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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 19.03.2008
Aktenzeichen: 4 U 167/05
Rechtsgebiete: BGB, ProdHaftG
Vorschriften:
BGB § 823 | |
ProdHaftG § 1 | |
ProdHaftG § 16 |
Gründe:
I.
Die Klägerin verfolgt mit der Klage gegen die Beklagten die Feststellung von deren Verpflichtung zur Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz aus einem Unfallgeschehen vom 15.08.1996.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Teilurteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 02.08.2005 Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit der genannten Entscheidung die gegen die Beklagten zu 1), 3) und 4) gerichteten Klagen abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Feststellungsklage zulässig sei, weil zur Zeit der Klageeinreichung im August 1999 der Klägerin die Erhebung einer Leistungsklage wegen der noch nicht abgeschlossenen Schadensentwicklung nicht zumutbar gewesen sei. Trotz der zwischenzeitlich verstrichenen Verfahrensdauer sei die Schadensentwicklung nach wie vor noch nicht abgeschlossen.
Die Beklagte zu 3) hafte weder nach dem Produkthaftungsgesetz (nachfolgend abgekürzt: ProdHaftG) noch aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Das ProdHaftG sei nicht anwendbar, weil der Drehkippbeschlag bereits im Januar 1989 - und damit vor dem Inkrafttreten des ProdHaftG am 01.01.1990 - in Verkehr gebracht worden sei. Eine Haftung der Beklagten zu 3) aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten scheitere am fehlenden Nachweis der Herstellung eines fehlerhaften Produktes. Insbesondere sei nicht erwiesen, dass ein fehlerhaft konstruiertes Scharnier Ursache für das am 15.08.1996 herabfallende Fenster gewesen sei. Einen Anscheinsbeweis für eine konstruktiv unzureichende "Herausfallsicherheit" des Fensters bestehe nicht, weil sich nicht feststellen lasse, dass auch in anderen Arbeitsräumen bei konstruktiv identischen Fenstern die Scharnierschraube sich allmählich herausgedreht habe. Auch das eingeholte Sachverständigengutachten habe keinen Nachweis für einen Konstruktionsfehler des Scharniers erbracht. Der beauftragte Sachverständige Dr.-Ing. SV1 von der Staatlichen Materialprüfungsanstalt ... (nachfolgend: MPA ...) habe im Zwischenbericht vom 10.10.2002 keine Hinweise auf Anomalien des Beschlagbolzens erkannt. Weitere vom Sachverständigen zur Ursachenklärung für notwendig erachtete Untersuchungen seien unterblieben, weil die vom Sachverständigen angeforderten erforderlichen baugleichen Fensterrahmen und -flügel nicht zur Verfügung gestellt worden seien. Der Antrag der Klägerin, den Ausbau eines baugleichen Fensters im selben Anwesen anzuordnen, sei - ungeachtet einer etwaigen Verspätung - untauglich, weil sich die Fensterkonstruktion heute nicht mehr in dem Zustand wie zum Unfallzeitpunkt befinde. Die damalige Ursache des Versagens der Konstruktion lasse sich heute nicht mehr ermitteln.
Die Beklagte zu 3) hafte ebenfalls nicht wegen Verletzung von Instruktionspflichten, weil sie mit ihrem der Beklagten zu 2) zur Verfügung gestellten technischen Gesamtkatalog HK700 und den "Richtlinien zur Produkthaftung", in dem ausdrücklich auf die Notwendigkeit der Produktwartung hingewiesen werde, ihren Hinweispflichten genügt habe. Weitergehende Hinweise seien nicht veranlasst gewesen, habe die Beklagte zu 3) doch auch angesichts des erteilten RAL-Gütezeichens keinerlei Anhaltspunkte dafür gehabt, dass es durch ihr Produkt zu Personen- und Sachschäden kommen könnte.
Eine Haftung des Beklagten zu 1) nach den Grundsätzen der "Manager-Produkt-Haftung" scheitere daran, dass dieser betriebsintern für die Fehlerfreiheit der Scharniere nicht verantwortlich gewesen sei.
Die Klägerin habe auch gegen die Beklagte zu 4) als Vermieterin keinen Schadensersatzanspruch. Ein Anspruch aus § 538 BGB a. F. scheitere am fehlenden Nachweis, dass die Fensterkonstruktion bereits bei Vertragsabschluss mangelhaft gewesen sei und die Entstehung des Mangels von der Beklagten zu 4) zu vertreten sei. Die Beklagte zu 4) habe nach den Bekundungen des Hausmeisters, des Zeugen Z1, ihren Überwachungspflichten genügt. Eine besondere Überprüfung der Fensterbeschläge sei nicht veranlasst gewesen, weil sie vor dem Unfall keinerlei Hinweise auf Schwächen der Fensterkonstruktion gehabt habe. Der Klägerin habe den Nachweis, dass dem Hausmeister bereits vor dem hier zugrundeliegenden Unfall ähnlich gelagerte Fälle bekannt gewesen seien, nicht geführt. Außerdem sei die Haftung der Beklagten zu 4) in § 6 Ziffer 2 des Mietvertrages wirksam auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt worden.
Eine Haftung der Beklagten zu 4) nach 836 BGB entfalle, weil zum einen die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass das Fenster als Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung herausgefallen sei und zum anderen die Beklagte zu 4) den Entlastungsbeweis nach § 836 Abs. 1 Satz 2 BGB geführt habe.
Gegen diese ihr am 12.08.2005 zugestellte Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der am 01.09.2005 eingelegten und binnen verlängerter Frist am 11.11.2005 begründeten Berufung, mit der sie ihren ursprünglichen Feststellungsantrag weiter verfolgt.
Die Klägerin macht geltend, zur Begründung einer Haftung der Beklagten zu 3) sei entgegen der Auffassung des Landgerichts das ProdHaftG durchaus anwendbar. Auch wenn das Scharnier bereits seit 01.01.1989 auf dem Markt gewesen sei, sei infolge der üblichen Umschlagszeiten anzunehmen, dass es erst nach dem 01.01.1990 ausgeliefert worden sei.
