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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 29.06.2005
Aktenzeichen: 4 U 214/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 812
BGB § 818
Zu den wechselseitigen Ansprüchen der Vertragsparteien im Zusammenhang mit der Rückabwicklung eines nichtigen Kaufvertrags über eine Steuerberaterpraxis.
Tatbestand:

Die Parteien streiten klagend und widerklagend um gegenseitige Ansprüche im Zusammenhang mit der Rückabwicklung eines nichtigen Kaufvertrages über eine Steuerberaterpraxis.

Der Beklagte erwarb vom Kläger mit "Praxisübergabevertrag" vom 30.09.1995 dessen Steuerberaterpraxis in O1. Die Praxis war danach dem Beklagten zum 01.01.1996 zu übergeben. Als Kaufpreis vereinbarten die Parteien 925.000 DM. Hierauf zahlte der Beklagte an den Kläger zum ersten Fälligkeitstag der ersten Rate einen Betrag von 400.000 DM.

Mit der am 29.01.1997 erhobenen Klage hat der Kläger zunächst Zahlung eines Teilbetrages des offenen Kaufpreisrestes in Höhe von 62.500,-- DM verlangt. Hilfsweise hat er darüber hinaus später beantragt, den Beklagten zur Herausgabe der von ihm betriebenen Steuerberaterkanzlei zu verurteilen, sowie ihm eine Frist zur Herausgabe zu setzen und den Beklagten nach deren fruchtlosen Ablauf zur Zahlung von 525.000,-- DM (268.428,23 Euro) zu verurteilen. Mit der am 05.03.1997 erhobenen Widerklage hat der Beklagte vom Kläger die Rückzahlung der Kaufpreisanzahlung von 400.000 DM (204.516,75 Euro) beansprucht.

Das Landgericht hat durch rechtskräftiges Teilurteil vom 11.02.1998 die Klage "im Hauptantrag" abgewiesen. Es hat dies damit begründet, dass dem Kläger kein Erfüllungsanspruch auf den Kaufpreis aus dem Praxisübergabevertrag zustehe, weil dieser aufgrund einer in § 7 enthaltenen Konkurrenzschutzklausel ohne räumliche Beschränkung sittenwidrig sei.

Die Parteien haben in der nachfolgenden mündlichen Verhandlung vom 20.05.1998 erklärt, dahin einig zu sein, dass zum 30.06.1998 die Rückgabe der Praxis erfolgen soll. Die Parteien haben in der Folgezeit um die Rückgabe des Büroinventars gestritten. Dieses befand sich nicht mehr in den Räumen der ursprünglichen Steuerberaterpraxis. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger müsse das Inventar in seinem, des Beklagten, Privathaus abholen. Am 17.07.1998 hat der Beklagte dem Kläger einen Teil, nämlich 257, der zur Praxis gehörenden Aktenordner übergeben. Die Übergabe der restlichen Akten hat er von der Abholung des Inventars durch den Kläger abhängig gemacht. Der Beklagte hat seine Mandanten mit einem Rückschreiben davon unterrichtet, dass der Kläger ihre Beratung wieder übernehmen wolle und sie befragt, ob sie zum Kläger zurückkehren wollten. Dazu hat sich nach dem Vortrag des Beklagten keiner der Mandanten bereit erklärt. Eine Mandantenliste wurde dem Kläger entgegen dessen Aufforderung nicht übergeben. Der Kläger hat dem Beklagten am 31.08.1998 eine letzte Frist zur Übergabe des Inventars gesetzt, die erfolglos verstrichen ist. Im darauffolgenden Verhandlungstermin vor dem Landgericht am 23.09.1998 hat der Kläger seinen Antrag, dem Beklagten eine Frist zur Herausgabe der Praxis verbunden mit einer Verurteilung zum Ersatz des Wertes in Höhe von 525.000 DM nach fruchtlosem Fristablauf zu setzen, aufrecht erhalten. Der Beklagte hat den Widerklageantrag in Höhe von 400.000 DM mit der Begründung aufrechterhalten, dass die Praxis keinerlei Wert gehabt habe.

Das Landgericht hat durch den am 21.10.1998 verkündeten Beweisbeschluss Beweis erhoben, "über den objektiven Wert der Nutzung der Steuerberaterkanzlei durch den Beklagten in dem Zeitraum vom 01.01.1996 bis Oktober 1998" durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen C. Durch weiteren Beweisbeschluss vom 23.05.2002 hat das Landgericht Beweis erhoben, "über den objektiven Wert des vom Kläger auf den Beklagten übertragenen Mandantenstammes zum Zeitpunkt der Übergabe am 01.01.1996" gleichfalls durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen C. Wegen der vom Sachverständigen C erstellten Gutachten, Ergänzungsgutachten und deren mündliche Erläuterungen wird auf die Bezugnahmen auf Seite 5 f. des angefochtenen Urteiles verwiesen.

