung des Eigentümers enthielt, eine solche abzugeben.

Bereits im März 1997 ließ die Klägerin daher durch ihren seinerzeitigen anwaltlichen Bevollmächtigten gegenüber dem Rechtsvorgänger der Beklagten Amtshaftungsansprüche ankündigen. Weil sie den Vertrag für unwirksam erachtete, behielt die Klägerin den Erbbauzins im Jahr 1997 zunächst zurück. Ab 1998 stellte sie die Zahlungen auf den Erbbauzins völlig ein.

Die Parteien des Erbbauvertrages und ihre Bevollmächtigten bemühten sich in den folgenden Jahren vergeblich um eine außergerichtliche Lösung. Mit Schreiben ihres früheren anwaltlichen Bevollmächtigten vom 19.01.2001 (Anlage K 6, Bl. 87, in 3 O 679/03 LG Gießen) machte die Klägerin ausdrücklich geltend, dass der Erbbaurechtsvertrag nichtig sei, weil er sich nicht auf ein Bauwerk beziehe, das wirtschaftlich die Hauptsache der vom Erbbaurecht erfassten Fläche darstelle.

Die Vertragsparteien einigten sich dann im Frühjahr 2002 auf die Einleitung eines Mediationsverfahrens; dabei formulierte die Klägerin ausweislich des Schreibens ihres anwaltlichen Bevollmächtigten an den Mediator vom 07.03.2002 (Bd. II Bl. 285 GA) als Zielsetzung des Verfahrens die Beseitigung der insbesondere durch die Nichtigkeit und die fehlende Beleihbarkeit des Erbbaurechts begründeten Probleme.

Zu einer endgültigen Einigung kam es indes auch im Mediationsverfahren nicht.

Vielmehr erhob der Grundstückseigentümer nach Abgabe der Heimfallerklärung Rückauflassungsklage gegen die Klägerin (3 O 679/03 LG Gießen). Die Klägerin berief sich zur Rechtsverteidigung u.a. auf die Nichtigkeit des Vertrages. Gleichzeitig betrieb sie die Löschung des Erbbaurechts; ihr Antrag hatte im Beschwerdeverfahren durch Beschluss des Landgerichts Gießen vom 15.06.2004 (7 T 160/04, Bd. I Bl. 45 ff GA) Erfolg.

Eine erste Schadensersatzklage der Klägerin gegen den Rechtsvorgänger der Beklagten wegen notarieller Amtspflichtverletzung gerichtet auf Ersatz der durch die Beurkundung entstandenen Notarkosten, der Kosten des Mediationsverfahrens und der Kosten für die Amtslöschung des Erbbaurechts wurde vom Landgericht Gießen im Hinblick auf die Verjährungseinrede des Beklagten abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos (Urteil des Senats vom 17.05.2006 - 4 U 209/05).

Mit der vorliegenden, im Januar 2006 erhobenen Klage erstrebt die Klägerin die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung wegen notarieller Amtspflichtverletzungen hinsichtlich der derzeit noch nicht bezifferbaren Schäden.

Das erstinstanzliche Gericht hat die Klage abgewiesen, da ein eventueller Schadensersatzanspruch jedenfalls verjährt sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 24.03.2006 (Bd. I Bl. 104 ff GA) verwiesen.