Die Feststellungen des Landgerichts, eine fehlerhafte Konstruktion des Fensterscharniers sei nicht erwiesen, beruhe auf erheblichen Verfahrens- und Beweiswürdigungsfehlern. So sei die Begutachtung durch die MPA ... bereits deshalb fehlerhaft, weil der beauftragte verantwortliche Sachverständige ebenso unklar geblieben sei wie die Frage, welche Aufgaben auf die Mitarbeiter Dipl.-Ing. SV2 und Dipl.-Ing. SV3 übertragen worden seien. Verfahrensfehlerhaft habe das Landgericht auch trotz mehrfacher Beantragung den Sachverständigen Dr.-Ing. SV1 nicht persönlich angehört.
Im Rahmen der Beweiswürdigung sei die Bekundung des Zeugen Z2, dass ohne Kontrolle und Wartung die Schrauben der Fensterbeschläge sich nach drei oder fünf Jahren herausdrehen könnten, nicht beachtet worden. Diese Möglichkeit des Herausdrehens der Beschlagbolzen sei durch die Beklagte zu 3) im Schreiben vom 29.10.1999 an die Beklagte zu 2) selbst bestätigt worden.
Die Zurückweisung des Antrags auf Anordnung des Ausbaus eines baugleichen Fensters durch das Landgericht mit der Begründung, die damalige Ursache des Versagens der Scharnierkonstruktion lasse sich heute nicht mehr klären, verstoße gegen § 286 BGB, weil das Landgericht offen gelassen habe, worauf die in dieser Feststellung liegende eigene Sachkunde beruhe.
Mit ihrem hilfsweisen Vortrag eines Fabrikationsfehlers habe sich das Landgericht in keiner Weise auseinandergesetzt.
Verkannt habe das Landgericht auch den Umfang der der Beklagten zu 3) obliegenden Instruktionspflicht. In den "Richtlinien zur Produkthaftung" seien zum einen die drohenden Gefahren nicht hinreichend konkret bezeichnet und zum anderen die möglichen Gesundheitsgefahren nicht hinreichend optisch hervorgehoben.
Bei der Verneinung der Haftung des Beklagten zu 1) habe das Landgericht verkannt, dass dieser als leitender Angestellter der Beklagten zu 3) mit der Gestaltung der Kontakte zu den Fensterherstellern betraut gewesen sei.
Die Haftung der Beklagten zu 4) aus § 538 BGB a. F. scheitere nicht an der Mietvertragsklausel in § 6 Abs. 2 Satz 2 MV, weil die dort vereinbarte Haftungsbeschränkung einer Inhaltskontrolle nach dem AGBG nicht standhalte.
Es habe entgegen der Auffassung des Landgerichts auch genügend Anlass zur Überprüfung der Fenster bestanden. Sie habe erstinstanzlich bereits unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Zeugin Z3 den Hausmeister, den Zeugen Z1, vor dem Unfall mehrfach darauf hingewiesen habe, das Fenster sich gelöst und nur im letzten Moment hätten aufgefangen werden können.
Schließlich habe das Landgericht gegen § 279 Abs. 3 ZPO verstoßen, weil es im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12.07.2005 nicht erklärt habe, aus welchen Gründen die Begutachtung des behaupteten Konstruktionsfehlers der Fensterscharniere nicht fortgesetzt werde.
Die Beklagten zu 1), 3) und 4) verteidigen das angefochtene Urteil und beantragen übereinstimmend unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten zu 1) und 3) machen ergänzend geltend, dass die Feststellung des Landgerichts, der Nachweis der unzureichenden Belastbarkeit der Beschlagkonstruktion sei durch einen Dauerbelastungstest im Jahr 2005 unter Verwendung der seit 1990 eingebauten Beschläge nicht durchführbar, nicht zu beanstanden sei. Die Beschläge seien Teil einer von der Beklagten zu 2) hergestellten und eingebauten Fensterkonstruktion gewesen. Im Zeitpunkt der landgerichtlichen Entscheidung seien die Beschläge, ohne dass Mängel aufgetreten seien, bereits über 15 Jahre genutzt worden und dabei der fortwährenden Fehlbenutzung und Möglichkeit von Manipulationen ausgesetzt gewesen. Aus der Überprüfung dieser gebrauchten Beschläge könnten folglich keine gesicherten Rückschlüsse auf eine unzureichende Belastung zum Unfallzeitpunkt gezogen werden. Außerdem sei die Wiederholung einer abstrakten Untersuchung von baugleichen Beschlägen angesichts der vom Zeugen Z4 dargestellten Verfahren zur Erteilung des RAL-Gütesiegels nicht erforderlich.
Die Klägerin sei auch in der Berufungsinstanz nach wie vor beweisfällig geblieben, habe sie doch weder die Gutachtensergänzung noch die Anhörung des Sachverständigen beantragt.
Die Begutachtung der MPA ... sei nicht zu beanstanden, insbesondere seien die Person des beauftragten Sachverständigen sowie die den Hilfspersonen übertragenen Aufgaben klar gewesen. Anlässlich des vom Sachverständigen Dr.-Ing. SV1 durchgeführten Ortstermins am 15.03.2002 sei die Aufgabenverteilung und Beteiligung des Dipl.-Ing. SV3 von diesem ausdrücklich erörtert worden. Dem habe auch der Bevollmächtigte der Klägerin zugestimmt.
Das Landgericht habe nicht gegen eines aus § 411 Abs. 3 ZPO folgende Pflicht zur mündlichen Erläuterung des Sachverständigengutachtens verstoßen. Die genannte Vorschrift greife nicht ein, weil die Klägerin die mündliche Anhörung des Sachverständigen nicht nach sondern bereits vor der Erstellung des Gutachtens beantragt habe. Mit diesem Vorgehen habe sie erkennbar auf den Sachverständigen in unzulässiger Weise Einfluss nehmen wollen.
Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei nicht zu beanstanden. Der vom Zeugen Z2 bekundete Umstand, dass belastete mechanische Teile einer regelmäßigen Wartung bedürften, sei allgemein bekannt. Es sei technisch unmöglich Fenster herzustellen, die falschen Einbaus oder fortgesetzten Fehlgebrauchs bei fehlender Wartung nicht herausfallen könnten.
