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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 20.11.2003
Aktenzeichen: 4 U 52/03
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 823 |
Gründe:
I.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten aus übergegangenem Recht unter anderem Zahlung von Schadensersatz. Im übrigen nimmt der Senat hinsichtlich des diesem Rechtsstreit zugrundeliegenden Sachverhalts auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil vom 14.02.2003 Bezug ( 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Durch dieses Urteil hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5.028,40 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 05.05.2001 zu zahlen und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin 50 % aller zukünftigen übergangsfähigen Aufwendungen aus Anlass des Unfallgeschehens ihres Mitglieds A vom 09.12.1999 zu erstatten. Gegen dieses der Beklagten am 18.02.2003 und der Streithelferin am 17.02.2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 18.03.2003 und innerhalb der bis zum 22.05.2003 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 22.05.2003 begründete Berufung der Beklagten sowie die am 14.03.2003 eingegangene und am 28.03.2003 begründete Berufung der Streithelferin mit den übereinstimmenden Anträgen, dass Urteil des Landgerichts vom 14.02.2003 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen und verteidigt das angefochtene Urteil.
II.
Die fristgerecht eingelegte und innerhalb der bis zum 22.05.2003 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründete Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO). Ebenso ist die von der Streithelferin für die Beklagte am 14.03.2003 fristgerecht eingelegte und begründete Berufung zulässig. Die Streithelferin ist dem Rechtsstreit wirksam auf Seiten der Beklagten beigetreten, auch wenn der Beitritt erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 13.01.2003 erfolgte. Gemäß § 66 Abs. 2 ZPO kann die Nebenintervention in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, etwa in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen. Demgemäß ist der Beitritt selbst dann möglich, wenn er erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erklärt wird, wobei der Beitritt gegebenenfalls zusammen mit einem Rechtsmittel wiederholt werden kann (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 66 ZPO Rn. 15, 16 m.w.N. der Rechtsprechung). Da vorliegend sowohl die Beklagte als Hauptpartei als auch die Streithelferin Berufung eingelegt haben, handelt es sich um ein einheitliches Rechtsmittel (vgl. hierzu allgemein: BGH NJW 1993, 5. 2944).
Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 5.028,40 Euro aufgrund des Unfallereignisses vom 09.12.1999 in O1 auf der ... vor der B in der Nähe einer dort zu diesem Zeitpunkt befindlichen Eisfläche aus übergegangenem Recht gemäß § 823 Abs. 1, 249ff. BGB in Verbindung mit § 116 SGB X.
Zwischen den Parteien steht nicht im Streit, dass die bei der Klägerin krankenversicherte Zeugin A am 09.12.1999 gegen 17.00 Uhr in der Nähe der vor der B aufgebauten Eisfläche zu Fall kam und sich dabei erhebliche Verletzungen, nämlich einen Bruch des linken Oberarms und des Beckens, zuzog.
Der Klägerin würden auf sie übergegangene Schadensersatzansprüche wegen der für ihr Mitglied aufgewendeten Heilbehandlungskosten, die sie mit 10.056,81 Euro beziffert hat und von denen sie mit ihrer Klage auf einer Quote von 50 % 5.028,40 Euro geltend macht, nur dann zustehen, wenn die Beklagte ihr im Zusammenhang mit dem Betrieb der Eisfläche und der dort hinführenden Wasserleitung auf der ... in O1 obliegende Verkehrssicherungspflichten schuldhaft verletzt und damit eine unerlaubte Handlung im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB, die sie zur Zahlung von Schadensersatz verpflichten würde, begangen hätte. Vorliegend ist bereits zweifelhaft, ob der Beklagten eine solche Verkehrssicherungspflichtverletzung zur Last fällt. Zwar traf die Beklagte, wie das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend festgestellt hat, als Veranstalterin der Werbemaßnahme bzw. Betreiberin der Eisfläche die Verkehrssicherungspflicht dahingehend, dass niemand durch die damit verbundenen Gefahren mehr als unvermeidbar gefährdet wurde. Nach ganz herrschender Meinung, der sich der Senat in vollem Umfange anschließt, hat derjenige, der für andere in Gebäuden, auf Grundstücken, Straßen und dergleichen einen Verkehr eröffnet, die Verkehrsteilnehmer aber nur vor solchen Gefahren zu schützen oder zu warnen, die sich aus der Beschaffenheit der dem Verkehr eröffneten Sache ergeben und für diesen nicht vorhersehbar und nicht ohne weiteres erkennbar sind (vgl. Sorgel-Zeuner, BGB, § 823 BGB Pn. 188 m.w.N. der Rechtsprechung des BGH unter Fußnote 35). Der ihr insoweit obliegende Verkehrssicherungspflicht hat