Der Kläger hat im Termin am 14.4.2004 die Klage dahin geändert, dass der Beklagte nur zur Zahlung von 525.000,-- DM (268.428,23 Euro) zu verurteilen sei.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat durch Schlussurteil vom 15.09.2004 die Klage abgewiesen und der Widerklage in Höhe von 19.231,73 Euro stattgegeben, weil dem Beklagten nach saldierender Verrechnung der gegenseitigen Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung ein Überschuss in dieser Höhe zustehe. Der Kläger könne als Nutzungsersatz den objektiven Nutzungswert für die Praxis in Höhe von 232.635 DM beanspruchen, welchen der Sachverständige nach dem Ertragswertverfahren ermittelt habe. Der Kläger könne ferner einen Betrag von 129.751 DM als Wertersatz für den nicht mehr zurückgebbaren Mandantenstamm aus § 818 Abs. 2 BGB beanspruchen. Beide Ansprüche bestünden nebeneinander, weil Nutzungen und Wertersatz für die Rückgabe des Erlangten nebeneinander beansprucht werden könnten. Im Gegenzug könne der Beklagte lediglich die Rückzahlung der ersten Kaufpreisrate von 400.000 DM beanspruchen. Von dem Kläger gezogene Nutzungen aus diesem Betrag stünden dem Beklagten nicht zu, weil er nicht substantiiert, sondern lediglich "ins Blaue hinein" behauptet habe, der Kläger habe mit diesem Betrag Verbindlichkeiten, welche mit 9,5 % verzinst seien, getilgt.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der mit seiner Berufung zum einen die Widerklage, soweit sie abgewiesen wurde, weiterverfolgt (185.285,02 Euro). Er erweitert zum anderen seine Widerklage um 3.477,63 Euro und beantragt deshalb insgesamt, den Kläger über die dem Beklagten erstinstanzlich zuerkannten 19.231,73 Euro hinaus weitere 207.994,38 Euro nebst 5 % Zinsen p.a. aus 204.516,75 Euro ab 16.12.2004 zu bezahlen.

Der Beklagte berechnet seine Widerklageforderung aufgrund einer Saldierung der gegenseitigen Ansprüche nunmehr wie folgt:

Wertersatzanspruch des Klägers

für die Praxis 129.751,00 DM

abzüglich Kaufpreisrate für Beklagten 400.000,00 DM

abzüglich Verzinsung von 400.000 DM 1.4.1996 bis 14.12.2004 zu 5 % 174.166,65 DM

Saldo zugunsten des Beklagten 444.415,65 DM

in Euro 227.226,11 €

Der Beklagte vertritt die Auffassung, die Rückgabe des Mandantenstammes an den Kläger sei nicht unmöglich im Sinne des § 818 Abs. 2 BGB. Die von ihm dafür allein zu erwartende Mitwirkungshandlung, die Mandanten vom Willen des Klägers zur Übernahme zu unterrichten und ihm die Herausgabe der Akten anzubieten soweit die Mandanten zustimmen, habe er erfüllt.

Der Beklagte ist der Ansicht, das Landgericht habe dem Kläger nicht zugleich einen Wertersatz in Höhe des objektiven Nutzungswertes der Praxis und den Wertersatz für den Mandantenstamm zuerkennen dürfen. Letzteres sei, da der Gutachter den objektiven Nutzungswert nach dem Ertragswertverfahren bestimmt habe, bereits in Ersteren enthalten. Der Kläger könne im Rahmen der Abrechnung deshalb nur den Wert des Mandantenstammes von 129.751 DM beanspruchen.

Der Beklagte macht weiter geltend, der Kläger müsse auf die erhaltene Kaufpreisrate von 400.000 DM für die Zeit bis zur letzten mündlichen Verhandlung in erster Instanz zumindest marktübliche Zinsen von 5 % als Ersatz für tatsächlich gezogene Nutzungen erstatten.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt im wesentlichen das erstinstanzliche Urteil. Er rügt jedoch, das Landgericht sei zu Unrecht dem vom Sachverständigen angewandten Ertragswertverfahren gefolgt. Zutreffend sei das von den Richtlinien der Bundessteuerberaterkammer empfohlene Umsatzverfahren. Danach ergebe sich ein objektiver Wert der Steuerberaterpraxis von 780.938 DM. Er vertritt weiter die Auffassung, dass eine Vermutung für die Erzielung marktüblicher Zinsen mit der ersten Kaufpreisrate nicht bestehe. Eine solche sei von der obergerichtlichen Rechtsprechung nur für rechtsgrundlose Darlehensverträge anerkannt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten ist in der Sache nur teilweise begründet. Der Beklagte kann von dem Kläger über den vom Landgericht zuerkannten Betrag von 19.231,73 Euro lediglich weitere 18.776,11 Euro beanspruchen.

Die Änderung der Widerklage im Berufungsverfahren durch Erhöhung um 2.709,36 Euro ist nach § 533 ZPO zulässig. Die Erhöhung der Widerklageforderung hat ihren Grund in der Erweiterung eines schon in der Vorinstanz geltend gemachten Abrechnungspostens, nämlich des Anspruchs auf Verzinsung des Kaufpreisrückzahlungsanspruches. Diese Erweiterung ist als sachdienlich anzusehen. Sie ist auch im wesentlichen auf schon in erster Instanz vorgetragene Tatschen gestützt (§ 533 Nr. 2 ZPO). Der Vortrag des Beklagten, in der Zeit zwischen 1996 und 1998 sei ein Anlagezins von 5 % marktüblich gewesen, ist von dem Kläger nicht bestritten worden. Dieser Vortrag kann deshalb im Berufungsverfahren berücksichtigt werden.

Dem Beklagten steht gegen den Kläger aus den §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 und 2 BGB nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen über die Saldierung gegenseitiger Forderungen bei der Rückabwicklung nichtiger gegenseitiger Verträge ein Anspruch auf Zahlung von 38.007,84 Euro zu.