Den Beklagten zu 1) und 3) anzulastende Fabrikationsfehler seien durch die Feststellungen der MPA ... im Zwischenbericht vom 10.10.2001 eindeutig ausgeschlossen worden.
Die Beklagte zu 3) habe mit der vom Zeugen 4a bekundeten Überlassung der Richtlinien an die Beklagte zu 2) ihrer Instruktionspflicht genügt. Die aus über 40 Einzel- und Kleinteilen bestehenden Beschläge seien infolge des Einbaus in die Fenster für die Benutzer im Wesentlichen nicht einmal sichtbar.
Die Beklagte zu 4) verteidigt ebenfalls das landgerichtliche Urteil und trägt ergänzend vor, die Klägerin habe bereits nicht dargelegt, dass der von ihr vorgetragene Konstruktionsfehler die Tauglichkeit der Mietsache überhaupt gemindert habe. Bis zum Z1 1996 seien die Fenster ohne jegliche Beanstandung genutzt worden. Wegen eines später aufgetretenen Mangels hafte sie nicht, weil sie nicht gegen die ihr obliegenden Obhuts- und Überwachungspflichten verstoßen habe. Als Vermieterin sei sie zu Nachforschungen nach möglichen Gefahrenquellen in den vermieteten Räumen nicht verpflichtet. Sie habe angesichts des erteilten RAL-Gütesiegels auf die Funktionsfähigkeit der Fenster vertrauen dürfen. Auf die Notwendigkeit von regelmäßigen Wartungsmaßnahmen sei sie von keiner Seite hingewiesen worden.
Der mit der Berufung ins Wissen der Zeugin Z3 gestellte Vortrag sei prozessual nicht mehr - weil verspätet - zu berücksichtigen. Zudem stehe die Behauptung, auch die Zeugin Z3 könne bestätigen, dass sich ein Fenster aus der Befestigung gelöst habe, zu deren schriftlichen Erklärung vom 28.01.1997 im Widerspruch, wonach eine Fehlbedienung das Aushängen des Fensters verursacht habe.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 07.06.2006. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen SV4 vom 18.06.2007, die schriftliche Gutachtensergänzung vom 02.10.2007 (Bd. V Bl. 1068 - 1070 d. A.) sowie das Protokoll der mündlichen Gutachtenserläuterung vom 21.11.2005 (Bd. V Bl. 1094 - 1096 d. A.) Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat die Berufung teilweise Erfolg. In Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung ist festzustellen, dass die Beklagte zu 3) verpflichtet ist, der Klägerin Schmerzensgeld zu zahlen und Schadensersatz für alle immateriellen und materiellen Schäden zu leisten, die der Klägerin entstanden sind und zukünftig entstehen werden aufgrund des Unfallereignisses vom 15.08.1996, einschließlich der materiellen und immateriellen Folgen der Tinnituserkrankung. Die gegen die Beklagten zu 1) und zu 4) gerichteten Klagen sind demgegenüber vom Landgericht zu Recht abgewiesen worden.
Die von der Klägerin verfolgte Feststellungsklage ist trotz der bestehenden Möglichkeit der (Teil-)Bezifferung der Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche zulässig. Wegen des gleichwohl bestehenden Feststellungsinteresses der Klägerin kann auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil (Seite 11, 12 - Bd. IV Bl. 803, 804 d. A.) in vollem Umfang Bezug genommen werden. Ergänzende Ausführungen sind im Hinblick auf die insoweit fehlenden Angriffe im Rahmen des Berufungsvorbringens nicht veranlasst.
Die zulässige Feststellungsklage ist gegen die Beklagte zu 3) in der Sache auch begründet. Die Beklagte zu 3) ist gemäß § 823 Abs. 1 BGB verpflichtet, der Klägerin Schmerzensgeld und Schadensersatz für alle ihr aus dem Unfallereignis vom 15.08.1996 entstandenen immateriellen und materiellen Schäden, insbesondere für die erlittene Tinnituserkrankung, zu leisten.
Ein Anspruch aus dem ProdHaftG kommt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in Betracht, weil - wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt - aufgrund der Bekundungen des Zeugen Z2 davon auszugehen ist, dass die Beklagte zu 3) bereits vor dessen Inkrafttreten (01.01.1990) die hier näher zu untersuchenden Fensterscharniere in Verkehr gebracht hatte. Das ProdHaftG ist gemäß § 16 nur für durch ein fehlerhaftes Produkt verursachte Schadensfälle, welches seit seinem Inkrafttreten in Verkehr gebracht worden ist, anwendbar. Für zuvor in Verkehr gebrachte Produkte bleibt es bei der Ersatzpflicht nach § 823 BGB.
Von einem "In-Verkehrbringen" des Produktes ist auszugehen sobald der Hersteller sich willentlich der tatsächlichen Herrschaftsgewalt über das Produkt begibt. Dies geschieht dadurch, dass er es ausliefert, in den Vertrieb, die Verteilerkette und/oder den Wirtschaftskreislauf gibt (Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl. 2008, § 1 ProdHaftG Rn. 14).
Aufgrund der eindeutigen Angaben des Zeugen Z2 ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass die hier maßgeblichen Fensterscharniere bereits 1989 in den Verkehr gebracht worden sind. Der Vortrag der Klägerin in der Berufungsbegründung zu angeblich üblichen Umschlagszeiten und einem daraus resultierenden erst späteren In-Verkehrbringen ist für eine hiervon abweichende Feststellung zu unsubstantiiert.
Als Anspruchsgrundlage für die Haftung der Beklagten zu 3) kommt indes § 823 Abs. 1 BGB zum Tragen. Nach der bereits erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass die Klägerin durch den heruntergefallenen bzw. herausgebrochenen rechten Flügel des in ihrem Arbeitszimmer befindlichen Fensters verletzt worden ist. Zwar hat keiner der zum Unfallhergang am 15.08.1996 befragten Zeugen das zum Unfall führende Geschehen - die Haupttatsache - selbst unmittelbar beobachtet. Die Zeuginnen Z5 und Z6, beide Arbeitskolleginnen der Klägerin, haben übereinstimmend bestätigt, durch ein lautes aus dem Zimmer der Klägerin herrührendes Geräusch auf das Geschehen aufmerksam geworden zu sein. Unmittelbar danach betraten beide Zeuginnen nahezu zeitgleich das Zimmer der Klägerin, wo sie die verletzte Klägerin und den herabgefallenen bzw. herausgebrochenen Fensterflügel auf dem Boden liegen sahen. Das Herausbrechen des Fensterflügels ist auch von dem Zeugen Z1, Hausmeister im Haus ...- Straße, O1, bestätigt worden, bei dessen Eintreffen die am Fenster oben Rechts befindliche Scharnierschraube gänzlich herausgedreht war.