Mit ihrer am 27.06.2006 eingelegten und am 05.07.2006 begründeten Berufung greift die Klägerin das ihr am 05.04.2006 zugestellte erstinstanzliche Urteil mit der Rechtsauffassung an, das Landgericht nehme zu Unrecht an, die Klägerin habe bereits Anfang 1997 Kenntnis vom Schadenseintritt gehabt, weil sie zu diesem Zeitpunkt bereits Leistungen an die andere Vertragspartei erbracht habe. Diese Zahlungen auf den Erbbauzins seien nämlich noch in der Annahme der Wirksamkeit des Erbbauvertrages erfolgt; den Charakter eines Schadens hätten die Aufwendungen erst dadurch erlangt, dass sich das Erbbaurecht durch die Entscheidung des Landgerichts Gießen vom 15.06.2004 als nichtig erwiesen habe. Die Unbestimmtheit des Erbbaurechts habe sich nicht aus der Urkunde ergeben, was sich nicht zuletzt daran erweise, dass es vom Grundbuchamt eingetragen worden sei. Erst mit Rechtskraft der Entscheidung des Landgerichts hinsichtlich der Nichtigkeit des Erbbaurechts sei der Klägerin im Rechtssinne bekannt gewesen, dass sie einen Schaden erlitten habe und der Notar als Urheber dafür verantwortlich sei. Eine frühere Schadenskenntnis lasse sich auch nicht mit der Argumentation des Senats in seinem Urteil vom 17.05.2005 begründen. Zwar beginne der Lauf der Verjährungsfrist grundsätzlich mit dem Eintritt des ersten Schadens. Dies gelte jedoch nur dann, wenn mehrere Schäden durch ein und dieselbe Amtspflichtverletzung verursacht worden seien. Vorliegend sei jedoch von mehreren Amtspflichtverletzungen des Notars auszugehen, sodass jeweils gesondert zu prüfen sei, welcher Schaden aufgrund welcher Amtspflichtverletzung jeweils eingetreten sei. Die Korrespondenz der Jahre 1996 und 1997, auf die der Senat abgestellt habe, habe noch keine Kenntnis von der Nichtigkeit des Erbbauvertrages begründen können. Unabhängig davon gelte der Grundsatz der Schadenseinheit auch deshalb nicht, weil es sich hinsichtlich der Nichtigkeit des Erbbaurechts um einen "Spätschaden" gehandelt habe, den sämtliche Beteiligten nicht hätten erkennen können. Schließlich sei die Beklagte an der Erhebung der Verjährungseinrede gehindert, weil ihr Rechtsvorgänger die Schadensersatzansprüche der Klägerin durch seine laufende weitere kostenfreie Mitwirkung bei den Bemühungen um die Korrektur der Fehler der Verträge stillschweigend anerkannt und die Klägerin im Glauben gelassen habe, sie insoweit schadlos zu stellen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beruft sich darüber hinaus darauf, dass es unabhängig von der Verjährung eines Anspruchs auch an der Kausalität einer Amtspflichtverletzung für den Schaden fehle, weil die Klägerin durch die Verweigerung jeglicher Zahlung auf den Erbbauzins die Heimfallerklärung des Grundstückseigentümers, der bis zu diesem Zeitpunkt immer zu einer Korrektur des Vertrages bereit gewesen sei, und damit ihren Schaden selbst verursacht habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen. Der Senat hat die Akten des Verfahrens 3 O 679/03 LG Gießen informationshalber beigezogen.

II.

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Zutreffend hat das erstinstanzliche Gericht die Klage im Hinblick auf die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede abgewiesen. Die Berufungsangriffe rechtfertigen im Ergebnis keine andere rechtliche Bewertung.

1. Allerdings hat der verstorbene Notar bei der Beurkundung des Erbbaurechts seine der Klägerin gegenüber bestehenden Amtspflichten (§ 19 BNotO) verletzt.

Die aus § 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG folgende Belehrungspflicht über die rechtliche Tragweite des beabsichtigten Rechtsgeschäfts verlangt eine Aufklärung über die formellen und materiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen ebenso wie über die außerhalb der Beurkundung erforderlichen weiteren Voraussetzungen zur Erreichung der mit dem Rechtsgeschäft beabsichtigten Wirkungen, die unmittelbaren Rechtsfolgen und etwaige Hindernisse beim Vollzug des beurkundeten Rechtsgeschäfts (BGH DNotZ 2005, 847; Ganter in Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, Rn. 985 m. w. N.). Insbesondere wenn - wie vorliegend - die Vorstellung der Beteiligten noch in keine bestimmte rechtliche Form gekleidet ist, hat der Notar über die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten zu belehren und die Beteiligten bei der Auswahl einer ihren besonderen Interessen entsprechenden rechtlich zuverlässigen Lösung zu beraten (BGH NJW 1986, 576; NJW 1993, 2617, 2618).