Der Beklagte hat die Steuerberaterpraxis in O1 ohne Rechtsgrund erlangt. Der Erlangung der Praxis durch den Beklagten steht nicht entgegen, dass nach der Behauptung des Beklagten der Kläger seine Verpflichtung aus dem Kaufvertrag zur Überleitung der Mandanten beziehungsweise des Mandantenstammes an ihn nicht oder nicht vollständig erfüllt habe. Der Beklagte hat zunächst unstreitig das Inventar der Praxis, die Mitarbeiter und die Aktenbestände übernommen. Ab 1996 hat er nach seiner eigenen Darstellung durch Tätigkeit für die früheren Mandanten des Klägers Umsätze und Gewinne erzielt. Ob der Kläger alle ihm für die Überleitung obliegenden Handlungen vorgenommen hat, ist deshalb ohne Bedeutung. Der Beklagte hat die Praxis auch ohne Rechtsgrund erlangt. Der Praxisübergabevertrag der Parteien vom 30.09.1995 ist nach § 138 BGB jedenfalls deshalb sittenwidrig, weil die Konkurrenzschutzklausel in Nummer 7 des Vertrages wegen fehlender zeitlicher Beschränkung den Kläger sittenwidrig benachteiligt hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen im Teilurteil des Landgerichts Gießen vom 11.02.1998 verwiesen, welche im weiteren Verfahren von den Parteien auch nicht mehr angegriffen worden sind.

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine Saldierung der den Parteien aus ungerechtfertigter Bereicherung gegenseitig zustehenden Ansprüche zu erfolgen hat, weil beiden Parteien nur Zahlungsansprüche zu- und sich deshalb gleichartige Ansprüche gegenüberstehen. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der Beklagte die ihm übergebene Praxis nach § 818 Abs. 1 BGB gegenständlich an den Kläger herausgeben müsste. In diesem Falle könnte er die Rückzahlung seiner Kaufpreisanzahlung nur Zug um Zug gegen die von ihm anzubietende Gegenleistung beanspruchen (BGHZ 146, 298, 307). Der Kläger kann von dem Beklagten jedoch nach § 818 Abs. 2 BGB den Wert der Steuerberaterpraxis in Geld beanspruchen, weil die Rückgabe der Praxis durch den Beklagten an den Kläger sich nachträglich als nicht möglich herausgestellt hat. Das Landgericht hat im Tatbestand seines Urteils festgestellt, dass der Versuch der Parteien, das Inventar der Steuerberaterpraxis rückzuübertragen sowie die Mandatsverhältnisse wieder auf den Kläger überzuleiten, gescheitert sei. Es mag dahingestellt bleiben, ob es sich bei diesen Ausführungen des Landgerichts um eine tatsächliche Feststellung im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO handelt. Aus dem beiderseitigen Vortrag der Parteien im Zusammenhang mit dem Versuch der Rückgabe der Praxis ergibt sich nämlich, dass aufgrund der nach Vertragsschluss bestehenden beruflichen Verhältnisse sowohl des Klägers als auch des Beklagten eine Überleitung des Mandantenstammes auf den Kläger objektiv nicht möglich war.

Für den Übergang des Kunden- oder Mandantenstammes eines Unternehmens oder eines freiberuflich Tätigen auf einen anderen ist es nämlich nicht ausreichend, wenn das bisherige Unternehmen die Kunden oder Mandanten darüber unterrichtet, dass der andere bereit sei, sie als Kunden oder Mandanten zu übernehmen. Da Kunden und Mandanten frei darin sind, mit wem sie Verträge abschießen oder fortführen, kommt es darauf an, ob die Chance besteht, dass sie "als bloße Folge der Marktverhältnisse" zu dem Erwerber beziehungsweise Rückerwerber wechseln (BGH ZIP 1991, 402, 406). Voraussetzung dafür ist, dass das übergebene Unternehmen als Einheit im Wesentlichen erhalten geblieben und fortgeführt worden ist (BGH o.a.O.). In diesem Fall besteht die Chance für einen Wechsel, weil die Kunden oder Mandanten dem Ruf des Unternehmens oder der Praxis unabhängig von ihrem konkreten Inhaber bei der Entscheidung für Vertragsabschlüsse folgen.

Eine solche Chance des Wechsels der Mandanten als Folge der Marktverhältnisse war im Jahre 1998 nicht mehr gegeben. Dies beruht zum einen darauf, dass, wie sich aus den von den Parteien außergerichtlich gewechselten Schriftsätzen ergibt, der Beklagte es weder angeboten hat noch bereit war, sich in seiner Tätigkeit als Steuerberater aus der Umgebung des Ortes O1 zurückzuziehen. Gleichzeitig bestand auch Seitens des Klägers, der seine Tätigkeit als Steuerberater bereits nach Dresden verlegt hatte, nicht die Absicht am Ort der früheren Praxis wieder als Steuerberater tätig zu werden. Ein Wechsel des Mandantenstammes "aufgrund der Marktverhältnisse" ist nur dann zu erwarten, wenn der zurückgebende Steuerberater seine gewerbliche Tätigkeit im Umkreis der übergebenden Praxis gänzlich aufgibt und zugleich der Rückgabegläubiger dort wieder gewerblich tätig wird. Der Beklage war aus §§ 812, 818 Abs. 1 BGB auch verpflichtet, zum Zwecke der Rückgabe seine gewerbliche Tätigkeit im Umkreis der übergebenen Steuerberaterkanzlei aufzugeben. Die Rückgabepflicht ist das Gegenstück zur Übergabepflicht aus dem Kaufvertrag. Den zur Herausgabe in Natur verpflichteten Kondiktionsschuldner treffen deshalb dieselben Pflichten wie den Veräußerer bei der Erfüllung des fehlgeschlagenen Unternehmenskaufs (Schöne, in: Semler/Volhard, Arbeitshandbuch Unternehmensübernahme, § 34 Rz. 40). Das in § 7 des Vertrages vereinbarte Wettbewerbsverbot wäre deshalb vom Beklagten nach der Rückgabe, soweit es wirksam vereinbart ist, seinerseits einzuhalten gewesen. Anderseits ist eine Rücküberleitung von Mandanten auch nicht ohne Mitwirkung des Konditionsgläubigers möglich. Er muss bereit sein selbst am Ort der zu übergebenden Praxis wieder tätig zu werden. Zu diesem Wechsel der jeweiligen Tätigkeitsorte waren beide Parteien nicht bereit, so dass die Rücküberleitung des Mandantenstammes objektiv unmöglich war. Mit der nicht mehr möglichen Überleitung des Mandantenstammes ist die Rückgabe der Steuerberaterpraxis als betrieblicher Einheit insgesamt unmöglich geworden. Hinzu kommt, dass der Beklagte den Ort der steuerberatenden Tätigkeit offenbar nicht mehr in den ursprünglich von dem Kläger angemieteten Räumen ausübte und in seiner Praxis zunehmend auch eigene das heißt von ihm eingebrachte Mandate bearbeitet hat, so dass eine nachträgliche Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes nicht vorstellbar war.