Die Zeuginnen Z5 und Z6 haben darüber hinaus ausgeführt, dass nach ihrem Hinzutreten und Befragen der Klägerin nach dem Vorgefallenen diese ihnen gegenüber erklärt habe, dass der Fensterflügel ihr von hinten auf den Kopf gefallen sei.
Das Herabfallen des Fensters war Folge der sich herausdrehenden Scharnierschraube und nicht auf einen Bedienungsfehler der Klägerin beim Kippen des Fensters zurückzuführen. Insoweit hat der Zeuge Z1 - wie vorstehend bereits dargestellt - ausgeführt, dass er selbst festgestellt habe, dass die Scharnierschraube oben rechts ganz herausgedreht gewesen sei, auch wenn sie noch am Band gehangen habe. Einen Bedienungsfehler hat der Zeuge überzeugend damit ausgeschlossen, dass wenn das Fenster geöffnet oder gekippt werden sollte, es oben noch an einem Band gehalten wird und nicht herausfallen kann. Im Übrigen ist unstreitig nach diesem Unfall die Anbringung von Winkeleisen, welche die Schrauben gegen ein Herausdrehen sichern sollen, veranlasst worden - eine Maßnahme, die bei einem Bedienungsfehler der Klägerin sicherlich nicht notwendig gewesen wäre.
Das Herausbrechen des Fensterflügels aus dem Rahmen ist auf einem von der Beklagten zu 3) zu verantwortenden Konstruktionsfehler zurückzuführen. Das von der Beklagten zu 3) entwickelte und hergestellte Fensterscharnier ist konstruktiv unzureichend gewesen, weil der Beschlagbolzen gegen ein Herausdrehen nicht gesondert gesichert gewesen ist.
Ein Konstruktionsfehler liegt vor, wenn das Produkt infolge fehlerhafter technischer Konzeption und/oder Planung für eine gefahrlose Benutzung ungeeignet ist. Konstruktionsfehler beruhen auf einem Verstoß gegen technische Erkenntnisse schon bei der Herstellung. So darf das Produkt nicht schon nach seiner Konzeption unter dem gebotenen Sicherheitsstandard bleiben (Palandt/Sprau, a.a.O., § 3 ProdHaftG Rn. 8).
Die vom Landgericht getroffene Feststellung, die Klägerin habe einen Konstruktionsfehler nicht nachgewiesen, überzeugt nicht. Dabei können die von der Klägerin mit der Berufung aufgeworfenen Fragen nach der verfahrensfehlerfreien Erhebung und Durchführung des Sachverständigenbeweises dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls hat das Landgericht die Klägerin nicht als beweisfällig behandeln dürfen sondern hätte von Amts wegen den beauftragten Sachverständigen Dr.-Ing. SV1 mit ergänzenden Fragen konfrontieren müssen. So hat der Sachverständige die von der Klägerin aufgeworfene Frage, warum die Dauerbelastungsversuche nur bei Verwendung baugleicher Fensterflügel und auch baugleicher Fensterrahmen durchgeführt werden könnten, im Schreiben vom 13.01.2005 nur unzureichend beantwortet. Allein die vom Klägervertreter anlässlich des Ortstermins geäußerte Forderung, nur schadensgegenständliches Prüfgut für Untersuchungen zuzulassen, überzeugt als Begründung für die Notwendigkeit der Verwendung baugleicher Teile nicht. Ob ein bestimmtes Produkt einen Konstruktionsfehler aufweist, lässt sich zwar sicherlich am zuverlässigsten an dem betreffenden konkreten Produkt selbst feststellen; eine Feststellung und Überprüfung an baugleichen Teilen dieser Produktionsserie ist jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen.
Offengelassen hat das Landgericht auch die für das Vorliegen eines Konstruktionsfehlers nicht unerhebliche Frage unter Ziffer b) des Beweisergänzungsbeschlusses vom 18.07.2002. Die aufgeworfene Problemstellung, ob die Fertigung wartungsfreier Fensterscharniere technisch möglich ist, ist keineswegs eine Frage deren Beantwortung von der vorherigen Durchführung von Dauerbelastungstests des hier maßgeblichen Produkts abhängt.
Auch hätte in diesem Kontext der Sachverständige mit der Frage nach dem 1990 maßgeblichen "Stand der Technik" konfrontiert werden müssen. Dabei hätte der Sachverständige den damals üblichen Aufbau von Fensterscharnieren zu klären gehabt. Die Erteilung des RAL-Gütesiegels sagt nach den Ausführungen des Zeugen Z4 nichts über den damaligen Stand der Technik aus. Das RAL-Gütesiegel beurkundet allein das erfolgreiche Bestehen einer Dauerbelastungsprüfung.
Der vorrangigen Durchführung einer mündlichen Gutachtenserläuterung durch den Sachverständigen SV1 vor dem Senat bedurfte es indes nicht, weil beide Parteien im Senatstermin am 10.05.2006 darin übereingestimmt haben, dass im Falle der Notwendigkeit einer weiteren Begutachtung ein anderer Sachverständige beauftragt werden soll.