Auf diesem Hintergrund begründet bereits die fehlende Beleihungsfähigkeit des zugunsten der Klägerin beurkundeten Erbbaurechts eine Amtspflichtverletzung. Denn die dem Notar bekannte Interessenlage der Klägerin verlangte eine Vertragsgestaltung, die eine Nutzung des Erbbaurechts entsprechend ihren Wünschen gewährleistete; insoweit war es für die Klägerin von elementarer Wichtigkeit, dass der Notar ein beleihungsfähiges Erbbaurecht beurkundete, weil davon die Sicherstellung der Finanzierung der geplanten Bauvorhaben abhing.

Noch schwerer wiegt, dass das von dem Notar entworfene Erbbaurecht aufgrund der inhaltlichen Unbestimmtheit des Rechts unwirksam war und nicht zur Eintragung hätte gelangen dürfen, weil es an einer hinreichenden Umschreibung der baulichen Nutzung bezüglich Anzahl und Standort künftiger Gebäude fehlte. Der beurkundende Notar hätte gerade auf dem Hintergrund der einschlägigen Entscheidung des für seinen Bezirk maßgeblichen Rechtsmittelgerichts (OLG Frankfurt, OLGZ 83, 165 f) ohne weiteres die Nichtigkeit erkennen müssen. Angesichts des Umstandes, dass sich das Erbbaurecht auf eine Fläche von mehr als 100 ha erstreckte und die Möglichkeiten für die Anzahl künftiger Gebäude völlig unbestimmt war, hätte es einer genaueren Definition von Anzahl und Standort der der Klägerin eingeräumten Bebauung bedurft. Die aus § 17 Abs. 1 BeurkG folgende Pflicht des Notars zu gestaltender Beratung der Vertragsparteien und zur Gestaltung des beurkundeten Inhalts verlangt aber gerade, dass der Notar eine rechtswirksame Urkunde errichtet. Denn es ist Aufgabe eines Notars, den Willen der Beteiligten, der vielfach nur als wirtschaftliche Zielvorstellung artikuliert ist, in die Systematik des Rechts umzuformen. Dies erfordert nicht nur eine sprachliche Umformung des von den Beteiligten mündlich geäußerten Ziels, sondern auch eine Gestaltungspflicht, welche auf die wirksame Umformung des Willens in einer entsprechenden Urkunde abzielt (vgl. auch Ganther a.a.O., Rn. 1332). Kommt der Notar seiner Pflicht zur beanstandungsfreien Gestaltung des Urkundeninhalts nicht nach, verletzt er zugleich die ihm nach § 17 Abs. 1 BerukG obliegenden Pflichten.

2. Der Rechtsvorgänger der Beklagten hat auch schuldhaft gehandelt.

Im Hinblick auf die notwendige Gewährleistung der rechtlichen Wirksamkeit einer Urkunde stellt die Rechtsprechung hohe Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Notars (vgl. BGH NJW 2001, 49). Die Argumentation der Beklagten, das Landgericht Gießen sei bei der Entscheidung über die Nichtigkeit des Erbbauvertrages von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abgewichen, ist ersichtlich unzutreffend. Die zitierten Entscheidungen des BGH (BGH Z 47, 190) und des OLG Frankfurt (OLG Z 1983, 165) verlangen übereinstimmend, dass bei der Bestellung eines Erbbaurechts aus der dinglichen Einigung und dem Grundbucheintrag der wirtschaftliche Wert des Erbbaurechts wenigstens einigermaßen erkennbar ist. Dies war hier angesichts der Grundstücksgröße von über 100 Hektar sowie der unbestimmten Anzahl von zu errichtenden Gebäuden für jeden sorgfältigen Notar erkennbar nicht der Fall.

3. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Amtspflichtverletzung des Notars kausal für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden ist. Grundsätzlich ist es bei der gebotenen Prüfung des hypothetischen Schadensverlaufs für die Annahme einer haftungsausfüllenden Kausalität auf der Grundlage von § 287 Abs. 1 ZPO ausreichend, wenn nach den festgestellten Tatsachen für den einen oder anderen Verlauf eine deutlich überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht.

Davon ausgehend kann zwar als sicher angenommen werden, dass sich die Klägerin angesichts ihres Interesses nicht mit einer Vertragsgestaltung zufrieden gegeben hätte, die den Zweck der gemeinsamen Beauftragung des Notars gerade nicht erreichte. Andererseits erscheint es - anders als der Senat in seinem vorangegangen Urteil in dieser Sache noch angenommen hat - nicht ausgeschlossen, dass der Kausalzusammenhang, durch die Geltendmachung der Unwirksamkeit des Erbbaurechts durch die Klägerin unterbrochen wurde.