Zeitlich ist die Unmöglichkeit der Rückübertragung des Mandantenstammes Ende September/Anfang Oktober 1998 eingetreten. Noch im Termin vor dem Landgericht am 20.05.1998 waren sich die Parteien über eine Rückgabe der Praxis einig. Mit Schreiben vom 31.08.1998 hat dann der Kläger dem Beklagten eine letzte Frist zur Rückgabe des Inventars am Ort der früheren Kanzlei bis zum 03.09.1998 gesetzt, die erfolglos verstrichen ist. Im darauffolgenden Verhandlungstermin vor dem Landgericht am 23.09.1998 hat dann der Kläger einen Antrag auf Fristsetzung an den Beklagten zur Herausgabe der Praxis verbunden mit einem Anspruch auf Wertersatz nach fruchtlosem Fristablauf gestellt und das Landgericht aufgrund dieser Verhandlung die Beweiserhebung über den Wert der Steuerberaterkanzlei angeordnet, der beide Parteien nicht widersprochen haben. Aus diesem Geschehen ergibt sich, dass beide Parteien Ende September/Anfang Oktober 1998 von einem endgültigen Scheitern der Rückgabe der Steuerberaterkanzlei ausgegangen sind und auch selbst zur Vornahme der dafür notwendigen Handlungen nicht mehr bereit waren. Der ursprüngliche Anspruch des Klägers aus § 818 Abs. 1 BGB auf Herausgabe der Steuerberaterkanzlei hat sich damit in diesem Zeitpunkt in einen Anspruch auf Ersatz des Wertes der nicht mehr herausgebbaren Praxis aus § 818 Abs. 2 BGB umgewandelt.

Dem Kläger und dem Beklagten stehen deshalb die nachfolgenden gegenseitigen und miteinander zu saldierenden Zahlungsansprüche zu:

Der Kläger kann von dem Beklagten aus § 818 Abs. 2 BGB als Wertersatz für die Steuerberaterkanzlei zum Zeitpunkt 30.09./01.10.1998 die Zahlung eines Betrages in Höhe von 263.818 DM (134.888 Euro) beanspruchen. Das Landgericht hat angenommen, dass der Wertersatz für "den nicht mehr herauszugebenden Mandantenstamm" sich entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen C in seinem aufgrund des zweiten Beweisbeschlusses erstellten zweiten Ergänzungsgutachten auf 129.751 DM belaufe. Dem vermag der Senat deshalb nicht zufolgen, weil der Sachverständige C in dem zweiten Ergänzungsgutachten den Wert der Steuerberaterpraxis für den Zeitpunkt der Übergabe am 01.01.1996 bestimmt hat, es aber nach zutreffender Ansicht auf den Wert zum Zeitpunkt des Eintritts der Unmöglichkeit der Rückgabe, also den 30.09./01.10.1998, ankommt. Diesen Wert hat der Sachverständige C in seinem ersten Gutachten, in der berichtigten Fassung des Ergänzungsgutachtens, für Oktober 1998 mit 263.818 DM veranschlagt. Obwohl der Kläger das landgerichtliche Urteil nicht angegriffen hat, ist der Senat nicht gehindert im Rahmen der Saldierung für den Kläger einen höheren Wertersatzanspruch zu bejahen. Bei der vorzunehmenden Saldierung verlieren die Einzelforderungen ihre rechtliche Selbstständigkeit. Das Gericht darf innerhalb eines damit einheitlichen Streitgegenstandes einzelne unselbständige Rechnungsposten verschieben und auf sie mehr zusprechen als verlangt, sofern es hinsichtlich der geforderten Endsumme innerhalb des Klageantrages verbleibt (BGH NJW-RR 1990, 998; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 308 Rz. 4).