Das Vorliegen eines von der Beklagten zu 3) zu verantwortenden konstruktiven Mangels des Fensterscharniers steht aufgrund des sodann vom Senat beauftragten schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Z4 vom 18.06.2007, dessen Gutachtensergänzung vom 02.10.2007 und der mündlichen Gutachtenserläuterung im Termin vom 21.11.2007 zur Überzeugung des Senats fest. Der Sachverständige hat nachvollziehbar dargelegt, dass ein konstruktiver Fehler des Bandteils am Fenster Ursache des Unfalls gewesen ist. Selbst durch die erst nach dem Unfall angebrachten Stahlwinkel ist - so der Sachverständige weiter - die sichere Funktion der Bandsicherung nicht gewährleistet. Nach dem Stand der Technik und bei einer Vielzahl von ähnlich konstruierten Bändern ist es üblich, den Bandbolzen seitlich mittels eines kleinen Bolzens und einer kleinen Innensechskantschraube zu sichern. Diese formschlüssige Verbindung mittels einer Schraube sind dem von der Beklagten zu 3) verwendeten selbstverklemmenden Gewinde vorzuziehen. Zum Stand der Technik befragt hat der Sachverständige weiter dargelegt, dass er zwar eine breitgefächerte Palette von formschlüssigen Verbindungen noch nie aber eine selbstklemmende Verbindung, wie sie hier zur Anwendung gekommen ist, gesehen habe. Diese Ausführungen überzeugen, weil der Sachverständige über eine mehr als zwanzigjährige Berufserfahrung verfügt und er bei einer Firma beschäftigt ist, die Wohnungen der ... in O2 in einer Größenordnung von etwa 3.500 Objekten sowie eine Vielzahl weiterer Großobjekte betreut.
Der Sachverständige hat des weiteren den Funktionsverlust der von der Beklagten zu 3) konstruierten Bandbolzen nachvollziehbar mit dem Eindringen von Flüssigkeiten wie Wasser und Fensterputzmittel, die im Regelfall fettlösende Eigenschaften haben, dargelegt. Das fehlende Fett bzw. die einsetzende Korrosion erhöht den Reibungswiderstand und beeinträchtigt sodann in der weiteren Folge die Funktionsfähigkeit der Bandbolzenscharniere, die sich im Gewindeteil lösen und sich stückweise bei mehreren Öffnungen nach unten herausdrehen.
Der Annahme eines Konstruktionsfehlers steht nicht entgegen, dass der Beklagten zu 3) keine weiteren Fälle, in denen sich die Bandbolzen herausgedreht haben, bekannt geworden sind. Dies ist zum einen für die Feststellung eines Konstruktionsfehlers ohne Belang sein; im Übrigen spricht aber auch die übrige Beweisaufnahme dafür, dass die Gefahr sich herausdrehender Bandbolzen tatsächlich bestanden und sich auch zum Teil bereits verwirklicht hatte. So hat die Zeugin Z7 bekundet, dass im Rahmen einer nach dem Unfall der Klägerin erfolgten Überprüfung der übrigen Fenster festgestellt worden sei, dass die Schrauben an den Scharnieren der Fenster teilweise locker gewesen waren. Auch der Hausmeister, der Zeuge Z1, hat bestätigt, dass zwei Tage nach dem Unfall Mitarbeiter der Beklagten zu 2) sämtliche Fenster im Anwesen ...- Straße, O1, nachgebessert hatten. Darüberhinaus hatte der Zeuge nach eigenen Angaben selbst alle Fenster nach dem Unfall kontrolliert und im Zimmer des Zeugen Z8 eine gelockerte Scharnierbandschraube festgestellt. Letzteres ist von dem ebenfalls vernommenen Zeugen Z8 bestätigt worden. Schließlich hat auch der Zeuge Z2 bekundet, dass bei fehlender Wartung sich die Bandbolzen aus den Drehkippbeschlägen nach einigen Jahren durchaus herausdrehen können.
Auch dass dem von der Beklagten zu 3) entwickelten und produzierten Fensterscharnier das RAL-Gütesiegel 1992 verliehen wurde, begründet keine Zweifel an dem festgestellten Konstruktionsmangel. Der Sachverständige Z4 hat insoweit ausgeführt, dass das RAL-Gütezeichen zweifellos ein Qualitätsmerkmal ist, zur Klärung der Frage nach den Ursachen des sich Herausdrehens der Beschlagbolzen aber nichts beiträgt. Diese Darlegung des Sachverständigen ist nachvollziehbar vor dem Hintergrund der Schilderung des Zeugen Z4, Leiter des Prüfinstituts Schlösser und Beschläge in ..., zu den Voraussetzungen für die Verleihung des RAL-Gütezeichens. Danach wird im Rahmen der Dauerprüfung der Drehkippbeschlag 10.000 mal geschlossen und gekippt und 1.000 mal komplett 90 Grad geöffnet. Dabei wird dem Bandbolzenstift jedoch - wenn sich keine wesentlichen Veränderungen an den Beschlägen zeigen - kein besonderes Augenmerk geschenkt. Auch sind die Bedingungen, unter denen der Dauertest durchgeführt wird, mit den tatsächlichen Nutzungsbedingungen nicht identisch. So hat der Zeuge Z2, der Konstrukteur des Scharniers bei der Beklagten zu 3), ausgeführt, dass sich die Beschläge durch Vibrationen lösen können. Daher ist die Wartung und regelmäßige Kontrolle der Beschläge unbedingt notwendig. Die fehlende Vergleichbarkeit der Testbedingungen mit den tatsächlichen Nutzungsbedingungen folgt des weiteren daraus, dass eine für den sich hier realisierenden Mangel maßgebliche Ursache, nämlich das Eindringen von Flüssigkeiten in das Scharnier, sich im Rahmen der Dauertestversuchsreihe nicht einstellen kann.
Der von Beklagtenseite erhobene Einwand, eine konstruktive Sicherung des Beschlagbolzens gegen Herausdrehen erfolge durch Verwendung eines bestimmten Klebstoffes, hat sich im Termin zur mündlichen Anhörung des Gutachters Z4 am 21.11.2007 dahingehend erledigt, dass es sich unstreitig nicht um ein "selbstklebendes" sondern "selbtverklemmendes" Gewinde gehandelt hat.