Eine solche Unterbrechung des Kausalverlaufs kommt in Betracht, weil die Klägerin die über Jahre hinweg realistisch bestehende Aussicht, den durch die notarielle Amtspflichtverletzung entstandenen Schaden durch eine Vereinbarung mit dem Grundstückseigentümer zu vermeiden bzw. wieder zu beseitigen, seit 1998 durch die Verweigerung jeglicher Zahlung auf den Erbbauzins und die daran anknüpfende Heimfallerklärung selbst zerstört hat. Denn nach der vorgelegten Korrespondenz zwischen den Vertragspartnern bestand auch auf Seiten des Grundstückseigentümers A bis zum Jahr 2003 Bereitschaft an einer Korrektur der als problematisch erkannten Bestimmungen des Vertrages mitzuwirken. Ob auf diesem Hintergrund der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe mit dem Löschungsantrag des Erbbaurechts die eigentliche Schadensursache gesetzt und deshalb sei der Kausalzusammenhang zwischen Amtspflichtverletzung und Schaden durch ihr eigenes Verhalten unterbrochen, anders beantwortet werden muss, als dies der Senat in seinem vorangegangenen Urteil getan hat, kann jedoch im Ergebnis dahinstehen, weil ein Schadensersatzanspruch der Klägerin jedenfalls verjährt ist.

4. Unter Berücksichtigung der vorliegend maßgeblichen Zeitpunkte richtet sich die Verjährung nach § 19 Abs. 1 S. 3 BNotO, Art. 229 § 6 EGBGB i. V. m. § 852 Abs. 1 BGB a. F.. Sie beträgt drei Jahre und beginnt mit der Kenntnis des Geschädigten vom Eintritt eines Schadens zumindest dem Grunde nach sowie der Kenntnis seiner eigenen Schadensbetroffenheit und der Person des Ersatzpflichtigen (ständ. Rspr., BGH NJW 1993, 648, 650; NJW 1996, 117, 118; NJW 2005, 429, 433). Diese Kenntnis ist vorhanden, wenn dem Geschädigten zuzumuten ist, auf Grund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person zumindest in Gestalt einer Feststellungsklage Schadensersatz zu begehren und die Klage bei verständiger Würdigung der vorgetragenen Tatsachen Erfolgsaussichten hat.

Diese Kenntnis hatte die Klägerin ausweislich des Schreibens ihres damaligen anwaltlichen Bevollmächtigten vom 19.01.2001 jedenfalls spätestens seit Anfang des Jahres 2001.

4.1 Im Grundsatz zu Recht hat die Klägerin gegen die im vorangegangenen Urteil des Senats gegebene Begründung für den Verjährungseintritt eingewandt, hinsichtlich des Laufs der Verjährungsfrist sei zwischen den im Betracht kommenden unterschiedlichen Amtspflichtverletzungen zu differenzieren.

Während die Klägerin jedenfalls die Problematik der fehlenden Beleihbarkeit und der nicht gewünschten Einbeziehung des Schlossareals schon unmittelbar nach Eintragung des Erbbaurechts kannte, setzte die in Entwurf und Beurkundung eines nichtigen Vertrages liegende Amtspflichtverletzung einen eigenen Fristenlauf erst ab dem Zeitpunkt in Gang, in dem die Klägerin von der Nichtigkeit Kenntnis erlangte.