Für die Ermittlung des Wertes, den der Beklagte für die nicht mehr zurückgebbare Praxis zu erstatten hat, kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Erlangung der Praxis (01.01.1996), sondern auf den Zeitpunkt an, in dem die Rückgabe der Steuerberaterpraxis im Sinne des § 818 Abs. 2 BGB unmöglich geworden ist (30.09./01.10.1998). Allerdings hat der Bundesgerichtshof unter Bezugnahme auf zwei Entscheidungen des Reichsgerichts (RGZ 119, 332 und 101, 389, 391) ausgeführt, die Wertberechnung nach § 818 Abs. 2 BGB müsse zu dem Zeitpunkt erfolgen, zudem der Bereicherungsgegenstand erlangt worden ist (BGHZ 5, 197, 200; 55, 128, 131; 133, 246, 252; BGH NJW 1963, 1299, 1301; wohl auch Palandt/Sprau, BGB, 64. Aufl., § 818 Rz. 26). Die genannten Entscheidungen betreffen jedoch Fallgestaltungen, in denen die Herausgabe des Erlangten wegen der Art des Gegenstandes von Anfang an unmöglich war. In diesem Fall ist bereits mit der Entstehung des Bereicherungsanspruchs bei Erlangung des Gegenstandes auch der Wertersatzanspruch nach § 818 Abs. 2 BGB entstanden. Im vorliegenden Fall war der Beklagte jedoch ursprünglich zur Herausgabe der Praxis nach § 818 Abs. 2 BGB verpflichtet und die den Wertersatzanspruch zur Entstehung bringende Unmöglichkeit ist erst nachträglich eingetreten. Für diese Fallgestaltung hält der Senat es in Übereinstimmung mit der in der Literatur überwiegend vertretenen Ansicht für sachgerecht, dass der Kondiktionsschuldner denjenigen Wert zu ersetzen hat, den der herauszugebende Gegenstand im Zeitpunkt des Eintritts der Unmöglichkeit der Rückgabe hatte (vgl. Bamberger/Roth/Wendehorst, BGB, § 818 Rz. 27; Erman/Westermann/Buck, BGB, 11. Aufl., § 818 Rz. 21; MünchKomm/Lieb, BGB, 4. Aufl., § 818 Rz. 56 ff.; Staudinger/Lorenz, BGB (1999), § 818 Rz. 31). Ist nämlich der Wertersatzanspruch des Bereicherungsgläubigers erst nachträglich entstanden, so war der Bereicherungsschuldner bis zu diesem Zeitpunkt zur Herausgabe des erlangten Gegenstandes in Natur verpflichtet. Eine mögliche Wertsteigerung des erlangten Gegenstandes bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Unmöglichkeit wäre deshalb dem Bereicherungsgläubiger zugute gekommen. Umgekehrt ergibt sich aus der Regelung des § 818 Abs. 3 BGB, dass auch ein Verfall des Wertes des erlangten Gegenstandes zu Lasten des Bereicherungsgläubigers gegangen wäre. Trägt deshalb der Bereicherungsgläubiger sowohl das Risiko des Wertverfalls als auch die Chance der Wertsteigerung des erlangten Gegenstandes bis zu dessen Rückgabe, so hat der Bereicherungsschuldner ihm denjenigen Wert zu ersetzen, den der erlangte Gegenstand hatte als er zuletzt an den Gläubiger noch herausgegeben werden konnte.

Der Sachverständige C hat diesen Wert in nachvollziehbarer und den rechtlichen Maßstäben entsprechender Weise für Oktober 1998 auf 263.818 DM veranschlagt. Bei dem nach § 818 Abs. 2 BGB geschuldeten Wertersatz handelt es sich um den objektiven Verkehrswert des erlangten und nicht mehr herausgebbaren Gegenstandes (BGHZ 132, 198, 207). Es ist deshalb der Preis zu ermitteln, den ein durchschnittlicher Empfänger am Markt zahlen müsste, um den Gegenstand zurückzuerlangen (Bamberger/Roth/Wendehorst, a.a.O., § 818 Rz. 27). Methode und Berechnungen des Gutachters C spiegeln in ausreichender Weise den Verkehrswert der Steuerberaterpraxis in diesem Sinne wieder. Entgegen der Auffassung des Klägers ist nicht das "Umsatzverfahren", also die Bemessung des Kaufpreises nach dem durchschnittlich erzielten Umsatz, der für die Ermittlung des Verkehrswertes einzig richtige Maßstab. Die Ermittlung des Verkehrswertes ist vielmehr eine Frage richterlicher Beweiswürdigung und richterlicher Schätzung. Jedenfalls für die vorliegende Steuerberaterpraxis hat der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt, dass der Markt den Kaufpreis für eine solche Praxis auf der Grundlage des zu erwartenden Ertrages bemessen wird. Es ist nachvollziehbar, dass der Erwerber einer mittelständigen Praxis den Wert und damit den Kaufpreis nicht allein am Umsatz sondern eher an deren Ertrag orientieren wird, weil für ihn von großer Bedeutung sein wird, ob die Praxis eine günstige Kostenstruktur aufweist. Dies gilt für den vorliegenden Fall in besonderer Weise deswegen, weil von dem Beklagten mit der Praxis auch mehrere Angestellte zu übernehmen waren. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass die Schätzung des Sachverständigen, wonach er den Kaufpreis nach der Summe des in den ersten sieben Jahren nach der Übernahme zu erwartenden Ertrages bemessen hat, eine ausreichende empirische Basis hat und damit der tatsächlichen Übung im Verkehr entspricht. Denn der Sachverständige hat sich bei seinem Vorgehen ausdrücklich an den Empfehlungen der Bundessteuerberaterkammer für die Ermittlung des Wertes einer Steuerberaterpraxis orientiert und diese Empfehlungen auch vorgelegt. Bei der Aushandelung des Preises beim Verkauf einer Praxis werden die Beteiligten häufig auch diese Empfehlungen verwenden. Die Ermittlung des Verkehrswertes eines Unternehmens auf der Grundlage des zu erwartenden Ertrages ist im übrigen auch sonst beim Unternehmenskauf weitgehend anerkannt (vgl. Beisel/Klump, der Unternehmenskauf, 4. Aufl., § 43 ff.).