Der Überzeugungskraft der Ausführungen des Sachverständigen SV4 steht dessen fehlende Auseinandersetzung mit der gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen Dr.-Ing. SV1 vom 10.10.2000 nicht entgegen. Der erstinstanzlich beauftragte Dr.-Ing. SV1 hat in dem genannten Zwischenbericht ausgeführt, dass die Ergebnisse der von ihm bis dahin durchgeführten Untersuchungen keine Hinweise auf Anomalien des Beschlagbolzens, die als ursächlich für ein Versagen der Schraubenverbindung angesehen werden könnten, erkennbar geworden waren. Diese Feststellung des Sachverständigen Dr.-Ing. SV1 bezieht sich erkennbar jedoch auf seine materialbezogenen Untersuchungen, die in keinerlei Widerspruch zu den Ausführungen des Sachverständigen SV4 stehen. Dieser hat nämlich keineswegs irgendwelche "Anomalien des Beschlagbolzens" festgestellt, sondern vielmehr nachvollziehbar die Umstände und Entwicklungen dargelegt, die zu einem Funktionsverlust des Bandbolzen und einem dadurch bedingten Herausdrehen desselben führen können.
Zweifel an den Ausführungen des Sachverständigen SV4 sind auch unter dem Gesichtspunkt, dass das konkret zum Unfall führende Scharnier nicht untersucht werden konnte, nicht begründet. Eventuell verbleibende Restunsicherheiten begründen deshalb keine durchgreifenden Zweifel an der kausalen Verknüpfung von Konstruktionsmangel und dem konkreten Unfallgeschehen vom 15.08.1996, weil andere Ursachen für das Herausdrehen des Bandbolzens von der Beklagten zu 3) nicht vorgetragen und im Übrigen auch nicht bewiesen worden sind. Insbesondere fehlen konkrete Anhaltspunkte für einen schadensursächlichen Montagefehler der Beklagten zu 2). Der Sachverständige SV4 hat bei dem von ihm durchgeführten Ortstermin einen Montagefehler nicht erkennen können. Nachvollziehbar ist im Übrigen seine Erwägung, dass wenn im Jahr 1989, im Zeitpunkt des Einbaus der Fenster, der Beschlag fehlerhaft montiert worden wäre, beispielsweise durch ein verkantetes Verschrauben der Beschlagbolzen, das Fenster nicht erst nach 6 Jahren herausgefallen wäre. Außerdem spricht der Beweis des ersten Anscheins für die festgestellte Ursache, wenn ein Unfallgeschehen zwar auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden kann, aber nur für eine dieser Möglichkeiten konkrete Anhaltspunkte vorliegen.
Infolge dieses Unfallgeschehens hat die Klägerin als Primärverletzung eine Schädelprellung bzw. ein Schädel-Hirntrauma sowie eine Peitschenschlagverletzung der HWS erlitten. Die haftungsbegründende Kausalität folgt zur vollen Überzeugung des Senats gemäß § 286 ZPO bereits aus dem ärztlichen Erstaufnahmebefund des ... Krankenhauses vom 15.08.1996 sowie dem Befundbericht des Dr. A vom 04.05.1997, bei dem sich die Klägerin erstmals drei Wochen nach dem Unfallereignis vorgestellt hatte. Die Befunde, die als Diagnose eine Schädelprellung bzw. den Verdacht auf ein Schädel-Hirntrauma und eine Peitschenschlagverletzung der HWS ausweisen, decken sich zwanglos mit den Beschreibungen der die Klägerin unmittelbar nachdem Unfall auffindenden Zeuginnen Z5 und Z6. Beide Zeuginnen haben ausgesagt, dass die Klägerin unmittelbar nach dem Unfallgeschehen über Schmerzen am Hinterkopf, Schwindel und Übelkeit geklagt hatte und sie beide eine Gehirnerschütterung der Klägerin befürchtet hatten.
Auch die von der Klägerin geltend gemachte und im Rahmen ihrer Parteianhörung am 12.12.2000 vor dem Landgericht eingehend beschriebene Tinnituserkrankung ist zur Überzeugung des Senats auf das Unfallgeschehen vom 15.08.1996 zurückzuführen. Da es sich insoweit um eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität handelt, kommt der Klägerin die Beweiserleichterung des § 287 ZPO zugute. Bei der Ermittlung dieses Kausalzusammenhangs zwischen dem Haftungsgrund und dem eingetretenen Schaden unterliegt der Tatrichter nicht mehr den strengen Anforderungen des § 286 ZPO, sondern ist nach Maßgabe des § 287 ZPO freier gestellt (BGH-NJW 2003, 1116, 1117).
Unter Beachtung dieses Beweismaßgrundsatzes ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass der von der Klägerin beklagte Tinnitus auf das Unfallgeschehen vom 15.08.1996 zurückzuführen ist. Zwar ist diese Beschwerde in dem Aufnahmebefund des ... Krankenhauses vom 15.08.1996 nicht festgehalten. Die Klägerin hat jedoch im Rahmen ihrer Parteianhörung vor dem Landgericht am 12.12.2000 nachvollziehbar ausgeführt, erstmals ein bis drei Tage nach dem Unfall das Pfeifen in den Ohren wahrgenommen zu haben. Vor dem Unfall, so die Klägerin, habe sie diese Ohrgeräusche auch in besonderen Stress- und Aufregungsituationen nicht gekannt. Diese Schilderung der Klägerin deckt sich im Übrigen auch mit ihren Angaben gegenüber dem von ihr erstmals drei Wochen nach dem Unfall konsultierten Dr. A. Diesem gegenüber hatte sie ausweislich des Befundberichtes vom 04. Mai 1997 berichtet, dass sich das Ohrgeräusch erst am 1. Tag nach dem Unfall eingestellt hatte. Da ausweislich des im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. B vom 08. Juli 1997 keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Tinnitus auf andere Ursachen als den Unfall zurückzuführen ist, bestehen keine Bedenken, den Ausführungen der Klägerin insoweit nicht zu folgen.