Objektiv war der Klägerin zwar bereits mit der Zahlung der Notarkosten und des Erbbauzinses auf den wirtschaftlich verfehlten und rechtlich unwirksamen Vertrag ein Schaden entstanden. Nicht tragfähig lässt sich allerdings allein unter Hinweis auf diese Zahlungen eine Kenntnis der Klägerin hinsichtlich aller schadensauslösenden Amtspflichtverletzungen begründen. Eine die Verjährungsfrist in Lauf setzende Kenntnis fehlt nämlich, solange die geschädigte Partei von einer möglicherweise einen Schaden begründenden Amtspflichtverletzung nichts weiß und von der Vorstellung geleitet wird, "es sei alles in Ordnung" (Senat, Urteil vom 17.05.2006, 4 U 209/05, Seite 10). Eine Kenntnis kann nur dann angenommen werden, wenn der Verletzte die Umstände kennt, die eine schuldhafte Amtspflichtverletzung als naheliegend und deshalb eine Amtshaftungsklage als aussichtsreich erscheinen lassen. Werden bei der Beurkundung eines Vertrages im Rahmen einer einheitlichen Amtshandlung mehrere Amtspflichten verletzt, so handelt es sich zwar unter Umständen prozessual um denselben Lebenssachverhalt, gleichwohl kommen in materiell-rechtlicher Hinsicht unterschiedliche Amtshaftungsansprüche in Betracht. Selbst wenn sich bzgl. jeder der in Betracht kommenden Amtspflichtverletzungen der Ersatzanspruch hinsichtlich Kausalverlauf und Schaden als identisch darstellt, bedarf es verjährungsrechtlich nach Auffassung des Senats der Differenzierung zwischen den unter Umständen verschiedenen Zeitpunkten der Kenntniserlangung von den unterschiedlichen Amtspflichtverletzungen. Insoweit gilt daher nichts anderes als in den Fällen, in denen mehrere selbständige Handlungen jeweils bestimmte Schäden zur Folge hatten (vgl. dazu BGH NJW 1993, 650).

4.2 Auch hinsichtlich der hier geltend gemachten, durch Beurkundung eines nichtigen Vertrages begründeten Amtspflichtverletzung ist der Klägerin jedoch entgegen ihrer Behauptung die für das Inlaufsetzen der Verjährungsfrist notwendige Kenntnis nicht erstmals im Jahr 2003 sondern bereits - spätestens - im Jahr 2001 vermittelt worden.

a) Es bedarf vorliegend keiner Differenzierung zwischen der Kenntnis der Klägerin und ihres rechtsgeschäftlichen Vertreters. Während normalerweise die Kenntnis eines rechtsgeschäftlichen Vertreters für den Verjährungsbeginn unerheblich ist, da § 166 Abs. 1 BGB wegen des Zwecks der Verjährungsvorschrift nicht anwendbar ist, muss sich der Geschädigte die Kenntnis seines "Wissensvertreters" jedenfalls dann zurechnen lassen, wenn er diesen mit der Tatsachenermittlung gerade zur Durchsetzung oder Abwehr unter anderem desjenigen Ersatzanspruchs, um dessen Verjährung es konkret geht, beauftragt hat (BGH NJW 1993, 652 m.w.N.).

Hier hatte die Klägerin seit 1996 bereits verschiedene Rechtsanwälte mit der Überprüfung der durch den beurkundeten Erbbauvertrag entstandenen Probleme mandatiert; einer von ihnen hatte für die Klägerin gegenüber dem Notar bereits Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Unabhängig davon ergibt sich aus der Korrespondenz, dass die Klägerin selbst Kenntnis von der Unwirksamkeit hatte; denn sie hat ausdrücklich - wie sich aus dem anwaltlichen Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 13.10.1999 (Anlagenband K 15) ergibt - wegen der von ihr angenommenen Unwirksamkeit des Vertrages den Pachtzins zurückgehalten bzw. ab 1998 nicht mehr geleistet.

b) Die erforderliche Kenntnis von der Nichtigkeit des Vertrages hatte die Klägerin ausweislich des Schreibens ihres früheren anwaltlichen Bevollmächtigten vom 19.01.2001 zumindest bereits seit diesem Zeitpunkt. Denn in diesem Schreiben wurde seitens der Klägerin ausdrücklich geltend gemacht, dass der Erbbaurechtsvertrag nichtig sei. Besteht die Amtspflichtverletzung aber in der Beurkundung eines materiell unwirksamen Vertrages, verfügt der Geschädigte über die zum Inlaufsetzen der Verjährungsfrist notwendige Kenntnis, wenn er die normative Tatsache "Nichtigkeit des Vertrages" kennt. Es kommt dagegen nicht darauf an, ob der Geschädigte in Kenntnis aller Tatsachen die im Ergebnis zutreffend angenommene Nichtigkeit auch mit dem rechtlich richtigen Argument begründet.