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Sachverständige für die Ermittlung des voraussichtlichen Ertrages zum Oktober 1998 nicht die vom Kläger vor dem 01.01.1996 erzielten Umsätze, sondern die vom Beklagten in den Jahren 1996 und 1997 erzielten Umsätze zugrundegelegt hat. Der Bundesgerichtshof hat in seinem in NJW 2002, 1340 veröffentlichtem Urteil unter II.2.b. zwar ausgeführt, dass der vor dem Verkauf eines Unternehmens erzielte Umsatz ein wichtiger Faktor für die Bewertung sei, weil auf ihm die Wertentwicklungsprognose für die Zukunft aufbaue. Da im vorliegenden Fall, wie oben näher ausgeführt, jedoch nicht der Wert des Unternehmens zum Zeitpunkt des Verkaufs, sondern zum Zeitpunkt dessen möglicher Rückgabe etwa zweieinhalb Jahre später zu bestimmen ist, ist es sachgerecht für die Ertragsprognose den in dieser Zwischenzeit erzielten Umsatz zugrunde zulegen. Dem Gutachter ist darin auch deshalb zu folgen, weil die Steuerberaterpraxis des Klägers im letzten Jahr vor dem Verkauf aufgrund besonderer Umstände, wegen hoher Kosten und weil der Kläger sich beruflich bereits nach Dresden orientiert hatte, stark abfallend war. Der Sachverständige C ist darum in seinem zweiten Gutachten für den zum 01.01.1996 ermittelten voraussichtlichen Ertrag zu einem sehr niedrigen Wert gelangt, weil er diesen aus dem durchschnittlichen Wert der letzten drei Jahre und also auch einschließlich des letzten weitgehend verlustausweisenden Jahres ermittelt hat.

Soweit der Kläger vorträgt, der von ihm in den Jahren 1996 und 1997 erzielte hohe Umsatz beruhe ausschließlich auf seiner erheblichen Arbeitsleistung, hat der Gutachter C dies bei seinen Berechnungen bereits berücksichtigt. Er hat von dem erzielten Umsatz zunächst entsprechend den Anforderungen des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH NJW 1978, 1578 zu § 987 BGB) von dem erzielten Umsatz das durchschnittliche Gehalt eines angestellten Steuerberaters als kalkulatorischen Unternehmerlohn abgezogen. Dabei hat der Gutachter mitberücksichtigt, dass der Beklagte im ersten Jahr nach der Übernahme der Praxis Rückstände abbauen musste und deshalb einen erhöhten Arbeitseinsatz hatte. Der Gutachter hat dafür im Jahr 1996 den abzuziehenden kalkulatorischen Unternehmerlohn um 50 % erhöht (Ergänzungsgutachten Seite 12). Der Beklagte hat nicht vorgetragen, warum diese Schätzung des Sachverständigen C in erheblichem Umfang zu niedrig gewesen sein sollte. Soweit der Sachverständige den Wert der Praxis für Ende Oktober 1998 errechnet hat besteht zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt 30.09./01.10.1998 lediglich eine geringfügige Differenz, die sich lediglich bei der vorzunehmenden Abzinsung auswirkt und im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO außer Betracht bleiben kann. Der Gutachter hat schließlich den Wert des Büroinventars zwar nicht in seine Berechnung des Praxiswertes eingestellt, obwohl dieses im Kaufvertrag mit einem Preis von 45.000 DM gesondert berechnet war. Der Kläger hat einen Anspruch auf Wertersatz dafür jedoch weder geltend gemacht noch Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ermitteln ließe, welchen Wert dieses Inventar im Oktober 1998 noch gehabt haben könnte.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten des weiteren aus § 818 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Herausgabe der von dem Beklagten im Zeitraum zwischen dem 01.01.1996 und dem 30.09.1998 aus der Steuerberaterkanzlei gezogenen Nutzungen in Höhe von 111.845 DM (57.185,50 Euro) zu.

Das Landgericht hat zu Unrecht für die Bemessung der von dem Beklagten herauszugebenden Nutzungen den von dem Sachverständigen C in seinem ersten schriftlichen Gutachten ermittelten Betrag von 238.635 DM herangezogen. Diesen Wert hat der Sachverständige C nach dem eindeutigen Zusammenhang des schriftlichen Gutachtens als Verkehrswert der gesamten Praxis für den Zeitpunkt zum 01.01.1996 ermittelt und nicht als laufende über einen gewissen Zeitraum gezogene Nutzungen. Der Sachverständige hat zwar den von dem Beklagten in den Jahren 1996 und 1997 erzielten Unternehmergewinn herangezogen, diesen jedoch als voraussichtlichen Ertrag für die Dauer von sieben Jahren addiert und diese Summe nach einem Wertabschlag auf den Tag der Übergabe 01.01.1996 abgezinst (Seite 15 des Gutachtens). Die Nutzungen aus einem rechtsgrundlos übertragenen Unternehmen sind demgegenüber die in dem maßgebenden Zeitraum tatsächlich erzielten Unternehmergewinne, die bei einem selbst mitarbeitenden Unternehmer um den objektiven Wert seiner persönlichen Arbeitkraft zu kürzen sind (BGH NJW 1978, 1578; Bamberger/Roth/Wendehorst, BGB, § 818 Rz. 14, MünchKomm-BGB/Lieb, 4. Aufl., § 818 Rz. 25 f.). Diese Nutzungen hat der Sachverständige C innerhalb seiner Berechnung des Gesamtertragswertes aus den ihm von dem Beklagten überlassenen Unterlagen und Angaben auf Seite 13 und 15 seines vorgenannten Gutachtens für die Jahre 1996 und 1997 ermittelt. Diese Werte können deshalb vom Gericht für die Schätzung der vom Beklagten tatsächlich gezogenen Nutzungen herangezogen werden.