Greifbare und verifizierbare Anhaltspunkte für die Behauptung der Beklagten, der Tinnitus sei auf einen niedrigen Blutdruck der Klägerin zurückzuführen, haben sich nicht gefunden. Der medizinische Sachverständige Prof. B hat in seinem ärztlichen Gutachten vom 08. Juli 1997 ausgeführt, dass als Auslösemechanismus des Tinnitus eine direkte Schädigung des Innenohres durch die Erschütterung des Kopfes sowie eine indirekte Schädigung des Innenohres über eine unfallbedingte Schädigung der Halswirbelsäule, welche reflektorisch zu Tinnitus führen kann, in Betracht kommen. Zu niedrigen Blutdruck als Auslöser von Tinnitus hat der Sachverständige nicht angegeben. Daher begründet der Umstand, dass die Klägerin in ihrer Parteianhörung vor dem Landgericht am 12.12.2000 ausgeführt hat, nie unter niedrigem Blutdruck gelitten zu haben, während sie ausweislich des Attest Dr. C vom 15.05.2007 diesem gegenüber eine Neigung zu niedrigem Blutdruck angegeben hatte, keine durchgreifenden Zweifel an der Überzeugung von dem Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Tinnituserkrankung.
Auch dass die Klägerin entgegen ihren Angaben bei der Aufnahme im ... Krankenhaus im Rahmen ihrer Parteianhörung vor dem Landgericht angab, nach dem Unfall kurz das Bewusstsein verloren zu haben, ist ebenfalls nicht geeignet, die Überzeugung vom Ursachenzusammenhang in Zweifel zu ziehen. Es ist ohne weiteres möglich, dass der Klägerin bei der Erstaufnahme die kurze Zeit der Bewusstlosigkeit nicht bedeutsam erschien.
Dem Kausalzusammenhang steht weiterhin nicht entgegen, dass die Klägerin sich erstmals drei Wochen nach dem Unfall wegen des Ohrleidens bei einem Arzt vorgestellt hatte. Die Klägerin hatte nämlich sowohl gegenüber Dr. A als auch gegenüber dem weiter konsultierten Arzt Dr. C übereinstimmend angegeben, bereits seit dem Unfallereignis am 15.08.1996 unter dem Ohrgeräusch zu leiden.
Weitere Klärungen von Dauer und Intensität des Tinnitus sind im Rahmen der hier streitgegenständlichen Feststellungsklage nicht veranlasst.
Ein die Haftungsquote reduzierendes Mitverschulden der Klägerin lässt sich nicht feststellen. Insbesondere kann ein Mitverschuldensbeitrag nicht darin erkannt werden, dass der Klägerin der sich herausdrehende Bandbolzen nicht zuvor aufgefallen war. Zwar hatte die Klägerin unmittelbar vor dem Herausfallen des Fensters dieses betätigt und in die "Kippstellung" gebracht. Für den nicht besonders sachkundigen Arbeitnehmer ist jedoch das Herausdrehen eines Bandbolzens aus dem Fensterscharnier derart ungewöhnlich und kaum vorhersehbar, dass er hierauf bei Betätigen des Fensters nicht zu achten hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Scharnierbandbolzen beim Betätigen des Fensters nicht im unmittelbaren Blickfeld des das Fenster betätigenden Mitarbeiters liegt.
Zu Recht hat das Landgericht die gegen den Beklagten zu 1) gerichtete Schadensersatzklage abgewiesen. Eine Haftung des Beklagten zu 1) nach den Grundsätzen der "Manager-Produkthaftung" scheitert daran, dass der Beklagte zu 1) betriebsintern persönlich für die Fehlerfreiheit der Scharniere nicht verantwortlich gewesen ist. Da die entsprechende Feststellung des Landgerichts mit der Berufung nicht angriffen worden ist, bedarf es insoweit keiner weiteren Ausführungen.
Eine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit des Beklagten zu 1) ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht mit einem Verstoß gegen die ihm obliegende Instruktionspflicht zu begründen. Insoweit hat bereits das Landgericht zutreffend erkannt, dass die Beklagten zu 1) und 3) ihrer Instruktionspflicht mit der Übergabe der "Richtlinien zur Produkthaftung" (Bd. I Bl. 115, 116 d. A.) an die Beklagte zu 2) als verantwortlichen Fensterbauer genügt haben. Die Übergabe dieser Unterlagen ist vom Landgericht im Urteil auf Seite 15, 16 (Bd. IV Bl. 807, 808 d. A.) in nicht angegriffener Weise festgestellt worden. In den Richtlinien wird in genügender Weise auf die zur Wahrung der Funktionsfähigkeit und Sicherheit der Fenster notwendige Produktwartung hingewiesen. Insbesondere wird auf die mindestens einmal jährlich vorzunehmende Prüfung aller beweglichen Teile und aller Verschlussstellen der Drehkippbeschläge aufmerksam gemacht.
Ein darüber hinaus gehender Warnhinweis ist nicht veranlasst, insbesondere erfordert die Instruktionsverpflichtung nicht, die Scharniere mit einem ausdrücklichen Hinweis auf die Notwendigkeit regelmäßiger Kontrolle und Wartung zu versehen.
Da die Scharniere sich aus einer Vielzahl von Kleinteilen zusammensetzen und das Scharnier sich üblicherweise an einer für den Endverbraucher nur schwer einsehbaren Stelle befindet, würde ein dort angebrachter ausdrücklicher Warnhinweis aller Voraussicht nach vom Endverbraucher nicht wahrgenommen werden.
Die von der Klägerin gegen die Beklagte zu 4) geführte Klage ist vom Landgericht ebenfalls zu Recht abgewiesen worden. Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 4) aus § 538 Abs. 1 BGB a. F., welcher gemäß Art. 229 § 3 EGBGB anzuwenden ist, ist durchaus zu erwägen. Die Klägerin ist zwar nicht selbst Partei des Mietvertrages, ist jedoch in den Schutzbereich des von ihrem Arbeitgeber, der D GmbH, mit der Beklagten zu 4) am 08.12.1992 abgeschlossenen Mietvertrag mit einbezogen worden (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 328 Rn. 29). Im Ergebnis greift der Anspruch jedoch nicht, weil die Haftung der Beklagten zu 4) gemäß § 6 Abs. 2 des Mietvertrages auf die hier unzweifelhaft nicht vorliegenden Fälle vorsätzlichen oder grobfahrlässigen Handelns des Vermieters beschränkt worden ist.