Es mag sich so verhalten, dass der anwaltliche Bevollmächtigte der Klägerin ihr im Jahr 2003 eine weitere Begründung für die Nichtigkeit des Erbbaurechts zugänglich gemacht hat; unabhängig davon ist die Klägerin indes bereits (mindestens) seit 2001 aus anderem Grund von der Nichtigkeit des Erbbauvertrags ausgegangen. Die ursprüngliche rechtliche Bewertung, der Vertrag sei infolge einer unzulässigen Erbpachtgestaltung nichtig, mag dogmatisch nicht zutreffend gewesen sein. Das ändert nichts an der Feststellung, dass die Klägerin sich hinsichtlich der möglichen Nichtigkeit des Vertrages nicht mehr im Stande völliger Unkenntnis befand. Sie wusste jedenfalls von einer möglicherweise schadensstiftenden Amtspflichtverletzung, wenn sie davon ausging, dass der Erbbauvertrag aus Rechtsgründen nichtig sei. Sie wurde daher von diesem Zeitpunkt an bei ihrem Handeln auf der Grundlage bzw. im Zusammenhang mit dem Erbbauvertrag keineswegs mehr von der Überzeugung geleitet, unabhängig von den Problemen der Beleihbarkeit und der nicht gewünschten Einbeziehung des Schlossareals sei jedenfalls im übrigen - also hinsichtlich der rechtlichen Wirksamkeit des Vertrages als solcher - alles in Ordnung. Im Gegenteil: Sie hatte jetzt Kenntnis von sämtlichen möglicherweise schadensbegründenden pflichtwidrigen Handlungen des Notars bei Entwurf und Beurkundung des Erbbauvertrages. Sie wusste damit auch, dass jedenfalls hinsichtlich der aufgewandten Notarkosten und der bereits geleisteten Erbbauzinsen sowie der darüber hinaus getätigten Investitionen ein durch die Beurkundung des nichtigen Vertrages kausaler Schaden entstanden war. Damit kannte sie zugleich die "Schadensverursachung in ihrer wesentlichen Gestaltung".

Deshalb verbietet es sich, den Beginn der Verjährungsfrist auf einen späteren Zeitpunkt zu verlagern unter Hinweis darauf, dass die von der Klägerin zunächst angenommene Begründung für die rechtliche Unwirksamkeit des Vertrages unzutreffend gewesen ist und ihr die für die Annahme der Nichtigkeit des Vertrages zutreffende Begründung erstmals im Jahre 2003 bekannt geworden ist. Eine solche Differenzierung bedeutete nämlich, dass der Fristbeginn für die Verjährung von der zutreffenden rechtlichen Bewertung der schadensstiftenden Handlung abhinge. Nach allgemeiner Auffassung reicht aber zum Inlaufsetzen der Verjährungsfrist grundsätzlich schon die Kenntnis des Tatsachenkerns aus, auf dessen Grundlage mit einigermaßen sicherer Aussicht auf Erfolg eine Schadensersatzfeststellungsklage erhoben werden kann, ohne dass es dabei auf die richtige rechtliche Bewertung des Geschädigten ankommt. Die Anforderungen an die Kenntnis im Sinne von § 852 BGB a.F. in der Weise zu verschärfen, dass es auf die richtige dogmatische Herleitung für die angenommene Nichtigkeit ankomme, hieße das in den Verjährungsvorschriften zum Ausdruck gekommene Abwägungsergebnis zwischen Gläubigerschutz, Schuldnerschutz und Rechtsfrieden aus dem Gleichgewicht zu bringen. Denn der durch die Verjährung eintretende Rechtsverlust ist auch deshalb gerechtfertigt, weil der Gläubiger ihn durch rechtzeitige Geltendmachung des Anspruchs hätte verhindern können.