die Beklagte dadurch Genüge getan, dass sie unter Berücksichtigung der ihr im Zusammenhang mit der von der Stadt O1 erteilten Sondernutzungserlaubnis vom 12.11.1999 gemachten Auflagen den von einem Hydranten zur Eisflächeführenden Wasserschlauch mit schwarzen Gummimatten abgedeckt hat. Hierdurch hat die Beklagte den über dem Erdboden verlegten und so sicherlich nicht ohne weiteres erkennbaren Wasserschlauch für die Benutzer dieses Bereichs als Fußgängerzone hinreichend kenntlich gemacht und abgesichert. Eine andere Beurteilung rechtfertigt sich auch nicht deshalb, weil der Wasserschlauch ausweislich der von der Zeugin A im ersten Rechtszug anlässlich ihrer Vernehmung durch das Landgericht am 13.01.2000 vorgelegten Lichtbilder an einer Stelle durch Gummimatten nicht vollständig abgedeckt war, offensichtlich aufgrund der Aufwölbung einer Gummimatte, so dass ein Zwischenraum zwischen der aufgewölbten und der sich anschließenden Gummimatte bestand. Jedenfalls hoben sich die quer über die Fußgängerzone verlegten schwarzen Gummimatten deutlich vom Untergrund ab und deuteten damit auf eine für den allgemeinen Verkehr erkennbare und unübersehbare Gefahrenquelle hin, und zwar auch bei Dunkelheit. Insbesondere war hierdurch für den allgemeinen Verkehr erkennbar, dass die Gummimatten der Abdeckung einer Leitung bzw. Sicherung einer Gefahrenquelle dienten, womit die Benutzer der Fußgängerzone in diesem Bereich erkennbar damit rechnen konnten und mussten, dass die Leitung auch in dem Bereicht über den Erdboden verläuft, in dem die Gummimatte aufgewölbt und ein Zwischenraum zu der sich anschließenden Gummimatte entstanden war. Mithin dürfte es bereits an einer Verkehrssicherungspflichtverletzung durch die Beklagte fehlen, dass ihre Haftung bereits dem Grunde nach zu verneinen ist.
Letztlich braucht diese Frage im vorliegenden Rechtsstreit nicht abschließend entschieden zu werden. Selbst wenn man der vom Senat vertretenen Auffassung nicht folgt und eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch die Beklagte annähme, steht der Klägerin ein Anspruch gegen die Beklagte deshalb nicht zu, weil das bei ihr krankenversicherte Mitglied, die Zeugin A, den Sturz und die hierdurch hervorgerufenen schweren Verletzungen, für die die Klägerin Heilbehandlungskosten aufgewendet hat, selbst verursacht und verschuldet hat ( 254 BGB). Wie bereits ausgeführt, waren die Gummimatten und damit die Gefahrenstelle in dem Bereich, in dem die Zeugin A zu Fall gekommen ist, für den allgemeinen Verkehr, also auch für die Zeugin A er, trotz der zum Unfallzeit herrschenden Witterungsverhältnisse, erkennbar. Beim Zugehen auf bzw. beim Betreten des Bereichs hätte sich die Zeugin A entsprechend vorsichtig verhalten und darauf einstellen müssen, dass dieser gegebenenfalls nicht problemlos beschritten werden kann. Ihren eigenen Sorgfaltspflichten werden Fußgänger, die sich auf Straßen und öffentlichen Anlagen bewegen, nur dann gerecht, wenn sie auf den Weg achten und Gefahrenstellen ausweichen bzw. diese nur mit äußerster Vorsicht passieren (vgl. zu den Sorgfaltspflichten allgemein: Palandt-Heinrichs, BGB, 62. Aufl. 2003, § 254 BGB Rn. 26 m.w.N. der Rechtsprechung). Dem hat die Zeugin A offensichtlich nicht genügt, womit davon auszugehen ist, dass sie allein wegen Nichtbeachtung der insoweit erforderliche Sorgfalt zu Fall gekommen ist. Dahinter tritt ein mögliches Mitverschulden der Beklagten zurück. Ohnehin scheint die Zeugin A selbst den Sturz auf ihr alleiniges Verschulden zurückgeführt zu haben, weil sie die Beklagte weder auf Zahlung von Schadensersatz hoch auf Zahlung eines Schmerzengeldes in Anspruch genommen hat. Jedenfalls ist die Zeugin A nach Angaben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Senatstermin am 16.09.2003 bisher mit entsprechenden Forderungen an die Beklagte nicht herangetreten. Hätte die Zeugin A die Beklagte für mitverantwortlich gehalten, hätte sie dieser gegenüber angesichts der erlittenen schweren Verletzungen sicherlich solche Ansprüche angemeldet und geltend gemacht.
Da die Beklagte der Klägerin nicht haftet, hat sie gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Feststellung, dass diese verpflichtet sei, ihr 50 % aller zukünftigen übergangsfähigen Aufwendungen aus Anlass des Unfallgeschehens vom 09.12.1999 zu erstatten.
Auf die Berufung der Beklagten und ihrer Streithelferin war deshalb das angefochtene Urteil des Landgerichts vom 14.02.2003 abzuändern und die Klage in vollem Umfange abzuweisen.
Die Klägerin hat als unterlegene Partei gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits und gemäß § 101 Abs. 1 ZPO insoweit auch die Kosten der Streithelferin zu tragen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, weil der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Ende der Entscheidung
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