Diese Haftungsbeschränkung ist im Rahmen des gewerblichen Mietvertrages entgegen der Auffassung der Klägerin wirksam. Es kann grundsätzlich die Haftung des Vermieters nach § 538 BGB vertraglich ausgeschlossen oder begrenzt werden. Bei Wohnraummietverhältnissen ist der Ausschluss durch Formularvertrag wegen Mängeln der Mietsache unwirksam, wenn der Gewährleistungsausschluss auch grobe Fahrlässigkeit des Vermieters bzw. Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen umfasst (Bayerisches Oberlandesgericht, Rechtentscheid vom 17.12.1984, MDR 1985, 500).
Der hier vorliegende Fall des Haftungsausschlusses für fahrlässiges Handeln des Vermieters im Rahmen von Gewerberaummietverträgen ist durchaus zulässig.
Der Bundesgerichtshof hat mit Rechtsentscheid vom 24.10.2001 (NJW 2002, 673 ff.) erkannt, dass im Rahmen eines Wohnraummietvertrages der Ausschluss der Haftung des Vermieters für Schäden durch Mängel an der Mietsache, die der Vermieter fahrlässig zu vertreten hat, den Mieter als Verwender nach § 9 AGBG entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Danach ist ein Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit als unzulässig abzulehnen, wenn es sich um die Verletzung vertragswesentlicher Pflichten, also um Kardinalpflichten des Vermieters handelt, auf deren Erfüllung der Mieter angewiesen ist. Angewiesen ist der Mieter auf die Haftung des Vermieters für Schäden durch Mängel der Mietsache, wenn er sich vor diesem Schadensrisiko nicht durch den Abschlusses eines allgemein angebotenen Versicherungsvertrages schützen kann (BGH, a.a.O., 675). Davon kann bei Wohnraummietverträgen, nicht aber bei gewerblichen Mietverträgen ausgegangen werden. Während nämlich bei Wohnraummietverträgen dem Mieter die Pflicht zum Abschluss von Versicherungsverträgen neben der Mietzahlungspflicht nicht auferlegt werden darf und beherrschbare Risiken nur insoweit aufzunehmen sind, wie sie im Bereich der Kleinreparaturen angenommen werden, gelten diese Restriktionen nicht für den Bereich der Gewerberaummiete. Es ist -anders als dem Mieter von Wohnraum - dem gewerblichen Mieter ohne weiteres möglich, durch Abschluss eigener Versicherungsverträge das Risiko von Schäden an von ihm eingebrachten Sachen oder an seinen Arbeitnehmern abzudecken, wenn diese Schäden ihren Ursprung in Mängeln des Wohngebäudes haben (Schmidt/Futterer, Mietrecht, 9. Aufl. 2007, § 536 a Rn. 102).
Die Unwirksamkeit des Haftungsklausel in § 6 Abs. 2 Satz 2 des Mietvertrages lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht mit einer Verletzung des in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB geregelten Transparenzgebotes begründen. Die mietvertragliche Ausschlussklausel ist hinreichend klar und verständlich formuliert. Die von der Klägerin in Bezug genommene Rechtsprechung zu den Klauseln, in denen auf gesetzliche Vorschriften Bezug genommen wird, ohne diese in ihrem Inhalt zu beschreiben, ist hier nicht einschlägig.
Es ist entgegen des weiteren Vorbringens der Klägerin auch eine einschränkende Auslegung der Klausel auf bloße materielle Mangelfolgeschäden nicht aber auf Gesundheitsschäden ebenfalls nicht veranlasst. Angesichts der vorstehend skizzierten Möglichkeit des Mieters von Gewerberaum, sich gegen beide Schadensarten versichern zu können, entfällt der eine einschränkende Auslegung gegebenenfalls rechtfertigende Grund.
Eine Haftung der Beklagten zu 4) folgt auch nicht aus § 836 Abs. 1 BGB. Zwar ist dieser Haftungstatbestand von der Haftungsbeschränkung in § 6 Abs. 2 Satz 2 des Mietvertrages nicht erfasst, die sich ausdrücklich allein auf "Ersatzansprüche nach § 538 BGB" erstreckt. Die Haftung scheitert jedoch daran, dass die Beklagte zu 4) den ihr gemäß 836 Abs. 1 Satz 2 BGB obliegenden Entlastungsbeweis, zum Zwecke der Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet zu haben, geführt hat. Es kann insoweit in vollem Umfang auf die Beweiswürdigung im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen werden, die mit der Berufung auch nicht substantiiert angegriffen worden ist.
Die erstmals in der Berufungsbegründung aufgestellte Behauptung, die Zeugin Z3 habe den Hausmeister Z1 bereits vor dem Unfall mehrfach darauf hingewiesen, dass Fenster sich gelöst und nur im letzten Moment hatten aufgefangen werden können, ist gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht mehr zuzulassen. Erstinstanzlich hat die Klägerin die Zeugin Z3 allein für die Behauptung benannt, dass einige Zeit vor dem hier streitgegenständlichen Unfallereignis ihr mit dem in ihrem Büro befindlichen Fenster genau das gleiche wie dem Zeugen Z8 passiert sei. Die in der Berufungsbegründung erstmals erweiterte Behauptung, davon auch den Hausmeister Z1 in Kenntnis gesetzt zu haben, war nicht formuliert worden. Gründe für dieses verspätete Vorbringen hat die Klägerin in keiner Weise vorgetragen.
Der mietvertraglich wirksame Haftungsausschluss der Beklagten zu 4) wirft im hier zur Entscheidung stehenden Haftungsverhältnis der Klägerin zu den verschiedenen Beteiligten nicht das Problem des "gestörten Gesamtschuldnerausgleichs" auf, weil bei vertraglichen Haftungsfreistellungen der Ersatzanspruch gegen den Mitschädiger nicht um den Haftungsanteil des freigestellten Gesamtschuldners zu reduzieren ist (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 426 Rn. 14 ff.).
Der Ersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 3) ist auch nicht deshalb um den Haftungsanteil des Arbeitgebers zu reduzieren, weil im Innenverhältnis der Arbeitgeber gegenüber dem Beklagten zu 3) für den Schaden nicht verantwortlich geworden ist. Die Arbeitgeberin hat - wie vorstehend ausgeführt - dargelegt und bewiesen, die zum Zwecke der Abwendung der Gefahr im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet zu haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 543 ZPO).
Ende der Entscheidung
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