Entscheidend ist daher, dass die Klägerin rechtlich beraten den notariellen Vertrag für nichtig hielt. Sie wusste, dass sie für diesen nichtigen Vertrag Kosten aufgewandt hatte. Sie hatte damit Kenntnis vom möglichen Schaden und seinem Ursachenkern. Sie war daher spätestens seit dem Jahr 2001 nicht gehindert und in der Lage, auf Grund der ihr bekannten Tatsachen von dem den nichtigen Vertrag beurkundenden Notar zumindest in Gestalt einer Feststellungsklage Schadensersatz zu begehren; diese Klage hätte bei verständiger Würdigung der vorgetragenen Tatsachen auch Erfolgsaussichten gehabt, weil die Unbestimmtheit des Erbaurechts ohne weiteres ersichtlich war.

Ebenso wenig ist es für das Inlaufsetzen der Verjährungsfrist von Bedeutung, ob der Geschädigte aus den ihm bekannten Tatsachen zutreffende Schlüsse für den in Betracht kommenden weiteren Kausalverlauf zieht (BGH NJW 1984, 661). Deshalb ist es für die Frage der notwendigen Kenntnis auch ohne Relevanz, ob die Klägerin seinerzeit, wie sie nunmehr in der Berufungsinstanz geltend macht, darauf vertraut hat, dass in Verhandlungen mit dem Grundstückseigentümer und den beteiligten Banken ein Weg gefunden werde, um die aufgrund der Pflichtverletzungen des Notars aufgetretenen Schwierigkeiten zu lösen und die Mängel des Vertrages zu heilen.

4.3 Die Verjährung war auch nicht nach § 202 Abs. 1 BGB a. F. gehemmt.

Der Senat hat bereits in seinem ersten Urteil vom 17.05.2006 darauf hingewiesen, dass Verhandlungen der Parteien, die nach § 852 Abs. 2 BGB a. F. zu einer Hemmung der Verjährung führen oder einen Einwand aus § 242 BGB begründen könnten, nicht dargelegt oder sonst ersichtlich sind.

An dieser Beurteilung ändert auch der neue Vortrag der Klägerin in der Berufungsbegründung nichts, dessen Zulässigkeit unter dem Aspekt der §§ 529, 531 ZPO daher dahingestellt bleiben kann.

Die Klägerin verweist insoweit zunächst nur auf die schon im Parallelverfahren in ihrem Schriftsatz vom 22.08.2005 vorgetragene Chronologie der Bemühungen der Beteiligten um eine Beseitigung der aufgetretenen Probleme. In dieser ist an keiner Stelle ersichtlich, dass der Notar in irgendeiner Weise gehandelt oder sich geäußert hätte; daher ist die bloße Behauptung ("hierbei war der Notar eingebunden") substanzlos und ohne rechtliche Bedeutung.

Durch die Berufungsbegründung im vorliegenden Verfahren ist vielmehr deutlich geworden, dass über die berichtigende Beurkundung vom 22.11.1996, die an den grundsätzlichen Problemen des Vertrages nichts geändert hatte, keine weitere Nachbeurkundung stattgefunden hat. Schon deshalb ist die Nichterhebung von Kosten für diese Nachbeurkundung für die verjährungsrechtliche Problematik ohne Bedeutung. Die weitere "Einbeziehung" des Notars beschränkte sich auf Sachverhalte, die in keiner Weise erkennen lassen, dass der Rechtsvorgänger der Beklagten sich zu Verhandlungen mit den Vertragsparteien wegen der Nichtigkeit des Vertrages bereit gefunden hätte. Umstände, die die Annahme einer Hemmung der Verjährung begründen könnten, sind danach nicht ersichtlich. Dies gilt schließlich auch für den Vortrag der Klägerin, wenn sie ausführt, der Grundstückseigentümer sei von der Annahme ausgegangen, dass der Notar die grundsätzlichen Fragen des Vertrags in Ordnung zu bringen hatte. Bei Gesprächen zwischen Eigentümer und Notar habe der Notar erklärt, dass er auf die Klageerhebung warte. Abgesehen davon, dass es nicht auf die Perspektive des Grundstückseigentümers, sondern diejenige der Klägerin ankommt, belegt gerade die mitgeteilte Haltung des Notars, die in Übereinstimmung steht mit der Zurückweisung von jeglichen Schadensersatzansprüchen gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 23.12.1996, das Fehlen jeglicher Umstände, die gegenüber der Verjährungseinrede den Einwand aus § 242 BGB begründen könnten.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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