Entgegen der Auffassung des Beklagten wird dem Kläger dadurch, dass er neben dem Ersatz des Wertes der Praxis im Zeitpunkt September/Oktober 1998 auch noch die seit der Übergabe bis zum September/Oktober 1998 vom Beklagten gezogenen Nutzungen herausverlangen kann, nicht etwas wirtschaftlich "doppelt" zugesprochen. Zunächst ergibt sich aus der Zusammenschau von Abs. 2 und Abs. 1 des § 818 BGB, dass der Bereicherungsschuldner neben dem Ersatz des Wertes für den erlangten Gegenstand auch die bis zur Rückgabe des Gegenstandes tatsächlich gezogenen Nutzungen herauszugeben hat. Nutzungen sind die Früchte und Vorteile welche der Gebrauch einer Sache oder eines Rechts gewährt (§ 100 BGB). Bei der Übertragung eines Unternehmens ist dies der sich allein aus der Innehabung des Unternehmens als Kapitalgegenstand ergebende Ertrag. Diesen sogenannten reinen Unternehmergewinn hat der Sachverständige C aufgrund der eigenen Angaben des Beklagten zutreffender Weise berechnet. Das der Sachverständige C dieselben tatsächlich erzielten Erträge auch für die Errechnung des Ertragswerts herangezogen hat, hat nicht zur Folge, dass dem Kläger etwas zweifach zuerkannt würde. Denn bei der Ermittlung des Ertragswertes ist der in einem bestimmten Jahr erzielte tatsächliche Ertrag lediglich ein Faktor dafür, wie der Verkehr den abstrakten Wert eines Unternehmens beurteilt. Der Sachverständigen C hat dementsprechend den Ertragswert aus dem siebenfachen Wert des durchschnittlich zuletzt erzielten jährlichen Ertrages mit der Begründung errechnet, dass üblicherweise der Kaufpreis für eine Steuerberaterpraxis in dieser Weise bemessen wird.

Der Beklagte schuldet die Herausgabe der von ihm in dem Zeitraum zwischen dem 01.01.1996 und dem 30.09.1998 gezogenen Nutzungen. Allerdings ist dem Gesetz nicht eindeutig zu entnehmen, bis zu welchem Zeitpunkt die Verpflichtung zur Herausgabe der Nutzungen sich dann erstreckt, wenn die Herausgabe des Erlangten selbst nachträglich unmöglich geworden und deshalb Wertersatz geschuldet ist. Nach der in der Literatur wohl überwiegend vertretenen Ansicht besteht der Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen nur bis zu dem Zeitpunkt, indem die Herausgabe des Erlangten unmöglich wird und sich deshalb der Herausgabeanspruch in einen Wertersatzanspruch verwandelt (Bamberger/Roth/Wendehorst, a.a.O., § 818 Rz. 11; wohl auch Palandt/Sprau, a.a.O., § 818 Rz. 11; anders Koppensteiner NJW 1971, 588, 593 f.: Nutzungsersatz solange Substrat des Wertersatzanspruches im Vermögen des Bereicherten). Der Senat hält die überwiegend vertretener Ansicht für zutreffend. Für sie spricht, dass der Bereicherungsschuldner mit Eintritt der Unmöglichkeit zur Herausgabe des Erlangten nicht mehr verpflichtet ist und den erlangten Gegenstand fortan aus eigenem Recht nutzen darf. Er kann deshalb auch nicht zur Herausgabe der gezogenen Nutzungen ab diesem Zeitpunkt verpflichtet sein. Anderseits wird dem Interesse des Bereicherungsgläubigers, dem der Gegenwert des Erlangten durch den Wertersatzanspruch noch nicht zugeflossen ist, dadurch Rechnung getragen, dass der Anspruch auf Erstattung des Wertes unter den weiteren allgemeinen Voraussetzungen, etwa des Verzuges, zu verzinsen ist.

Für den Zeitraum vom 01.01.1996 bis einschließlich September 1998 sind die von dem Beklagten aus der Steuerberaterpraxis gezogenen Nutzungen auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens C wie folgt zu schätzen:

25.406,00 DM (Unternehmergewinn 1996)

+ 49.501,00 DM (Unternehmergewinn 1997)

+ 36.938,12 DM (9/12 des Unternehmergewinns aus 1997 für 1998 fortgeschrieben)

Summe: 111.845,12 DM

Dem Beklagten steht als Gegenanspruch aus § 818 Abs. 1 BGB zunächst der Anspruch auf Rückzahlung der von ihm gezahlten ersten Kaufpreisrate von 400.000 DM zu.

Der Beklagte kann von dem Kläger darüber hinaus aus § 818 Abs. 1 BGB als tatsächlich gezogene Nutzungen 5 % Zinsen aus der Kaufpreisanzahlung von 400.000 DM für den Zeitraum vom 01.04.1996 bis zum 30.09.1998 von zusammen 50.000 DM beanspruchen. Ein Bereicherungsschuldner, der einen Geldbetrag aus ungerechtfertigter Bereicherung herauszugeben hat, hat die tatsächlich aus der Anlage des Geldbetrages erlangten Zinsen oder die durch den Einsatz des Geldbetrages ersparten Kreditzinsen als Nutzungen herauszugeben (BGHZ 138, 160, 163 ff.; Palandt/Sprau, a.a.O., § 818 Rz. 10; Bamberger/Roth/Wendehorst, a.a.O., § 818). Dabei spricht jedenfalls wenn ein gewerblich am Markt tätiger Schuldner einen größeren Geldbetrag erhalten hat, eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er diesen Geldbetrag zu marktüblichen Zinsen angelegt hat, sofern er nicht substantiiert darlegt, in welcher Weise den Geldbetrag anderweit eingesetzt hat (vgl. Bamberger/Roth/Wendehorst, a.a.O., § 818 Rz. 13; MünchKomm-BGB/Lieb, 4. Aufl., § 18 Rz. 13). Diese Verlagerung der Darlegungslast auf den Bereicherungsschuldner ist für die Rückabwicklung von Kaufverträgen vom Bundesgerichtshof zwar bislang nicht ausdrücklich anerkannt worden (vgl. aber BGHZ 64, 322, 321 f.). Sie ist in der Sache jedoch gerechtfertigt. Denn zum einen liegt es vollständig außerhalb des Wahrnehmungsbereiches des Bereicherungsgläubigers, wie der Gegner den erhaltenen Geldbetrag verwendet. Zum Anderen kann bei einem gewerblich am Markt tätigen Schuldner nach der Lebenserfahrung angenommen werden, dass er einen größeren Geldbetrag so einsetzt, dass er ihm Erträge erbringt. Der Kläger hat auch in der Berufungsinstanz trotz Hinweises des Beklagten und des Gerichts auf diese Frage nicht vorgetragen, wie er die an ihn gezahlten 400.000 DM eingesetzt hat. Es ist deshalb davon auszugehen, dass er sie zu marktüblichen Zinsen angelegt hat. Er hat deshalb die erlangte Kaufpreisanzahlung in Höhe von 5 % als damals marktüblichen Konditionen zu verzinsen.

Ein Anspruch des Beklagten auf Herausgabe der vom Kläger aus der erhaltenen Kaufpreisanzahlung von 400.000 DM gezogenen Nutzungen würde, worauf der Kläger zu Recht hinweist, dann entfallen, wenn der Beklagte seinerseits die Nutzungen aus der Steuerberaterpraxis behalten dürfte. Denn bei synallagmatischen Verträgen bilden die Nutzungen aus dem erlangten Gegenstand das Gegenstück zu den Nutzungen aus dem Kaufpreisbetrag (vgl. BGHZ 116, 251, 256; 145, 52, 56 f.). Dieser Fall ist hier jedoch nicht gegeben, denn der Beklagte ist nach den obigen Ausführungen zur Herausgabe der von ihm aus der Steuerberaterpraxis in dem Zeitraum vom 01.01.1996 bis einschließlich September 1998 gezogenen Nutzungen verpflichtet.

Aus den vorangehenden Überlegungen ergibt sich auch, bis zu welchem Zeitpunkt der Kläger die aus dem erhaltenen Kaufpreis seit Empfang gezogenen Nutzungen herauszugeben hat. Da die vom Beklagten aus der erlangten Steuerberaterpraxis gezogenen Nutzungen das Gegenstück zu den Nutzungen bildet, die der Kläger aus dem erhaltenen Kaufpreisbetrag ziehen konnte, muss der Kläger die aus dem Kaufpreis gezogenen Nutzungen bis zu demselben Zeitpunkt erstatten, für den der Beklagte seinerseits verpflichtet ist, die aus der Steuerberaterpraxis gezogenen Nutzungen herauszugeben (vgl. so etwa für den Bau auf fremdem Grundstück: MünchKomm-BGB/Lieb, a.a.O., § 818 Rz. 61). Die gezogenen Nutzungszinsen sind darum vom Erhalt des Kaufpreises bis zum Eintritt der Unmöglichkeit der Herausgabe der Praxis Ende September 1998 herauszugeben. Dies entspricht auch dem Prinzip der Saldierung der gegenseitigen Ansprüche, welche in dem Zeitpunkt erfolgt, in welchem die gegenseitigen Bereicherungsansprüche sich aufrechenbar gegenüberstehen. Ebenso wie der Beklagte ab diesem Zeitpunkt die Steuerberaterpraxis nicht mehr herauszugeben braucht, ist auch der Kläger zur Rückzahlung der Kaufpreisanzahlung als selbstständiger Forderung nicht mehr verpflichtet, sondern braucht nur noch ein sich aus der Gesamtabrechnung ergebendes positives Saldo an den Beklagten herauszugeben.

Für die gegenseitigen Ansprüche ergibt sich damit folgende Abrechnung:

Ansprüche Kläger:

263.818,00 DM (Wertersatz Praxis)

111.845,12 DM (gezogene Nutzungen)

375.663,12 DM

Ansprüche Beklagter:

400.000,00 DM (Rückzahlung Kaufpreisrate)

50.000,00 DM (gezogene Nutzungszinsen)

450.000,00 DM

Differenz für Beklagten: 74.336,88 DM (38.007,84 Euro)

Der Zinsanspruch des Beklagten ist aus den §§ 286 Abs. 1, 284 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. begründet. Für den Zeitraum vom 06.03.1997 bis zum 30.09.1998 konnte der von dem Beklagten geltend gemachte Verzugsschaden von 6,5 % Zinsen jedoch nur in Höhe von 1,5 % zuerkannt werden. Dadurch, dass dem Beklagten aus dem hingegebenen Kaufpreis von 400.000 DM bereits 5 % unter dem Gesichtspunkt gezogener Nutzungen zuerkannt wurden, ist sein durch die Vorenthaltung dieses Betrages entstandener Verzugsschaden in diesem Umfang bereits befriedigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Dabei ist das Gericht entsprechend dem am heutigen Tage verkündeten Streitwertbeschluss für die erste Instanz von einem Streitwert von 925.000 DM (472.944,98 Euro) und für die zweite Instanz von 207.994,38 Euro ausgegangen. Soweit der Kläger in erster Instanz den Antrag auf Rückgewähr der Steuerberaterpraxis und auf Setzung einer Frist dafür zurückgenommen hat, kam diesem Antrag kein eigenständiger Wert zu, weil er in dem Anspruch auf Wertersatz in Höhe von 525.000 DM aufgeht.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, weil die Rechtssache Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Dies betrifft zum einen die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Rückgabe einer Steuerberaterkanzlei unmöglich im Sinne von § 818 Abs. 2 BGB ist. Zudem ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht geklärt, zu welchem Zeitpunkt im Fall einer nachträglichen Unmöglichkeit der Wert des erlangten Gegenstandes zu ermitteln und bis zu welchem Zeitpunkt die Parteien des Vertrages die jeweils von ihnen gezogenen Nutzungen herauszugeben haben.

Ende der Entscheidung

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